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Tue Oct  7 23:10:45 1997
 

Erklärung zur Sache - Auszüge aus dem Manuskript

Geschichte der BRD

So ist einer der Gründe für die im europäischen Rahmen relative Stabilität des westdeutschen Staates und für die Effizienz des sozialdemokratischen Antikommunismus, mit der Folge, daß das, was auf Staatsebene jetzt der Radikalenerlaß ist, schon immer für die Organisierung des Proletariats - Sozialdemokratie und Gewerkschaften - gilt: daß Radikale aus ihnen ausgeschlossen sind - die Schwäche der alten Linken, die Tatsache, daß die radikale Linke in diesem Staat immer isoliert war. Wir würden sagen, das hat fünf Determinanten, von denen jede einzelne ausreicht, eine politische Bewegung fertig zu machen, und von denen keine - so - auf eine Linke in einem anderen Land, Frankreich und Italien als Beispiel, zutrifft.
Einmal natürlich der Ökonomismus der 3. Internationale, ihre Fehleinschätzung sowohl der Kampfkraft des Proletariats, worin seine Neuzusammensetzung nach dem 1. Weltkrieg - Taylorismus, Dequalifizierung, neue organische Zusammensetzung des Kapitals - sowie die Irrationalität und das Repressionspotential der Bourgeoisie nicht begriffen war, so daß 1933 weniger eine Niederlage der Organisationen des Proletariats war als die Besiegelung ihrer Kapitulation - ihres Verzichts auf Offensive, proletarische Politik;
dann die Tatsache, daß der Faschismus massenhaft Kader des Proletariats ermordet und zerstört hat, und eben nicht im Kampf, sondern längst entwaffnet und in den Konzentrationslagern;
und in allen anderen Staaten, die der Faschismus besetzt hielt, gab es bewaffneten Widerstand - Resistance - gegen die ausländische Besatzungsmacht, mit der der Faschismus dort gleichgesetzt war;
durch die Spaltung saß die kommunistische Linke und überhaupt die intellektuelle Linke in der DDR;
sicher in keinem Staat, außer in den USA, ist der Kalte Krieg so scharf auch nach innen geführt worden, nicht nur propagandistisch, sondern materiell: 1951 wurde die FDJ verboten, 1956 die KPD - auf der Basis einer permanenten antikommunistischen Mobilisierung der NS-Faschisten verglichen werden kann, in und an Berlin;
schließlich die wenigen Gruppen, die im Faschismus illegal gearbeitet hatten, sind nach 1945 von den Alliierten systematisch aus dem Prozeß der Neugründung der Arbeiterorganisationen ausgeschaltet worden.
So wird die Antwort auf das Phänomen, daß diese Linke 1966 von der SPD - Heinemann und Brandt - so leicht geschnappt werden konnte, daß sie über die Entspannungspolitik, also für ein taktisches Manöver des Imperialismus gegenüber den Warschauer-Pakt-Staaten, um die DDR zu isolieren und sich freie Hand in der Verteidigung des Imperialismus gegen die Befreiungskriege der Völker der Dritten Welt zu verschaffen - vergaß, wofür sie eingetreten war: Entmilitarisierung, Desengagement, Demokratisierung des Staatsapparates, Austritt der Bundesrepublik aus der Nato, kernwaffenfreie Zone - leicht:
Diese Linke, auch nicht Teile von ihr, hat je die Lösung ihrer Ziele durch proletarische Politik, bewaffneten Kampf, Eroberung der Macht gewollt - sie hatte keinen Begriff vom Klassenkampf, weil sie keinen von proletarischem Internationalismus hatte.
Ein wesentliches Moment war, daß ihre Politik aus der Identifikation mit Opfern - den Opfern des Faschismus, den Opfern von Hiroshima, den Opfern der Kommunistenverfolgung in der Bundesrepublik - kam - es gab keinen Kampf, mit dem sie sich hätte identifizieren können, als Beispiel für Konsequenz, materialistische Dialektik, revolutionäre Moral. Ihr Anschluß an Heinemann und Brandt war so einfach Ausdruck der Ermüdung einer Linken, die Verfolgung erlitten hatte, ohne in ihr einen materiellen Sinn, Kampf, finden zu können.
Es geht nicht darum festzustellen, daß ihre Politik irrelevant war - sie war eine Form des Überwinterns im Kalten Krieg -, es geht darum festzustellen, daß irrelevante politische Positionen zwangsläufig Korrumpierungsprozesse in Gang setzen, bis das Relative vom kleineren Übel abgelöst ist - es ist die Geschichte einer Linken, die sich des weltrevolutionären Prozesses aus ihrer Lage in der Bundesrepublik, dem reaktionärsten Staat im Staatensystem des US-Imperialismus, nicht bewußt war.
Wenn wir von Korrumpierungsprozeß sprechen, meinen wir auch die Bündnispolitik der Kommunistischen Partei, die darauf basierte, daß diese Partei selbst keine andere als eine bürgerliche Parteipraxis hatte. Oder besser: eine sozialdemokratische - institutionenorientierte - und bezogen auf eine Öffentlichkeit, die von den imperialistischen Medien besetzt ist. Hatte die alte KP die Neuzusammensetzung des Proletariats nicht begriffen, so die Linke nach 1945 nicht, daß sie in einem US-Counterstaat lebte, dessen Institutionen nur über Scheinlegitimation verfügten, deren politische Direktionsgewalt im US-Außenministerium und Pentagon sitzt, mit dem Kanzler in Bonn als Marionette.
Die Struktur - Persönlichkeitsstruktur, politische Geschichte, Erfahrungen - von denen die alte Linke ausging, waren dieselben oder ähnliche wie die der Kommunisten in osteuropäischen Regierungen - also 3. Internationale, Faschismus, 2. Weltkrieg, Kalter Krieg. Es ist eine Generation und eine Ideologie, die - banal gesagt - abgekämpft ist, alt, so schließlich dem Konsumangebot und Privilegierungen der hochindustrialisierten Staaten erlegen.

BRD-Geschichte

Bei der Entwicklung des imperialistischen Weltsystems unter der Hegemonie des US-Kapitals und seinem politisch-militärischen Ausdruck: der US-Außenpolitik und ihrem hauptsächlichen Instrument - dem US-Militär - gründeten die USA nach '45 drei Staaten als Operationsbasen amerikanischer Außenpolitik außerhalb der USA: die Bundesrepublik, Südkorea und Südvietnam. Die Funktion dieser Staaten für den US-Imperialismus ging von Anfang an in zwei Richtungen: Sie waren Operationsbasen des US-Militärs zur Einkreisung und zum schließlichen Roll-back der Sowjetunion bzw. des sowjetischen Militärs, und sie waren Operationsbasen des amerikanischen Kapitals zur Organisierung der Region Süd-Ost und Ostasien dort, Westeuropa hier unter das Interesse des US-Kapitals.
Daß die Innenpolitik und Außenpolitik von Südkorea und Südvietnam unmittelbar CIA-Politik war, ist eine Banalität aus der ökonomischen Schwäche der Kompradorenbourgeoisie in den Staaten des Neokolonialismus. Daß ein Staat mit dem ökonomischen Potential der Bundesrepublik für die Dauer von 30 Jahren über keine eigene Direktionsgewalt verfügt, ist einer der Gründe, weshalb in diesem Staat eine radikale politische Orientierung besonders schwierig und, wie wir erfahren haben, überhaupt nur durch bewaffneten antiimperialistischen Kampf zu erobern ist.
Das politische Projekt, das die USA als hegemoniale Kapital- und Besatzungsmacht in den drei Westzonen mit dem westdeutschen Staat verfolgten, war von Anfang an legitimationsunfähig: Restauration des Monopolkapitals, Rekonstruktion der alten Herrschaftseliten in Wirtschaft und Staat, jetzt unter dem Kommando des US-Kapitals, Remilitarisierung und Integration der drei Westzonen in das Wirtschafts- und Militärsystem des US-Imperialismus nach dem Modell einer kolonialen Administratur, Kontinuität des Antikommunismus als herrschende Ideologie, Ausschaltung des Proletariats aus der Politik. Diese Politik stand nie zur Disposition, über sie ist nie in Wahlen abgestimmt, sondern in Washington entschieden worden.
Als '49 nach Gründung der Bundesrepublik schließlich Wahlen stattfinden konnten, war die Währung der Bundesrepublik bereits in das Dollarsystem von Bretton-Wood 1 integriert, hatte der Parlamentarische Rat nach den Auflagen der Alliierten - und das hieß, der USA - diesem Staat eine Verfassung gegeben, in der Richtlinien von einer Figur, dem Kanzler, gemacht werden - das heißt die Verfassung eines Marionettenregimes, wenn man von der Praxis und Realität des Adenauerregimes ausgeht und mal nicht von den verfassungsrechtlichen Rationalisierungen, mit denen man vorgibt, aus Weimar gelernt zu haben.
In der Sozialdemokratie waren die Machtkämpfe zugunsten von Schumachers 2 antikommunistischer Linie abgeschlossen - sie hatte die alte Rolle wie 1918, Bollwerk gegen den Einfluß von Kommunisten gegen jeden Ansatz von Arbeiterautonomie zu sein - jetzt finanziert vom US-Kapital - wieder übernommen. Alle Schlüsselpositionen in den Bundesvorständen der Gewerkschaften und im DGB waren von den alten Funktionären besetzt, die sich schon in Weimar für das Kapital, für die Integration des Klassenkampfes in das Kapital bewährt hatten. Alle Ansätze, die das Selbstverständliche versucht hatten, die Organisation des Proletariats aus den illegalen Gruppen, die in der Zeit des Faschismus Widerstand geleistet hatten, zu rekonstruieren, waren zerschlagen.
Die Politik der USA in Vietnam und Korea hatte von Anfang an Rückwirkungen auf Westeuropa und auf die Funktion der Bundesrepublik für die USA im Prozeß der westeuropäischen Zusammenschlüsse auf der Ebene der Ökonomie - Schumannplan, also Montanunion 3 - und die Integration Westeuropas in die Nato. Die operationelle Rolle, die die USA der Bundesrepublik als dem westeuropäischen Staat, über den sie politisch, militärisch, ökonomisch und ideologisch total verfügten, bei der Unterwerfung Westeuropas unter die amerikanische Strategie zuwiesen, ist mit der Südost-Asien-Politik untrennbar verbunden.
Das Interesse der USA, Frankreich in Indochina abzulösen, war wesentlich davon bestimmt, daß die Integration der Bundesrepublik in das westliche Militärbündnis nicht ohne das Einverständnis Frankreichs möglich war, Frankreich aber erst zustimmen wollte, nachdem es sein eigenes Militär zur führenden Militärmacht in Westeuropa ausgebaut hatte.
Kolko schreibt: Erstens und vor allen Dingen wollten die USA Frankreich über den Sieg in Vietnam nach Europa zurückbringen. 1961 hatte Cabot Lodge 4 erklärt: "Je eher sie - die Franzosen - dort zu einem erfolgreichen Ende kommen, desto besser für die Nato, dann können sie ihre Streitkräfte hierher verlegen und den Aufbau ihrer Armee in Europa forcieren." "Unter diesem Gesichtspunkt" - schreibt Kolko - "war Vietnam der direkte Schlüssel zu Deutschland."
Noch wichtiger vielleicht und fundamentaler für die Entwicklung der Bundesrepublik war der amerikanische Krieg in Korea. Daß Nordkorea den Süden überfallen hätte, ist eine der Legenden, die die USA brauchten, um Westeuropa das Projekt der Wiederaufrüstung des vom deutschen Monopolkapital beherrschten Teils Deutschlands aufzudrängen, um der Behauptung der Gefahr einer kommunistischen Aggression Evidenz zu verschaffen, die in Stalins Politik nach '45 keine Gründe fand. Stalins Politik war tatsächlich defensiv; eine Defensive, die so weit ging, daß er nicht mal der griechischen Widerstandsbewegung gegen die Engländer, später die USA bereit war, Waffen zu liefern, und Jugoslawien verboten hat, das an Griechenland angrenzende Terrain der Guerilla als Hinterland offen zu halten.
Die besondere Bedeutung des Korea-Kriegs für die Geschichte der Bundesrepublik lag in dem durch diesen Krieg ermöglichten Wirtschaftsboom für die deutsche Investitionsgüterindustrie, der aufgrund des Potsdamer Abkommens verboten war, Rüstungsgüter zu produzieren, die aber genau den Bedarf an Investitionsgütern absetzen konnte, den die rüstungsproduzierenden Staaten England und Frankreich brauchten.
Die Bedingungen, aus denen die Bundesrepublik relativ schnell nach dem Krieg wieder zu wirtschaftlicher Prosperität kam, unterscheiden sich nicht von den Bedingungen, durch die der Faschismus nach 1933 das Kapitalverhältnis konsolidiert hatte - nur daß die Hungersnot in den Westzonen 1946-47 jetzt eine von den USA manipulativ erzeugte, nicht krisenbedingt war, um in der Bevölkerung den Konsens für die Westintegration der drei Westzonen, also die Spaltung zu erzwingen. Der künstlich erzeugte Hunger setzte schließlich die Zustimmung zur Marshallplanhilfe der USA und seinen politischen Bedingungen durch - über die vom US-Kapital beherrschte Sozialdemokratie und Gewerkschaften konnte das Proletariat gezwungen werden, bis 1951 einen totalen Lohnstopp hinzunehmen - d.h. durch die absolute Mehrwertproduktion die Bedingungen für das folgende Wirtschaftswunder zu finanzieren. - Daß die Währungsreform die größte Volksenteignungsmaßnahme - Maßnahme des Klassenkampfs von oben - war, die sich das Kapital je in einem Land leisten konnte, gehört zu den Tatsachen, die in das Bewußtsein des Volkes hier kaum eingedrungen sind.
Wir werden das jetzt etwas ausführlicher darstellen:
Diese totale Integration in den US-Staat ist eine Konsequenz der globalen Counterstrategie des US-Imperialismus und notwendige Bedingung der Funktion des BRD-Staats für diese Strategie.
Es war das antikommunistische Ausrottungsprojekt der Strategen des US-Imperialismus, die Sowjetunion durch die faschistischen Armeen vernichten zu lassen - woraus sich eben auch erklärt, weshalb die von der Sowjetunion immer wieder geforderte Errichtung einer zweiten Front im Westen von der US-Regierung immer wieder verzögert wurde.
Aber spätestens Anfang 1943 war klar, daß dieses Projekt zusammen mit den faschistischen Armeen vom Widerstand der Sowjets zerschlagen wurde - und obwohl die Sowjetunion die beabsichtigten ungeheuren Opfer und Verwüstungen erlitt, wurde klar, daß die Gegenoffensive der sowjetischen Armee die Kräfteverhältnisse in Europa umwälzen würde.
Als am 20.7.44 auch der Putschplan der "deutschen Bourgeoisie mit ihrem Junkergehirn" (Brecht) am Dilettantismus der imperialistischen Junkergeneräle gescheitert war - nämlich durch den Sturz der Nationalsozialisten zu einem antikommunistischen Bündnis mit dem amerikanischen und britischen Imperialismus zu kommen und den Krieg gemeinsam gegen die Sowjetunion fortzusetzen -, mußte der US-Imperialismus zunächst den deutschen Imperialismus militärisch besiegen und unterwerfen, um dann mit ihm den antikommunistischen Krieg fortzusetzen. Diese Perspektive zeichnete sich schon ab in der taktischen Bestimmung des amerikanischen Bomberkommandos: Seine Ziele waren nicht die deutschen Industrieanlagen - die übrigens teilweise sowieso den US-Konzernen, z.B. Standard Oil, ITT, Ford und General Motors, gehörten, deren Profite unter dem Faschismus und in Zusammenarbeit mit dem faschistischen Staat ausgezeichnet waren -, dieses Potential blieb im wesentlichen unzerstört; Ziele der Terrorbombardements waren die Wohnviertel der Bevölkerung. Diese Bestimmung zielte ebenso wie die propagandistische Anstrengung der US-Regierung, die Deutschen insgesamt mit dem faschistischen Staat zu identifizieren, auf die totale Demoralisierung und präventive Ausschaltung jedes Widerstandes in Deutschland gegen die Pläne des US-Imperialismus.
Eine Bedingung des antikommunistischen US-Projekts war nach '45 einerseits die Erhaltung und Sicherung der monopolkapitalistischen Strukturen in den Westzonen - andererseits aber die Ausschaltung der alten antifaschistischen Linken, sie wurde aus der Administration hinausgesäubert, und alte Nazis wurden reintegriert. Die Leichtigkeit, mit der diese reaktionäre Strukturierung des Apparats durchgesetzt werden konnte, verweist auf die Schwäche der alten Linken.
Mit der Konzeption "antifaschistisch-demokratische Übergangsperiode", deren Ausgangspunkt in der Volksfront-Taktik der 3. Internationalen, dem Bündnis mit dem bürgerlichen Antifaschismus liegt, war diese Linke von vornherein politisch-militärisch und ideologisch entwaffnet und in der Defensive gegen die US-Counterstrategie.
Indem sie mit dieser defensiven Bündniskonzeption ignorierte, was spätestens nach der US-Taktik in der Antihitler-Koalition und der Verstärkung der expansionistischen Entwicklung des US-Kapitals in der Dritten Welt zu begreifen war: daß der Imperialismus ein Weltsystem ist, aus dessen sich entfaltenden Grundwiderspruch zwischen Überbau und ökonomischer Basis sich der Faschismus notwendig und unausweichlich entwickelt, und daß der Imperialismus diesen Widerspruch nur durch Krieg zu lösen versuchen kann, die Führungsmacht des Weltsystems, die USA also, der Hauptfeind ist - indem sie das ignorierte, hatte die Linke ihre reibungslose Ausschaltung programmiert.
Nachdem ihre Bemühungen, die Sozialisierung wenigstens der Schlüsselindustrien gegen die US-Besatzungsmacht durchzusetzen, gescheitert waren und sie aus allen Positionen der Administration ausgeschaltet war, ging der BRD-Staat seiner Funktion im US-Staaten-System entsprechend zu ihrer administrativen Verfolgung mit dem Ziel ihrer Vernichtung auch nur als oppositioneller Bewegung innerhalb der Formaldemokratie über; im August 1951 verabschiedete der Bundestag die "Blitzgesetze", die die 1946 aufgehobenen Hoch- und Landesverratsparagraphen neugefaßt wiedereinführten und neue "ins Vorfeld verlegte" Staatsgefährdungsdelikte schufen, mit denen z.B. Beziehung zur DDR beliebig kriminalisiert werden konnte 5. Die Analogie dieser Maßnahmen zum McCarthyismus in den USA verweist auf die direkte Funktionalität dieses Staats für die US-Counterstrategie, die jeden seiner Schritte aus dem globalen Rahmen bestimmt: "ein Freiheitsopfer" für den Koreakrieg, "um die Freiheit zu bewahren", wie der damalige Bundesjustizminister Dehler zu den Gesetzen in der Bundestagsdebatte 1950 sagte.
Nachdem schon Hunderte aufgrund dieser Gesetze in die Gefängnisse gesperrt worden waren, stellte das KPD-Verbot 1956 im Grunde nur noch de jure fest, was faktisch schon seit Jahren Realität war: die Zerschlagung der im Rahmen der KP organisierten Linken - nicht weil sie revolutionäre Politik machte, was sie nicht tat, sondern weil die Vernichtung politischer Opposition Teil des Selbstverständnisses, konstituierender Teil dieses Staates ist:
weil dieser ganze Staat als Teil ihrer Counterstrategie von den USA konstituiert worden ist und es sein ganzes Wesen bestimmt, dieser Teil zu sein.
Die Politik der alten antifaschistischen Linken, die sie in ihre totale Niederlage führte, konnte sie nur genau dorthin führen: Denn sie war begründet und hervorgegangen aus dem Internationalismusbegriff Stalins - das hieß Politik zum Schutz des Sowjetstaats gegen die imperialistische Interventionsdrohung - ersetzte den proletarischen Internationalismus, die Politik zur Befreiung des Weltproletariats, den Klasseninhalt.
Der Internationalismus der KPdSU unter Stalin hat den proletarischen Inhalt verloren und war nur mehr eine Funktion der internationalen Beziehungen des Sowjetstaates. Weil die sowjetische (Staats)politik nicht zu dem Begriff kam, daß der konterrevolutionäre Klassenkrieg nur mit dem revolutionären Klassenkrieg zu bekämpfen ist, mußte die als Schutz und Unterstützung der Sowjetunion gegen die imperialistische Bedrohung bestimmte Politik der Kommunistischen Parteien des Westens zum Pazifismus werden.
Der Rückzug von der Führung des internationalen Klassenkampfes und ihre Ersetzung durch die Außenpolitik der "friedlichen Koexistenz" und die Instrumentalisierung der Kommunistischen Parteien für diese Politik der Sowjetunion konnte auch den Antifaschismus in Europa nur ohne Orientierung vom Klassenkampf aus lassen, ihn nicht auf seinen Begriff bringen: Zerschlagung des monopolkapitalistischen Systems, die soziale Revolution.
So mußten diesem Antifaschismus vom Kleinbürgertum und den von Hitler gestörten monopolistischen Bourgeoisien Europas ihre Ziele aufgezwungen werden: das Wesen des Imperialismus nicht mehr als Reaktion und Krieg zu begreifen; im Drang der USA nach Herrschaft nun Befreiung zu sehen; den Sturz des Kapitals nicht mehr als die notwendige Bedingung wirklicher Demokratie anzustreben - kurz: eine Form der Diktatur der Bourgeoisie gegen eine andere, den Faschismus, zu verteidigen. Der Antifaschismus wurde zur Apologie des Imperialismus - und indem das Proletariat, führungslos, sich die bürgerliche Demokratie als Ziel aufzwingen ließ, anstatt sie als eine Bedingung des Kampfes für sein Ziel - was sie immer nur war und sein kann - zu nutzen, überließ sie diese Bedingung dem Kapital, das sie allerdings vollkommen für sich nutzte. Das Proletariat war machtlos, entwaffnet.
Ohne eine proletarische Gegenmacht, ohne den Versuch, sie aufzubauen, konnte das Kapital gegen die Inhalte sozialistischer Politik und Agitation, ohne auf relevanten Widerstand zu stoßen, seine antikommunistische Hetze, den Dreck, das imperialistische Gift durchsetzen und das Bewußtsein des Volkes besetzen.
Das vernichtete die KPD - lange vor dem Verbot.

