Info zum Prozeß gegen Birgit Hogefeld
Nr. 12
Juni 1996
Prozeßbericht April / Mai 1996
Im März 1996 tauchten in den Medien Berichte auf, daß im BKA Ermittlungsergebnisse, die belastend für den VS-Agenten Steinmetz und entlastend für Birgit Hogefeld seien, unterdrückt und vernichtet wurden. Deswegen hat der suspendierte BKA'ler Lang , Abteilung "TE 11", Strafanzeige gestellt.
Die Verteidigung von Birgit hat beantragt, diesen BKA'ler als Zeugen zu hören. Diesem Antrag wurde stattgegeben, der BKA'ler wurde geladen. Da er länger in Urlaub war, konnte seine Vernehmung erst am 14. Mai stattfinden. Bis dahin bestanden die Termine fast nur aus Ablehnungsbeschlüssen bezüglich der meisten Beweisanträge der Verteidigung.
Die besondere Sachkunde des "Wissenschaftlichen Dienstes" in Zürich
Einem weiteren Antrag der Verteidigung war zum Teil stattgegeben worden. Pfister, Leiter des "Wissenschaftlichen Dienstes" (WD) Zürich wurde am 7.5. als Sachverständiger und Zeuge zur Untersuchung von zwei Projektilen vernommen. Diese Projektile, bei denen es sich um jene handeln soll, die dem Körper des in Bad Kleinen erschossenen GSG-9-Mannes Newrzella entnommen worden waren, stammen laut WD aus Wolfgang Grams Waffe. Dieses Untersuchungsergebnis des WD ist in mehrfacher Hinsicht fragwürdig. Erstens bleibt etwas undurchsichtig, ob Projektile ausgetauscht worden sind. Zweitens ist nicht mehr nachvollziehbar, ob und welche Veränderungen durch Voruntersuchungen beim BKA, LKA NRW und dem Gutachter Brinckmann an Waffen und Projektilen vorgenommen wurden. Und drittens ist die Untersuchungsmethode des WD wissenschaftlich umstritten. Desweiteren sind wichtige Teiluntersuchungen (Drallwinkel) vom WD unterlassen worden.
In der Befragung Pfisters stellte sich heraus, daß die Merkmale Rechtsdrall und 6 "Feldzugabdrücke" bei den meisten Waffen auftreten. Es war ein zähes Unterfangen für die Verteidigung, dem Leiter des WD Kriterien für die Zuordnung eines Projektils zu einer bestimmten Waffe zu entlocken. Zitat Pfister: "Die Übereinstimmung der Merkmale muß so sein, daß der Gutachter sie als solche empfindet". Auf die Frage, wo denn die Grenze zwischen Übereinstimmung und Nichtübereinstimmung verlaufe: "Die Grenze kann so nicht gezogen werden. Man sieht es...". Die Frage, ob er das nicht für Dritte nachvollziehbar darlegen könne, wieviel Übereinstimmung und an welchen Punkten es geben müsse, um zwei Projektile der gleichen Waffe zuzuordnen: "Diese Frage kann so nicht beantwortet werden. Wenige Merkmale bis zu mehreren Merkmalen".
Zu der Frage, ob an den Waffen durch Voruntersuchungen vorgenommene Veränderungen nachvollziehbar waren: "Was sind schon Veränderungen" - außerdem sei das in diesem Fall unproblematisch gewesen, da es eine Waffe war, die am Tatort gefunden wurde.
Fragen dazu, wie oft die Waffe beschossen wurde, wieviele Vergleichsprojektile vom BKA und vom WD produziert wurden, welche Untersuchungen Brinckmann zuvor gemacht hat, was mit den Anhaftungen geschehen ist, die das LKA von den Projektilen entfernt hat, die Frage, ob es sich bei den im Gutachten abgebildeten Vergleichsprojektilen um jeweils ein anderes oder das gleiche handelt, usw., beantwortete er mit: "Weiß ich nicht".
Wieviele und welche Personen an der Untersuchung und der Erstellung des Gutachtens beteiligt waren, beantwortete er mit: "Es waren mehrere". Welche Unterlagen und Vorinformationen zur Verfügung gestellt wurden - "Das steht im Gutachten". Auf die Frage, welche Untersuchungen er selbst durchgeführt habe, sagte er, er habe beide Projektile selbst angesehen. "Angesehen oder Untersuchungen durchgeführt?" wurde er gefragt. "Das ist kein Unterschied" war seine Antwort. Auch die Waffe habe er "selbst angeschaut."
Nach Faktoren, die in den Untersuchungen hinderlich waren, befragt, kam immerhin: Die letzten Asservate kamen 2 Monate nach dem "Zwischenfall" in Bad Kleinen. Zuerst sei die "Kopfschwarte und das Gehirn von Wolfgang Grams" gekommen, ab da "wurde ein Ergebnis erwartet". Die Waffe von Wolfgang Grams mußte beim WD auf Fingerspuren untersucht werden, obwohl sie bereits beim BKA war (bekanntlich waren dann keine Fingerspuren mehr zu finden). Asservate waren teilweise nicht korrekt verpackt. Auch die Waffen der GSG-9 waren aufgrund von Voruntersuchungen nicht mehr im Originalzustand.
Nach einer Patronenhülse befragt, die nicht einer der Waffen zugeordnet wurde, gab er an, daß sie in die "Munitionsbilanz hineinpaßt".
Er wurde auch gefragt, ob noch weitere Waffen zur Untersuchung vorlagen. Dies sei ihm "nicht bekannt".
Zu den Untersuchungen des WD ein Obergutachten durch Prof. Bonte anfertigen zu lassen, wurde vom Gericht abgelehnt. In der Ablehnung verstieg sich der erkennende Senat argumentativ ausgerechnet dahingehend, die Sachkenntnis des Prof. Bonte, der eine international anerkannte Kapazität auf dem fraglichen Gebiet ist, in Frage zu stellen. Die von Pfister ausgebreitete Sachkenntnis scheint dem Gericht vollkommen ausreichend. Der WD in Zürich wurde von der BAW mit den Untersuchungen zu Bad Kleinen wohl eher aufgrund der "guten Erfahrungen" betraut, die deutsche Behörden in der Vergangenheit schon hatten. So hat der WD beispielsweise 1977 die "Untersuchungen" zu den Todesursachen der RAF-Gefangenen in Stuttgart-Stammheim und Stadelheim gemacht und kam zu dem wunschgemäßen Ergebnis "Selbstmord". So auch zu den Todesumständen von Wolfgang Grams. Aber dies war nicht Thema in der Verhandlung gegen Birgit Hogefeld.
Zachert (BKA): "Einverstanden, man muß jetzt mogeln".
Am 14.5. sagte der suspendierte BKA-Beamte Lang im Prozeß aus. Er bzw. eine Arbeitsgruppe aus 4 Beamten der BKA-Abteilung TE 11 war mit der Auswertung des in Bad Kleinen gefundenen Schriftmaterials befaßt. Zuvor war er mit der Analyse der RAF-Erklärung von August 1992 beschäftigt.
Nach der Sprengung des Knastneubaus in Weiterstadt erstellte er einen Bericht (30.4.93) zu möglichen "Personenverbindungen und Tatbezügen", konzentriert auf die Bunte Hilfe Darmstadt.
Von Juli 1993 bis zu seiner Versetzung bzw. Suspendierung 1994 erstellte er Auswertungsberichte zu den in Bad Kleinen gefundenen Schriftstücken sowie gesonderte Berichte: 1. Zu "möglichen Bezügen von Frau Hogefeld zum Anschlag in Weiterstadt" - hier fand er keine.
2. Zur Frage der Mordanklage gegen Birgit wegen Bad Kleinen stellte er fest:
- es liegen dem BKA keine Anhaltspunkte vor, daß eine Absprache zum Schußwaffengebrauch innerhalb der RAF existierte
- die Vernehmung Steinmetz hat ergeben, daß es eine solche Absprache innerhalb der RAF nicht gibt
- Birgit hat in Bad Kleinen keinen Versuch gemacht, ihre Waffe zu ziehen
Folglich kann die Mordanklage nicht aufrechterhalten werden (Bericht vom 17.02.1994).
3. Der Bericht vom 10.02.1994 enthält eine "stark belastende Bewertung der Einbindung von Steinmetz" in die RAF und in die Weiterstadt-Aktion.
Des weiteren fertigte er einen 63-seitigen Bericht zu den in Bad Kleinen gefundenen Briefen, ferner zu "Quack" (Ursel Quack, Saarbrücken, die 129a-Anklage gegen sie wird demnächst in Koblenz verhandelt, der Lang-Bericht kommt zu dem Ergebnis, daß der 129a gegen Ursula Quack jeder Grundlage entbehre), "Haule" (Eva Haule, Gefangene aus der RAF, diese Analyse von TE 11 bezog sich auf ein Schreiben, das Eva Haule zugeordnet wurde und als "Beweis" für ihre Beteiligung an der Airbase-Aktion gewertet wurde. TE 11 war hier zu einer anderen Bewertung gekommen als die BAW und 5. Strafsenat).
In der Analyse zur August-Erklärung "ermittelte" er zwei "normal lebende" Personen als "RAF-Mitglieder" sowie eine weitere als "UnterstützerIn". Diese Personen flossen auch in seinen Bericht zu Weiterstadt als mögliche Tatbeteiligte ein.
Bezüglich der genannten Berichte, insbesondere zu denen zu Steinmetz, Birgit Hogefeld und Ursel Quack bestanden seitens der BAW Änderungswünsche. Nach dem Prozeß gegen Eva Haule, wo ein entlastendes Gutachten der Abteilung TE 11 vorlag, sollte "so etwas zukünftig die Behörde nicht mehr verlassen", wurde er angewiesen. Da er die Berichte nicht geändert hat, wurde ihre Vernichtung angeordnet. Andere sind verschwunden, z.B. der vom 30.04.93 sowie Teile einer "Ermittlungsakte Schwarzmann". Auch ein maschinengeschriebenes "Kassiber" vom Januar 1993, das vom Verfassungsschutz an das BKA übergeben wurde und das angeblich von Birgit an Steinmetz war. Sowie weitere "Berichte" und "Vermerke".
"Einverstanden, man muß jetzt mogeln" ist eine handschriftliche Bemerkung Zacherts im Zusammenhang mit der Anordnung zur Vernichtung der Berichte.
