Berlin: + GelöbNIX-Proteste am 20. Juli + Geschichtsverdrehung 20. Juli +
Kampagne gegen Wehrpflicht Zwangsdienste und Militär
Redaktion/Pressestelle: Ralf Siemens
PRESSEINFO Nr. 17/2004
Datum: 16.07.2004
GelöbNIX-Proteste am 20. Juli
Bereits im Oktober 2003 hat die Kampagne gegen Wehrpflicht,
Zwangsdienste und Militär eine Gedenkkundgebung zu Ehren von Deserteuren
und Kriegsdienstverweigerern und die abendliche GelöbNIX-Demonstration
angemeldet. Zur Stunde liegt weder ein polizeilicher Auflagenbescheid
noch ein Sondernutzungsbescheid, der der Bundeswehr das beantragte
Hausrecht für das weiträumige Areal um den Bendlerblock sichern soll, vor.
Wie in den Vorjahren werden Deserteure und Kriegsdienstverweigerer der
Wehrmacht durch die Kampagne geehrt. Über 30.000 Todesurteile wurden
durch die Militärjustiz verhängt, 20.000 wurden vollstreckt. Ihnen zu
Ehren gibt es kein offizielles Gedenken. Stattdessen werden mit den
militärischen Verschwörern des 20. Juli jene geehrt, die den
verbrecherischen Krieg erst möglich gemacht und aktiv mitgetragen haben.
Gemeinsam mit dem Republikanischen Anwältinnen- und Anwälteverein (RAV)
wird ein Kranz im Anschluss an die staatliche Gedenkstunde im
Bendlerblock niedergelegt. Beginn dieser alternativen
Gedenkveranstaltung wird gegen 12.45 Uhr sein. Die Ansprachen werden
Ludwig Baumann, überlebender Wehrmachtsdeserteur und Vorsitzende der
Bundesvereinigung Opfer der NS-Militärjustiz sowie Rechtsanwalt Wolfgang
Kaleck, RAV-Vorsitzender, halten.
Zur Demonstration gegen das Gelöbnis der Bundeswehr rufen mehr als 20
Gruppen und Organisationen. Die Demonstration wird um 17 Uhr am Bahnhof
Friedrichstraße beginnen und führt über Friedrichstraße, Leipziger
Straße, Potsdamer Platz, Potsdamer Straße zum Bendlerblock am
Reichpietschufer, dem Sitz des früheren Oberkommandos der Wehrmacht und
seit 1993 Berliner Dienststelle des bundesdeutschen Rüstungsministeriums.
http://www.kampagne.de/Presse/Presse2004/04_17.php
Weitere Termine:
19. Juli, 10.30 Uhr, Tiergartenstr./Hildebrandtstr. (neben der
italienischen Botschaft)
Öffentliche Ortsbegehung "Gelöbnis-Protest" (verantwortlich:
Naturfreundejugend Berlin)
19. Juli, 12.30 Uhr, Alexanderplatz
Aktion "Berlin macht sich fit fürīs Gelöbnis" (verantwortlich:
JungdemokratInnen/Junge Linke Berlin, Jusos Berlin)
PRESSEINFO Nr. 16/2004
Datum: 16.07.2004
Geschichtsverdrehung 20. Juli
Teil 6: Widerstand ohne offizielle Weihen
Während die Militärs unter den späteren Verschwörern des 20. Juli bei
der Wehrmacht Karriere machten und sich an der Vorbereitung des
Angriffkrieges beteiligten, ...
... wusste der Schreiner Georg Elser um den drohenden Krieg und wurde
zum Gegner des NS-Staats. Er fasste im Herbst 1938 den Entschluss,
Hitler und weitere Nazi-Führer zu beseitigen. Allein und ohne Mitwisser
bereitete er ein Attentat vor. Am 8. November 1939 explodierte die Bombe
im Münchener Bürgerbräukeller. Hitler und weitere Nazi-Führer überlebten
nur, weil sie wesentlich früher als geplant den Saal verlassen hatten.
Während der Verhöre durch die Gestapo erklärte er: "Die seit 1933 in der
Arbeiterschaft von mir beobachtete Unzufriedenheit und der von mir seit
Herbst 1938 vermutete unvermeidliche Krieg beschäftigten stets meine
Gedankengänge. ... Ich stellte allein Betrachtungen an, wie man die
Verhältnisse der Arbeiterschaft bessern und einen Krieg vermeiden
könnte." Georg Elser wurde auf Weisung Himmlers am 9. April 1945 im KZ
Dachau ermordet.
Während die späteren Attentäter im Angriffs- und Vernichtungskrieg
Befehlen gehorchten und selbst Befehle erteilten,...
... verweigerte Franz Jägerstätter, ein oberösterreichischer Bauer, 1943
den Kriegsdienst in der Wehrmacht. Er hatte 1938 als einziger in seinem
Dorf gegen den "Anschluss" Österreichs an Nazi-Deutschland gestimmt und
erklärte nun, dass er gegen sein religiöses Gewissen verstoßen müsste,
würde er für den nationalsozialistischen Staat kämpfen. Er könne nicht
gleichzeitig Nationalsozialist und Katholik sein, und es gebe eine Zeit,
in der man Gott mehr gehorchen müsse als den Menschen. Am 6. Juli 1943
wurde er vor dem Reichskriegsgericht (RKG) in Berlin-Charlottenburg zum
Tode verurteilt. Für seine Gewissensentscheidung wurde er am 9. August
1943 ermordet.
Elser und Jägerstätter waren, anders als die "Männer des 20. Juli", kein
Teil der Machteliten. Anders als den Militärs unter den Verschwörern,
die dem System durch Kriegsvorbereitung und Krieg hindurch dienten,
standen ihnen keine internen Informationen zur Verfügung. Trotzdem
verstanden sie, was Ereignisse wie der "Anschluss" Österreichs oder die
eigene Einberufung bedeuteten. Ihr Widerstand begann mit der
Gewissenstat: nicht der NS-Diktatur zu dienen, nicht mitzulaufen und
sich nicht schuldig zu machen, ganz genau wie der Widerstand von
mehreren zehntausend Wehrmachtsdeserteuren. Weil ihr Beispiel zeigt,
dass die Behauptung vieler Deutscher, von nichts gewusst zu haben und
darum ohne Mitschuld zu sein, eine Ausflucht ist, deshalb gibt es für
den Widerstand eines Elser, eines Jägerstätter und Zehntausender
Deserteure keine offiziellen Weihen.
http://www.kampagne.de/Presse/Presse2004/04_16.php
Zu Desertion und KDV im NS-Staat:
www.kampagne.de/Kampagneaktiv/DesertionimNS.php
Die Kampagne ist Teil des Netzwerks gegen das Gelöbnis www.geloebnix.info
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