Dieser Staat BRD mußte uns in der Studentenbewegung notwendig ganz besonders unmißverständlich begreifen lehren.
Denn seine Reaktionen auf oppositionelle Bewegungen sind durch seine Geschichte bedingt. Sie resultieren aus seiner historischen und organischen Verbindung mit dem faschistischen Nazi-Staat und den Bestimmungen des US-Imperialismus nach 1945, denen die faschistische Tradition funktional war: Das heißt, mit dem militärischen Sieg und der Besetzung des westdeutschen Staates hat der US-Imperialismus sich die Herrschaft über das deutsche Monopolkapital angeeignet, das nach 1945 ungebrochen und an den aggressiven und expansionistischen Zielen festhaltend weiterbestand. Und mit der Schaffung des BRD-Staats hat der US-Imperialismus diesem deutschen Monopolkapital das Organ zur Realisierung dieser Ziele geliefert - als Kontinuum des faschistischen Nazi-Staates jetzt unter der Herrschaft des US-Kapitals und total in das Staatensystem des US-Imperialismus integriert: mit einer besonderen Funktion für das US-Staatensystem, nämlich strategisches Zentrum des US-Imperialismus in Westeuropa zu sein, gegen die sozialistischen Länder, gegen die Dritte Welt, gegen die noch bestehenden Reste nationaler Kapitale, d.h. für die Durchdringung und Kolonisierung Westeuropas durch das Kapital.
Der US-Imperialismus konnte diese besondere Funktion herstellen aufgrund der günstigen (militär)strategischen Lage Westdeutschlands und der Aggressivität des faschistischen deutschen Monopolkapitals, dem er nach seiner Unterwerfung und Integration die Möglichkeit gab, die alten, gerade von der Wehrmacht verfehlten Kriegsziele jetzt innerhalb der US-Strategie und für die globalen Ziele des US-Imperialismus weiterzuverfolgen.
Die besondere Funktion des BRD-Staats für das Staatensystem des US-Imperialismus hat die "besonderen Beziehungen" zum US-Staat zur Voraussetzung, die sich mit einem klaren und einfachen Bild darstellen läßt: Mit dem BRD-Staat produzierte der US-Imperialismus 1945/49 seinen soundsovielten - damals wohl 31. - Bundesstaat. Was konkret bedeutet, daß z.B. nicht nur GI's aus Kalifornien und Ohio, sondern auch Rekruten der Bundeswehr in Texas ausgebildet werden; daß amerikanische Offiziere genauso wie bundesdeutsche in den Counterinsurgency-Lehrgängen in Fort Bragg und Leavenworth den Antiguerilla-Krieg lernen; und auch, daß z.B. 1961 ein Drittel der MdB und die Hälfte der Bundesratsmitglieder sowie zehn Minister der Adenauer-Regierung 1962 Teilnehmer eines vom State Department in den USA durchgeführten "Studien- und Informationsprogramms für Führungskräfte" waren.
Und der Massenkonsum schließlich ab Mitte der 50er Jahre - denn vorher gab's ihn nicht - wirkte (nur noch) komplementär 6 zur antikommunistischen, psychologischen Aktion des Kalten Kriegs. Der Antikommunismus war der Operator der Politik des US-Imperialismus, das Instrument für die massenhafte Gehirnwäsche - "Reeducation" -, und der Massenkonsum sicherte den Prozeß dann ab, indem er dem so kolonisierten Bewußtsein der Massen noch eine "materielle Grundlage" unterschob.
Den Massenkonsum zur Ursache für die ablehnende Haltung der Massen gegenüber sozialistischer Politik in der BRD in den 50er Jahren zu erklären, das ist nur die Sorte platter Interpretation von "Das Sein bestimmt das Bewußtsein", die Kalte Krieger, Kolonialschweine, Imperialismusapologeten wie Herbert Kremp 7 benutzen, um das Proletariat als korrumpierbar zu diffamieren - ist also selbst ein Bestandteil des antikommunistischen Drecks.
Die linken Organisationen, die damals der antikommunistischen Offensive nichts entgegenzusetzen hatten außer Pazifismus und Treue zur Sowjetunion, mußten in ihrer Defensive und Initiativlosigkeit verkümmern. Ihre unerbittliche Verfolgung, die überdeterminierte 8 Reaktion des Adenauer-Staates gegen sie - so, als ob sie revolutionär wären -, war in der Funktion der BRD für die US-Globalstrategie begründet, nicht in der Politik dieser Organisationen.
"Der Fehler des Kautskyanertums" - sagt Lenin - "besteht darin, daß es, wenn es richtige demokratische Forderungen stellt, rückwärts schaut, auf den friedlichen Kapitalismus orientiert, und nicht vorwärts blickt, nicht Kurs auf die soziale Revolution nimmt. Er besteht darin, daß er Forderungen reformistisch stellt, die nur revolutionär gestellt werden dürfen."
Und wir stellen das noch mal klar: Was die alte Linke ausschaltete, ihre Organisationen zur Bedeutungslosigkeit verurteilte, sie erst zerstörbar machte, war nicht der antikommunistische Terror des Adenauerstaats - die Bedingung, unter der dieser Terror erst (und nur) so effektiv werden konnte, war die Politik dieser Linken selbst. Es ist notwendig, die Politik der alten Linken zu kritisieren, denn wie sie auf der einen Seite exemplarisch zeigt, daß es in der Epoche des imperialistischen Weltsystems absolut unmöglich ist, proletarische Politik zu machen, ohne sich zu bewaffnen, Führung des Klassenkampfs zu sein, ohne Offensivpositionen der Klasse zu erobern, die Subjektivität der Klasse zu konstituieren, ohne die proletarische Gegenmacht aufzubauen - daß es unmöglich ist, das Kapital zu bekämpfen, ohne sein Antagonismus zu sein.
So ist die Korrumpierung der alten Linken auf der anderen Seite exemplarisch dafür, wie taktische Positionen verkommen und sich verselbständigen - "nicht Kurs auf die soziale Revolution nehmen", wie Lenin sagt -, wenn sie nicht bestimmt sind vom Standpunkt und Ziel des Proletariats, sondern staatlicher Außenpolitik, wenn Internationalismus nicht begriffen wird als solidarisch praktisch-politische Beziehung zu den Revolutionären aller Länder, sondern als diplomatische Beziehung und Vertretung zu einem Staat, eben der Sowjetunion. Wenn also die Strategie nicht die Klasse ist, sondern der Staat, dann kann das strategische Ziel nicht die Emanzipation des Proletariats sein, sondern reduziert sich auf den Schutz des Staates.
Im Ost-West-Konflikt/Kalten Krieg auf der Seite der Sowjetunion und der von ihr bestimmten KPs zu stehen, bedeutet, daß es scheinbar nur die Alternative gab, auf der Seite der US-Imperialisten zu stehen, bedeutet, daß diese Linke sich in eine falsche Konfrontation stellte - weil sie nicht wußte, wo sie stand, ihre Analyse - wenn sie überhaupt eine hatte - nicht ausging vom Weltsystem des US-Imperialismus und der Funktion der BRD in ihm. Sie war desorientiert und lief so immer nur jeder taktischen Wendung des Imperialismus hinterher. Weil ihr Internationalismusbegriff der von diplomatischen Beziehungen war, war ihre Identität eine mit dem System, aber nicht mit den kämpfenden Völkern der Dritten Welt.
Von den Befreiungskriegen in der Dritten Welt, der antikolonialen Revolution fühlten sie sich höchstens am Rande tangiert. Ihr Verhältnis zu den proletarischen Massen in der Dritten Welt wie in den Metropolen war das einer Arbeiteraristokratie - Fanon 9 bezeichnet das genau, wenn er einen Satz des Franzosen Marcel Peju zitiert, 1960 während des Algerienkriegs geschrieben: "Wenn man den Aufbau des Sozialismus in Europa streng von den »Beziehungen zur Dritten Welt« trennt (als hätten wir lediglich diplomatische Beziehungen zu ihr), so gibt man, wissentlich oder nicht, der Ausnutzung kolonialen Erbes den Vorrang vor der Befreiung der unterentwickelten Länder; dann will man mit den Früchten imperialistischer Räuberei einen Sozialismus des Luxus errichten - so wie man innerhalb einer Gang die Beute mehr oder weniger gerecht verteilt und den Armen ein bißchen davon abläßt, unter dem Zeichen der guten Werke, dabei aber vergißt, daß sie es sind, die man beraubt hat." Weil nicht die Identität mit dem Standpunkt der untersten Massen, sondern die Identität mit dem System imperialistischer Ausbeutung der Ausgangspunkt der alten Linken war und die Orientierung am Sowjetstaat ihre praktische Ausdrucksform, mußte die taktische Wendung des US-Imperialismus, die den Antagonismus zum Sowjetstaat scheinbar beseitigte, den grundsätzlich nicht-antagonistischen, grundsätzlich bürgerlichen Charakter der Politik dieser Linken restlos offensichtlich machen:
Mit dem Übergang des US-Imperialismus von der Politik des Kalten Kriegs zu "Entspannungspolitik" als einer Notwendigkeit für ihn in seinem Krieg gegen die Völker der Dritten Welt wurde die manifeste Interventionsdrohung gegen die Sowjetunion beseitigt, und die als Schutz für die Sowjetunion bestimmte Politik der alten Linken wurde damit vollkommen auf ihren Begriff gebracht - die nackte Apologie imperialistischer Politik. Der Schein proletarischer Politik, den ihr die Ost-West-Konfrontation in den Jahren des Kalten Krieges bewahrt hatte, mußte sich genau an dem Punkt auflösen, wo die weltweite Ausbreitung der Befreiungskämpfe der Völker der Dritten Welt den US-Imperialismus zum taktischen Abschwächen und Einfrieren des Ost-West-Konflikts zwangen.
Das heißt, in der Verschärfung der tatsächlichen Konfrontation des Imperialismus mit bewaffneter proletarischer Politik wurde aus dem Schein der Politik der alten linken Arbeiteraristokratie sozialdemokratische Wirklichkeit hervorgebracht, die sie seit jeher war.
Keine der Protestbewegungen, die sie initiiert hat: gegen Wiederaufrüstung der Nato, von der Antiatombewegung bis zu den Notstandsgesetzen, kam zur Offensive gegen den BRD-Staat, dieses Produkt des US-Imperialismus, keine hat ihre Ziele erreicht - gegen die Taktik der Sozialdemokratie, sich an die Spitze der Proteste dann zu setzen, wenn sie eine Basis im Volk haben, um sie abzuwürgen und sich so die Bedingungen zur programmatischen Übernahme imperialistischer Politik und ihrer Ziele zu verschaffen.
Die Antifaschisten, die nach 1945 in der SPD waren, brauchten nicht von der US-Besatzungsmacht bzw. dem Adenauer-Regime ausgeschaltet zu werden, insofern die SPD dies selbst besorgte - das US-Kapital hatte ihre gesamte Führung schließlich nicht umsonst gekauft! Insofern die SPD-Führung von Anfang an vom US-Kapital bezahlt und also von ihm benutzt wurde, hatte sie mehr Erfolg als 1933 bei ihrem Versuch, sich den Nazis anzudienen - das sozialdemokratische Projekt war im wesentlichen das gleiche geblieben, wie es diese Agenten des Kapitals seit dem Weltkrieg I verfolgen, die Institutionalisierung der Klassenauseinandersetzung, um sie zu pazifieren, um die autonome Aktion der Arbeiter als Antagonismus des Kapitalverhältnisses unmöglich zu machen. Der Unterschied bestand lediglich darin, daß die SPD jetzt nicht mehr für den deutschen, sondern für den US-Imperialismus agiert und daß sie nicht nur durch die bürokratische Organisierung korrumpiert wurde, sondern direkt ihr Geld vom CIA bekam. Wo der Antikommunismus der SPD-Gruppe um Schumacher 1945 noch nicht oder nicht genug entwickelt war, sorgte jetzt die Politik Schumachers und das CIA-Geld dafür, diese Linie in der Partei durchzusetzen.
Die wesentliche Tatsache ist, daß Schumachers Antikommunismus (und der des übrigen Parteivorstands) die Politik der Partei bestimmte und daß er von Anfang an alles tat, um jede Zusammenarbeit mit der KPD zu blockieren. Gegen die von Otto Grotewohl 10 repräsentierte Tendenz zum Zusammenschluß der KPD und SPD auf der Grundlage des Kampfs gegen den Faschismus setzte Schumacher die demagogische Gleichsetzung von Faschismus und Kommunismus - also die Unvereinbarkeit von sozialdemokratischer Politik mit der Politik der KPD, was die Antifaschisten in der SPD dazu zwang, entweder Schumachers antikommunistische Linie zu akzeptieren oder die Partei zu verlassen.
War schon die traditionelle Bindung an die sozialdemokratischen Organisationen ein Hindernis gegen eine solche Entscheidung - eine "bürgerliche Arbeiterpartei", eben: nicht Waffen, sondern Besitz, 95% der SPD-Mitglieder nach 1945 waren schon vor 1933 sozialdemokratisch organisiert - und fehlte auf der anderen Seite die Alternative: proletarische Politik, so garantierten der Sozialdemokratie die Drohung mit staatlicher Verfolgung, die Unvereinbarkeitsbeschlüsse der SPD und des DGB, die Disziplinierungsmaßnahmen und Ausschlüsse, daß jeder Versuch auch nur eines Ansatzes der alten Antifaschisten in der SPD, die antikommunistische Linie zu ändern und zu einer Politik gegen die Restauration zu kommen, unmöglich waren.
Zugleich erhielt ihnen die SPD-Führung die Illusion, sich in einer "linken" Organisation zu befinden - mit der Taktik, sich an die Spitze der Bewegung gegen Wiederbewaffnung und Nato, Atomtod und Notstandsgesetze zu setzen, um diese Bewegungen zu kanalisieren und abzuwürgen. An der grundsätzlichen Politik der SPD-Führung änderte diese Taktik natürlich absolut nichts - sie war vielmehr ein wichtiger und unverzichtbarer Bestandteil genau dieser Politik - wie das, was an diesen Protestbewegungen mobilisiert wurde, auch irrelevant blieb für die Politik dieses Staates.
Während die alte Linke innerhalb des sozialdemokratischen Apparats - die Partei und Gewerkschaften - diszipliniert und integriert und damit durch den Apparat kontrollierbar und manipulierbar war, wurde tatsächlich jede politische Opposition außerhalb des sozialdemokratischen Apparats, egal ob revisionistisch, pazifistisch oder tendenziell radikal, von der KPD über die Gegner von Wiederbewaffnung und Atomtod bis zu Kriegsdienstverweigerern und Ostermarschierern, so verfolgt, als wäre sie revolutionär. Sie befand sich in der Lage, permanent von Kriminalisierung bedroht zu sein, ohne Illegalität als Offensivposition für bewaffneten Kampf begreifen zu können. Für sie galt, Illegalisierung war gleich Ausschaltung. Ihre Aktionen aus der vom Staat aufgezwungenen Illegalität waren wirkungslos - die Losungen an den Mauern, "KPD lebt", die Flugblätter drückten nur das aus. Der Druck des Antikommunismus hat sie real deformiert - ihr fehlt schließlich jeder Begriff von Revolution, jeder Begriff von Dimension, die revolutionärer Kampf in den Metropolen bedeutet. Der US-Imperialismus als hegemoniale Macht, die aufgrund der strategischen Rolle der Bundesrepublik im US-Staatensystem die gesamte westdeutsche Innenpolitik beherrschte, blieb unbegriffen.
Der erste Schritt der Besatzungsmacht im ökonomischen Bereich bestand darin, daß sie das Kommando über die Unternehmen, also über die Arbeit in den für sie relevanten Bereichen mit der sogenannten "Treuhänderschaft" übernahm. Sie fungierte damit in der Tat als Treuhänder des Monopolkapitals, denn ihr Militärapparat trat jetzt zur Sicherung des kapitalistischen Produktionsverhältnisses an die Stelle der Nazi-Faschisten-Maschinerie, und als Treuhänder setzte sie Funktionäre ein, die genauso Nazis gewesen sind wie die früheren Wehrwirtschaftsführer, die nur für eine Zeitlang "aus dem Verkehr gezogen" wurden, weil sie durch ihre Aktivitäten im Nazi-Staat allzusehr kompromittiert waren.
Die monopolkapitalistische Struktur der westdeutschen Wirtschaft wurde von dieser Maßnahme nicht nur absolut nicht berührt - die Besatzer sicherten damit vielmehr die Kontinuität dieser Struktur.
Ebensowenig wurde die im Potsdamer Abkommen vereinbarte "Entflechtung" von der US-Besatzungsmacht "mit dem Ziel der Vernichtung der bestehenden übermächtigen Konzentration des Wirtschaftslebens" (Potsdamer Abkommen, §12) durchgeführt. Die von den Besatzern als "Entflechtung" durchgeführten Maßnahmen zielten nur darauf, die westdeutschen Monopole zu schwächen, um das Eindringen des US-Kapitals zu erleichtern und die Schlüsselindustrien unter die Kontrolle des US-Kapitals zu bringen. Enteignet und sozialisiert wurde da nichts - und wo die Arbeiter das forderten, stand ihnen nun nicht das geschwächte deutsche Kapital gegenüber, sondern - mit "treuen Händen" - die US-Besatzungstruppen. Wo die Bevölkerung, wie in Hessen, für die Sozialisierung stimmte - wischte die US-Militärregierung diese Entscheidung mit einem Befehl vom Tisch.
Was von der Besatzungsmacht an formalen Veränderungen in der westdeutschen Wirtschaft realisiert worden ist, hatte den Zweck, Illusionen zu schaffen, die Kontinuität der monopolistischen Struktur - das heißt der faschistischen Struktur - zu verschleiern, um sie zu sichern und, unter der Hegemonie des US-Kapitals, zu nutzen. Die Militärmaschine des US-Imperialismus löste den faschistischen Staatsapparat ab als Instrument der Organisation des Monopolkapitals in Westdeutschland für den Klassenkampf gegen das Proletariat - und für die Realisierung des US-Counterprojekts, die Errichtung des westdeutschen Staats, deren Voraussetzung diese Instrumentalisierung der Besatzungsmacht war: Wie dieser Staat ein Produkt der US-Globalstrategie war, so waren die Einheiten der US-Army auf seinem Territorium seine notwendige Voraussetzung und Existenzbedingung.
Wenn wir sagen, daß die US-Militärmaschine den nazi-faschistischen Staatsapparat ablöste, dann meinen wir damit, daß sie ihn keineswegs mit dem Ziel der Errichtung einer Demokratie zerschlug, sondern daß sie ihn nach den Erfordernissen der Restauration des Kapitalismus und der Herstellung günstiger Reproduktionsbedingungen für das Monopolkapital behandelte - das heißt, die Teile, die eine Funktion für den US-Imperialismus hatten, ohne wesentliche Veränderung von ihm übernommen und integriert wurden, wie die Organisation Gehlens 11, die ihre Aktivität unter CIA-Kommando (und mit dem Geld aus dem CIA-Budget) im Rahmen des Kalten Kriegs fortsetzte. Wie der nazi-faschistische Werkschutz, den die Besatzer erst vor der Wut der jahrelang von ihm geschundenen Arbeiter retteten, um ihn dann sofort in ihren Apparat der Kommandogewalt über die Arbeit einzugliedern.
Die "Deutsche Arbeitsfront" der Faschisten gehörte zu jenem Teil des Apparats, den die US-Besatzer nicht übernehmen konnten, so daß sie - wie auch in Potsdam vereinbart - die Neugründung von Gewerkschaften zulassen mußten. Aber um sicherzustellen, daß nur Gewerkschaften entstehen nach dem Konzept des US-Imperialismus und wie in den USA selbst: nicht als Kampforganisation der Arbeiter, sondern als Organe der Klassenversöhnung, der Kontrolle und Institutionalisierung des Klassenkampfs, machte die Besatzungsmacht die Gründung von Gewerkschaften nicht nur von ihrer Genehmigung abhängig, sondern sie hatte auch die Durchsetzung ihrer Konzeption dadurch vorbereitet, daß sie sich mit dem Geld der US-Gewerkschaften - und das ist immer die CIA - die deutschen Gewerkschaftsfunktionäre gekauft hatte, die sich wie Hans Böckler 12 schon 30 Jahre vorher als Vertreter der "Arbeitsgemeinschafts"-Politik zum Verrat der Arbeiterinteressen qualifiziert hatten und die jetzt für die Institutionalisierung dieses Verrats in den Arbeiterorganisationen die Garantie sein sollten.
Ließ schon die Korrumpierung dieser Funktionäre durch ihre Posten in der Bürokratie keinen Zweifel an ihrer Entschlossenheit, das imperialistische Konzept verpolizeilichter Gewerkschaften durchzusetzen, so konnte ihre direkte Bestechung mit den Geldern der CIA diese Entschlossenheit nur noch steigern.
Nachdem schon im Juni '45 die britische Besatzungsmacht in Hamburg die Auflösung der als Einheitsorganisation konzipierten "Sozialistischen Freien Gewerkschaft" befohlen hatte, konnte Böckler Ende 1945 das Projekt des Deutschen Gewerkschaftsbundes als einer Dachorganisation zur hierarchischen Kontrolle der Einzelgewerkschaften durchsetzen - gegen die Vertreter der Basis, die die Einheitsgewerkschaft wollten, um die Arbeiter im ökonomischen Kampf zu vereinen - aber dafür in Übereinstimmung mit der Besatzungsmacht, die dieses antikommunistische Spaltungsprojekt natürlich anerkannte.
Die Gewerkschaften dieses Staates wurden nicht für die Arbeiter geschaffen - sondern gegen sie, für das Kapital und mit seinem Geld.
Sie sind Ausdruck eines Bruchs in der Geschichte der Kampforganisationen der deutschen Arbeiterklasse, sind Negation dieser Geschichte - wie überhaupt alles, was das US-Kommando nach 1945 gegen die Arbeiter unternahm, auf die Negation ihrer Geschichte, als Geschichte ihrer Klassenkämpfe, zielte -, und dem entspricht auf der Seite des Kapitals die vom US-Kommando gesicherte historische Kontinuität.
Der Begriff für die militärische Besetzung eines Landes und die Unterwerfung seiner Bevölkerung mit dem Ziel ihrer Ausbeutung ist Kolonisierung.
Kolonisierung ist immer wesentlich charakterisiert durch den Versuch der Besatzungsmacht, die Identität des unterworfenen Volkes zu vernichten, das Bewußtsein seiner historischen Existenz auszulöschen. Kolonisierung ist der Begriff für das, was die US-Besatzungsmacht nach 1945 in Westdeutschland gegen die Arbeiter durchgezogen hat. Und es ist eine Tatsache, daß sich diese Aggression gegen das Proletariat richtete - denn die deutsche Bourgeoisie zu kolonisieren, war natürlich nicht Sache des US-Imperialismus, insofern seine Interessen ihren nicht widersprachen, sondern die der deutschen Bourgeoisie unter US-Hegemonie integriert werden konnten: Profit, die kosmopolitische Identität des Monopolkapitals -, und in seinem Wesen unterschied sich der Kolonisierungsprozeß nicht von denen in den Ländern der Dritten Welt. Unterschiede gab es nur in den späteren Phasen des Prozesses, weil das Ziel der Kolonisierung nicht die Entwicklung einer nur außengerichteten Funktion für die Kapitalakkumulation des US-Imperialismus war, sondern die Rekonstruktion eines selbstzentrierten Kapitalismus innerhalb des US-Staatensystems; die Abhängigkeit wurde über die Beherrschung aller strategischen Positionen durch das US-Kapital hergestellt und verankert. (Der selbstzentrierte Kapitalismus der BRD ist also sozusagen nur ein Bastard - was sich konkret ausdrückt in dem 30%igen Anteil der Exporte am Bruttosozialprodukt.)
Insgesamt ist die politische Kolonisierung des westdeutschen Proletariats gekennzeichnet durch die antikommunistische Offensive des US-Imperialismus und des deutschen Monopolkapitals an seiner Seite - Antikommunismus nach außen vermittelt durch die psychologische Kriegsführung im Rahmen der Roll-back-Strategie; nach innen vermittelt durch die Psychologisierung der Politik als Grundlage der "Reeducation", der Gehirnwäsche gegen die Massen. Indem die Besatzungsmacht die Ursachen des Faschismus nicht nur in die Person seiner Führer, sondern mit der rassistischen Behauptung der "Kollektivschuld" in den Charakter des ganzen Volkes verlagerte, verhinderte sie, daß die Niederlage der Arbeiterbewegung von 1933 als Konsequenz einer falschen Politik diskutiert wurde, und sie tabuisierte damit die tatsächliche Ursache des Faschismus: die herrschende Klasse des Monopolkapitalismus, das kapitalistische Produktionsverhältnis - und damit seine Kontinuität.