Die Vernehmung des BKA-Beamten Lang wurde am 21.5. weiter fortgesetzt.
Birgit ließ den Zeugen bestätigen, daß in der Phase direkt nach Bad Kleinen schon vertuscht wurde, Gegenstände "verschwanden" oder vernichtet wurden. So sind zwei Briefe, die Steinmetz bei sich hatte, verschwunden. Birgit fragte weiter, ob Lang den Zwischenbericht der Bundesregierung zu der Polizeiaktion in Bad Kleinen kenne, sie zitierte daraus, daß "Hogefeld und die V-Person" ..." die Unterkunft aufgaben" und es zu einem "Treffen mit Freunden" kommen sollte. Daraus ergibt sich, daß in den Tagen vor Bad Kleinen eine Abhörmaßnahme gelaufen sein muß. Diese ist über den Personenschutzsender gelaufen, den Steinmetz dabeihatte. Birgit fragte den BKA-Beamten, ob er die Protokolle dieses Abhörsenders kenne. Er sagte, er habe keine Kenntnis über diese Gesprächsaufzeichnungen.
Birgit sagte, daß der Sender, d.h. Steinmetz, sich in Bad Kleinen in unmittelbarer Nähe zu Newrzella befand, so daß aus den Aufzeichnungen etwas darüber zu erfahren wäre, wie die Schußabfolge in Bad Kleinen war und wie der GSG-9-Beamte Newrzella zu Tode kam.
Die Vernehmung des BKA-Beamten Lang wird am 11.6. fortgesetzt.
Zum bisherigen Prozeßverlauf
Prozeßerklärung von Birgit Hogefeld, 23.1.96
In der jetzigen Prozeßphase geht es um den Anklagevorwurf des Mordes und sechsfachen Mordversuchs in Bad Kleinen, und das, obwohl ich bereits überwältigt am Boden lag, bevor dort der erste Schuß gefallen ist.
Unmittelbar nach den Ereignissen vom 27.06.93 verbreitete die Bundesanwaltschaft, daß ich die Schießerei eröffnet hätte. So war dann tagelang in den Medien von der `wild um sich schießenden Terroristin' zu lesen und zu hören. Der damalige Generalbundesanwalt v. Stahl äußerte sich wider besseren Wissens noch am 30.06. gegenüber Pressevertretern, ich hätte `ohne Rücksicht auf Menschenleben von der Schußwaffe Gebrauch gemacht'. Erst nachdem er von meinen Verteidigern zur Unterzeichnung einer Widerrufs- und Unterlassungserklärung aufgefordert worden war, verbreitete er diese Lüge nicht weiter.
Das zuvor gegen mich eingeleitete Ermittlungsverfahren wurde trotzdem nicht eingestellt.
Anfang Juli 93 verdichten sich Gerüchte von einer Hinrichtung Wolfgang Grams'; bis dahin unter Verschluß gehaltene Zeugenaussagen dringen an die Öffentlichkeit, Medienvertreter beginnen mit eigenen Recherchen - am 4. Juli tritt Innenminister Seiters zurück und am 6. Juli muß Generalbundesanwalt v. Stahl seinen Stuhl räumen.
Gleichzeitig wird staatlicherseits alles unternommen, um die Selbstmordversion öffentlich durchzusetzen. Noch bevor irgendwelche Untersuchungen stattgefunden haben, spricht Bundeskanzler Kohl `seinen Jungs' von der GSG 9 sein Vertrauen aus - oder sollte dieser Auftritt einfach bloß Zustimmung signalisieren ?
Zu diesem Versuch einer offiziellen Geschichtsschreibung gehört als zweites Moment die Behauptung, Wolfgang Grams hätte den Schußwechsel eröffnet und er hätte den GSG-9-Mann Michael Newrzella erschossen.
Wenn schon die Gerüchte einer Hinrichtung nicht aus der Welt zu schaffen sind, dann soll doch wenigstens festgeschrieben werden, daß der gesamte Ablauf in Bad Kleinen deshalb so war, wie er war, weil Raf-Mitglieder `blindwütige Killer' sind.
Daß es zu dieser Mordanklage wegen des Todes des Polizisten gegen mich gekommen ist, hängt aber auch damit zusammen, daß zum Zeitpunkt meiner Festnahme ein Haftbefehl gegen mich vorlag, der nicht automatisch zu einem sicheren Lebenslänglich-Urteil geführt hätte. Mir wurde damals die Mitgliedschaft in der Raf vorgeworfen und eine Beteiligung am versuchten Anschlag auf den früheren Finanzstaatssekretär Tietmeyer. Mit der Mordanklage wegen Bad Kleinen sollte also das Lebenslänglich sichergestellt werden.
Die juristische Konstruktion dafür geht so (Anklageschrift):
"Wolfgang Grams erschoß in bewußtem und gewolltem Zusammenwirken mit der Angeschuldigten vorsätzlich den Kriminalkommissar Michael Newrzella und versuchte, weitere sechs GSG-9-Beamte zu töten. Für dieses Tatgeschehen ist die Angeschuldigte Hogefeld als Mittäterin verantwortlich."
Um diese Konstruktion zu stützen, behauptet die Bundesanwaltschaft, in der Raf hätte es eine Absprache gegeben, in einer Festnahmesituation (Anklageschrift) "den Fluchtweg erforderlichenfalls durch die Tötung von Polizeibeamten freizuschießen".
Diese Behauptung ist falsch, eine solche Absprache hat es nicht gegeben.
Daß es bei Festnahmen für Raf-Mitglieder nicht selbstverständlich war - wie die Anklage behauptet - blindlings Polizisten zu erschießen, wird schon daran deutlich, daß es von seiten der Raf in den gesamten 80-er und 90-er Jahren (also seit nunmehr 16 Jahren) außer in Bad Kleinen nur ein einziges Mal in einer Festnahmesituation zum Einsatz einer Waffe gekommen ist.
Darüber hinaus gab es 1992 eine Deeskalationserklärung der Raf, in der wir erklärt haben, daß und warum wir den bewaffneten Kampf in der bisherigen Form nicht fortführen. In diesem Text heißt es u.a.:
"Wir haben uns entschieden, daß wir von uns aus die Eskalation zurücknehmen. Das heißt, wir werden Angriffe auf führende Repräsentanten aus Wirtschaft und Staat für den jetzt notwendigen Prozeß einstellen".
Das ist eine eindeutige Aussage dahingehend, daß dieser Kampf nicht weitere Menschenleben fordern soll und daß er sich von unserer Seite aus allenfalls gegen Sachen richtet.
Das war unbedingter Konsens in der gesamten Gruppe, und es ist die Haltung, die sich ein Jahr später in der Weiterstadt-Aktion widergespiegelt hat. Selbst die 10 oder 11 Wachleute und Justizangestellten, die dort vor der Sprengung evakuiert worden waren und die hier vergangenen Herbst als Zeugen auftraten, haben das bestätigt. Viele von ihnen berichteten, daß durch die Art, wie sie in dieser Nacht behandelt worden waren, sie zu der Einschätzung kamen, es müßte sich um eine Übung handeln und sie hätten es nicht mit Leuten zu tun, die den Knast sprengen wollen, sondern mit Kollegen. Einer glaubte bis zum Explosionsknall an eine Übung.
In Weiterstadt waren mehrere Raf-Mitglieder stundenlang ausschließlich damit beschäftigt, all diese Leute in Sicherheit zu bringen.
Aber nochmal zurück zu Festnahmesituationen. Ich war als Raf-Mitglied zur Fahndung ausgeschrieben und mein Foto hing in jeder Post - selbstverständlich habe ich darüber nachgedacht, wie ich mich in einer entsprechenden Situation verhalten kann, um nicht verhaftet zu werden. Und natürlich habe ich mit anderen darüber geredet, gerade auch in der Zeit um 1992, als wir diese Erklärung geschrieben haben und uns lange und intensiv mit uns und der gesamten Raf-Geschichte beschäftigen - da kommt man automatisch auch auf die Frage nach Sinn und Zweck von Bewaffnung.
Irgendjemand hatte einmal von einer erfolgreichen Flucht gehört und das funktionierte so:
Leute, die mit Haftbefehl gesucht wurden, wurden bei der Rückgabe eines gemieteten Autos von einer Spezialeinheit der Polizei erwartet. Sie haben das im letzten Moment bemerkt und konnten einen der Polizisten in den Wagen ziehen. Dadurch war der Rest der Polizeitruppe in Schach gehalten und sie konnten mit diesem Polizisten wegfahren, ohne verfolgt zu werden. Sie haben den Mann dann im übernächsten Waldstück laufenlassen und sind weggekommen.
Dieses Muster hatte ich als grobe Vorgabe einer erfolgreichen Flucht im Kopf, es erschien mir realistisch.
Die Beschreibung erklärt auch die Munitionsmenge. In der Anklage wird ja behauptet, die 66 Schuß, die ich insgesamt dabei hatte, würden unsere mörderischen Ambitionen widerspiegeln.
Das ist kompletter Unsinn. Gerade wenn das eigene Handeln defensiven Charakter haben soll, kann eine Fluchtsituation sehr viel Munition erfordern, um in die Luft zu schießen. Um in der oben genannten Beschreibung zu bleiben: wenn man in einer solchen Situation einen Polizisten kurzfristig mitnimmt, kann es sein, daß man die Waffe zur Drohgebärde benutzen muß.
Wenn von einer Absprache überhaupt die Rede sein kann, dann von der, daß unser oberstes Ziel war, unser Leben und das Leben von anderen nicht zu gefährden.
Nach meiner Verhaftung in Bad Kleinen wurde ich ins Polizeirevier nach Wismar gebracht, dort habe ich den ganzen Spätnachmittag und Abend über immer wieder gefragt, wie es Wolfgang Grams geht und ob er noch am Leben ist. Ein BKA-Beamter antwortete mir darauf stereotyp, daß er mir das nicht sagen dürfe, daß aber ein Bundesanwalt auf dem Weg nach Wismar sei und der würde mich dann informieren. Gegen Mitternacht wurde ich aus der Zelle geholt und ein Mann, der sich mir als Bundesanwalt vorstellte, teilte mir mit, daß Wolfgang Grams gegen 18 h gestorben ist. Der zweite oder dritte Satz dieses Mannes mir gegenüber war dann sinngemäß: `Frau Hogefeld, für Sie wird es keine Lebensperspektive in Freiheit mehr geben, es sei denn, Sie arbeiten mit uns zusammen'.
