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Hamburg: Medizinische Forschung an Minderheiten in Eppendorf

Medizinische Forschung an Minderheiten in Hamburg-Eppendorf

Nach dem langsamen Abbröckeln der Genitalverstümmelungen an Hermaphroditen
aufgrund zunehmenden Protests ist die Sexualmedizin und -psychiatrie auf
der Suche nach einem neuen kapitalisierbaren Feld. Hierzu wurde ein
millionenschweres Programm der Deutschen Forschungsgemeinschaft [1] (DFG)
mit dem Titel: Intersexualität – Vom Gen zur Geschlechtsidenität [2]
(Originalantrag: Disorders of somatosexual differentiation and
intersexuality [3]) aus der Taufe gehoben. Gefördert von der Deutschen
Luft- und Raumfahrtgesellschaft (DLR) und dem Bundesministerium für Bildung
und Forschung (BMBF), werden in diesem Forschungsprojekt auch Trans- und
Homosexuelle als Zielgruppe angepeilt und mittels szeneinterner
Vertrauenspersonen rekrutiert. Anfällig für diese obszöne Ursachenforschung
sind vor allem leicht viktimisierbare Personen, die in ihrer Identität
verunsichert sind und daher von WissenschaftlerInnen leicht für
medizinische Versuche missbraucht werden können. Die Universitätsklinik
Hamburg-Eppendorf hat in diesem Kontext bereits mit einer umfassenden
Datenerhebung an Lesben, Schwulen, Transsexuellen und Hermaphroditen
begonnen, die mittels Online-Fragebogen [4] durchgeführt wird und erste
Kontakte zu Probanden herstellen soll.

Der Grund für die verstärkte Forschung in diesem Bereich ist, dass die
traditionelle These des berühmten Sexualwissenschaftlers und Begründers der
chirurgischen und hormonellen Zwangszuweisungen von intersexuellen Kindern,
John Money, mittlerweile in Frage steht: nämlich dass Geschlecht
vornehmlich oder sogar ausschließlich das Ergebnis sozialisatorischer
Faktoren sei. Statt dessen wird heute, so etwa von Prof. Milton Diamond aus
Hawaii, die These vertreten, die Geschlechtsidentität sei in der
Hirnstruktur von Menschen eingeschrieben ("brain sex"). Zur Überprüfung
dieser Behauptung bieten sich Transsexuelle als das ideale Forschungsobjekt
an, weil sie ihre Geschlechtsidentität konträr zu ihrer Sozialisation und
zu ihrem anatomischen Geschlecht entwickeln. U. a. an ihnen soll deshalb
untersucht werden, welche Faktoren (Gene, Hormone, soziales Umfeld) die
Entstehung von Geschlechtsidentität begründen.

In den 70er Jahren wurde die Universitätsklinik in Hamburg-Eppendorf durch
Forschungen zur Wirkung von Isolation und sensorischer Deprivation [5]
bekannt. Ihre Ergebnisse gingen direkt in Folterschulungen der USA,
Counter-Insurgency-Maßnahmen und Konzeptionalisierungen von Knästen,
Folterzentren und Psychiatrischen Abteilungen ein. Im Dezember 2001 kam das
Krankenhaus abermals in die Schlagzeilen, als dort durch eine Überdosis
zwangsverabreichter Brechmittel [6] sowie die anschließende unterlassene
Hilfeleistung der beteiligten Ärzte der Tod des 19-jährigen Asylbewerbers
Achidi John verschuldet wurde.

Sexualmedizinische Experimente an Lesben, Schwulen, Hermaphroditen und
Transsexuellen reichten in der deutschen Vergangenheit von
Elektroschocktherapien und gehirnchirurgischen Eingriffen über die Vergabe
von Hormonen und gesundheitsgefährdenden Medikamenten bis hin zu
Hodentransplantationen, Sterilisierungen und der Entfernung der inneren wie
äußeren Genitalien.

Aktionsvorschläge an:  docoff@x-berg.de

[1]  http://jab2000.dfg.de/detail50561.html
[2]  http://www.mu-luebeck.de/aktuelles/intersex.htm
[3]  http://www.postgender.de/postgender/bmbfdlr_list_all.htm
[4]  http://www.rrz.uni-hamburg.de/gender-studie/fragebogen.htm
[5]  http://www.astafu.de/struktur/referate/fach/txt
[6]  http://www.indymedia.de/2001/12/12046.shtml

 

16.10.2002
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