Psychologisierung der Repression

So wurde es möglich, daß die US-Besatzungsmacht in ihrer Gehirnwäschekampagne den Massen das Projekt einer Gesellschaftsordnung von "Freiheit und Demokratie" losgelöst von den Prozessen an der ökonomischen Basis präsentieren konnte, als reine Ideologie, sozusagen als freischwebender Überbau: Das Funktionieren solcher Ordnung hinge nur ab von den sie tragenden Personen, vom "Charakter des Volkes". Und ein wichtiges Moment dieser Kampagne, das vor allem den gekauften Führern der Sozialdemokratie zur Durchsetzung überlassen wurde, war die Gleichsetzung der Kommunisten mit den Nazis unter dem "Totalitarismus"-Begriff als dem vermeintlichen Antagonismus zu Freiheit und Demokratie - zugleich auch ein wichtiges Moment nach außen in der Propaganda des Kalten Krieges.
Die Besatzungsmacht trat der deutschen Bevölkerung in der Reeducation-Kampagne nicht anders gegenüber als kolonialistische Eroberer der autochtonen Bevölkerung eines besetzten Landes in der Dritten Welt. Die Kampagne beruhte auf der wissenschaftlich verschleierten, rassistischen Behauptung einer "spezifischen Charakterstruktur des deutschen Volkes", aus der sich seine "antidemokratische Einstellung" ergebe und "in der Psyche des Volkes" verankert sei usw., kurz: ein dem deutschen Volk "angeborener Fehler", genauso wie für die französischen Kolonialherren die Algerier "geborene Verbrecher" waren. Der "geistigen Infantilität der Eingeborenen", mit der der Imperialismus seit je in der Dritten Welt operiert gegen die Völker, entspricht die "politische (demokratische) Infantilität", mit der die US-imperialistische Besatzungsmacht in Westdeutschland gegen das Proletariat operierte.
Also ging es für die Besatzer darum, nach den Bestimmungen ihrer psychologischen Herrschaftstechniken "die Deutschen zur Demokratie zu erziehen" - d.h. die Kultur, das Geschichtsverständnis, das Bewußtsein der historischen Existenz und Identität nicht nur zu verändern, sondern vor allem und zuerst zu brechen.
"Der Imperialismus mit seinen verschiedenen Namen", sagt Yassir Arafat zur Kolonisierung, "ist in unsere Länder eingedrungen, um den Menschen zu erniedrigen, um ihn seiner (sie ihrer, Red.) zivilisatorischen, nationalen und menschlichen Entwicklungsmöglichkeiten zu berauben, um ihm die grundlegenden Menschenrechte zu entziehen, um dann seine Rolle in der Geschichte und der Kultur zu unterdrücken, um seine geistigen und materiellen Energien auszubeuten und um seine schöpferische Fähigkeit zu lähmen." Diese allgemeinen Ziele der Kolonisierung verfolgte der US-Imperialismus auch mit dem spezifischen Projekt der politischen Kolonisierung des westdeutschen Proletariats. Ein Staatssekretär des State Department nannte die Behandlung eines einzelnen Kriminellen in einer modernen Strafanstalt eine "anschauliche Parallele" zur "Behandlung Deutschlands".
Die direkte Beziehung zwischen der Psychologisierung der Politik und Tabuisierung des kapitalistischen Produktionsverhältnisses in der "Reeducation" ist eine Reflexion des Versuchs, einen politischen Überbau zu schaffen, ohne daß sich ein Widerspruch zur ökonomischen Basis konkretisiert - anders gesagt: Um den Antagonismus von demokratischen Freiheiten und monopolistisch organisierter gesellschaftlicher Kapitalproduktion für das Monopolkapital zu lösen, mußten die Arbeiter daran gehindert werden, sich als das Subjekt dieses Antagonismus zu begreifen und gegen das Monopolkapital aufzustehen. Der Versuch, den Widerspruch zwischen Überbau und ökonomischer Basis mit Gehirnwäsche einfach wegzuerklären, verweist unmittelbar auf ein Hauptziel der Besatzer: den Widerspruch zwischen Kapital und Arbeit - den Klassenkampf - im Überbau zu institutionalisieren -, d.h. die Arbeiterorganisationen verstaatlichen, die Klassenauseinandersetzungen verrechtlichen und die Arbeiterautonomie, die sich in den Antagonismus zum Kapitalverhältnis stellt, kriminalisieren.
Die Psychologisierung der Politik durch die Besatzer in der Umerziehungskampagne als Mittel der Kolonisierung der Arbeiterklasse war eine Voraussetzung für die Institutionalisierung des Klassenkampfes - ihr grundlegendes, konstituierendes Element war die Politik der Klassenversöhnung, der "Kontrakt" des Klassenfriedens, der dann schließlich den Namen "Sozialpartnerschaft" erhielt - was nur eine andere Bezeichnung ist für die faschistische Volksgemeinschaft, deren Kontinuität die US-Besatzungsmacht mit ihrer Politik gesichert hat, denn ihre Voraussetzungen waren die gleichen (wie dann, zum Beispiel, die späteren Werkschutzinstitutionen in Westdeutschland aus dem Wort "Gefolgschaft" nur das Wort "Belegschaft" machten und ansonsten die Bestimmungen der Nazis gegen "Saboteure" exakt für ihre Anweisungen übernahmen).
Dämonisierung des Faschismus, Tabuisierung der kapitalistischen Produktionsverhältnisse und Antikommunismus als umfassender Rahmen - das war die psychologisch konzipierte Politik der Besatzer zur Kolonisierung des Proletariats auf der ideologischen Ebene.
Während die politische Kolonisierung des westdeutschen Proletariats auf der ideologischen Ebene durchgehend auf dieser Linie betrieben wurde, gab es auf der materiellen Ebene - im Bereich der Lebensbedingungen des Proletariats - zwei Phasen dieser einen Politik; sie sind gekennzeichnet durch verschiedene, miteinander unlösbar verknüpfte, sich überlagernde und in ihrer Wirkung gegenseitig ergänzende Mittel - die bekannten und erprobten Mittel der Kolonisierung: Repression und Hunger des Volkes; dann - um den Widerstand durch Bestechung auszuschalten - hier die Dollars des Marshallplans, die Überschußproduktion des US-Kapitals, Care-Pakete. Unter den Bedingungen zerschlagener Klassenorganisationen des Proletariats konnte die Besatzungsmacht die Politik des Hungers durch die Konsumentenkultur schrittweise ersetzen in dem Maß, wie es ihr gelang, den Widerstand zu kaufen. Die Gehirnwäschekampagne war das integrierende Moment dieser Politik - die Repression ihre grundlegende Bedingung - in allen Phasen.
Die militärische Eroberung und Besetzung Westdeutschlands 1945 bedeutete für die Arbeiter, daß nach zwölf Jahren Faschismus, Gestapo und KZ's ihre Bedürfnisse weiterhin und erneut unterdrückt wurden - jetzt von den "Besatzer-Bajonetten und den Gewehren des Terrors" des US-Imperialismus. Die Restauration des Kapitalismus in den Westzonen vollzog sich unter einem Besatzungsregime mit dem Charakter einer Militärdiktatur.

