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Berlin: Messerattacke auf Antifas!


Was ist passiert?
Am frühen Abend des 30. Mai zog der ‚Karneval der Kulturen' lautstark durch
Kreuzberg und Neukölln. Mitten drin der Wagen des ‚Aktionsbündnis Mumia
Abu-Jamal', das vornehmlich aus Mitgliedern und Sympathisanten der RIM
[Revolutionary International Movement] oder auch RK [Revolutionäre Kommunisten]
oder auch Volkswiderstandsbewegung der Welt [World People's Resistance Movement]
getragen wird. Ein Mitglied der RIM/RK trug ein T-Shirt mit dem Aufdruck
‚Antizionistische Aktion' in Form des ‚Antifa-Aktions-Zeichens'. [Das Emblem der
‚antizionistischen Aktion' ist übrigens eine Erfindung des Neonazis Michael
Kühnen.] Aus einer Gruppe am Rande des Aufzuges feiernder Menschen riefen zwei
von insgesamt fünf Antifas dem T-Shirt-Träger daraufhin zu, dass Antisemiten
hier nichts zu suchen hätten. Es kam zu einem verbalen Schlagabtausch und ein
wenig Geschubse. Was bis zu diesem Moment allenfalls die Stimmung der feiernden
Menschen in Mitleidenschaft gezogen hätte, entwickelte sich zu einem Angriff,
bei dem der Tod der beiden Antifas in Kauf genommen wurde: Mit dem Ruf "Hier
sind die Zionisten!" stürmten rund 30 Mitglieder und Sympathisanten der RIM/RK
los und machten regelrechte Hetzjagden auf die fünf am Rande stehenden Antifas.
Zwei von ihnen konnten nicht rechzeitig abhauen und wurden getrennt voneinander
brutal zusammengeschlagen. Einem am Boden liegenden Antifa traten etwa acht
Leute ausschließlich und gezielt gegen den Kopf, um ihn dann, als er
glücklicherweise wieder aufstand, erneut mit Schlägen gegen den Kopf zu
bearbeiten. Das Ergebnis ist eine Schädelprellung sowie Hämatome und
Abschürfungen am ganzen Körper. Damit nicht genug: Dem anderen Antifa wurde,
nachdem man ihn zusammen geschlagen und eine Rippe angebrochen hatte, ein Messer
in die Hüfte gerammt.
Nach einer Behandlung im Krankenhaus geht es beiden glücklicherweise wieder den
Umständen entsprechend gut. Einer der Angreifer konnte von der Polizei
festgenommen werden und saß zwei Tage in Untersuchungshaft, der Messerstecher
wird weiterhin polizeilich gesucht.

RIM/RK in linken Strukturen…
Was sich wie der grausame Alltag von Antifas in ostdeutschen Kleinstädten
anhört, passierte am helllichten Tag in Kreuzberg mitten in dem, was man
allgemein hin ‚linke Szene' nennt. Denn die politische Gruppe der Täter ist fest
eingebunden in die linke Bündnisstruktur Berlins und bundesweit. Nicht geliebt
und dennoch geduldet kann diese gewalttätige und offen antisemitische Gruppe bei
allem mitmachen, wo die große linke Einheit beschworen wird. Ob am 1. Mai 2003
und 2004 durch gemeinsame Bündnisarbeit und Abschlusserklärungen oder bei der
Kampagne gegen den Abschiebeknast in Grünau und der passender Weise nahe
gelegenen Bundeszentrale der NPD. Das Bündnis der Demonstration am 6. Juni
trennte sich immerhin in Folge der Angriffe von der RIM/RK. Deren Anwesenheit
auf der Demo am 6. Juni ist explizit nicht gewünscht.

