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Berlin: Von Belgrad nach Bagdad - die Konstruktion des Bösen. Strategien medialer Kriegführung und Möglichkeiten kritischer Öffentlichkeit

„Jeder - Kommandeure, Infowar-Spezialisten und Presseoffiziere - wird lernen müssen, militärische Öffentlichkeitsarbeit als Schlachtfeld zu verstehen, das wie jedes andere auch umkämpft und beherrscht werden muss.“
(US Air Force-Major Gary Pounder in seiner Analyse des Kosovo-Krieges)

Der Kampf um die Informationsüberlegenheit ist zentraler Bestandteil militärischer Mobilisierungen und der zivilgesellschaftlichen Absicherung der Heimatfront. Eine öffentliche Diskussion über die Strategien des Informationskrieges entzündete sich in der Vergangenheit allerdings meist lediglich an spektakulären Einzelereignissen. So kam das Pentagon nach dem Golfkrieg 1991 in Erklärungsnot, als bekannt wurde, dass die kuwaitische Regierung mit Hilfe einer PR-Agentur eine Zeugin aufgeboten hatte, die unter Tränen im US-Kongress erzählte, wie irakische Soldaten kuwaitische Babys aus Brutkästen geworfen hätten. Später stellte sich heraus, dass dies frei erfunden war. Und auch der ehemalige deutsche Verteidigungsminister, Rudolf Scharping, wurde merkwürdig still, als er nach dem Kosovo-Krieg erklären musste, wo nun das „Konzentrationslager“ in Pristina zu finden sei, von dem er zuvor auf Pressekonferenzen höchst erregt erzählt hatte. Denn es existierte nicht.

Aber die Strategien und Konzepte medialer Kriegführung gehen weit über das Streuen von emotionalisierenden Flaschmeldungen hinaus. Das Ringen um die Kommunikation über den Krieg, die Konstruktion von Feindbildern und die Erzeugung von Legitimationsdiskursen wird von Politik und Militär mittels immer weiter differenzierter und diversifizierter Methoden betrieben. Gerade nach dem Kosovo-Krieg, in dem die NATO mit ihrer Themensetzung („Menschenrechtskrieg“, „saubere Präzisionsbomben“, „Flüchtlingsdrama“) eine kritische öffentliche Diskussion nicht verhindern konnte, setzten die Militärs zu einer Erweiterung der Infowar-Strategien an. Im „Krieg gegen den Terror“ kommen sie zum Einsatz.

Während unseres Seminars wollen wir die Strategien des Informationskrieges diskutieren. Dabei soll auch die Frage nach den Konsequenzen für eine kritische Öffentlichkeit, alternative Medien und antimilitaristische Arbeit gestellt werden. Im Anschluss an das Seminar zeigen wir den Film „Es begann mit einer Lüge“ zum Kosovokrieg, der von einem unserer Referenten, Mathias Werth, mit produziert wurde.

Mit
Ralf Bendrath (Berlin)
Politikwissenschaftler und freier Journalist; spezialisiert auf den Zusammenhang von Sicherheitspolitik und Informationstechnologien; derzeit Doktorand zum Thema "Informationskrieg und zivil-militärische Beziehungen in den USA. Politischer und gesellschaftlicher Wandel bei der Etablierung eines neuen Kriegsbildes ", FU Berlin. Mitbegründer der Forschungsgruppe Informationsgesellschaft und Sicherheitspolitik (FoG:IS) und Betreiber der Mailingliste "Infowar.de". Seit Februar 2002 Vorstandsmitglied der Arbeitsgemeinschaft Friedens- und Konfliktforschung(AFK).
Kontakt & Infos: www.fogis.de

Elvi Claßen (Trier)
Medienwissenschaftlerin (Dipl. Soz.-Wiss.) und freie Journalistin; Themenschwerpunkte: militärische Informationsstrategien (Public Relations, ‘PublicDiplomacy’, Psychologische Kriegsführung), die Kriegsberichterstattung in den Massenmedien und alternative Informationsstrukturen gegen den Krieg. Zur Zeit Doktorandin an der Uni Trier, Thema:„Krisen- und Kriegs- Kommunikation in der Informationsgesellschaft. Bestandsaufnahme und interkultureller Vergleich von Strategien, Intentionen und Implikationen in den USA und der BRD“.
Kontakt & Infos: www.elvira-classen.de.

Mathias Werth (Köln)
MONITOR-Redakteur/WDR; Autor der TV-Dokumentation „Es begann mit einer Lüge“ zur Nato-Desinformationspolitik während des Kosovo-Krieges 1999 (mit Jo Angerer); aktuelle Fernseh-Reportagen aus dem „Anti-Terrorkrieg“ u.a. zur „Medienhysterie in Sachen Milzbrand“ und zu den Einschränkungen der Pressefreiheit im Krieg in Afghanistan; engagiert sich darüber hinaus als Referent zum Thema „journalistische Ethik vs. politisch-militärische Öffentlichkeitsarbeit“ für eine kritische Auseinandersetzung über die Qualität von Information im Krieg.
Kontakt & Infos: www.wdr.de/tv/monitor/


Ort und Zeit
Samstag, 5. Oktober
15.00 Uhr bis 19.00 Uhr
Mehringhof/ Versammlungssaal
Gneisenaustr. 2a
U-Bahnhof Mehringdamm

 

25.09.2002
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