Ich habe das Gespräch dann beendet.
Ende 1993 beantragte die BAW die Erweiterung des Haftbefehls gegen mich wegen Mord und sechsfachem Mordversuch in Bad Kleinen und wegen der Weiterstadt-Aktion.
Kurze Zeit darauf trat der Verfassungsschutz über einen Mittelsmann an meine Verteidiger heran. Mit wurde das Angebot unterbreitet, daß, wenn ich Aussagen mache, die zur Verhaftung von Raf-Mitgliedern führen,
1. der Mordvorwurf wegen Bad Kleinen fallengelassen werde und
2. ich die Zusicherung erhielte, daß in diesem Fall bei einer Verhaftung niemand erschossen werden würde.
Ein Reporter sprach neulich angesichts des zweiten Punktes dieses Angebots von einer Ungeheuerlichkeit, die er nicht glauben wolle. Ich dagegen finde diese Zusicherung, niemanden bei einer Verhaftung zu erschießen, im Rahmen eines Angebots an mich nur logisch.
Die zuständigen Behörden haben damals die Chance für meine Kollaboration sicherlich nicht hoch eingeschätzt. Der Versuch, mir, also einer Frau, die gerade ihren Lebensgefährten bei einer Polizeiaktion verloren hatte und von der bekannt ist, daß sie dabei nicht von Selbstmord ausgeht, mir damals Angebote auf Zusammenarbeit zu machen, mußte mit Zusicherungen verbunden sein, durch die ich mir meine Freundinnen und Freunde nicht mit Einschußlöchern in den Köpfen und Körpern hätte vorstellen müssen. Anders hätte ein solches Angebot überhaupt keinen Sinn ergeben.
Ich habe dieses Angebot abgelehnt - und die Antwort folgte auf den Fuß:
Im März 94 bekam ich die Anklageschrift und darin wurde mir plötzlich auch die Beteiligung an der Aktion gegen die US-Air-Base in Frankfurt 1985 und der Erschießung des US-Soldaten Pimental vorgeworfen.
1994, also 9 Jahre nach der Aktion und nach Abschluß der Ermittlungen wird auf einmal behauptet, ich sei die Käuferin von zwei Autos gewesen, die für diese Aktion benutzt worden seien, und ich sei die Frau, die mit Edward Pimental diese Diskothek in Wiesbaden verlassen hätte.
Nachdem 1985 die Ermittlungen wegen der Autokäufe mit einem Haftbefehl gegen Sigrid Sternebeck abgeschlossen worden waren, der dann kurz nach ihrer Festnahme in der DDR aufgehoben wurde, fängt die Bundesanwaltschaft nach meiner Verhaftung an, diese Aktionen auf meine Person hin zu ermitteln.
Das entspricht dem Grundprinzip ihrer Arbeitsweise, sie ermitteln immer auf die Person hin die sie als `Täter' ausmachen wollen. Nach meiner Verhaftung war das natürlich ich, und so wurde ich plötzlich zur `Air-Base-' und `Pimental-Mörderin' erklärt.
Dafür war es für die Ermittlungsbehörden ganz unerheblich,
- daß Frau Sternebeck, nach der in diesem Zusammenhang ja lange Jahre gefahndet worden war, ein völlig anderer Frauentyp ist als ich,
oder
- daß es aus dem Jahr 85 ein BKA-Schriftgutachten über die Unterschrift auf den Kaufverträgen gibt, das mich ganz unten in der Wahrscheinlichkeitsskala einordnet - nämlich: es sei nicht auszuschließen, daß es sich um meine Schrift handelt.
Das erste `Problem', das die Bundesanwaltschaft zur Behauptung meiner Beteiligung aus der Welt schaffen mußte, war, daß sowohl die Autoverkäufer als auch die Soldaten, die mit Pimental in der Diskothek gewesen waren, nie bei der Vorlage meiner Fotos Ähnlichkeiten zu der oder den gesuchten Frauen festgestellt haben.
Dieses Problem sollte mit einem Videofilm gelöst werden.
Beim Hofgang in Bielefeld wurde ich verdeckt gefilmt und 4 andere Frauen, die auf dem Videofilm zu sehen sind, versuchten mich zu imitieren.
Alle Zeugen hatten 85 die gesuchte Frau als dunkelhaarig mit Kurzhaarschnitt und als schlank bezeichnet. Von den anderen Frauen auf dem Videofilm waren 3 hellblond und hatten mittellange bis lange Haare, nur eine außer mir hatte kurze, rötlich-braue Haare. Alle vier Frauen waren von der Statur her kräftig.
So war also ich auf diesem Videofilm die einzige Frau, die dunkle kurze Haare hatte und schlank war.
Folgerichtig stellten dann auch mehrere der Zeugen Ähnlichkeiten bloß zu der anderen dunkelhaarigen Frau und mir fest. Nur ein einziger Zeuge glaubt, mich als die Frau wiederzuerkennen, die er 85 in der Diskothek gesehen hatte. Er gilt als Hauptbelastungszeuge der Anklage. Ausgerechnet dieser Mann hatte 1985 bei einer polizeilichen Vernehmung, als er aufgefordert wurde, die von ihm gesehene Frau genauer zu beschreiben, gesagt, das könne er nicht, er sei nämlich kurzsichtig und habe an diesem Abend seine Brille nicht dabei gehabt.
Auch das `Problem' mit der unteren Kategorie des Schriftgutachtens von 1985 wurde zwischenzeitlich gelöst. Die Bundesanwaltschaft hat nach meiner Verhaftung ganz einfach ein neues, diesmal Hogefeld-bezogenes Gutachten in Auftrag gegeben. Gegen 140 Schriftproben von mir standen eine Handvoll Proben von anderen Frauen und das Ergebnis dieses neuen Gutachtens war dann, daß ich `wahrscheinlich' die Urheberin der Unterschriften unter den Kaufverträgen für die Autos sei.
Im November 94 begann hier vor diesem Senat der Prozeß gegen mich und seitdem werden alle Anklagepunkte vom Gericht `abgearbeitet'. Das Ritual, das sich seitdem hier ein- bis zweimal wöchentlich abspielt, funktioniert wie folgt:
Wenn Zeugen (es werden ausschließlich solche geladen, deren Aussagen mich belasten, diejenigen, deren Aussagen mich entlasten würden, hört dieses Gericht hier nicht), wenn also Zeugen geladen werden, dann fragt das Gericht in Gestalt des Richters Klein all die Punkte aus früheren Vernehmungen ab, die mich belasten sollen. Nie ist es diesem Gericht eingefallen, Ungereimtheiten und Widersprüchlichkeiten in Zeugenaussagen nachzugehen, wenn das eine Entlastung von mir zur Folge haben könnte.
Nie wäre diesem Gericht beispielsweise der Gedanke gekommem, den sogenannten Hauptbelastungszeugen wegen der Pimental-Erschießung bezüglich seiner Kurzsichtigkeit und seiner Aussage, daß er an dem betreffenden Abend seine Brille nicht dabei gehabt hatte, zu befragen. Im Gegenteil, nachdem meine Verteidiger diesen Punkt hier angesprochen hatten, wurden die danach hier als Zeugen vernommenen US-Soldaten in der Richtung befragt, daß sie vermuten sollten, der Hauptbelastungszeuge hätte damals auch ohne Brille ganz gut sehen können. Da wird nicht etwa ein fachärztliches Gutachten in Auftrag gegeben, sondern da werden Soldaten befragt, ob sie nach fast 10 Jahren nicht auch der Meinung sind, es könnte sein, daß der Hauptbelastungszeuge damals ohne Brille mit ihnen Fernsehen geschaut hätte.
Oder im Fall Tietmeyer, wieder geht es um ein Auto. Die Autovermieterin, die anfangs mit absoluter Sicherheit eine andere Frau vom Fahndungsplakat wiedererkannt haben will (übrigens eine blauäugige, blonde Frau), will später mich wiedererkannt haben - und zwar, nachdem ich in ihrer Lokalzeitung als Täterin abgebildet worden war. Bei einer Gegenüberstellung nach meiner Verhaftung, bei der ich meine Hand vors Gesicht hielt, sagte sie aus, sie hätte mich trotzdem wiedererkannt, und zwar an meinen O-Beinen.
Eine solche Angabe könnte für ein Gericht ja eigentlich Grund dafür sein, klären zu wollen, ob eine Angeklagte überhaupt O-Beine hat oder nicht. Letzte Woche habe ich mich von einem Orthopäden untersuchen lassen und dabei auch die Frage meiner angeblichen O-Beine angesprochen. Der Mann hat mich vermessen und kam zu dem Ergebnis, ich hätte völlig gerade Beine.
Trotzdem habe ich allen Grund, zu vermuten, daß ich hier auch in diesem Fall und auch aufgrund der Wiedererkennung anhand meiner angeblichen O-Beine verurteilt werden soll.
Das waren jetzt nur einige Beispiele aus über einem Jahr Hauptverhandlung hier vor diesem Senat - die Liste ähnlich gelagerter Beispiele ließe sich noch lange fortsetzen.
Ich will heute hier aber auch meine eigene Einstellung zu diesem Prozeß ansprechen.
Nachdem vor über einem Jahr die Hauptverhandlung begonnen hatte, war in den Medien zu hören und zu lesen, daß fast alle Beobachter sich in die 70-er Jahre zurückversetzt fühlten. Davon, daß sowohl Gericht, Bundesanwaltschaft als auch Verteidigung einen Prozeß nach längst überholten Ritualien inszenieren würden. Und mir selbst ist das ja auch so vorgekommen, ich war in den 70-er Jahren als Zuschauerin im Stammheimer Prozeß und im Stockholm-Prozeß und vieles, was dann Ende 94 hier anfing, hat auch mir Parallelen zu dieser Zeit aufgedrängt.
Meine Verteidiger und ich hatten damals, kurz nach Prozeßbeginn, ausführliche Diskussionen an dieser Frage und sind zu dem Schluß gekommen, daß wir von unserer Seite alles tun wollen, um zu dokumentieren, daß wir diesen Part hier nicht übernehmen wollen. Wir haben nur noch ganz wenige Befangenheitsanträge gestellt (und das nicht, weil weitere unbegründet gewesen wären), wir haben bewußt auf dieses Verteidigungsmittel verzichtet, wir haben auf Vereidigungen verzichtet, wir haben also alles, was nach Ritual aussehen könnte, unterlassen.