Industriepolizei

Zum zentralen Hebel für die Durchsetzung der Restauration nach dem Plan der US-Besatzer wurde auf der Betriebsebene die "Industriepolizei". Wurden zunächst - noch im Zuge der militärischen Eroberung - unsystematisch noch die nazistischen Werkschutzkader von den US-Truppen vor der Rache der freigelassenen Zwangsarbeiter gerettet und dann als Polizeischutztruppe von den US-Kommandeuren gleich wieder gegen die Arbeiter zur Unterdrückung von Aneignungsaktionen eingesetzt, nun mit den Armbinden der westalliierten Militärpolizei, so wurde dieses Modell der Übernahme faschistischer Kader nach wenigen Monaten verallgemeinert und systematisiert. Zum Schutz der amerikanischen, britischen und französischen Militärstützpunkte wurden seit Herbst 1945 über die deutschen Polizeistellen "Wachmänner" rekrutiert und für die Aufstandsbekämpfung ausgerüstet; aber auch aus den bewußt intakt gehaltenen Resten der Wehrmacht, wie den "Dienstgruppen", dem in den sogenannten "historischen Abteilungen" der Alliierten zusammengezogenen Generalstab der Wehrmacht sowie der militärischen Abwehr wurden seit 1946 ständig neue Einheiten der "Industriepolizei" formiert. Sie stellten - bis heute noch von einem fast vollständigen Schleier der Geheimhaltung umgeben - in allen drei westlichen Zonen das entscheidende Moment für die Unterdrückung der Arbeiterautonomie und für die schrittweise Rekonstruktion des gesellschaftlichen Gewaltapparats dar. Die "Industriepolizei" war ein gigantischer Pool, in dem sich die großen und kleinen Werkschutz-, Gestapo- und Wehrmachtsoldaten vor der Entnazifierung schützen und auf ihre neue Aufgabe vorbereiten konnten. Sie war ein Konservierungsprojekt, aus dem die meisten westalliierten Spezialdienste und später die Kader von Bundesgrenzschutz, Bereitschaftspolizei, Verfassungsschutz und politischer Polizei sowie seit '54/55 der Bundeswehr hervorgegangen sind. Die Industriepolizei war diejenige Polizeiformation der Westalliierten, die vor 1950 auf den Stützpunkten der US-Truppen eine vollständige Bürgerkriegsausbildung erhielt. Als unmittelbar gegen die Arbeiter eingesetzte Formation waren sie in Straßen- und Häuserkampf, in der Taktik der Besetzung von Industriezonen unterrichtet und mit allen Infanteriewaffen einschließlich Granatwerfern ausgerüstet.
Während die Westalliierten den Prozeß gegen die Nazi-Führung in Nürnberg vorbereiteten - weil das in Potsdam mit der Sowjetunion vereinbart war, weil es auch politisch-propagandistisch opportun war und vor allem, weil diese Verbrecher sowieso in ihrer Funktion für das Monopolkapital erledigt waren -, wurden also alle westlichen Institutionen der Arbeiterunterdrükkung auf unmittelbarer Betriebsebene samt der faschistischen Kader aufrechterhalten. Die Arbeiter waren buchstäblich vom gesellschaftlichen Leben abgeschnitten und in das Korsett einer vom Ausnahmezustand begünstigten und blockierten wirtschaftlichen Entwicklung eingezwängt. Daran änderte sich nach 1947/48, als die Einbeziehung der Ökonomie der Westzonen in die internationalisierte Containmentwirtschaft 13 einsetzte, praktisch nichts. Die Hungerrevolte von 1947 und die Ansätze zum Generalstreik gegen die Währungsumstellung 1948 wurden so systematisch unterdrückt, daß sie allenfalls den Umschlag von der selektiven Wirtschaftsblockade zur separaten westzonalen Rekonstruktion forcierten. Zwar ließ der US-General Clay in Hessen Streikenden mit der Todesstrafe drohen; ein umfangreicher Aufmarsch der Besatzungsarmeen war aber auch in den kritischen Perioden des Kurswechsels nicht nötig.
Es ist offensichtlich,

- daß bei Lebensmittelrationen von nominal 1550 Kalorien für jeden Erwachsenen im Durchschnitt, tatsächlich aber nur 1000 oder noch weniger Kalorien pro Tag, nur ein Regime des Ausnahmezustands, der Besatzungsmacht und der intakt gehaltenen faschistischen Repressionsapparate die Hungerrevolten unterdrücken und ihre Transformation in proletarische Kampforganisationen verhindern konnte;
- daß dieses Regime überhaupt notwendig war, um zu verhindern, daß sich die Arbeiter erheben gegen die Faschisten, die sie zwölf Jahre geschunden hatten und nun gleich wieder das Kommando erhielten;
- daß es notwendig war, um die ungebrochene Kontinuität der repressiven und ideologischen Staatsapparate der faschistischen deutschen Monopolbourgeoisie zu sichern und mit ihnen - auf der Grundlage ihrer wesentlich unveränderten Struktur - die Rekonstruktion der monopolistischen Kapitalproduktion zu organisieren.
Sobald die internationale Konstellation über die wirtschaftliche Rekonstruktionsplanung auch die separatstaatliche Rehabilitation der herrschenden Klasse zuließ, hatten die Fabrikkommandos ihre Funktion erfüllt. Die gesellschaftliche Maschinerie des Systems ging zur arbeitsteiligen Modernisierung der Klassenherrschaft über, und die Besatzungsverwaltungen zogen sich in Fabrik und Gesellschaft auf Reservepositionen zurück.
Von diesen Positionen aus bleiben die westzonalen Kapitalmasken trotz ihrer wiedergewonnenen Staatlichkeit tief in die internationale Containmentstrategie verstrickt. (Das heißt, sie blieben es gerade wegen des Charakters dieser neuen Staatlichkeit, die der von Ländern der Dritten Welt ähnelt, die in eine formale Unabhängigkeit entlassen werden und neokolonialistisch beherrscht sind.) Von keinem der an der Klassenkonfrontation Beteiligten - wenn man vom Arbeiterreformismus absieht - wurde der parlamentarische Institutionenkomplex des Separatstaates sonderlich ernst genommen. Seit 1949/50 hatten die westlichen Alliierten dem Adenauer-Regime grünes Licht für die endgültige Stabilisierung der inneren Klassenherrschaft gegeben, die Wiederaufstellung eines kontrollierten Armee-Kontingents für das osteuropäische Containment programmiert und gleichzeitig mit der Organisation eines geheimen militärischen Untergrundnetzes für den Fall eines größeren europäischen Krieges mit der Sowjetunion begonnen.
Im Schutz des Militärgeheimdienstes und der 1950 installierten "Bundeszentrale für Heimatdienst", dem Vorläufer des späteren "Amt Blank", konnten SS-Traditionsverbände, Kameradschaften von NS-Elitetruppen und militärische Jugendverbände wieder offen auftreten. Vor allem beim Bund Deutscher Jugend war der Versuch offensichtlich, daß damit eine außer-institutionelle, anti-parlamentarische Massenbasis zur Verschleierung des Übergangs der westalliierten Hilfstruppen in die Dienste des neuen Unternehmerstaates geschaffen werden sollte. Als die Besatzungsmächte 1950/51 ihre "Industriepolizei" wieder aus den Betrieben abzogen, wandte sich die Bundesleitung des BDJ an die Ruhrindustriellen, um ihnen qualifizierte Kader für die Verstärkung der vorübergehend geschwächten Werksicherheitsdienste anzudienen; in einem entsprechenden Schreiben war das Bundesinnenministerium als Bürge für die Zuverlässigkeit des BDJ angeführt worden. Diese Offerte zum Ausbau eines parlamentarisch nicht kontrollierten repressiven Apparates in den Betrieben ist von den Unternehmen angenommen worden. Anders ist die Tatsache nicht zu erklären, daß der damals zweite Bundesvorsitzende des BDJ heute Werkschutzleiter bei Mannesmann ist.
Bei der Rekonstruktion des Werkschutzes haben auch andere, mit ihm assoziierte Terrorverbände, wie beispielsweise die in der DDR operierende "Kampfgruppe gegen die Unmenschlichkeit", deren Sabotagechef Baitz heute den Werkschutz der Chemischen Werke Marl leitet, eine bedeutende Rolle gespielt.
Im Hintergrund des BDJ operierte gleichzeitig ein "technischer Dienst", bestehend aus mehreren tausend ehemaligen SS-Offizieren, der sich unter Anleitung des US-amerikanischen CIC auf den "Fall X" - die Bekämpfung von großen Arbeiterunruhen und Massenliquidierung von SPD-, Gewerkschafts- und KPD-Funktionären im Fall militärischer Auseinandersetzungen vorbereitete. Anläßlich der Aufdeckung des "technischen Dienstes" im Herbst 1952 in Hessen wurde bekannt, daß es mindestens 15 weitere solche Organisationen gab, deren Mitglieder - fast ausschließlich ehemalige Gestapo- und SS-Leute - sich auf den großen Sprung in die politischen Zentren der von den Westalliierten, Unternehmern und Bundesregierung projektierten neuen Unterdrückungsinstitutionen vorbereiteten.
Was dabei den Werkschutz betrifft, scheint dessen Übernahme in alleinige Unternehmerregie schon 1951 mit der Gründung der "Gesellschaft zum Schutz der deutschen Wirtschaft" abgeschlossen gewesen zu sein. Hier brauchten bei den großen Konzernen die alten Kader nur geringfügig verstärkt und modernisiert zu werden, als sie 1950/51 den Status von Hilfstruppen der westalliierten Militärpolizei verloren.
So war das Unternehmerkommando voll restauriert, nachdem es sechs Jahre lang mit der Autorität des westzonalen Besatzungsregiments vor den Klassenauseinandersetzungen der Nachkriegsära gerettet worden war. Auch konnte die präventiv-konterrevolutionäre Mobilisierung, wie sie Adenauer anläßlich der Neugründung der "technischen Nothilfe" - jetzt: Technisches Hilfswerk - 1951 als Schritt zum "Aufbau der inneren Front" gefeiert hatte, die die äußere Linie des Kalten Krieges ergänzte - nicht ohne Wirkung sein. Der Arbeiterreformismus hatte sich mit seinen Mitbestimmungskampagnen auf eine Defensivbewegung beschränkt, die, insofern sie die Arbeiterbedürfnisse nicht tangierte, eine ohnmächtige Geste blieb.