… bis hin zum Mord?
Der Angriff am Rande des ‚Karneval der Kulturen' war qualitativ neu und
schockiert vor allem durch die Brutalität und die Bereitschaft, auch den Tod von
Menschen in Kauf zu nehmen. Nichtsdestotrotz ist ‚innerlinke' Gewalt bei der
Durchsetzung der eigenen politisch/ideologischen Ziele im Spektrum der RIM/RK
nicht neu. Im Vorfeld des ‚revolutionären 1. Mai` 1990 entbrannte ein Streit
zwischen autonomen Strukturen und ML-Strukturen wie der RIM um das Tragen und
Zeigen von Stalinbildern auf der Demo. Diese Auseinandersetzungen eskalierten
bei der ‚revolutionären 1. Mai-Demo' 1992, als die RIM ihren Lautsprecherwagen
mit Holzlatten in die Demo reinprügelte. Nachdem sich diese Praxis zum selben
Anlass im Jahr 1993 wiederholte und mehrere Schwerverletzte nach Schlägen mit
Holzlatten übrig blieben, war der Konflikt unlösbar. In den Folgejahren führte
die RIM ihre eigene Demo am 1. Mai durch, zu der zwischen 500 und 1000 Treue kamen.
Die ‚innerlinken' Diskussionen und Auseinandersetzungen um Antisemitismus in der
Linken und die Deutungshoheit in der Beurteilung des Nahost-Konfliktes ab Mitte
der 90er Jahre nahmen die RIM/RKs wiederholt zum Anlass, ihre gewalttätige
Ideologie in die Praxis umzusetzen. Duzende Male wurden Menschen von Mitgliedern
und Sympathisanten der RIM/RK bedroht und geschlagen, ob am Rande politischer
Veranstaltungen, beim Plakatieren oder einfach in der U-Bahn. Grund war meist
eine kritische Haltung zum weltweiten Jihad und zum Antisemitismus nicht nur bei
Teilen der Palästinenser.
Im April 2002 überfielen Mitglieder der RIM/RK mit Hilfe von politischen
Freunden eine Veranstaltung der Zeitschrift ‚Bahamas' in Neukölln, auf der sich
kritisch mit den Feierlichkeiten zum anti-israelischen ‚Tag des Bodens'
auseinandergesetzt wurde. Mit Messern und Schlagstöcken versuchten sie, das
Lokal zu stürmen und verletzten einen Teilnehmer schwer.

Konsequenzen?
Die Auseinandersetzungen innerhalb der radikalen Linken [Nahost/Antisemitismus]
in den letzten Jahren und die daraus resultierenden Spaltungsprozesse führten
zwangsläufig zu neuen politischen Bündniskonstellationen. Fortan konnten einfach
gestrickte Menschen die radikale Linke in zwei homogene Blöcke einteilen, auf
beiden Seiten wurde nach Möglichkeiten gesucht, der spürbaren Marginalität zu
entkommen. Dies führte unter anderem auch zu der Reintegration der RIM/RK in
politische Bündnisse. Nach den gewalttätigen Angriffen am Rande des ‚Karneval
der Kulturen' kann man nur fordern, dass diese Politik revidiert wird und den
RIM/RKs kein weiteres Forum geboten wird.

Konsequenzen!
Die UnterstützerInnen dieses Aufrufes stellen unmissverständlich klar: Welche
innerlinke Positionierung in der Diskussion um Antisemitismus und der
Deutungshoheit bei der Beurteilung des Nahost-Konfliktes auch immer bei den
UnterstützerInnen vorherrscht, unabhängig welche Diskussionen und
Auseinandersetzungen in Zukunft zu führen seien werden, die Inkaufnahme von
Schwerverletzten und Toten ist kein und darf auch in Zukunft kein Bestandteil
der Auseinandersetzung sein. Die RIM/RKs haben durch die erneute und qualitativ
schockierende Grenzüberschreitung endgültig klar gemacht, dass sich jegliche
Zusammenarbeit mit ihnen, in politischen Bündnissen wie auch infrastrukturell,
verbietet!

Wir fordern hiermit an dieser Stelle eindringlich, bestehende politische
Konflikte hinten anzustellen und sich gemeinsam von einer Zusammenarbeit mit der
RIM/RK zu distanzieren!

Wir fordern zudem Gruppen, Läden, Initiativen und Einzelpersonen auf, diesen
Aufruf zu unterstützen.

- Der UnterstützerInnenkreis der Betroffenen -

Kontakt über:
 unterstuetzung@gmx.net ///  http://www.unterstuetzung.de.tf

 

07.06.2004
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