In vielen Diskussionen aus den den letzten Jahren und aus eigenen Reflexionen über die Raf-Geschichte ist mir klar geworden, daß beide Seiten - also Raf und Staat - immer wieder nach bekannten und eingefahrenen Mustern agiert und reagiert haben.
Das galt natürlich auch für die Prozesse und genau deshalb war es mir wichtig, hier aus diesem Muster auszubrechen und daß meine Verteidiger eine ausschließlich sachbezogene und sachliche juristische Verteidigung machen.
Ich wollte ganz einfach wissen, ob, wenn ich versuche, den Gegenpart im alten und eingespielten Muster nicht zu liefern, ob dann trotzdem alles so weiter abläuft wie schon immer seit den 70-er Jahren.
Soviel zur Seite meiner Verteidigung -
die Reaktionen des Gerichts darauf waren durchgängig folgende:
- wie schon oben erwähnt, der Senat hat in diesem Jahr hunderte Male dokumentiert, daß er ausschließlich an der Zusammentragung von Belastungsmaterial gegen mich interessiert ist.
- Akten waren oft unvollständig, und der Senat hat oft monatelang nichts unternommen, um sie zu vervollständigen, selbst wenn bei Zeugen, die hier gehört wurden, frühere Vernehmungsprotokolle offensichtlich fehlten, stieß das auf seiten des Gerichts weder auf Verwunderung noch überhaupt auf Interesse.
- wenn Gutachten verlesen wurden, wurde jeder, also tatsächlich jeder Antrag meiner Verteidiger auf Ladung der Gutachter, um sie hier direkt über die Gutachten befragen zu können, zurückgewiesen. Auch bei dem vorhin erwähnten äußerst widersprüchlichen Schriftgutachten war das so.
- wenn meine Verteidiger ihre Anträge auf Ladung solcher Sachverständigen oft ausführlich begründet haben, sind regelmäßig ein oder mehrere Senatsmitglieder demonstrativ in Schlafstellung auf ihren Sesseln zusammengesunken - ob sie tatsächlich schliefen, kann ich nicht sagen.
- unzählige Interviewanträge von Journalisten wurden abgelehnt und zwar mit der Begründung, ich hätte in meinen Prozeßerklärungen den bewaffneten Kampf propagiert und würde ein Interview nutzen, um dazu aufzurufen.
Wer meine Texte und Erklärungen seit meiner Verhaftung kennt und darin einen derartigen Aufruf sieht, der ist entweder dumm oder unerträglich ignorant. Im Fall dieses OLG-Senats vermute ich das zweite.
An die Adresse dieses Senats will ich hier folgendes sagen:
Sie haben in diesen 15 Monaten der Hauptverhandlung all meine Bilder und Vorbehalte, die ich jemals in meinem Leben gegenüber deutschen Staatsschutzsenaten hatte, voll und ganz bestätigt - wirklich alle !
Und vermutlich sind Sie engstirnig und verblendet genug, darin noch eine Auszeichnung zu sehen, auf die Sie stolz sind.
Zum Schluß dieser Erklärung will ich auf den heutigen Verhandlungstag zu sprechen kommen.
Geladen ist der Zeuge GSG-9 Nr. 4 - außer einem Lokomotivführer ist er der einzige in Bad Kleinen Anwesende, der hier als Zeuge gehört werden soll.
Zu dem gesamten Komplex Bad Kleinen werden hier vor Gericht also zwei der dort anwesenden Personen gehört, außerdem war noch ein Gerichtsmediziner hier, ansonsten wurden zwei Gutachten vorgelesen - die Anträge meiner Verteidiger auf Ladung der Gutachter wurden wie üblich zurückgewiesen. Bad Kleinen, die Mord- und Mordversuchs-Anklage, sollen von diesem Gericht an vier oder fünf Verhandlungstagen mit einer durchschnittlichen Verhandlungsdauer von etwa drei Stunden abgehandelt werden - das ist vermutlich Rekordzeit.
Für dieses Gericht scheint damit alles klar zu sein, zumindest wird so getan. In Wirklichkeit geht es wohl darum, zu verhindern, daß hier doch noch über die Todesumstände von Wolfgang Grams geredet werden muß - denn eine zeitliche Trennung zum Tod von Michael Newrzella ist real unmöglich.
Das zweite ist, daß auch die tatsächlichen Todesumstände Michael Newrzella hier nicht ans Licht der Öffentlichkeit dringen sollen. Ich habe hier vor einigen Wochen schon einmal gesagt, daß der GSG-9 Mann Newrzella nicht der erste Polizist wäre, der bei einem solchen Einsatz versehentlich von seinen eigenen Leuten erschossen wurde.
Ich behaupte nicht, daß es so gewesen ist, das weiß ich nicht. Was ich aber mit Sicherheit sagen kann, ist, daß der in Anklageschrift dargestellte Ablauf, so wie er da behauptet wird, nicht gewesen sein kann.
Es gibt in den gesamten Ermittlungsakten unzählige Umstimmigkeiten und Widersprüche - ich kann sie hier nicht alle aufführen, aber ich will einen Punkt nehmen, an dem sich anschaulich nachzeichnen läßt, daß die von der Bundesanwaltschaft dargestellte Version vom Ablauf auf dem Bahnhof von Bad Kleinen falsch sein muß.
In der Anklageschrift heißt es:
"Wolfgang Grams (zog) die von ihm mitgeführte Pistole, drehte sich unmittelbar nach Erreichen der Bahnsteige 3 / 4 um und feuerte in Tötungsabsicht auf die ihn verfolgenden Beamten." Weiter heißt es dann:
"Wolfgang Grams traf zunächst den ersten Verfolger, Polizeikommissar Newrzella, der selbst seine Waffe noch nicht gezogen hatte, mit drei Schüssen. Polizeikommissar Newrzella erreichte noch den Bahnsteig, ehe er zusammenbrach."
Noch mal zusammengefaßt: Wolfgang Grams soll also die Treppe hochgelaufen sein, sich oben angekommen umgedreht haben und aus dieser Position zumindest drei Schüsse auf die die Treppe hochstürmenden GSG-9 Männer abgegeben haben.
Wenn diese Darstellung stimmt, dann müssen in einem bestimmten und eng eingrenzbaren Bereich des Bahnsteigs 3 / 4 leere Hülsen aus der Waffe von Wolfgang Grams gefunden werden.
Bei der Waffe handelt es sich um eine CZ, diese Waffe wirft die leeren Patronenhülsen nach rechts hinten aus, und zwar in einem Winkel von 125deg. und 2,15 bis 2,35 m weit. In diesem Bereich und in der näheren Umgebung wird aber überhaupt keine einzige Hülse aus der CZ gefunden. Alle in den Akten markierten Fundorte von CZ-Patronenhülsen befinden sich im Gleisbett 4 und zwar in einem Bereich, der sehr viele Meter von der Stelle entfernt ist, wo sie hätten liegen müssen, wenn Wolfgang Grams tatsächlich vom Treppenabsatz aus geschossen hätte.
Die angegebenen Fundorte der CZ Patronenhülsen decken sich im übrigen mit den Ausagen einiger Zeugen, die nämlich gesagt haben, Wolfgang Grams hätte erst auf dem Bahnsteig seine Waffe gezogen. Wie also kam dann der GSG-9 Mann, der ja auf der Treppe bereits schwerverletzt worden sein soll, ums Leben ?
Dies ist nur einer, wenn auch einer der ins Auge springenden Widersprüche in der Bad Kleinen Mordanklage gegen mich. Eigentlich sollte man denken, daß ein solcher Widerspruch für ein Gericht ausreichen sollte, um Zeugen zu hören, Gutachter zu laden, eben zu versuchen, den tatsächlichen Geschehensablauf zu erhellen - nicht so für diesen Staatsschutzsenat.
Anstatt wirklich in die Beweisaufnahme einzusteigen, setzen sie darauf, möglichst schnell die Beweisaufnahme für abgeschlossen zu erklären.
Ab heute werden meine Verteidiger anfangen, ihre Beweisanträge zu stellen: zu Bad Kleinen, aber auch zu den anderen Anklagepunkten.
Wenn in den vergangenen 15 Monaten immer wieder Anträge meiner Verteidigung auf Ladung z.B. von Gutachtern abgewiesen worden sind, dann meistens mit dem Zusatz des Senatsvorsitzenden Schieferstein: `Aber Sie können ja zu diesem Punkt noch einen Beweisantrag stellen.' - worauf meine Verteidiger regelmäßig mit: `ja, das werden wir auch' antworteten.
Dem Gericht ist also hinlänglich bekannt, daß von seiten der Verteidigung zu allen Anklagepunkten verschiedenste Beweisanträge gestellt werden.
Wer nun daran interessiert ist zu erfahren, wie dieser Senat mit den Beweisanträgen meiner Verteidiger umzugehen gedenkt, kann bei der Gerichtspressestelle anrufen und nach dem geplanten weiteren Ablauf des Verfahrens gegen mich fragen.
Dort wird seit etwa 2 Wochen interessierten Journalisten mitgeteilt, daß für den 5. Februar, also für übernächste Woche, das Plädoyer der Bundesanwaltschaft vorgesehen ist.
Das dazu, wie hier mit den Beweisanträgen meiner Verteidigung verfahren werden soll.
Verschwundene Berichte und ein suspendierter BKA-Beamter
Prozeßerklärung von Birgit Hogefeld, 4.3.96
Vorletzte Woche trat der Rechtsanwalt eines suspendierten BKA-Beamten mit einer Erklärung an die Öffentlichkeit, in der es heißt, daß ein 60-seitiger Bericht seines Mandanten vom August 1993 zur Interpretation und Bewertung von in Bad Kleinen sichergestellten Briefen vernichtet worden sei.
Dieser Bericht sowie andere Auswertungen seien zurückgenommen bzw. ihre Vernichtung angeordnet worden, weil sie - so der Rechtsanwalt - in ihren Ergebnissen der Bundesanwaltschaft in die Quere gekommen seien, denn die Berichte kämen zu belastenden Aussagen gegen Klaus Steinmetz und zu entlastenden Ergebnissen für mich.
Wer dieses Verfahren verfolgt, weiß, daß es der Arbeitsweise der Bundesanwaltschaft und dieses Gerichts entspricht, ausschließlich belastendes Material gegen mich zusammenzutragen; dabei wird mit vielfältigen Manipulationen und auch mit dem Zurückhalten von Akten gearbeitet.