Politik des Hungers - Marshallplan

Das zweite auf der Unterdrückung der Arbeiterkämpfe beruhende und im Zusammenhang mit ihr, mit der Zerschlagung der Kampforganisationen und Bestechung der Führung sowie der Reeducation-Kampagne wirkende Mittel der Besatzungsmacht war die Politik des Hungers - sie war auch ein unverzichtbarer Bestandteil im Projekt der kapitalistischen Restauration und der Integration Europas in das Staatensystem des US-Imperialismus.
Das hieß zunächst: die Erhaltung des Hungers des Volkes und seine Verschärfung durch unzureichende Lebensmittellieferungen, Mangelrationen, Reglementierung der Produktion, Beschlagnahmungen und Zwangsexportierung der Rohstoffe, gegen die Anstrengung der Arbeiter in den Westzonen, die Produktion selbst zu reorganisieren und die Versorgung zu verbessern; kurz: eine Politik der Erpressung zur Durchsetzung des US-imperialistischen Projekts.
Dann, nachdem das antikommunistische Projekt schließlich auch von dem zwischen den gekauften Führern um Böckler und den Besatzungsbajonetten eingeklemmten und sowieso vom Geist der Klassenkollaboration bestimmten Funktionärsapparat der westzonalen Gewerkschaften akzeptiert worden war und die Mobilisierung der Gewerkschaftsbasis durch die KPD gegen das Projekt ohne Wirkung blieb: die langsame Verringerung des Hungers. Die schrittweise Verbesserung der Ernährungslage, die etwa drei Jahre nach Kriegsende begann und zunächst nur in Richtung auf das Existenzminimum ging - das die Rationen selbst nicht nominal erreicht hatten! -, folgte notwendig aus dem strategischen Interesse des US-Imperialismus an Europa und an Westdeutschland im besonderen: Sie war diesem Interesse direkt funktionell, was sich ausdrückte im Marshallplan als dem umfassenden Konzept des US-Imperialismus zur Realisierung seiner Interessen in Europa: - die politische Beherrschung,
- die wirtschaftliche Durchdringung und Beherrschung, - die Übernahme der Kolonien der europäischen Länder in der Dritten Welt bzw. ihre neokolonialistische Beherrschung, - die Schaffung eines antikommunistischen Blocks mit militärischen Stützpunkten für die Roll-back-Offensive gegen die Sowjetunion.
Der Marshallplan lieferte die Mittel und schuf die Bedingung für diese Ziele.
Es ist sicher kein bloßer Zufall, daß die Ausarbeitung des Marshallplans zwischen Mai und Dezember 1947 erfolgte - dem gleichen Zeitraum, in dem in Westdeutschland die Streiks und Demonstrationen der Arbeiter gegen den Hunger und für die Sozialisierung und den Wiederaufbau im Interesse des Volkes ihren stärksten Umfang erreichten.
In seiner Rede zur Ankündigung des Plans am 5. Juni '47 sagte US-Außenminister Marshall, nachdem er erklärt hatte, daß die "sichtbare Zerstörung wahrscheinlich weniger schwerwiegend ist als die Tatsache, daß das gesamte europäische Wirtschaftssystem aus den Angeln gehoben wurde" als Folge des Krieges:
"Das moderne System der Arbeitsteilung, auf das sich der Warenaustausch gründet, steht vor dem Zusammenbruch."
"In Wahrheit liegt die Sache so, daß Europas Bedarf an ausländischen Nahrungsmitteln und anderen wichtigen Gütern - hauptsächlich aus Amerika - während der nächsten drei oder vier Jahre um so viel höher liegt als seine gegenwärtige Zahlungsfähigkeit, daß beträchtliche zusätzliche Hilfeleistungen notwendig sind, wenn es nicht in einen wirtschaftlichen, sozialen und politischen Verfall sehr ernster Art geraten soll ... Abgesehen von der demoralisierenden Wirkung auf die ganze Welt und von der Möglichkeit, daß aus der Verzweiflung der betroffenen Völker sich Unruheherde ergeben könnten, dürfte es auch offensichtlich sein, welche Folgen dieser Zustand auf die Wirtschaft der Vereinigten Staaten haben muß.
Es ist nur logisch, daß die Vereinigten Staaten alles tun, was in ihrer Macht steht, um die Wiederherstellung gesunder wirtschaftlicher Verhältnisse in der Welt zu fördern, ohne die es keine politische Stabilität und keinen sicheren Frieden geben kann."
Auch den antikommunistischen Charakter des Plans stellte er klar:
"Aber eine Regierung, die durch Machenschaften versucht, die Gesundung der anderen Länder zu hemmen, kann von uns keine Hilfe erwarten."
Es war dieselbe Politik der ökonomischen Erpressung, mit der es der Sozialdemokratie inzwischen gelungen ist, Portugal wieder eine Regierung aufzuzwingen, die die innenpolitischen Bedingungen des Kapitals - Entpolitisierung der Klassenauseinandersetzungen - erfüllt.
Anders gesagt, Regierungen, die sich nicht restlos den Bedingungen des US-Imperialismus unterwarfen, wurden von dem Projekt von vornherein ausgeschlossen.
Damit war klar, daß dieser Plan - den die US-Politiker ebenso wie die gekauften Gewerkschaftsführer der Westzonen als "Hilfsprogramm für die leidenden Völker" (Marshall) propagierten - auf die Verhinderung von Sozialisierung und auf die Teilung Deutschlands abzielte - daß das überhaupt die Voraussetzung seiner Realisierung war. Böckler gab zu, daß "eine Nebenabsicht" des "großen Hilfswerks" Verhinderung der Sozialisierung und Wiederaufrüstung des Großkapitals ist, aber: "Unsere Wirtschaft muß um jeden Preis - koste es, was es wolle - wieder in Gang gesetzt werden. Wir dürfen dem Hunger nicht weitere Opfer bringen." Und: "Wir können den Plan nicht ablehnen. An wen sollten wir uns sonst wenden in unserer verzweifelten Notlage, daß er uns helfend beisteht?" Mit der Konstruktion dieser ebenso erpresserischen wie liquidatorischen Alternative "Marshallplan" oder "Hungertod" - anstatt Kampf gegen das US-Projekt - konnte die Böckler-Gruppe dem Plan ihrer Herren und Geldgeber in Washington die Zustimmung des Funktionärsapparates verschaffen, gegen die Basis.
Tatsächlich hatte der Marschallplan mit Hilfe für die hungernden Massen nichts zu tun - er zielte nur auf ihre Einbindung in das imperialistische Projekt, und ein "großes Hilfswerk" war er für das Monopolkapital.
Im Dezember 1947 bewilligte der US-Kongreß für 16 europäische Länder 17 Mrd. Dollar als Marshallplan-Gelder über einen Zeitraum von vier Jahren; Westdeutschland erhielt mit Inkrafttreten des Gesetzes im April 1948 etwa 1/2 Mrd. Dollar sofort. Eine wesentliche Funktion der Gelder wird offensichtlich aus der im Gesetz festgelegten Bedingung, daß Gelder nur in Verbindung mit der Verpflichtung, US-Waren zu importieren, gewährt werden.
Victor Perlo hat 1950 die allen Marshallplan-Aktionen gemeinsamen allgemeinen Merkmale so bezeichnet:
1. ist jede Transaktion so angelegt, daß sie bestimmten amerikanischen Monopolen große unmittelbare Profite bringt;
2. ist jede Transaktion darauf gerichtet, die europäische Wirtschaft zu schwächen und zu unterhöhlen, die Hindernisse für den Erwerb von Eigentumsrechten des US-Kapitals an der europäischen Industrie zu beseitigen und die Ausbeutung der europäischen Arbeiter zu verstärken;
3. die westeuropäische Industrie zu einem vom US-Kapital innerhalb des antikommunistischen Blocks beherrschten Arsenal für einen neuen Krieg auszubauen.
Das US-Kapital mußte seine auf dem Binnenmarkt nicht verwertbare Überproduktion absetzen, die sich vor allem auch durch die Umstellung der Produktion von Kriegs- auf Friedenserfordernisse krisenhaft verstärkte. Nach Angaben des damals stellvertretenden Außenministers Clayton war ein Exportüberschuß von 4 Mrd. Dollar nötig, um starkes Anwachsen der Arbeitslosigkeit und eine Depression in den USA während der Nachkriegsjahre zu vermeiden. Und da zwar in den europäischen Ländern potentielle Märkte bestanden, aber keine Zahlungskraft dafür vorhanden war, wurden diese Märkte für den Absatz der Überproduktion mit Krediten, Anleihen und Zuschüssen aus dem Marshallplan finanziert.
In den ersten neun Monaten des Jahres 1949 gingen 60 bis 80% aller USA-Ausfuhren an Mais, Erdnüssen, Kupfererzeugnissen, Ölsaaten, Weizen und Mehl, Baumwolle und Tabak in die Marshallplanländer. Dabei ging es keineswegs darum, einen notwendigen Bedarf zu befriedigen - das heißt, es war nicht entscheidend, ob und welche Waren die europäischen Länder tatsächlich brauchten, sondern daß das US-Kapital sie anders nicht verwerten konnte. Überschüssige Produktion zeigt sich daran - um hier nur ein Beispiel zu nennen -, daß 1948 nach Westdeutschland so viel Trockenobst aus den USA geschickt wurde, daß es für einen 21/2 mal so großen Pro-Kopf-Verbrauch wie in den USA ausgereicht hätte.
War das Resultat dieser Praxis für das US-Kapital die Eroberung neuer Märkte und damit rentable Erhaltung seiner Produktionskapazitäten, so war es für Westdeutschland eine Behinderung des Wiederaufbaus seiner Agrar-Produktion - zugunsten der Industrie - und Abhängigkeit von den USA in der Lebensmittelversorgung.
Außerdem dienten diese Waren - und gerade in dieser Menge - von Anfang an als Vehikel für den Transport der US-imperialistischen Ideologie, der Konsummuster und der antikommunistischen Politik nach Westdeutschland. Zu einem Teil fungierten die Lieferungen auch ganz unmittelbar als Mittel zur Durchsetzung der US-Politik: Die Weizenimporte nach Italien konzentrierten sich auf den Zeitraum vor den Wahlen im Frühjahr 1948 und wurden mit riesigem Propagandaaufwand in die antikommunistische Wahlkampagne integriert - und blieben danach zu einem großen Teil liegen, weil der Verkaufspreis zu hoch war für die hungernden italienischen Arbeiter.
Die Lebensmittellieferungen im Rahmen des Marshallplans bedeuteten allenfals eine relative Verbesserung der Lebensbedingungen vom Niveau der Kriegsjahre - eben in Richtung auf das Existenzminimum! -, daß sie mehr gewesen seien, ist Erfindung der imperialistischen Gehirnwäschekampagne, ist CIA-Lüge, USA-Dreck. Marshallplan-Administrator Bissell nannte als höchste Grenze für die Ernährung in Europa das Niveau von 1938, für Wohnung, Kleidung und anderen Konsum ein Niveau unter dem Vorkriegszustand, "ungeachtet des beträchtlich angestauten Bedarfs, der sich während des Krieges entwickelt hat". Die Reallöhne in Westdeutschland lagen im Juni 1949 um 13,5% unter dem Stand von 1930, der schon unter dem Krisentiefpunkt von 1932 lag.
Eine Modifizierung dieser Politik begann 1949, aus der Erkenntnis, daß der kapitalistische Wiederaufbau in Europa ohne eine Ausweitung der Konsumtionskapazität sofort zur Überproduktion und Krise führen mußte und daß die USA von der Unterhaltszahlung an den Kriegsgegner zur vollen Entfaltung des profitablen Geschäfts kommen mußten.
Hier wird auch eine spezifische Bedeutung Westdeutschlands für das US-Kapital innerhalb des komplexen Projekts des Marshallplans deutlich, dessen Ziel eben nicht Lebensmittellieferungen waren, sondern die industrielle Rekonstruktion unter US-Herrschaft. Der europäische Wiederaufbau war abhängig von der ökonomischen Entwicklung Westdeutschlands. Auf dem europäischen Markt war Westdeutschland bisher der größte Produzent und Lieferant von Industriegütern - "die Werkstatt Europas" - und bezog andererseits einen wichtigen Teil des Agrarexports der anderen europäischen Länder. Nach dem Kriegsende war aber die Zerstörung des industriellen Potentials im übrigen Europa mindestens ebenso groß, oft sogar größer als in Westdeutschland. Das Rekonstruktionsprojekt hatte also auszugehen von einer auf dieser innereuropäischen Arbeitsteilung beruhenden Marktstruktur - das heißt von der regionalen Dominanz der westdeutschen Industrie; ein weiterer Grund für die Erhaltung dieser Struktur war die strategische Lage Westdeutschlands sowie die Tatsache, daß seine durch die militärische Besetzung gegebene totale Kontrolle es als Brückenkopf des US-Kapitals besonders geeignet machte, insofern damit Widerstände eines nationalen Kapitals gegen die US-Pläne von vorneherein ausgeschlossen wurden.
Zu dem Absatz der amerikanischen Überproduktion auf den westdeutschen Markt kam also im Prozeß des Wiederaufbaus Europas die Notwendigkeit hinzu, einen Markt für die traditionell auf Deutschland bezogenen (Agrar-)Exportprodukte der übrigen europäischen Länder zu entwickeln. Es war dieser Zusammenhang, der neben dem strategischen Interesse und der Möglichkeit, intakte faschistische Organisationen zur Unterdrückung der Arbeiter zu übernehmen, eine wesentliche Ursache dafür war, daß Westdeutschland vom US-Kapital bevorzugt und vom Marshallplan besonders berücksichtigt wurde, so daß schließlich die Konsumtionskapazität der Massen ausgeweitet werden mußte - ab Mitte der 50er Jahre dann immer schneller.
Die Ausweitung konnte aber nicht etwa über Konsumförderung aus Marshallplan-Geldern laufen - die Sinnlosigkeit und Unrentabilität solcher Maßnahmen für das US-Kapital ist offensichtlich. Den Absatz der überschüssigen US-Produktion nach Europa auf längere Sicht mit US-Krediten zu finanzieren, wäre nur ein Zuschußgeschäft gewesen, ein vom US-Kapital über die Vermittlung des Staates auf die Massen in den USA Abwälzen, weil die Kredite zu Lasten des Steueraufkommens gehen - hätte also schließlich nur Konsumtionskapazität von den USA nach Europa umverteilt. An dieser Erkenntnis brachen auch der Morgenthauplan und ähnliche Projekte zur Reduzierung der westdeutschen Produktion auf Selbstversorgungsniveau zusammen. Die Bedingungen der Erschließung des europäischen Marktes für einen dauernden Absatz der US-Überproduktion war die eigene Zahlungsfähigkeit der europäischen Wirtschaften, daß sie diesen Markt wesentlich selbst finanzieren, das heißt, die Bedingung war die Rekonstruktion und Weiterentwicklung ihrer Industrieproduktion und ihre Reintegration in den Weltmarkt.
Gerade die US-Regierung konnte das bald erkennen, weil sie schließlich die Kredite geben mußte - und so verhinderte sie auch konsequent den national-bornierten Versuch des selbst von US-Kapital abhängigen britischen und französischen Kapitals, die westdeutsche Schwerindustrie als Konkurrenz durch Demontage auszuschalten. Obwohl formell noch an die Demontagevereinbarung von Potsdam gebunden, verfügte sie Anfang 1948 deren Einstellung und leitete auch die Rückgabe westdeutscher Unternehmen an die alten Besitzer ein.
Aber es ging eben nicht nur um den Absatz von überschüssigen Produkten - die dazu erforderlichen Bedingungen waren zugleich funktional für die Expansion des US-Kapitals; durch den Marshallplan wurde ihm die Eroberung und Durchdringung der westdeutschen Industrie ermöglicht; er war das erste Instrument der Initiative des US-Kapitals zur ökonomischen Integration Westdeutschlands in das System des US-Imperialismus.
Der Warenexport diente diesem Ziel, insofern die Lieferungen von Industriegütern/Produktionsmitteln aus Marshallplan-Krediten für die Rekonstruktion in Westdeutschland die Hegemonie des US-Kapitals über die technologische Abhängigkeit herstellten, die sich in Form von Patenten, Lizenzen, Übernahme amerikanischer Verfahrenstechniken mit den US-Maschinen usw. multiplizierte und auch beim endlichen Ausbleiben der günstigen Kredite reproduzierte.
Der Kapitalexport in Form von Direktinvestitionen als Mittel der Eroberung und Durchdringung wurde vom Marshallplan direkt oder durch die Schaffung günstiger Bedingungen gefördert. So gab der Plan Investitionsgarantien, die Privatinvestitionen in Höhe von zunächst 300 Mio. Dollar sicherten und den US-Konzernen die Einnahme wichtiger strategischer Positionen erleichterten. Den US-Öl-Konzernen gelang mit dieser Unterstützung der erste wesentliche Schritt zur Expansion auf dem europäischen Markt und der Verdrängung der Kohle als Hauptenergieträger - denn die Bindung der Marshallplan-Kredite an US-Waren garantierte ihnen auch gleich den Absatz des Öls, das sie gerade in Nah-Ost zu erschließen begannen.
Mit der Marshallplan-Hilfe verschaffte der US-Imperialismus den westdeutschen Monopolen die wesentlichen ökonomischen Grundlagen für ihre expansive Entwicklung, jetzt unter seiner Hegemonie - wie er ihnen mit der Integration Westdeutschlands in die Roll-back-Offensive die Fortsetzung ihrer unter den Nazis gescheiterten Aggressionspolitik gegen die Sowjetunion ermöglichte, jetzt als Funktion der US-Globalstrategie; "Marshallplan-Beamte sind in Zusammenarbeit mit der Bonner Regierung dabei, die Wiederaufbauarbeiten in ein offenes Programm der Einschaltung der westdeutschen Wirtschaft in die westeuropäischen Verteidigungsbedürfnisse zu verwandeln", berichtete die "New York Times" am 12.10.1950.
In dem Maß, in dem Westdeutschland erst die aggressive Speerspitze des Nordatlantikpakts im Kalten Krieg, dann dazu das militärisch zweitstärkste Glied der Nato und politisch-ökonomische Führungsmacht in Westeuropa wurde, wurden die "besonderen Beziehungen" zwischen USA und BRD vertieft, das heißt die Abhängigkeit der BRD von den USA nahm zu: ökonomisch als Abhängigkeit der westdeutschen Wirtschaft von den Handelsbeziehungen mit den USA - Abhängigkeit der Produktion von Rohstofflieferungen der US-Konzerne, Abhängigkeit des Exports vom amerikanischen Markt (und auch hier war es der Marshallplan, der diese Ausrichtung des Exports erzwang durch seine Verbindung mit einem Handelsembargo gegen die sozialistischen Länder, dessen Durchführung Bedingung für US-Hilfe war - womit Westdeutschland von seinen traditionellen Märkten im Osten abgeschnitten wurde); machtpolitisch als Unterwerfung des westdeutschen Kapitals unter das US-Kapital - die amerikanische Eroberung und Besetzung der Schlüssel-Industrien: Chemie, Fahrzeugbau, Mineralölindustrie, Elektroindustrie - das sind die Industrien, die am stärksten monopolisiert sind, die sowohl die höchsten Waren- wie Kapitalexportraten haben und deren Produkte wie Technologien entscheidenden Einfluß auf den gesamten Produktionsprozeß eines Landes haben; sie sind die strategischen Industrien, weil sie die politischen Strategien der Staaten im System des US-Imperialismus bestimmen nach innen und außen; weil es ihre Kapitalbewegungen sind, auf die jede Regierung im Imperialismus reagieren muß - nicht nur weil sie Machtzusammenballungen innerhalb des Staatensystems und in jedem einzelnen Staat sind, deren ökonomische Verfügungsgewalt die politische Durchsetzung ihrer Interessen jederzeit erzwingen könnte, sondern auch weil ihre Kapitalbewegungen die stärksten gesamtwirtschaftlichen Auswirkungen haben im Widerspruch zwischen vergesellschafteter Produktion und kapitalistischem Produktionsverhältnis - was sich am deutlichsten darin ausdrückt, daß weit über die Hälfte aller Arbeiter in der BRD (1970: 63%) in weniger als 100 Konzernen arbeiten, die untereinander so verflochten sind, daß man sagen kann, die Vergesellschaftung der Produktion unter der Hegemonie des US-Kapitals ist in der BRD total (was anders gesagt heißt, daß es in dem Widerspruch zwischen vergesellschafteter Produktion und privater Aneignung, ökonomischer Basis und politischem Überbau keine Vermittlungen mehr gibt). Innerhalb bestimmter Schlüsselindustrien - Mineralöl und Elektronik - ist schließlich die machtpolitische Unterwerfung des deutschen Kapitals mit seiner ökonomischen Abhängigkeit von den Produkten dieser Industrie (Rohstoffe, Technologie) direkt verschmolzen und bringt den Verlust an Souveränität am schärfsten und ganz unmittelbar zum Ausdruck: Eine Handvoll US-Ölkonzerne kann über die Beherrschung der Mineralölwirtschaft die Entwicklung der westdeutschen Konjunktur ebenso beeinflussen wie die Politik des Bonner Regimes - und tut das auch.
Daß die westdeutschen Monopole durch ihre Rekonstruktion und expansive Weiterentwicklung noch mal zu einer Konkurrenz für die US-Konzerne hätten werden können, verhinderte das US-Kapital mit den durch die Fortdauer des Besatzungsstatuts gegebenen politischen Interventionsmöglichkeiten. Das heißt, es hielt sich mit Kapitalexportrestriktionen 14 die Konkurrenz der westdeutschen Monopole so lange und so weit vom Hals, bis einerseits das westdeutsche Militär als Interventionsinstrument des Kapitals für die Sicherung seiner Auslandsinvestitionen - "Kanonenboot-Politik" - unter dem Kommando der Nato, also des Pentagon, wieder funktionsfähig gemacht war und bis andererseits die US-Außenpolitik als die Politik des westdeutschen Kapitals vermittels der CDU durchgesetzt war.
