Berlin: Wehr Macht Tradition Gelöbnis im Hochsicherheitstrakt
Vor 2.400 handverlesenen und sicherheitsüberprüften Gästen werden
rund 600 Soldaten am 20. Juli 2001 in Berlin ein nichtöffentliches
Gelöbnis ablegen. Der weiträumig abgesperrte Gelöbnisort wird der
neu angelegte Paradeplatz am Berliner Sitz des Verteidigungsministeriums,
dem Bendlerblock, sein. Die Kampagne wendet sich entschieden gegen
dieses wie gegen jedes andere Gelöbnis als ein vordemokratisches
und militaristisches Schauspiel.
Beim Gelöbnis 2000 bezeichnete Scharping die Verschwörung des 20.
Juli als "Inbegriff und das Symbol des gesamten deutschen Widerstandes"
und behauptete, die Verschwörer hätten ihr "Leben für Frieden und
Menschenrechte eingesetzt".
Scharping leugnet bewusst die historischen Tatsachen, um eine
"bessere Wehrmacht" zu konstruieren. Wer den Putschversuch des 20.
Juli 1944 zur Traditionsbildung für die Bundeswehr nutzt, wertet
die in Wahrheit verbrecherische Wehrmacht insgesamt auf und versucht,
unter die deutsche Geschichte einen Schlussstrich zu setzen.
Zentrales Motiv für diese Hinwendung zur Wehrmacht ist die Beteiligung
der Bundeswehr an Kriegen. Sie soll weltweit eingesetzt werden,
unter dem Vorwand der Menschenrechte und als angebliche Lehre aus
Ausschwitz.
Viele der Verschwörer aus dem Militär waren an Verbrechen der
Wehrmacht direkt beteiligt. Carl Goerdeler beispielsweise, der nach
einem gelungenen Staatsstreich Reichskanzler hätte werden sollen,
verfasste noch 1941 eine antisemitische Denkschrift, in der er eine
"gesetzliche Sonderregelung zur Judenfrage" ausarbeitete. Jüdinnen
und Juden sollten nach seinen Vorstellungen mehrheitlich die deutsche
Staatsbürgerschaft verlieren und in einem anderen Land "angesiedelt"
werden. Mit den Verschwörern des 20. Juli werden Militärs geehrt,
die wie General Erich Hoepner den verbrecherischen Angriffskrieg
gegen die Sowjetunion als "Abwehr des jüdischen Bolschewismus"
befürworteten. Mit ihrer Kriegsbeteiligung an verantwortlicher
Stelle, teilweise in Spitzenpositionen des Militärs, haben auch
sie die industrielle Vernichtung der europäischen Juden mitgetragen
und ermöglicht. Der "Aufstand des Gewissens" diente in erster Linie
dazu, die "Ehre der deutschen Nation" zu retten und der unausweichlichen
bedingungslosen Kapitulation zuvorzukommen.
Auch der Bendlerblock ist kein Ort des Widerstands, sondern der
Ort, an dem sich seit 1938 das Oberkommando der Wehrmacht und Teile
des Oberkommandos des Heeres befanden. Schon am 3. Februar 1933
eröffnete Hitler der Generalität in diesem Gebäude seine verbrecherischen
Ziele. Hier wurde der Vernichtungskrieg vorbereitet und geplant.
Hätte die Führung der Wehrmacht daraufhin abgedankt, hätte es weder
den Vernichtungskrieg noch Ausschwitz gegeben. Dass der Vorsitzende
des Zentralrates der Juden in Deutschland, Paul Spiegel, sich zur
Gelöbnisansprache hergibt, ist ein Schlag ins Gesicht der Opfer
der deutschen Verbrechen.
Weitere Informationen und einen Aufruf der Kampagne gegen das
Gelöbnis am 20. Juli unter http://www.kampagne.de/geloebnix2001/
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