Es geht diesem Staatsschutzsenat nicht um die "Wahrheitsfindung", es geht hier vom ersten Tag an darum, eine Indizienkette für ein Lebenslänglich-Urteil gegen mich zusammenzubasteln.
Im Zusammenhang mit den durch diesen BKA-Beamten bewerteten Briefen ist auffällig, daß es in den mir vorliegenden Ermittlungsakten diesbezügliche Ermittlungsaufträge gibt, dann aber die Ergebnisse fehlen. Das kann auch dem Senat nicht entgangen sein. Wahrscheinlich ist, daß Herr Hemberger bzw. seine Behörde den Auftrag für die Vernichtung der ihnen unliebsamen Berichte aus dem BKA erteilt hat.
Soweit zu den unterschlagenen entlastenden Ergebnissen auf mich bezogen - aber was hat es mit dem Belastungsmaterial gegen Steinmetz auf sich?
Seit jetzt fast 3 Jahren werden immer wieder Spekulationen über eine Mitgliedschaft von Steinmetz in der Raf und seine Beteiligung an der Weiterstadt-Aktion in die Öffentlichkeit lanciert.
Die Gründe dafür sind vielfältig, da geht es um
- parteipolitische Machtkämpfe und Intrigen, wie ursprünglich wohl gegen den damaligen rheinland-pfälzischen Ministerpräsidenten und späteren SPD-Kanzlerkandidaten Scharping. Scharping sollte mit der Behauptung von Steinmetz` Beteiligung an der Weiterstadt-Sprengung unterstellt werden, er hätte entweder sein Innenministerium nicht unter Kontrolle gehabt oder eine politisch nicht vertretbare Entscheidung getroffen,
- Rivalitäten zwischen verschiedenen Behörden, v. a. zwischen der Bundesanwaltschaft und dem Bundesamt für Verfassungsschutz - und der Durchsetzung ihrer jeweiligen im Fall Steinmetz zuwiderlaufenden Interessen. Verfassungsschutzkreise wollten natürlich nicht, daß der Spitzel in Bad Kleinen `verbrannt` wird, und selbst nach Bad Kleinen haben sie versucht, ihn wieder bei seinen damals immer noch vertrauenseligen Freunden in Wiesbaden zu integrieren,
- um die Kriminalisierung von Leuten aus dem linksradikalen Spektrum, Beugehaftbefehle und Ausschreibung zur Fahndung
- und nicht zuletzt kommt die Story von den von Geheimdiensten kontrollierten und gesteuerten Guerilla-Gruppen selbst in der linken Öffentlichkeit seit vielen Jahren immer wieder gut an. Ob mit der Behauptung, die zur Multi-Agentin aufgebaute Monika Haas sei in die Entführung der Lufthansa-Maschine 1977 verwickelt gewesen und hätte von der Schleyer-Entführung gewußt, oder die Raf hätte von der Wohnung eines VS-Mitarbeiters namens Nonne aus den Herrhausen-Anschlag organisiert, oder eben jetzt, der VS-Spitzel Steinmetz hätte in den Koffern seines Motorrads den Sprengstoff für die Weiterstadt-Aktion transportiert.
Daß zur Untermauerung solcher Behauptungen und Konstruktionen einerseits zuwiderlaufende Berichte gefälscht werden müssen oder auf der anderen Seite da, wo Beweislücken klaffen, Fälschungen vorgenommen werden, liegt auf der Hand. Alle konnten das wissen, nur nachzuweisen war es in den seltensten Fällen - denn nur wenige haben soviel Zivilcourage wie dieser suspendierte BKA-Beamte und machen das öffentlich.
Zu den Fälschungen im Zusammenhang mit der Behauptung der Beteiligung von Steinmetz an der Weiterstadt-Aktion gehören beispielsweise die angeblichen Sprengstoffspuren in den Koffern von Steinmetz' Motorrad. Bei einer - wie jetzt auch öffentlich gewordenen - Fälschungsabteilung im BKA ist das ein leichtes, sie können dort entweder die Gutachten manipulieren oder sie legen sich die Spuren selbst - das Steinmetz-Motorrad war vor den Untersuchungen schon länger in den Händen der Polizei gewesen. Darauf, die eigenen Konstruktionen und falschen Behauptungen mittels gefälschter Sprengstoffspuren zu untermauern, scheinen sich hierzulande bestimmte Behörden spezialisiert zu haben. Auch bei dem oben im Zusammenhang mit dem Herrhausen-Anschlag erwähnten VS-Mitarbeiter Nonne sollte der Beweis dafür, daß er die Raf unterstützt hätte, darüber erbracht werden, daß in seinem Keller angeblich Sprengstoffspuren nachgewiesen werden konnten.
Welche Art Manipulationen den Gutachten für die Sprengstoffspuren in diesen Koffern zugrunde liegen, weiß ich nicht, aber auf jeden Fall gab es an den Gegenständen von Steinmetz keine Sprengstoffspuren, die mit der Raf oder der Weiterstadt-Aktion in Verbindung stehen.
Aus der von dem Rechtsanwalt des BKA-Beamten genannten BKA-internen Fälscherwerkstatt stammt möglicherweise eine Fälschung, die sich nicht in den Akten befindet.
Am 29. April `94 habe ich im Rahmen einer Zeugenvorladung durch die Bundesanwaltschaft einige Minuten mit Bundesanwalt Pflieger geredet, denn ich wollte wissen, gegen wen und in welche Richtung die Ermittlungen laufen. Pfliegers erste Frage war, ob ich mich in Bernkastel-Kues mit Steinmetz getroffen hätte, er hätte nämlich dazu ein Kassiber vorliegen. Er hielt mir einen Zettel vor die Nase, den ich mir abgeschrieben habe, und darauf stand:
`termin 15.4., 12 uhr, bernkastel-kues, nächste kneipe oder cafe von bahnhof kues, pass die nächste zeit auf dich auf'.
Es ist völlig absurd zu denken, daß eine illegale Gruppe wie die Raf unverschlüsselt Zeitpunkt und Ortsangabe zukünftiger Treffen verschickt. So etwas verbietet sich in einer solchen Lebenssituation von selbst, denn im Fall, daß ein solcher Zettel in falsche Hände fällt, würde das Festnahme oder Tod für diejenigen bedeuten, die zu diesem Treffen gehen.
Ich nenne dieses Beispiel des gefälschten Kassibers hier deshalb, weil ich vermute, daß diesem suspendierten Beamten auch gefälschte Briefe und Schriftstücke zur Begutachtung vorgelegt worden sind - anders kann ich mir zumindest nicht erklären, wie er in seinem Bericht zu einer `tragenden Rolle' Steinmetz' in der Raf gekommen sein könnte.
In den gesamten Steinmetz-Aussagen und Ermittlungen zu ihm gibt es eine Vielzahl gefälschter Indizien und Lügen - es kann nicht meine Aufgabe sein, hier zur Aufklärung beizutragen, schon deshalb nicht, weil alles, was ich nicht als Fälschung entlarven würde, im Umkehrschluß als Wahrheit verkauft werden würde. Ich habe das in diesem Fall nur deshalb gemacht, weil die Steinmetz-Weiterstadt-Konstruktion eine Kriminalisierungswelle gegen Menschen aus dem linksradikalen Spektrum in Gang gesetzt hat und weiter in Gang setzt.
Darüber hinaus ist es aber auch interessant, sich Gedanken zu machen, warum diese Behauptung von Steinmetz` Beteiligung an der Weiterstadt-Sprengung gerade in den letzten Monaten wieder in die Öffentlichkeit gepuscht worden ist.
Ein Grund dafür ist, das vermute ich, dieser Prozeß, ein weiterer die bevorstehenden Landtagswahlen in Rheinland-Pfalz.
Seit Dezember wird hier der Anklagepunkt `Bad Kleinen`verhandelt. Der Senat hat in Überrumpelungsmanier versucht, den Komplex Bad Kleinen in wenigen Tagen abzuhandeln und den gesamten Prozeß schnell zuende zu bringen.
Von Seiten der Politik wie auch der Justiz wird seit 1993 alles unternommen, um eine Aufklärung der Todesumstände von Wolfgang Grams und der gesamten Ereignisse von und um Bad Kleinen zu verhindern. Die Entscheidung, mich für den Tod des GSG-9 Manns Newrzella verurteilen zu wollen, hat diesen Prozeß zu dem einzigen Ort gemacht, an dem `Bad Kleinen`öffentlich verhandelt werden muß.
Gericht und Bundesanwaltschaft ließen nichts unversucht, um diesen Anklagekomplex hier zu einem zeitlich auf Sekunden begrenzten Rahmen zu reduzieren, um die Todesumstände Newrzella und den Tod von Wolfgang Grams auseinanderzudividieren. Trotzdem konnten sie nicht verhindern, daß das Thema Bad Kleinen und eben auch die Fragen um den Tod von Wolfgang Grams wieder in den Blick der Öffentlichkeit gerückt wurden.
Zudem ging der Plan des Gerichts, den Prozeß gegen mich jetzt in aller Eile, praktisch ohne wirkliche Beweisaufnahme zu Bad Kleinen und ohne jegliche Würdigung der Beweisanträge meiner Verteidigung abzuschließen, nicht auf.
Das ist, denke ich, der Hauptgrund dafür, warum zum jetzigen Zeitpunkt die Steinmetz-Weiterstadt-Geschichte wieder massiv in die Schlagzeilen gerückt wird.
In der Öffentlichkeit soll die Assoziation Bad Kleinen-Steinmetz-Weiterstadt transportiert und wachgehalten werden, um so von der eigentlich brisanten Frage zu Bad Kleinen abzulenken, nämlich der Hinrichtung von Wolfgang Grams durch ein Mitglied der GSG-9.
Zuschrift ("Die Wühlmäuse", Hamburg)
Der Zug ist noch nicht abgefahren !
Wir möchten mit dieser Stellungnahme nochmal darauf hinweisen, daß der Prozeß gegen Birgit Hogefeld die bisher einzige Gelegenheit bietet, sich mit dem Umgang der staatlichen Verfolgungsbehörden mit den Geschehnissen am Bahnsteig 3 und 4 in Bad Kleinen öffentlich zu konfrontieren.
Die Politik hat - mit diesem Anklagepunkt gegen Birgit - der Justiz das Feld überlassen, dessen, was damals in den Medien folgerichtig als "Panne" bezeichnet worden ist, wieder Herr werden zu können.