Zu formal politischer Souveränität, das heißt der Aufhebung der Vorbehalte der Besatzungsmacht, kam der westdeutsche Staat erst, nachdem der US-Imperialismus sich Mitte der 60er Jahre das ganze westdeutsche Kapital unterworfen hatte durch die Kapitalexportoffensive nach der Rezession 66/67, deren Wirkung nichts anderes sein konnte als die totale Bindung der BRD an die Politik der USA - und so konnte die mit der strategischen Defensive des US-Imperialismus im Krieg gegen die Befreiungsbewegungen der Dritten Welt opportun gewordene Verleihung der politischen Souveränität auf eine bloß leere Formalität reduziert werden; sie war der Übertragung bestimmter aggressiver Aufgaben in der Dritten Welt an die BRD im Rahmen der US-Counterstrategie genau funktional - eben weil ein vom US-Imperialismus unter Besatzungsstatut gehaltener Staat sich kaum an die Stelle der USA dort einschleichen kann, wo sie nicht mehr reinkommen.
Daß es bis in die zweite Hälfte der 60er Jahre von der BRD aus keinen relevanten Kapitalexport gab, bis Ende der 60er Jahre keine ökonomisch relevante Rüstungsindustrie, bis dahin die westdeutschen Rüstungsausgaben in die USA flossen und seitdem - wenn auch immer noch erst zu einem Teil - in das US-beherrschte westdeutsche und westeuropäische Rüstungskapital, bedeutet, daß die Bewegung des westdeutschen Kapitals seit '45 Bewegung des US-Kapitals und Ausdruck von US-Politik sind.
Das meinen wir, wenn wir sagen, daß nach Kriegsende die Besatzungsmacht des US-Imperialismus hier alle für die Restauration des Kapitalismus relevanten Positionen besetzt und unter ihre Kontrolle gebracht hat.
Und das alles heißt: Als Kapital wie als Staat steht dem westdeutschen Proletariat seit '45 US-Kapital und US-Politik gegenüber, und bevor US-Kapital die westdeutsche Wirtschaft ganz beherrschte, war es von den USA politisch kontrolliertes westdeutsches Kapital, das heißt in seinen Bewegungen von den USA bestimmt.
Die westdeutsche Entwicklung als Resultat der Klassenkämpfe nach '45 ist nicht das Resultat der Klassenkämpfe im Innern der Bundesrepublik ("im nationalen Rahmen") - sondern auf eine bestimmte und spezifische Weise das Resultat der Klassenkämpfe zwischen dem Proletariat hier und dem US-Imperialismus, in denen der traditionelle Staat die Funktion des Vermittlers, nicht die einer unmittelbaren Instanz (als Organ einer nationalen Bourgeoisie) hatte und hat; sie ist Resultat des objektiv internationalisierten Klassenkampfs als Ausdruck des globalen Widerspruchs des internationalisierten Kapitals, seiner Bewegung.
Konkret: Die Verpolizeilichung der Gewerkschaften, in den USA von den CIA-Agenten Reuther, Murray&Co. während des New Deal durchgezogen und nach dem Krieg perfektioniert, wurde nach '45 in den Westzonen von den CIA-Agenten Böckler&Co. und all den ebenfalls vom CIA bezahlten Scharen von "Arbeitsattaches", Marshallplan-Beauftragten, genau entsprechend realisiert. Dem antikommunistischen Terror des McCarthyismus lief die Ausschaltung und Kriminalisierung der Linken in Westdeutschland parallel. Die Annahme des McCarran-Nixon-Gesetzes gegen die Kommunisten in den USA 1950 fand (auch zeitgleich) seine exakte Entsprechung in der Verabschiedung der "Blitzgesetze", dem bundesrepublikanischen "Freiheitsopfer" für den Krieg gegen das koreanische Volk.
Das heißt: Die Initiativen des Kapitals gegen die Arbeiterklasse in Westdeutschland sind seit 1945 vom US-Imperialismus mit seinen Initiativen im eigenen Land synchronisiert und von ihm bestimmt - so wie das US-Kapital die Konjunkturentwicklung hier bestimmt: Sechs Jahre nach dem letzten selbständigen militärischen Expansionsversuch der deutschen Monopole partizipierten sie wieder an der Kriegskonjunktur der US-imperialistischen Aggression im Rahmen der Roll-back-Strategie gegen die koreanische Volksrepublik. Der Korea-Boom, auf der Grundlage der Marshallplan-Hilfe die Initialzündung für das, was hier als "Wirtschaftswunder" verkauft wurde, war der bis dahin deutlichste Ausdruck der Integration der in der BRD operierenden Kapitale in den imperialistischen Zyklus; er basierte auf Rüstung und Krieg - wie alle Konjunkturen im Imperialismus. Er war nach innen Bedingung für die Wirksamkeit der antikommunistischen Offensive in der Konsumentenkultur.
Nachdem Mitte der 50er Jahre die Rekonstruktionsperiode abgeschlossen war, entfaltete der westdeutsche Kapitalismus die typischen Strukturen des monopolistischen Kapitalismus und integriert sich immer stärker in das imperialistische Weltsystem. Schon in der Rekonstruktionsphase wird die Monopolisierung als Konzentrationsprozeß durch die fiskalische Begünstigung der Re-Investitionen gefördert, sie verschärft sich jedoch als Prozeß der Zentralisation in den folgenden Phasen. Während 1958 15 Groß-Fusionen, die einen Marktanteil von mehr als 20% erfassen, stattfanden, sind es 1965 bereits 50 und 1968: 168. Als Ergebnis dieser Prozesse erzielen 1970 im Bereich der industriellen Produktion 3,1% der Unternehmer 64,4% der Umsätze. Diesem Prozeß der Monopolisierung der Produktionsmittel entspricht die Herausbildung einer extrem minoritären Klasse (1,7% der Bevölkerung), die bereits 1960 70% des Betriebs- und Kapitalvermögens kontrolliert, während immer größere Schichten der alten Mittelstände proletarisiert werden - was auch die Schicht der Intellektuellen betrifft, deren bisherige Funktion und Stellung im kapitalistischen System der Zentralisierung der monopolistischen Kapitalproduktion und ihrem politischen Überbau dysfunktional wird. Dazu später.
Die Periode der Rekonstruktion des Monopolkapitalismus bedeutet für das in der BRD operierende Kapital eine relativ langdauernde, ungebrochene Prosperität, ohne daß die Expansion in äußere Ausbeutungssphären, auf äußere Märkte als wesentliche Funktion der selbstzentrierten Kapitalakkumulation bereits (wieder) eine vitale Notwendigkeit ist. Die Möglichkeit einer Senkung der Lohnquote bzw. die Erhaltung einer relativ niedrigen Lohnquote im gesamtwirtschaftlichen Prozeß ist während der ganzen Rekonstruktionsperiode gegeben mit der Ausbeutung der aus der DDR zuwandernden billigen Facharbeiterkräfte und ihrer Funktion als Druckmittel gegen die Löhne der übrigen Arbeiterklasse sowie mit der auf die gleiche Weise durchgezogenen Ausbeutung der Flüchtlingsmassen aus den Gebieten östlich der Oder. Diese Möglichkeit sichert in dieser Zeit die Profitrate, so daß sich das Problem der "Verwohlfeilerung der Elemente des konstanten Kapitals" noch nicht in der Schärfe stellt, wie es dem tatsächlichen Grad des Wachstums der Maschinerie, der Stufe der Monopolisierung des Produktionsapparates entsprochen hätte.
Die durch diese Spaltung der Arbeiterklasse erzeugte und reproduzierte Stabilität einer relativ hohen Ausbeutungsrate in der BRD selbst sowie die militärische Niederlage von '45 und die ihr folgende politische Entmündigung der westdeutschen Monopolbourgeoisie durch den US-Imperialismus sind die Gründe, weshalb in der ersten Aufbauphase von einer eigenständigen imperialistischen Politik der BRD auf ökonomischem Gebiet keine Rede sein kann. Die westdeutsche Kapitalakkumulation ist in dieser Zeit extrem selbstzentriert - im Sinne einer Eingrenzung der Profitquellen der westdeutschen Monopole auf das eigene Territorium -, und sie war zugleich extrem abhängig von den USA, deren Herrschaft der des "Mutterlands" in einer kolonialistischen Beziehung entsprach.
In bezug auf die Rohstoffquellen war das westdeutsche Monopolkapital nach dem gescheiterten Expansionversuch des 2. Weltkrieges noch abhängiger als vorher: Es hatte die schlesischen Kohlegruben, ein paar mitteldeutsche Erzvorkommen und, vor allem, die großen Getreideanbaugebiete in Pommern, Mecklenburg und Ostpreußen jetzt auch noch verloren.
Während hier die Propaganda zur Mystifikation der Prosperität unter dem Namen "Wirtschaftswunder" auf vollen Touren lief und den Arbeiter einen von Krisen "befreiten" Kapitalismus mit Wachstum bis zum jüngsten Tag zu verkaufen versuchte, war es also nur eine Frage sehr kurzer Zeit, bis die Profitrate der Monopole wieder an ihre Grenze stieß, die ihr mit dem Wachstum der Maschinerie gesetzt ist. Um diese Grenze zu unterschleichen, die fallende Tendenz zu bekämpfen, mußte das Kapital von isolationistisch selbstzentrierter Akkumulation wieder übergehen zur Expansion auf äußere Märkte, um sie für seine Akkumulation zu funktionalisieren.
Außer der akuten Notwendigkeit der spezifischen Situation Westdeutschlands am Ende der Rekonstruktionsperiode realisierte das Kapital das "ihm eigene Streben nach schrankenloser Ausdehnung". Das heißt, auf der Suche nach äußeren Märkten, weil es Profit machen will, hätte es nicht ohne die aus der zeitweiligen Reduzierung seiner Profitquellen auf dem eigenen Territorium resultierende Notwendigkeit expandiert. Es geht hier darum, daß die Erfordernisse eben dieser spezifischen Situation die vom US-Kapital nach '45 gesetzten politischen Grenzen der Expansion Schritt für Schritt beseitigen und damit die Realisierung des generellen kapitalistischen Expansionsstrebens für die BRD-Monopole wieder möglich machte - kurz: daß sich die Situation des westdeutschen Kapitals wieder normalisierte.
Weil der Weg auf die äußeren Märkte noch offen war, andererseits die Stabilität der Mehrwertproduktion im Innern durch die Integration der Arbeiter in das Kapitalverhältnis erhalten wurde, konnten die BRD-Monopole auch zur imperialistischen, selbstzentrierten Akkumulation übergehen, ohne vorher einen Angriff gegen den Lohn zu führen. Im Gegenteil, die Expansion auf die äußeren Märkte ermöglichte (zunächst) noch eine Kontinuität der Ausweitung der Konsumentenkapazität, also steigende Reallöhne: Das westdeutsche Kapital trägt seine inneren Widersprüche in das Weltsystem hinaus, konkret: Es verlagert sie in die Peripherie des Systems und erhält damit die "harmonische Entwicklung" der Klassenbeziehung innerhalb seines Territoriums.
Aus der spezifischen Situation nach dem Ende der Rekonstruktionsperiode und der kurzen schläfrigen Phase entwickelt das westdeutsche Kapital die Expansion auf die äußeren Märkte mit den allgemeinen Zielen imperialistischer Expansion: - die Beschaffung von Rohstoffen, um Bestandteile des konstanten Kapitals billig zu bekommen; - die Beschaffung von Lebensmitteln und Grundprodukten für Konsumgüter, um das sich darin umsetzende variable Kapital zu entwerten; - die Ausbeutung billiger Arbeitskräfte (und die Verfügung über ein Reservoir billiger Arbeitskraft); - die Eroberung von Märkten für den Warenexport.
Die ökonomische Funktion dieser Ziele ist, Mittel im Kampf gegen den tendenziellen Fall der Profitrate zu sein und die Reproduktionsbedingungen des Kapitals in den Metropolen zu halten und zu verbessern. Politisch sollte sie das Funktionieren des imperialistischen Systems gegen die nationalen Befreiungsbewegungen sichern.
Als wesentliches Instrument zur Realisierung der ökonomischen wie der politischen Bestimmung dient der Kapitalexport, mit dem die Voraussetzungen in der Peripherie geschaffen werden und mit dem die Bestimmungen durchgesetzt werden: als staatlicher Kapitalexport (Entwicklungshilfe) in Hinsicht auf die politische Bestimmung sowie zur Entwicklung günstiger Bedingungen vor allem im Bereich der Infrastruktur für den privaten Kapitalexport, das heißt Export von Kapital, das in der Metropole nicht produktiv, also profitbringend investiert werden kann und das andererseits in der Peripherie mit höherer Mehrwertrate verwertet wird.
Eine andere Funktion der staatlichen und privaten Kapitalexporte besteht darin, den Markt der Peripherie für Warenexporte aus dem Zentrum zu finanzieren: Denn weil die wesentlichen produktiven Investitionen in der Dritten Welt aus den Metropolen kommen, werden auch die Profite im wesentlichen dorthin transferiert - es gibt zu diesem Profittransfer, der eine Hauptursache des blockierten Wachstums ist, kaum genaue Angaben, doch ist z.B. bekannt, daß 1965 fast 20% der US-Gesamt-Profite aus Auslandsinvestitionen stammten und daß diese Profite des Auslandskapitals 20 bis 25% des Bruttosozialproduktes der Länder der Dritten Welt ausmachen. Das heißt, mit der permanenten Ausplünderung der Peripherie würde sich das imperialistische Kapital selbst die Möglichkeit nehmen, seine Waren dorthin zu exportieren, wenn es dieser Verarmung nicht entgegenwirkt: eben mit staatlichen und privaten Krediten, die ihm als projektgebundene Kredite die Bestimmung ihrer Verwendung garantieren. Die Metropolen stellen also der Peripherie Mittel zur Verfügung, die sie der Dritten Welt weggenommen und damit unter ihre Verfügungsgewalt gebracht haben und dementsprechend anwenden: Sie beschleunigen damit ihren eigenen Warenexport und beherrschen die Länder der Dritten Welt mittels dieser Kredite ökonomisch und im Maß der wachsenden Verschuldung direkt politisch.
Es war der Kalte Krieger Truman 15, der im Januar '49 auch die erste programmatische Erklärung zur neokolonialistischen Kontrolle und Beherrschung der Dritten Welt ausspuckte:
"... wir müssen ein kühnes neues Programm entwerfen, um unsere wissenschaftlichen Erkenntnisse und unsere industriellen Fortschritte für die Verbesserung der Lebensbedingungen in den unterentwickelten Ländern nutzbar zu machen. Mehr als die Hälfte aller Menschen lebt unter elenden Bedingungen. Ihre Ernährung ist ungenügend, sie leiden unter Krankheiten, ihre Wirtschaft ist primitiv, ihre Armut ist eine Gefahr für sie selbst und die besser entwickelten Gebiete ... Wir sollten den friedliebenden Völkern die Vorteile unseres Reichtums an technischem Wissen zur Verfügung stellen, um ihnen die Verwirklichung ihrer Wünsche nach einem besseren Leben zu erleichtern, zusammen mit anderen Natione Kapitalinvestitionen in entwicklungsbedürftige Gebiete unterstützen ... Der alte Imperialismus - die Ausbeutung eines anderen - hat in unseren Plänen keinen Raum. Was wir im Sinne haben, ist ein Entwicklungsprogramm, das auf den Grundideen demokratischer Billigkeit beruht."
Mit dieser Erklärung brachte Truman für den US-Imperialismus zum Ausdruck, daß er seine Gefährdung durch den wachsenden Sturm der nationalen revolutionären Befreiungsbewegungen erkannt hatte, daß es an der Zeit war, etwas dagegen zu tun.
Die BRD schloß sich Mitte der 50er Jahre aktiv der Counterinitiative des Imperialismus gegen die Völker der Dritten Welt für die Erhaltung und Erhöhung der Profite der Metropolen an und stellte sich damit hinter das neokolonialistische Projekt - was allerdings in diesem Stadium des Imperialismus bedeutet, daß Expansion und Aggression nicht mehr als selbständige Initiative eines nationalen Kapitals laufen, sondern wesentlich nur noch als eine abhängige Funktion innerhalb des Staatensystems des US-Imperialismus, unter der Hegemonie der US-Konzerne, nach ihren Bestimmungen und für die Ziele der US-Globalstrategie.
Zunächst setzten die westdeutschen Monopole die politische Linie der großbürgerlichen Offiziersclique des 20. Juli fort, indem sie sich dem westlichen Bündnis anschlossen und die traditionelle Aggressionsrichtung des deutschen Imperialismus als die grundlegende Konstante der westdeutschen Außenpolitik festlegten: nach Osten, gegen die Sowjetunion, den Bolschewismus. Diese Bestimmung war jetzt identisch mit der Stoßrichtung der Roll-back-Offensive des US-Imperialismus, und sie war der Ausdruck der in der Containmentstrategie integrierten Funktion der BRD; ihr Ziel war die Rückeroberung der im Krieg und durch die Revolution für das gesamte kapitalistische System verlorengegangenen Länder im Osten Europas, die Reintegration dieser Märkte und Ressourcen in den kapitalistischen Weltmarkt.
Die westdeutsche Propaganda für "nationale Einheit", Alleinvertretungsanspruch, Negation der Existenz der DDR dienten diesem US-imperialistischen Ziel, wie die Initiative zur Spaltung Deutschlands - und das bedeutete die Integration Westdeutschlands in die Containmentstrategie - eine notwendige Voraussetzung dazu war. Anders gesagt: Die westdeutsche Monopolbourgeoisie mußte die Spaltung Deutschlands durchziehen, um die antikommunistische Wiedervereinigungsforderung aufzustellen und als Propagandaspitze in der Roll-back-Offensive nach innen und außen einsetzen zu können. Die verkaufte Einheit der Nation für das Bündnis mit dem US-Imperialismus, um an seiner Seite wieder nach Osten marschieren zu können. Aber trotz schwerer Krisen unter dem Druck der imperialistischen Interventionsdrohung und der diversen Sanktionen gelang die als Vorstufe zur "Befreiung vom Bolschewismus" im Pentagon geplante Destabilisierung der sozialistischen Gesellschaften nicht, und das wachsende militärische Potential der Sowjetunion wurde zum unüberwindlichen Hindernis der Roll-back-Offensive - ihr Scheitern hindert die westdeutsche Außenpolitik aber nicht, mit dem "Offenhalten der nationalen Frage" an der Tradition des deutschen Imperialismus festzuhalten. Auch diese verlogene Haltung zur nationalen Frage, die am Beginn der Außenpolitik der BRD steht, charakterisiert sie als Funktion des US-Imperialismus und gibt ein Merkmal der Politik der BRD wieder, daß sie ihre Identität als Objekt und Produkt der Roll-back-Strategie des amerikanischen Kapitals immer propagandistisch verschleiern mußte.
Eine weitere grundlegende Konstante der Außenpolitik des westdeutschen Kapitals ist seine abhängige Beziehung zu den USA in ökonomischer Hinsicht. Aber die quantitative Bestimmung der ökonomischen Macht des US-Kapitals in der Bundesrepublik gibt die Abhängigkeit des BRD-Kapitals nur sehr unzureichend wieder - sie sagt nichts aus über die Qualität der besetzten Positionen, über die Struktur der Abhängigkeit, die sich aus der Beherrschung dieser Position aufgrund ihrer Bedeutung im gesamten Wirtschaftsprozeß ergibt; und die Schlüsselsektoren, die das US-Kapital beherrscht, sind diejenigen, von denen die gesamte Wirtschaft abhängt, und sie sind die technologisch fortschrittlichsten und wachtumsintensivsten. Daraus resultiert eine Macht des US-Kapitals, die weit über die direkte ökonomische Verfügungsmacht hinausreicht. Außerdem kann sich die US-Herrschaft auf die Technologie stützen - das heißt, durch die Übernahme und Anwendung amerikanischer Verfahrenstechniken, Anlagen, Patente, Lizenzen und Nutzungsrechte ist das BRD-Kapital auch von den US-Konzernen abhängig und ihrer Kommandogewalt unterstellt. Wegen dieser Abhängigkeit ist die Außenpolitik der BRD immer die des US-Imperialismus, folgt sie immer seiner Linie im Rahmen seiner Gesamtstrategie - auch dann, wenn das im Widerspruch steht zu den unmittelbaren Interessen einzelner westdeutscher Kapitalgruppen. Das wurde deutlich bei der politischen Blockierung des Handels mit der Sowjetunion - das Stahlgeschäft z.B. - wie bei der Blockierung des Handels mit den arabischen Ländern, nachdem Bonn Israel anerkannt hatte, um die aggressive rassistische Siedlerkolonie des Zionismus als Polizist des US-Imperialismus gegen den Befreiungskampf der arabischen Völker zu stärken.
Ein weiterer bestimmender Faktor für die westdeutsche Außenpolitik ist die Exportabhängigkeit der westdeutschen Industrie, die sich durch das starke Wachsen der Exportquoten seit 1967 nur noch gesteigert hat - 1972 betrug die Exportquote 20%, 1974: 24,2%. Diese Abhängigkeit bindet die BRD total an den Weltmarkt, macht die Wirkung seiner Krisen besonders spürbar für das westdeutsche Kapital, wie sie es zu besonderer Aktivität in bezug auf die Sicherung des Funktionierens des Weltmarkts bringt.