Damit hat sich die Justiz auf ein äußerst wackeliges Feld begeben - schließlich boten sämtliche Ungereimtheiten sowie offensichtliche Vertuschungsinteressen die Grundlage für den Rücktritt des damaligen Innenministers Seiters (O-Ton: "ich übernehme damit die politische Verantwortung").
Mit der Lüge, Birgit hätte in Bad Kleinen das Feuer eröffnet, geriet auch der GBA von Stahl ins öffentliche Kreuzfeuer. Auf die Frage eines Fernsehreporters, wie lange er nun noch glaube, sich auf in seinem Sessel halten zu können, antwortete er, er gedenke bis zu seiner Pensionierung zu bleiben. Ein paar Tage später folgte auch sein Abgang.
Der deutsche "Rechtsstaat" nimmt seine Legitimität aus dem sogenannten Demokratieverständnis, welches u.a. die Exekution von Staatsfeinden ausschließt. Diejenigen, welche sich immer auf derlei humanitäre Grundrechte zur Unantastbarkeit der Menschenrechte hierzulande berufen haben, können das spätestens seit Bad Kleinen nicht mehr.
Der Verdacht, daß deutsche Verfolgungsbehörden ihre politischen GegnerInnen ganz undemokratisch eliminiert, nagt am Ansehen der Bundesrepublik, die sich andernorts (z.B. in China) immer wieder als Gralshüterin der Menschenrechte aufspielt. In ihrer Führungsrolle innerhalb der europäischen Mächte droht zudem der Vergleich mit der faschistischen Vergangenheit.
Und weil die Herrschenden wissen, daß es nie einen wirklichen Bruch mit dieser Geschichte gegeben hat, wirken - in ihrer Logik - Rücktritte und Machtverschiebungen schon äußerst "couragiert".
Das war die veräußerte Erscheinungsebene - der Mord an Wolfgang Grams sowie die ungeklärten Todesumstände des GSG-9 Beamten Newrzella waren in der öffentlichen Diskussion weit umstritten. So fühlte sich der FDP-Politiker Burkhard Hirsch durch die Ereignisse in Bad Kleinen an die Zeit des deutschen Faschismus erinnert. Selbst der neu installierte Innenminister Kanther - in Parteikreisen bekannt und umstritten als "Hardliner" - fühlte sich genötigt, im Bundestag von einer "...bedingungslosen Aufklärung ohne Wenn und Aber..." zu reden.
Die Auflösung der GSG-9 wurde in Erwägung gezogen und die komplette Umstrukturierung des BKAs eingeleitet.
Auch BKA-Präsident Zachert war in der Schußlinie, die schlechte "Informationspolitik" seiner Behörde ... - wie lange er sein Amt würde halten können, eine Frage der Zeit.
Der Zweifel aber bleibt.
Der Fahndungserfolg Birgit Hogefeld war der erste seit fast 8 Jahren und dementsprechend stark die Intention der Gegenseite, daraus soviel wie möglich zu ziehen.
Wohl vergleichbar mit den "ausgehungerten" GSG-9 Bullen, die seit Mogadischu 1977 zwar hoch im Ansehen standen, aber schlichtweg nichts zu tun hatten und sich schon selbst in Sinn und Zweck ihrer Existenz in Frage stellen mußten, war die Situation des überaufgerüsteten Fahndungsapparates.
Das Problem war nur - sie hatten kaum etwas gegen Birgit in der Hand. Außer Mitgliedschaft in der RAF und ein äußerst dünnbodiges Schriftgutachten zum versuchten Anschlag auf Tietmeyer 1988 gab es bis zu ihrer Verhaftung keine konkreten Tatvorwürfe gegen sie.
Nachdem Birgit alle Angebote zum Deal mit ihren Verfolgern abgelehnt hatte, kamen - wie aus dem Nichts - neue Anklagepunkte hinzu:
- Der Anschlag auf die Air-Base und der Mord an dem US-Soldaten Pimental, weil er auch in der damaligen Linken auf heftige Kritik und Distanzierung gestoßen war. Die Hoffnung, ausgehend von der Zäsur der RAF und der damit verbundenen Auseinandersetzung mit ihrer Geschichte, war sicher auch die, Birgit an dem Punkt zu knacken und die Entsolidarisierung mit ihr nach der Spaltung weiter zu treiben.
- Der Anschlag auf Weiterstadt, weil er der einzige war, innerhalb dessen es möglich ist, aus dem verbrannten VS-Bullen Steinmetz noch Repressionskapital zu schlagen, wie sich an den Verfahren gegen die Frankfurter Fritzlarer Straße und den Vorladungen gegenüber 20 Leuten aus Wiesbaden zeigt.
Und Bad Kleinen. Hier wählte der Staat zwischen zwei Möglichkeiten: Das Ganze im Stillen versickern zu lassen, in der Hoffnung, die Aufregung würde sich noch legen, oder die Flucht nach vorn - die politische Wirkung von Bad Kleinen für sich umzudrehen.
Der öffentliche Aufschrei verhallte, linke und radikale Kräfte in der Defensive überließen den Medien das Feld und griffen die Debatte nicht auf. Das bot den Raum, in dem nun die Justiz agiert.
Bad Kleinen soll historisch als "terroristische Aktion" festgeklopft werden; der Spitzel Klaus Steinmetz in den Vordergrund gerückt als "agent provocateur".
Die Teile der Linken, die sich in den 80-er Jahren noch auf die Politik der RAF bezogen hatten, hatten "...mehr Fragen als Antworten..." und standen im Sommer `93 kurz vor der Spaltung. Diese hatte die Zusammenhänge stärker bestimmt als die Möglichkeit des Eingreifens in die Diskussion um Bad Kleinen und den Mord an Wolfgang Grams.
Und weil sich das Ganze nicht im luftleeren Raum abgespielt hat, ist noch hinzuzufügen, daß diese politische Krise und Zersplitterung die Situation der meisten Oppositionellen ist - Bad Kleinen ist dafür nur ein Beispiel.
Dieses Dilemma besteht bis heute fort - und verschaffte der Gegenseite mehr Spielraum.
Was bedeutet Bad Kleinen für uns ?
Bad Kleinen hat vielen gezeigt, wie es um die innenpolitische Lage in diesem Land bestellt ist. Und wirkt heute symbolhaft dafür, wie die herrschende Klasse gedenkt, mit den immer weiter eskalierenden Widersprüchen hier umzugehen. Nach dem Motto "Ob nun ein Terrorist erschossen wird oder nicht" laufen die Mühlen der Verfolgungsbehörden weiter, auch wenn sie in sich widersprüchlich erscheinen.
Das hinzunehmen, kommt einer Akzeptanz der gegebenen Zustände gleich. Oder wie ein Genosse zum Kaindl-Prozeß gegen die AntifaschistInnen in Berlin vor zwei Jahren schrieb: "Gleichgültigkeit ist die Autobahn zum Faschismus".
Wo die politische "Mitte" nach rechts abgerückt ist, wird das Vakuum, welches fortschrittliche und revolutionäre Bewegungen hinterlassen haben, alltäglich mit neuen Lügen und Repressalien gefüllt.
Wo auch der Mut zur außerparlamentarischen Politik fehlt, liegen "Bündnisse für Arbeit" näher als Rebellion und Sabotage.
Trotz großer Sympathie für den Massenstreik in Frankreich Ende letzten Jahres springt der Funke nicht über. Seine Brisanz und Aktualität für die Situation in diesem Land (Arbeitslosenquote bei 4 Millionen, Tendenz steigend) wird nicht zum gesellschaftlichen Brennpunkt eskaliert.
Es ist auch unsere Aufgabe, die Vereinzelung und Fremdbestimmung aufzuheben. Dazu muß ein Rahmen hergestellt werden, der Solidarität als Antwort auf diese Bedingungen wieder erfahrbar werden läßt.
"Die Würde des Menschen ist unantastbar" steht in großen Lettern auf der Fassade des Oberlandesgerichts Frankfurt. Dort finden z. Zt. drei Staatsschutzprozesse statt: gegen Birgit Hogefeld, Gefangene aus der RAF, gegen die Linke Frau Monika Haas und gegen mehrere KurdInnen.
"Die Würde des Menschen ist antastbar", sagte Ulrike Meinhof.
Das Grundrecht auf Asyl wurde soweit ausgehöhlt, daß es einer faktischen Abschaffung gleichkommt. Die Kriminalisierung des kurdischen Befreiungskampfes hat bereits zu Knast für über 300 KurdInnen geführt und sie zu Gejagten gemacht: Im Sommer 1994 wurde der junge Kurde Halim Dener von deutschen Polizisten erschossen, weil er Plakate klebte. Anläßlich der Newroz-Feiern Ende März diesen Jahres wurden sämtliche Demonstrationen verboten und schon die kleinste Ansammlung bot Anlaß genug für Bullen, sie zum Freiwild zu erklären. Blutig geprügelt, wurden sie abgeschleppt. Ihre Abschiebung in Krieg, Folter und Tod soll durch einen neuen Gesetzentwurf beschleunigt werden.
Das sind nur Ausschnitte aus der gesamtgesellschaftlichen Realität, die zur Illegalisierung von 1000en von Menschen führt. Sie beginnt bereits bei der Organisierung von Schwarzarbeit, weil das alltägliche Überleben im Kapitalismus kaum noch einen anderen Weg zuläßt - und das nicht nur für Flüchtlinge und ImmigrantInnen.
"Protest ist, wenn ich sage, das und das gefällt mir nicht. Widerstand ist, wenn ich dafür sorge, daß das, was mir nicht gefällt, nicht mehr passiert." Ulrike Meinhof.
Wir befinden uns in einer Situation, wo Abwehrkämpfe zur Notwendigkeit geworden sind. Nicht mehr getragen von einer umfassenden Analyse oder gar einer politischen Strategie für die Zukunft geht es heute darum, die sich weiter verschärfende Entwicklung, die die kapitalistischen Metropolen heute trifft, zumindest zu bremsen bzw. aufzuhalten.
In dem Kampf um diese Freiräume steckt ein ungeheures Potential, denn wir können heute auf eine reichhaltige Geschichte zurückblicken. Die Erfahrungen, die allein in den letzten 25 Jahren in den unterschiedlichen Kämpfen und Kampfformen gesammelt wurden, sollten nutzbar gemacht werden.
Die Geschichte vom Widerstand kann nicht abgetrennt von den politischen und gesellschaftlichen Zuständen hier betrachtet werden. Die Organisierung derjenigen, die gegen die unterschiedlichen Widersprüche, die der Kapitalismus produziert, aufgestanden sind, war und ist immer auch eine Antwort auf diese Zustände.
Wer Geschichtsschreibung definiert und wer Geschichte macht, liegt zuallererst in der Hand derer, die sich das Recht nehmen, sie selbst zu schreiben.
Für die Gegenwart bedeutet das, neben der Auseinandersetzung mit den speziellen Auswirkungen des repressiven Alltags die Vernetzung der verschiedenen Initiativen aufzubauen. Ohne den Aufbau einer BEWEGUNG, die die Facettenhaftigkeit der ökonomischen, sozialen und gesellschaftlichen Widersprüche begreifen lernt, werden die einzelnen Punkte Abwehrkämpfe bleiben.
Solange der Prozeß gegen Birgit Hogefeld läuft und nach den letzten Terminierungen des Gerichts läuft er noch mindestens bis Mitte Juni - besteht die konkrete Chance, sich für die Aufklärung der Geheimdienstaktion in Bad Kleinen einzusetzen.
Jeder Versuch in diese Richtung wirkt in den Prozeß hinein und wird es dem Gericht erschweren, an dieser gewagten Konstruktion ihrer angeblichen Mitschuld am Tod des Newrzella festhalten zu können.
Auch das Klageerzwingungsverfahren der Eltern von Wolfgang Grams wird hierbei direkt unterstützt und das ist - bei dem Apparat, der sich gegen diese Versuche aufgebaut hat - mehr als nötig.
Ein recht mutiger BKA-Beamter hat im Januar öffentlich gegen die Vernichtung von Beweisakten Stellung bezogen und seine eigene Abteilung dafür angezeigt. Er wurde dafür vom Dienst suspendiert - hält seine Meinung trotzdem weiter aufrecht und wird im Mai im Prozeß dazu als Zeuge auftreten. Es ist außerdem sehr wahrscheinlich, daß noch weitere GSG-9 Beamte geladen werden.
Inwieweit die existierenden Widersprüche zu den Vorgängen in Bad Kleinen zur Notwendigkeit der "bedingungslosen Aufklärung ohne Wenn und Aber ..." führen, wird vom politischen Druck abhängen, der diesen Prozeß begleitet!
Die Auseinandersetzung mit Bad Kleinen enthält die Frage, wie ein Zusammenschluß entstehen kann, der ein Spiegelbild der gesellschaftspolitischen Situation hier abgibt!
WIR FORDERN:
- HERAUSGABE ALLER AKTEN SOWIE DES VIDEOS, DAS BEI DER GEHEIMDIENSTAKTION IN BAD KLEINEN GEDREHT WURDE!
- ÖFFENTLICHES UND UNEINGESCHRäNKTES VERHöR DER EINHEITEN - INSBESONDERE DER GSG-9!
- EINSTELLUNG DES VERFAHRENS WEGEN "MITTäTERSCHAFT" GEGEN BIRGIT HOGEFELD!
- FOCUS LüGT WIE GEDRUCKT - SOFORTIGE EINSTELLUNG ALLER VERFAHREN IM ZUSAMMENHANG MIT DEM VS-AGENTEN STEINMETZ!
- FüR DIE ABSCHAFFUNG DES GESINNUNGSPARAGRAPHEN 129A UND DER KRONZEUGENREGELUNG!
- MONIKA HAAS MUß SOFORT ENTLASSEN WERDEN!
Bad Kleinen ist kein Einzelfall.
Machen wir gemeinsam Druck für die Aufklärung des Mordes an Wolfgang Grams und drehen damit den Spieß um!
Für die Organisierung einer starken sozialrevolutionären Bewegung!
DIE WüHLMäUSE,
HAMBURG, März 1996
Presseerklärung der Anwälte der Eltern von Wolfgang Grams
zur Entscheidung des OLG Rostock über den Klageerzwingungsantrag (9.4.96)
OLG - Rostock lehnt Antrag der Eltern von Wolfgang Grams ab, gegen Beamte der GSG-9 Anklage wegen der Ermordung von Wolfgang Grams zu erheben
Das OLG Rostock hat am 29. März 1996 den Antrag von Ruth und Werner Grams, durch gerichtliche Entscheidung die Erhebung der öffentlichen Klage gegen GSG 9 Beamte wegen Mordes an ihrem Sohn Wolfgang Grams anzuordnen, als unbegründet verworfen.
Auf knapp 38 Seiten setzt sich das OLG mit der circa 1200 Seiten umfassenden Antragsschrift auseinander und begründet seine Entscheidung damit, "daß die Beschuldigten der ihnen vorgeworfenen Straftat nicht hinreichend verdächtig sind und infolge dessen ihre Verurteilung in der Hauptverhandlung nicht mit der erforderlichen Wahrscheinlichkeit zu erwarten ist."
Die unanfechtbare Entscheidung des OLG Rostock wird der erdrückenden Fülle der die GSG-9-Beamten belastenden Indizien und Beweise in keiner Weise gerecht.
Es stellt eine völlig neue Theorie zum Tatgeschehen auf, wonach "der Verletzte sich mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit während des Sturzes auf die Gleise in suizidaler Absicht den Todesschuß beigebracht hat, also unmittelbar bevor er in bewegungsloser Haltung auf das Gleisbett fiel."
Das OLG Rostock benötigt diese, von keinem der Sachverständigen für wahrscheinlich erachtete, Variante des Tatgeschehens als Erklärung dafür, daß die Wolfgang Grams verfolgenden GSG 9 Beamten sowie ein Teil der Zeugen keine Angaben dazu machen konnten, wie das Loch in den Kopf von Wolfgang Grams gelangt ist.
Die beeidete richterliche Aussage des BKA Beamten Nr. 12, der auf dem Stellwerk des Bahnhofes als Beobachter eingesetzt worden war, findet hierbei keinerlei Beachtung. Er hatte den Schußwechsel bis zum Sturz von Wolfgang Grams auf die Gleise und das unmittelbare Hinzuspringen der GSG 9 Beamten beobachtet.
Nach der Aussage des BKA Beamten Nr. 12, der nach Angeben der Staatsanwaltschaft Schwerin "beste Sichtverhältnisse auf den Tatort" hatte, befanden sich die GSG 9 Beamten unmittelbar hinter Wolfgang Grams, so daß ihnen ein solches Geschehen, wie es jetzt vom OLG angenommen wird, nicht verborgen geblieben sein kann.
Diesen nicht unerheblichen Widerspruch erklärt das OLG damit, daß: "...die Vielzahl der in diesem Augenblick sich darstellenden Eindrücke (Niederstürzen der getroffenen Beamten der GSG 9, Sturz des Verletzten und die sich dabei ergebenden raschen körperlichen Bewegungen) eine genaue Beobachtung infolge der Reizüberflutung unmöglich machten."
Das hier an einem Beispiel dargestellte offensichtliche Bemühen des OLG Rostock, belastendes Aktenmaterial zu ignorieren, zieht sich wie ein roter Faden durch die Begründung des ablehnenden Beschlusses und kann mit einer Vielzahl weiterer Beispiele belegt werden.
Mit hanebüchenen Erklärungen führt das OLG vor, wie sich aus "Beobachtungslücken" einiger ziviler Zeugen und der als Täter in Betracht kommenden GSG 9 Beamten schlüssig und für den Senat mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit ergibt, daß das von keinem Zeugen Beobachtete das wahre Tatgeschehen darstellt.
Die Aussagen der den objektiven Befund des aufgesetzten Kopfschusses bezeugenden Personen werden dagegen insgesamt als `nicht verwertbar' qualifiziert.
Die Eltern von Wolfgang Grams fühlen sich durch die Oberflächlichkeit und Ignoranz, mit der die minutiös belegten belastenden Beweise und Indizien durch das OLG Rostock abgehandelt werden, beleidigt und brüskiert. Sie beabsichtigen nicht, die Dinge nach Abschluß des sog. ordentlichen Rechtsweges auf sich beruhen zu lassen und haben ihre unterzeichnenden Bevollmächtigten damit beauftragt, die Voraussetzungen einer Verfassungsbeschwerde und einer Klage vor dem Europäischen Gerichtshof zu prüfen.
(Rechtsanwälte Groß und Kieseritzky)
Monitor (ARD) vom 18.04.1996
Prof. Pounder und Prof. Knight zur Rostocker Bad-Kleinen-Version
Monitor:
...
Prof.Derrick Pounder ist Direktor der forensischen Abteilung der Königlichen Klinik in Dundee, Schottland und Gutachter in zahlreichen international bekannten Fällen
Prof. Bernard Knight ist einer der international bekanntesten Gerichtsmediziner und Direktor des Pathologischen Instituts der Universität Wales.
...
Monitor:
Was sagen Sie zu der Theorie der Richter, daß Wolfgang Grams schon nach Erhalt der Bauch- und Beinschüsse eine sofortige atonische Lähmung bekam und zusammensackte. Die Experten sind sich einig:
Pounder:
"Eine sofortige atonische Lähmung tritt ein, wenn das Gehirn aufhört zu funktionieren und zwar total und sofort. Dies tritt auf, wenn jemand sein Gehirn verletzt, nicht bei einer Bauchverletzung. Wenn Wolfgang Grams nun in den Bauch geschossen wurde, kann er davon keine atonische Lähmung bekommen haben."
Monitor:
Auch die weitere Schilderung der Richter, daß der atonisch gelähmte Grams seine Hand zum Kopf führte und abdrückte, ist nach Ansicht beider Experten völlig abwegig:
Knight:
"Das ist nicht möglich. Denn die Lähmung macht es ihm unmöglich, auch nur irgendeine bewußte Bewegung zu machen. Er kann nicht seine Hand heben und den Abzug drücken, weil sein Gehirn tot sein muß. Sofort. Es geht einfach nicht. Es ist unmöglich."
Monitor:
Doch auch unabhängig von der Frage, ob er nun eine atonische Lähmung hatte, ist es nach Ansicht beider Experten praktisch ausgeschlossen, daß sich Grams mit einem aufgesetzten Kopfschuß im Rückwärtsfallen selbst erschießt.