Wenn sich die Exportorientierung der BRD in erster Linie auf die Metropolen bezieht, also auf die Länder der EG und auf die USA - insgesamt gehen etwa 70% des westdeutschen Exports in die entwickelten Industrieländer -, und dann erst auf bestimmte Regionen der Dritten Welt, so spiegelt sich darin nur die Struktur des gesamten Welthandels wieder: Der Handel der Metropolen läuft zu 80% zwischen ihnen ab und der Rest mit der Dritten Welt, während die Länder der Dritten Welt 80% ihres Handels mit den Metropolen tätigen. Diese Statistik sagt aber nichts aus über die tatsächliche Bedeutung der Dritten Welt als Markt wie als Rohstoff- und Billigarbeitskraftreservoir für die Metropolen in ihrem Kampf gegen den Fall der Profitrate. Denn sie mißt die Handelsbewegungen in ihrer Geldform, das heißt am Tauschwert der Waren - sie sagt also in Wahrheit nur etwas aus über den ungleichen Tausch zwischen den Metropolen und der Dritten Welt und darüber, daß die wertschöpfende Verarbeitung wesentlich in den Metropolen stattfindet, wo die Löhne höher sind als in der Peripherie, daß die "vergangene Arbeit" hier auf die Produkte übertragen wird und sie dann ausgetauscht werden mit diesem vergrößerten Wert - so sind es eben auch ganz überwiegend verarbeitete Güter, die den Handel zwischen den Metropolen ausmachen und auch den Export in die Peripherie. Der hohe Anteil des Handels innerhalb des Zentrums drückt außerdem aus, daß er sich hier schneller entwickelt - während der Anteil der Peripherie abnimmt. Die Entwicklung des imperialistischen Weltsystems verstärkt die internen Handelsbeziehungen der Metropolen; in der Dritten Welt verstärkt sie nur die Handelsbeziehungen mit den Metropolen. Die Bundesrepublik ist also vollkommen in diese Entwicklung integriert: Die Struktur ihrer Handelsbeziehungen ist Ausdruck ihrer ausbeuterischen Beziehungen zu den Ländern der Dritten Welt.
So ist die starke Exportabhängigkeit des westdeutschen Kapitals nicht nur durch seine Bindung an den US-Markt begründet; sie ergibt sich auch aus dem Fehlen eigener Rohstoffquellen, was die Beschaffung von Devisen zum Kauf von Rohstoffen erfordert. Sie resultiert generell aus der kapitalimmanenten Tendenz zur Ausweitung des Marktes, deren Stärke in einem umgekehrten Verhältnis zur Größe des Landes steht, d.h. der bei ständig wachsender Produktivität relativ enge Binnenmarkt verstärkt in einem kleinen Land wie der BRD die Tendenz zum Export ständig: Das Kapital wird imperialistisch.
Aber das westdeutsche Kapital konnte seine Expansion auch darum nur unter der Herrschaft des US-Imperialismus beginnen, weil es nicht in der Lage war, die Rohstoffquellen, Auslandsmärkte und Investitionen sowie die Transportwege selbst zu sichern - es war nach '45 entwaffnet und angewiesen auf den Schutz der US-Militärmaschine. Auch diese Tatsache zwang das westdeutsche Kapital, im Rahmen der Interessen des US-Imperialismus und in seinem "Aggressionsschatten" zu operieren: Die Entwicklung der ökonomischen Stärke des westdeutschen Imperialismus ist bedingt durch seine Verbindung mit der US-Militärmaschine und beruht auf ihr - außerhalb der Globalstrategie des US-Imperialismus könnte es sie nicht geben. Unter dem militärischen Schutz der USA konnte sich das westdeutsche Kapital in aller Welt einnisten, seine Produktionsanlagen und Handelsstützpunkte einrichten.
Dieser Militärapparat allerdings wurde immer unverzichtbarer für das imperialistische Weltsystem, denn seit dem Ende des zweiten Weltkriegs kann es seine Entwicklung immer weniger aus den immanenten Gesetzen des Kapitals vorantreiben, sondern wird immer mehr von den Befreiungskämpfen der Völker der Dritten Welt blockiert: Das Weltsystem verliert Territorien und Märkte, und es ist mit dem ständigen Beispiel des siegreichen Befreiungskampfs konfrontiert - so daß neue Mittel, neue Methoden, eine neue Konzeption zur Beherrschung angewendet werden muß.
Während Truman diese Notwendigkeit schon 1949 zu sehen begonnen hatte, mußte das Bonner Regime erst von seinen US-Herren drauf gestoßen werden. Als die Bundesrepublik 1957 zum erstenmal Entwicklungshilfe gab, beliefen sich die privaten Direktinvestitionen der westdeutschen Monopole in der Dritten Welt gerade auf 63 Mio. Dollar (gegenüber 1,5 Mrd. der USA!), und unter dem Aspekt des nur noch durch Expansion zu bekämpfenden Falls der Profitrate begann die Schaffung günstiger Bedingungen für Auslandsinvestitionen durch Entwicklungshilfe gerade erst ein unmittelbares Erfordernis für das BRD-Kapital zu werden: Daher geschah die Vergabe auch zunächst auf den Druck der US-Regierung, die weniger vom Standpunkt der Profite westdeutscher Konzerne als vielmehr einfach von dem ihrer hegemonialen Macht richtig davon ausging, daß das verbündete Bonner Regime die Sicherung des imperialistischen Weltsystems mitfinanzieren muß, wenn schon die militärischen Aufgaben Sache der USA sind.
Die BRD schien dem US-Imperialismus aber auch besonders geeignet zu sein, Auslandshilfeoperationen im Rahmen der globalen Counterstrategie gegen die nationalen Befreiungsbewegungen durchzuziehen: Sie war der einzige Industriestaat, der seit 1918 keine Kolonien mehr besaß und daher das neokolonialistische Projekt nicht durch eine Vergangenheit verbrecherischer Kolonialherrschaft behinderte. Das wurde für den US-Imperialismus zunehmend wichtiger, denn nachdem ihm jahrzehntelang die Verschleierung seiner kolonialistischen Verbrechen, z.B. auf den Philippinen, Puerto Rico und in Panama, einigermaßen gelungen war, zerriß dieser Schleier nach dem zweiten Weltkrieg unter dem Ansturm der Befreiungsbewegungen, so daß die Völker der Dritten Welt überall die häßliche Fratze der Yankee-Herrschaft sahen und sich gegen sie erhoben. Die BRD sollte daher als Operationsbasis für die US-Konzerne fungieren, um in die Regionen der Dritten Welt eindringen zu können, wo sie sich selbst nicht mehr offen sehen lassen können.
Außerdem eignet sich die BRD mit ihrem "Wirtschaftswunder" für den Versuch, diese Entwicklung, die aus einer von der Situation der Länder der Dritten Welt völlig verschiedenen und ihr antagonistischen Lage und Struktur resultierte, als Evidenz und Beispiel für die Realisierbarkeit von imperialistischer Propaganda der Sorte "Entwicklungstheorie" Walt Rostow's zu verkaufen - also der Dritten Welt den Glauben an Wunder zu vermitteln. Die authentische Lektion, die sie den parasitären Bourgeoisien der Dritten Welt vermittelte, war die Lehre der Unterordnung unter den US-Imperialismus - daß sie sich lohnt. Während die alten Kolonialmächte Frankreich und England an ihrer nationalstaatlichen Politik festzuhalten versuchten, bot die BRD hier ein perfektes Modell - in dem es allerdings für die Bourgeoisie überhaupt nur einen Existenzgrund gibt: parasitärer Geschäftsführer des Imperialismus zu sein. Die westdeutsche Monopolbourgeoisie konnte dagegen mit ihrem Produktionsapparat zu selbstzentrierter Akkumulation und ökonomischer Stärke kommen und dabei von den USA abhängig bleiben. Mit solchen Vorteilen ausgestattet, hatte die BRD aber vor allem die antikommunistische Bestimmung des Auslandshilfe-Programms zu realisieren. "Jeder Aufstand, jede Erhebung in der Dritten Welt gewinnt im Rahmen des Kalten Kriegs Bedeutung" - stellt Fanon fest. Die konkrete Bedeutung der Insurrektion der Völker der Dritten Welt gegen den US-Imperialismus im Kalten Krieg bestand darin, daß jedes Volk, das sich befreit, eine in jedem Fall antiimperialistische und neutrale Position im Ost-West-Konflikt beziehen konnte - die Konferenz von Bandung 1955 16 hatte das sehr klar gezeigt - und daß damit nicht nur der direkte Einfluß in der Dritten Welt verloren wurde, sondern auch eine Schwächung des imperialistischen Blocks im Kalten Krieg sich vollzog.
Weil die Nationen der Dritten Welt erkennen mußten, daß eine tatsächliche Unabhängigkeit und die Lösung ihrer Probleme nur mit einer tendenziell sozialistischen Politik zu erkämpfen war, und daher einige von ihnen schon Anlehnung an die sozialistischen Gesellschaften suchten, mußte das neokolonialistische "Hilfsprojekt" auch explizit antikommunistisch bestimmt werden als ein Versuch, dem "Vormarsch des Kommunismus einen Riegel vorzuschieben", wie Gerstenmaier 17 die Entwicklungshilfe bezeichnete. Aus den Verwendungszwecken der Hilfsgelder selbst folgt schon, daß auf eine ihnen inhärente antikommunistische Wirkung kein großer Verlaß sein konnte, sie daher mit entsprechender Propaganda kombiniert werden mußte. Für die antikommunistische Propaganda in den Neokolonien war die BRD nicht zuletzt auch durch ihre reformistischen Organisationen besonders geeignet, die z.B. die Forderung antikommunistischer Gewerkschaften und die Spionage für imperialistische Geheimdienste übernahmen. Unternehmerverbände und imperialistische Stiftungen versuchten, die Ideologie des freien Unternehmertums und der gesellschaftlichen Notwendigkeit eines stabilen Mittelstandes zu popularisieren, wobei sie von staatlichen Versuchen, vermittels der Eroberung von Einfluß in den Medien der Länder der Dritten Welt die imperialistische Ideologie verbreiten zu können, ergänzt werden. Aber aus der zentralen Bedeutung der BRD im Ost-West- und Nord-Süd-Konflikt kam es zu Schwierigkeiten und Widersprüchen bei der Auslandshilfepolitik der BRD, insofern sie ihrem außenpolitischen Ziel des Marsches nach Osten den Vorrang gab: Ob ein Land Entwicklungshilfe erhielt, entschied sich daran, ob es die Hallstein-Doktrin (18) akzeptierte.
Solange die Auslandsinvestitionen des westdeutschen Kapitals relativ gering waren, konnte die Auslandshilfe des Staates noch hauptsächlich als ein Instrument unmittelbarer außenpolitischer Ziele - Unterstützung des deutschen Alleinvertretungsanspruchs zu gewinnen - ohne langfristige Zielsetzungen im Interesse des Monopolkapitals weltweit ausgestreut werden: Einem Regierungschef aus der Dritten Welt, der angesichts der DDR-Grenze die "Schande der deutschen Teilung" beklagte und die DDR-Regierung verdammte, war die Hilfe aus Bonn sicher.
Im Rahmen der Roll-back-Offensive konnte diese Methode noch laufen; mit der Evidenz ihres Scheiterns mußte jedoch seine Borniertheit und Ineffektivität in bezug auf die Sicherung der Interessen der US-Konzerne und des BRD-Kapitals gegen die Insurrektion der Völker der Dritten Welt zu einer Änderung führen. Die Orientierung der Auslandshilfe nicht in erster Linie an den Interessen des Monopolkapitals und der Sicherung des Weltsystems, sondern an der revanchistischen Deutschlandpolitik stellten eine Behinderung der Kapitalexpansion von der BRD in die Dritte Welt dar. Die Erpressungsversuche des Bonner Regimes: Anerkennung des Alleinvertretungsanspruchs oder Verweigerung der Hilfe und Abbruch der Beziehungen wurde später von Eppler wegen der Ineffektivität und Plumpheit der Erpressung kritisiert: "Je sichtbarer das Motiv des Alleinvertretungsanspruchs wurde, je mehr die wirtschaftliche Macht der Bundesrepublik wuchs, desto näher lag es, auch bei ihr neokolonialistische Absichten zu vermuten." Und der geringen Effektivität standen inadäquat hohe Kosten gegenüber, weil manche Länder - wie Indonesien unter Sukarno - die Erpressung umkehrten und Kontakte mit der DDR aufnahmen, was dann die Bonner Regierung wiederum zu einer Erhöhung ihrer Hilfe veranlaßte, um die Kontakte zu verhindern - was kaum gelang.
Ließ sich der westdeutsche Einfluß in der Dritten Welt auf diese Weise nicht vergrößern, so schränkte ihn der Abbruch von Beziehungen zu den Ländern, die die DDR anerkannten, nur weiter ein - womit diese Politik den Bestimmungen und Interessen des US-Imperialismus dysfunktional wurde.
Die Funktion der BRD im globalen Counterprojekt der "Entwicklungshilfe" erforderte gerade eine Ausweitung ihrer Aktivitäten und ihres Einflusses: Anfang der 60er Jahre, nach dem Sieg der cubanischen Revolution, bestimmte die Kennedy-Administration die Auslandshilfe als komplementäre Funktion zu den militärischen Counterinsurgencyprogrammen. Auf der Grundlage faschistischer Repression, ausgehend von Maßnahmen zur Vernichtung von Befreiungskämpfern, sollte die Reformpropaganda und der Ausbau der Infrastruktur, der als Beginn von Entwicklung verkauft wurde, das Volk an das Regime binden oder wenigstens "neutralisieren" und die Befreiungskämpfer von ihm isolieren. Die BRD hatte in diesem Projekt die Aufgabe, die nichtmilitärische Durchdringung der jungen Länder der Dritten Welt mittels finanzieller und technischer Hilfe zu organisieren und zu sichern; außerdem hatte sie als Operationsbasis der US-Konzerne für aggressive Investitionen gegen die Dritte Welt zu fungieren.
Zugleich wurde die Ausweitung des BRD-Einflusses in der Dritten Welt und die Schaffung günstiger Bedingungen für Auslandsinvestitionen durch staatliche Entwicklungshilfe auch eine unmittelbare Notwendigkeit unter dem Aspekt der Profitrate der westdeutschen Monopole - was sich aber mit der bisherigen Methode der Vergabe von Hilfe nicht ausreichend realisieren ließ. Zwar war es bis in die 60er Jahre mit der alten Vergabemethode gelungen, den Prozeß der Anerkennung der DDR in einem gewissen Maß zu verzögern, und trotz ihrer ungezielten Streuung hatte die Auslandshilfe noch mit dazu beigetragen, daß sich die Auslandsinvestitionen des BRD-Kapitals in der Dritten Welt verstärkten und 1964 auf 97 Mio. Dollar gewachsen waren. Doch für die Dimension der akut werdenden Probleme des Kapitals reichte das nicht - Eppler macht das klar, worum es ging: "Eine Entwicklungspolitik, die kurzfristige außenpolitische Ziele verfolgt, gefährdet mittel- und langfristig die Beziehungen zum Entwicklungsland" und "dient damit auf Dauer weder der Wirtschafts- noch der Außenpolitik" - aber gedient werden soll schließlich: "Eine Entwicklungspolitik, die größtmöglichen Nutzen für die Entwicklungsländer anstrebt, dient dem langfristigen Gesamtinteresse der deutschen Volkswirtschaft."
Mit der enormen Steigerung des Kapitalexports ab 1967 war die bisherige Entwicklungspolitik endgültig zu beenden, um mit einem neuen Konzept die Bedingungen der Kapitalexportoffensive optimal zu entwickeln und dem wachsenden Warenexport die Märkte zu sichern. Diese Offensive war zur Notwendigkeit geworden, nachdem die steigende Produktivität in der BRD sowie die aus dem Warenexport in die BRD fließenden Gelder immer mehr Überschußkapital bildeten, die Krise 66/67 generell die Grenzen der Verwertungsmöglichkeiten des westdeutschen Kapitals innerhalb seines bisherigen Marktes deutlich machte - andererseits wurde diese Offensive möglich, weil die US-Konzerne mit ihrer gleichzeitig laufenden Kapitalexportoffensive nach Westdeutschland die Bindung der BRD an die USA total machten und die restlose Integration in die US-Globalstrategie als absolute Voraussetzung der Expansion des westdeutschen Kapitals konstituierten. Für die Politik des Bonner Regimes gegenüber den Ländern der Dritten Welt bedeutet das, daß sie auch dann, wenn sie primär auf Sicherung der Interessen der westdeutschen Monopole gerichtet zu sein scheint, sie immer nur Bestandteil der US-Strategie ist und den US-Konzernen dient - weil die BRD ein US-Staat ist und das hier dominierende Kapital das der transnationalen US-Konzerne. (Damit ist nicht gesagt, daß die Bonner Politik generell mit der außenpolitischen Linie Washingtons übereinstimmen muß, sondern - worüber noch zu reden sein wird - daß sie im Gegenteil den scheinbaren Widerspruch zum State Department erfordert, als ein taktisches Mittel, um in ihrer Funktion für den US-Imperialismus größte Effizienz zu erreichen.)
Die Veränderung der Bonner Entwicklungspolitik drückt das bereits aus: Mit der Konzipierung eines Zehnjahresprogramms für Entwicklungshilfe im Mai '68 ist die Politik der Bundesregierung gegenüber den Ländern Afrikas, Asiens und Lateinamerikas in ein neues Stadium getreten, das die Vertreter der Entwicklungshilfe selber als den "Übergang von der vorwiegend taktisch orientierten zu einer strategisch konzipierten Entwicklungspolitik" charakterisieren; es ist die Konsequenz der spezifisch westdeutschen Wirtschaftsstruktur und der Reproduktionsbedürfnisse des in der BRD operierenden Kapitals sowie der Erfordernisse der US-Globalstrategie, wie sie in der Nixon-Doktrin 19 formuliert worden ist.
Die nur an kurzfristigen außenpolitischen Interessen orientierte Entwicklungshilfepolitik wurde ersetzt durch eine Politik, die die Mittel nicht mehr breit ausstreut, sondern sie auf die Länder konzentrierte, die als Subzentren des US-Imperialismus eine regionale Polizeifunktion gegen die Befreiungsbewegungen haben: Brasilien und Iran z.B., so lange ihre Infrastruktur noch nicht ausreichend entwickelt war; Indonesien nach dem antikommunistischen Massaker '65; aber auch die Milliarden, die als sogenannte "Wiedergutmachung" die Aufrüstung der aggressiven rassistischen Siedlerkolonien des Zionismus gegen die arabische Revolution finanzierten, gehören in diesen Zusammenhang - und sie konzentrieren sich auf die Länder, wo die neokoloniale Stabilität durch "Subversion und Aufruhr" gefährdet wird. Die regionale Konzentration der westdeutschen Direktinvestitionen in der Dritten Welt stimmt nicht überein mit der der Entwicklungshilfe - was sich schon daraus ergeben muß, daß letztere ja erst die Bedingungen für den Kapitalexport verbessern soll.
Um so deutlicher ist daher aber die Konzentration der Auslandsdirektinvestitionen des BRD-Kapitals auf die Bastionen des Imperialismus in der Dritten Welt - und restlos klar wird das Bild der gesamten Aktivitäten der BRD in der Dritten Welt: Wo Faschismus und Folter herrscht, Antikommunismus und Terror gegen das Volk, da ist die Bundesrepublik, ihre Regierung und ihr Monopolkapital zu finden: in den imperialistischen Subzentren Brasilien - das an dritter Stelle deutscher Direktinvestitionen im Ausland liegt -, in Südafrika, im Iran, in der Türkei und im besetzten Palästina, in Taiwan, Chile - wo es die BRD war, die die Umschuldungsverhandlungen mit dem faschistischen System durchgesetzt hat, in Südkorea, schließlich in der britischen Kolonie Nord-Irland.
Wo immer die BRD in der Dritten Welt auftritt, steht sie an der Seite des US-Imperialismus, verfolgt sie die Interessen seines Weltsystems gegen die Völker, handelt sie im Rahmen seiner Globalstrategie. Das grundsätzliche Schema dieser Strategie:
Die Errichtung von Subzentren ist eine politische Entscheidung des US-Imperialismus aus seiner Erkenntnis, daß die faschistischen Counterinsurgency-Programme seit dem Sieg der cubanischen Revolution den siegreichen Vormarsch der Befreiungsbewegungen nicht hatte aufhalten können, daß die kämpfenden Völker der drei Kontinente den Übergang zu ihrer strategischen Offensive vollzogen haben. Das Schema ist eine Transformation der Kolonisierungsstrategie, die ihre Ursache in den Strategien der multinationalen Konzerne hat, d.h. in deren Entscheidung, den Kapitalexport in den Metropolen und in einigen Subzentren zentral zu lenken, die von seinen Staatsapparaten in den Metropolen bis an die Zähne bewaffnet wurden: politisch, ideologisch, militärisch. Ökonomisch ist diese Strategie der Konzerne notwendig geworden, weil ein breit gestreuter Kapitalexport es schließlich unmöglich macht, die Sicherheit der Investitionen zu garantieren - das würde von Anfang an schon zu einer völligen Zersplitterung des Potentials der Militärmaschine führen. Die Counterinsurgency-Aufgaben in den jeweiligen Regionen sind jetzt - zunächst - die Sache des Subzentrums, das dabei nicht zuletzt auch seine regionalen partikularen Interessen im Rahmen des imperialistischen Staatensystems zu sichern versucht, mit seinen Antiguerilla-Truppen, die von US-Militärs oder auch BRD-Polizisten ausgebildet und beraten werden. Während die ökonomische Herrschaft des imperialistischen Kapitals im Subzentrum durch die Beherrschung der Schlüsselsektoren und - in wachsendem Maße - durch das Technologiemonopol gesichert ist, kann es der abhängigen Bourgeoisie des Subzentrums (tendenziell) überlassen werden, in den übrigen Ländern der Region Projekte durchzuführen, um diese Länder zu kolonialisieren - wobei die Finanzierung dieser Projekte auch Sache des Subzentrums wird. Nach innen versucht die abhängige Bourgeoisie des Subzentrums diese Aktivität zu benutzen, um den von ihr unterdrückten Massen eine Propaganda von "Unabhängigkeit, selbständiger Entwicklung" usw. zu verkaufen und chauvinistischen Nationalismus zu erzeugen.
Das Ganze ist die taktische Offensive der transnationalen Konzerne und ihrer politischen und militärischen Instrumente: konzentriert im Pentagon - aus der strategischen Defensive, in die sie - ihre Profitraten - gedrängt wurden von den Befreiungskriegen der Völker der Dritten Welt.