Pounder:
"Denken Sie an die Realitäten! Er hat einen Bauchschuß und Beinschüsse und er muß große Schmerzen haben. Er fällt rückwärts in einem unkontrollierten Sturz und wir wissen, daß geschossen wurde, als sein Kopf sehr nahe oder schon auf dem Gleis war. Genau in diesem Augenblick hätte er Selbstmord begehen sollen. Um das hinzubekommen, bräuchte man einen Übermenschen."
Knight:
"Ich habe in vierzig Jahren alle Arten von Selbstmord gesehen, aber noch nie, daß sich einer in der Luft selbst erschießen
konnte, während er fällt. Das ist höchst unwahrscheinlich."
Knight:
"Das Szenario (der Rostocker Richter) ist unmöglich, es kann nicht passieren. Es ist einfach völlig unmöglich."
Anmerkung:
Auch in der zerstückelten Wiedergabe durch Monitor läßt sich die Argumentation der britischen Gutachter erkennen:
Sie prüfen zunächst die Behauptung einer atonischen Lähmung und kommen zu dem Schluß: Sie ist ausgeschlossen, wenn kein Kopfschuß oder eine vergleichbare Verletzung vorausging.
Sie prüfen die Behauptung, Wolfgang Grams habe sich im Fallen mit einem aufgesetzten Kopfschuß selbst erschossen. Sie halten das für unvorstellbar und beziehen sich dabei ausdrücklich auf ihr Expertenwissen.
Die Verkettung beider Elemente ist für sie noch eine Steigerung des Unhaltbaren: Eine atonische Lähmung läßt keine Handbewegung mehr zu. InfoAG
Presseerklärung
der Anwälte der Eltern von Wolfgang Grams
aus Anlaß der Einreichung der Verfassungsbeschwerde (3.5.96)
Eltern von Wolfgang Grams erheben Verfassungsbeschwerde
Als Anwälte der Eltern des am 27.06.1993 in Bad Kleinen getöteten Wolfgang Grams reichen wir heute beim Bundesverfassungsgericht in Karlsruhe die Verfassungsbeschwerde ein.
Nach dem das Oberlandesgericht in Rostock nach der Staatsanwaltschaft Schwerin und der Generalstaatsanwaltschaft von Mecklenburg-Vorpommern letztinstanzlich die Erhebung der Anklage gegen die für den Tod von Wolfgang Grams verantwortlichen GSG-9-Beamten abgelehnt hat, wird nun vor dem Bundesverfassungsgericht die Verletzung der Grundrechte auf Leben und körperliche Unversehrtheit (Artikel 2 Absatz 2 Grundgesetz) und die Verletzung des Willkürverbotes i.S.d. Artikel 3 Absätze 1 und 3 durch die Justiz gerügt.
Das OLG Rostock hatte an der Selbstmordversion der Staatsanwaltschaft festgehalten, aber eine völlig neue Version zum Tatverlauf aufgestellt:
Wolfgang Grams soll sich demnach während des rückwärtigen Falls ins Gleis den tödlichen Schuß gesetzt haben. Diese Theorie war auf großes Erstaunen bei international renommierten Rechtsmedizinern gestoßen, die den Erklärungsversuch als vollkommen abwegig bezeichneten.
Da die Justiz um jeden Preis die Aufklärung der tatsächlichen Geschehnisse über die Vorfälle in Bad Kleinen zu verhindern sucht, sehen sich die Eltern von Wolfgang Grams genötigt, das Bundesverfassungsgericht anzurufen.
(Rechtsanwälte Andreas Groß und Thomas Kieseritzky)
*Zu Aspekten der Kritik an und Notwendigkeit zu Selbstkritik durch Strukturen, in denen Steinmetz sich bewegte, siehe etwa: Kein Friede: Die Niederlage der RAF ist eine Niederlage der Linken. Bad Kleinen, Steinmetz und der Bruch in der RAF. 3.Welt-Haus, Westerbachstr. 40, 60489 Frankfurt
Adresse: InfoAG zum Prozeß gegen B. Hogefeld, Werderstr. 8, 65195 Wiesbaden
Telefon nur: mittwochs 19- 20 Uhr und freitags 20-21 Uhr: 0611 / 44 06 64
Da manchmal Prozeßtermine ausfallen und die nach dem 18.06. liegenden noch nicht bekannt sind, ist es vor allem für Leute mit weiter Anreise sinnvoll, kurz vorher bei der InfoAG anzurufen.
Vertrieb:
Die Nr. 12 und 13 werden verbreitet über:
* Schleswig-Holstein: Rote Hilfe, Postfach 6444, 24125 Kiel, Tel. / Fax: 0431 75141
* Hamburg"Über den Tag hinaus" c/o: Schwarzmarkt, Kleiner Schäferkamp 46, 20357 Hamburg
* Berlin / Ex-DDR: Prozeßbüro Birgit Hogefeld, Dieffenbachstr. 33, 10967 Berlin
* NRW I: Infoladen c/o CILA, Braunschweiger Str. 23, 44145 Dortmund
* NRW II (Rheinland / südliches Ruhrgebiet): Autonome Gruppe Rheinbach c/o:
Cafe Störtebecker, Victoriastr. 2, 53879 Euskirchen
* Stuttgart: Infobüro für politische Gefangene, Mörickestr. 69, 70199 Stuttgart
* Saarland: basis, Alte Feuerwache, Am Landwehrplatz 2, 66111 Saarbrücken, Tel.: 0681 / 399990 FAX: 0681 / 34145
* Bayern: Infobüro c/o: Bücherkiste, Schlehenstr. 6, 90402 Nürnberg
Birgits Postadresse:
Birgit Hogefeld c/o OLG Frankfurt, 5. Strafsenat, Postfach. 60256 Frankfurt
Druckkosten des Info: Dringender Appell zu Spenden an:
Linke Projekte e.V., Wiesbaden, Wiesbadener Volksbank: Kto-Nr: 9 314 407, Bankleitzahl: 510 900 00
Stichwort: "InfoAG
Spendenkonto:
zu Verfahren Birgit Hogefeld und Todesermittlungsverfahren z.N. Wolfgang Grams:
Sonderkonto V. Luley, "Bad Kleinen", Postbank Frankfurt, BLZ: 50010060, Kto-Nr.: 16072-603
für Birgits persönlichen Bedarf: Sonderkonto Birgit Hogefeld:
R. Limbach, Ökobank, BLZ: 50090100, Kto-Nr.: 250228
Unterschriftensammlung:
Allein 206 Unterschriften kamen aus Kierspe / Meinerzhagen (Atlas holen!) und Umgebung. Die Jugend-Antifa hatte sie dort in 8 Tagen gesammelt. Aus Berlin kam bisher nur ein einzelnes Blatt mit Unterschriften, das jemand während der Ulrike-Meinhof-Veranstaltung am 03.05. 1996 in Berlin vom Boden aufgelesen hatte.
Insgesamt sind ca. 600 Unterschriften zusammen. Die Unterschriftensammlung läuft weiter bis zum 18. Juni 1996.
Danach werden die Unterschriften bei einer/m AnwältIn oder NotarIn hinterlegt. Über das Ergebnis der Unterschriftensammlung wird die Presse unterrichtet. Großformatige Kopien finden ggf. bei einer öffentlichen Präsentation Verwendung, wobei die Adressen der UnterzeichnerInnen unkenntlich gemacht werden.
ErstunterzeichnerInnen:
(Fortsetzung aus Info 11)
E -N
Christiiane Ensslin, Berlin; Stephan Flade, Pfarrer, Potsdam; Maria Garweg, Arzthelferin, Hamburg; Prof. Dr. med. Gerhard Garweg, Hamburg; Christian Geissler, Schriftsteller; Adrienne Göhler, Dipl.-Psych., Hamburg; Alexandra Goy, Rechtsanwältin, Berlin; Holger Griesemann, Theologe, Hamburg; Ulrike Hein, Künstlerin, Beiershroun; Uwe Heinrich, Pasotr, Hamburg; Thomas Heise, Regisseur (Berliner Emsemble), Berlin; Ewald Herzog, Rechtsanwalt, Frankfurt; Peter Hetzer, Journalist, Bensheim; Prof. Dr. Joachim Hirsch, Frankfurt; Hans Holzträger, Pfarer i.R., Taunusstein; Anwaltsbüro Hummel, Kaleck, Ratzmann, Berlin; Norbert Jaedtka, Rechtanwalt, Frankfurt; Hubertus Janssen, Pfarrer, Limburg; Heiko Janssen, Arzt, Berlin; Juttta Jekel, Pfarrerin, Wiesbaden; Ulla Jelpke, MdB, Bonn; Klaus Jünschke, Köln; Hans Kampe, Sozialpädagoge, Fürstenwalde; Karin Knauth, Großburgwedel; Dr. Thorsten Knauth, Religionspädagoge, Hamburg; Rainer Koch, Rechtsanwalt, Frankfurt; Katja Leyrer, Journalistin, Hamburg; Hans Löhr, Pfarrer der ev. Studentengemeinde Universität München; Uwe Maeffeert, Rechtsanwalt, Hamburg; Holger Matthews, MdBü Bündnis 90 /Die Grünen / GAL, Hamburg; Barbara Metzlaff, Kamerafrau, Hamburg; Pavel Mikulastik, Regisseur, Freiburg; Prof. Dr. Wof-Dieter Narr, Berlin; (Forts. Info 13)
Prof. Dr. Christoph Nitz, Intendant, Nordhausen; Prof. Dr. Norman Paesch, Hamburg; Sabine Peters, Schriftstellerin; Sabine Platt, Rechtanwältin, Wiesbaden; Bernd Priebe, Erzieher, Berlin; Miriam Pulss, Krankenschwester, Quickborn; Martin Pulss, religionspädagoge, Quickborn; Jutta Rock, Rechtsanwältin, Frankfurt;
Fortsetzung Info 13
Das Heft (20 Seiten) ist kostenlos und kann gegen
Protokosten in Briefmarken bestellt werden (Büchersendung).
Inhalt:
Was hat der BKA-Bulle Lang mit diesem Prozeß zu tun ?
Weg mit dem 129a-Prozeß gegen Ursel
Steinmetz ff.
Solidarität ist unteilbar
Solidarität heißt Widerstand
Keine Freiheit den Feinden der Freiheit
Der Staatsschutz lebt auch von dem Dreck,
den er streut
Volksgemeinschaft oder Klassenkampf?
Es herrscht immer Krieg in den Städten...
... und international
Gegen die Strömung