Studentenbewegung

Der Moment, in dem die imperialistische Strategie quantiativ und qualitativ als aggressive und expansionistische Bewegung gegen die Dritte Welt wieder relevant wurde, ist notwendig mit dem (ersten) Moment der Krise des westdeutschen Monopolkapitals in seiner Entwicklung seit '45 zusammengefallen.
Der an diesem Punkt einsetzende Prozeß markiert das Ende der Nachkriegszeit, die charakterisiert war durch anhaltende Prosperität und den Aufstieg des US-Imperialismus zur Führungsmacht des Weltsystems - er markiert das Ende der unbestrittenen Vorherrschaft des US-Imperialismus und ist als einheitlicher Prozeß zugleich eine Reflexion der politischen und ökonomischen Wirkungen, die der siegreiche Befreiungskrieg des vietnamesischen Volkes, die Offensive der Befreiungsbewegungen auf den US-Imperialismus hatte und damit auf sein globales Staatensystem.
In der BRD fand das auf der Seite des Kapitals seinen politischen Ausdruck im Überbau, in Veränderungen der ideologischen und repressiven Staatsapparate - im Beginn der Transformation des Staates in den faschistischen Staat.
Mit der auch formellen Beseitigung von Opposition: die Bildung der Großen Koalition, war klar geworden, daß Opposition in diesem Staat überhaupt nur noch außerparlamentarisch, antiparlamentarisch, tendenziell illegal sein kann.
Das heißt nicht, daß die SPD nicht vorher, nicht schon seit 1945, prinzipiell bereit gewesen wäre, die Geschäfte des US-Imperialismus in der BRD zu führen, daß sich ihre Führung nicht dem US-Imperialismus als "regierungsfähig" angedient hätte, wie sie ja schon zu einem Teil nach 1933 versucht hatte, mit den Faschisten zu kollaborieren - sie war immer dazu bereit, immer Partei des Imperialismus. Und das nicht klar erkannt zu haben, sagt nur was über die Illusion der Linken in diesem Land, die allerdings durch den Einzug der SPD in die Große Koalition, die Regierung des Monopolkapitals, sich auflösen mußte.
Die Eliminierung auch des bloßen Scheins von Substanz in der nach '45 übergestülpten parlamentarisch-demokratischen Hülle und die offene Reduzierung der parlamentarischen Instanzen auf einen bloßen Apparat der Akklamation, die Liquidierung auch der ausgehöhlten und zerfressenen Rituale parlamentarischer Opposition waren Ausdruck der Notwendigkeit, die imperialistische Staatsmaschine den veränderten Bedingungen der Reproduktion des Monopolkapitals anzupassen, ihre Effizienz zu steigern gegenüber der Gesellschaft, zur Sicherung der von der Veränderung des globalen Kräfteverhältnisses bedrohten Kapitalproduktion.
In den USA selbst fand diese Bewegung ihren Widerspruch in den Aufständen des schwarzen Volkes, das in den Ghettos schon immer einem offen faschistischen System unterworfen war, und im Anwachsen der Massenbewegung gegen den imperialistischen Krieg in Vietnam.
In der BRD entwickelte sich aus der transformierenden Bewegung des imperialistischen Staates als ihr Widerspruch die Studentenbewegung.
Es war die Schicht der Intellektuellen, ihre bisherige Ausbildung und soziale Position - sozusagen Fossilien aus der Epoche des Konkurrenzkapitalismus -, die von den Veränderungen im Überbau besonders unmittelbar betroffen waren.
Die Funktion des Intellektuellen - Träger der Ideologie des bürgerlich-demokratischen Rechtsstaats, seiner politischen und kulturellen Werte zu sein - geriet in Widerspruch zu ihrer veränderten Bestimmung als Funktion des Kontrolleurs und Technikers im monopolistischen Produktionsprozeß - wie eben der imperialistische Staat in der Form des bürgerlichen Rechtsstaats samt seiner Ideologie überhaupt der Entwicklung des transnationalen Kapitals in der strategischen Defensive, in der Bekämpfung des Falls der Profitrate, dysfunktional wird und sich auflösen muß, in den faschistischen Staat transformieren wird.
Was dieser Staat braucht, das sind nicht mehr Intellektuelle und Techniker, die sich noch dysfunktional machen über den Sinn ihrer Arbeit und über die Ideologie des Systems, sondern die bloß noch reibungslos als Teil der Maschinerie der Profitproduktion fungieren und nur im Produktionsprozeß: Profit - den Sinn ihrer Arbeit sehen - weiter nichts. Das bedeutete, daß die Ausbildung umstrukturiert, den Interessen des Monopolkapitals völlig unterworfen werden mußte, die Privilegien der Intellektuellen zu beseitigen waren.
Insofern sich der Protest der Studenten gegen dieses Eindringen des Monopolkapitals in den Ausbildungsbereich richtete und damit die Erhaltung der Privilegien anstrebte, war es ein sinnloser Appell an die herrschende Klasse, dessen reaktives, konservatives Moment in der Klassenauseinandersetzung der Studentenbewegung begründet ist. Aber was dem Protest der Studentenbewegung seinen Drive, seinen Inhalt gab, was der Bruch und der Schritt zur Entwicklung des Klassenkampfs auf einer qualitativ neuen Stufe: des Widerstands und der Offensive - ermöglichte, war, daß er aus den Veränderungen der ideologischen und repressiven Staatsapparate begründet war und daher gegen den imperialistischen Staat gerichtet sein mußte und daß er den Zusammenhang dieser Veränderungen mit den globalen Veränderungen des Kräfteverhältnisses, so die Einheitlichkeit des imperialistischen Systems begriff und damit antiimperialistisch war.
Die Studentenbewegung, die damit einerseits die Bedingungen für einen qualitativen Sprung in der Entwicklung der Klassenkämpfe schuf, sie objektiv war, ohne es zu realisieren, konnte selbst als Massenbewegung diesen Sprung nicht machen, weil es noch keinen bewaffneten Kampf, keine Guerilla gab. Sie konnte diesen Sprung nicht machen, weil sie aus sich selbst - ohne den Motor der bewaffneten Avantgarde - weder die Kraft dazu entwickeln noch überhaupt die Notwendigkeit und Möglichkeit begreifen konnte; daß aus ihr diese Avantgarde, die antiimperialistische Guerilla: RAF hervorgegangen ist, widerspricht dem nicht.
Aber die Subjektivität der Massenbewegung löste sich auf - in der klassenspezifischen Borniertheit des Kleinbürgertums, das selbst nicht seine Radikalität in proletarische Politik verwandeln, seine Militanz nicht organisieren, nicht aus sich selbst - aus seiner Deklassierung die Funktion der Proletarisierung an sich bringen - sich als revolutionäres Subjekt begreifen kann und will. "Der Kleinbürger" - sagt Marx - "kann nur so lange eine revolutionäre Stellung gegen die Bourgeoisie behaupten, wie das Proletariat hinter ihm steht." Hinter der Studentenbewegung stand die proletarische Politik des vietnamesischen Befreiungskriegs, des Aufstands der Völker der Dritten Welt - aber weil die Studentenbewegung in ihrer Revolte sich der Dimension ihres Aufbruchs und ihrer eigenen Proletarisierung nicht bewußt wurde, mußte die Unmittelbarkeit der staatlichen Counterbewegung in der Einheit von Repression und Integration schließlich das Bewußtsein des Zusammenhangs des Kampfes, hier mit dem Kampf der Völker der Dritten Welt, zerstören und die revolutionäre Stellung der Massenbewegung zerfallen lassen - nicht mehr die proletarische Politik hinter ihr, sondern die Konfrontation mit der sozialdemokratischen Politik bestimmte ihre Stellung und führte zum Verlust ihrer Subjektivität.
"Was uns zum Subjekt macht, ist der Kampf gegen die Verdinglichung als Kampf gegen den Apparat, den Staat, in dem sich diese Entfremdung verkörpert." (Lenin)
Weil die Studentenbewegung den Begriff des Proletariats - seine marxistische Bestimmung, wie sie sich in den Befreiungskriegen, den sozialistischen Revolutionen der Völker der Dritten Welt praktisch ausdrückte - nicht faßte, hatte sie schließlich auch keine wesentliche Schwierigkeit mehr, die Realität des imperialistischen Welt-Systems wieder aus ihrem Bewußtsein wie aus ihrer Praxis zu verdrängen. Die Countertaktik des Staates: das Amnestiegesetz kalkuliert diesen Prozeß der Entfremdung von der Realität, der Entfremdung als Interesse, fördert ihn als Maßnahme der offiziellen Rehabilitation der bürgerlichen Klassenzugehörigkeit - wobei als Alternative zu diesem Korrumpierungsangebot die Drohung mit staatlicher Verfolgung stand. Die möglich gewordene Rückkehr zur alten Klasse erstickte Antiimperialismus und Internationalismus, löschte Erfahrungen aus, restaurierte die Identität mit dem Staat, statt die Identifikation mit den Befreiungsbewegungen als ihre reale Funktion zu entwickeln.
Und es folgte dann genau aus der Logik des Bewußtseins, mit dem dieses Geschäft getätigt wurde, daß diese Linke schließlich uns als "selbsternannte Avantgarde" usw. bezeichnete und ihr damit eben nur noch das einfiel zu proletarischer Politik, was sie in der Tat nicht ist und nie sein wird: vom Staat, vom System ernannt, legitimiert oder ähnliches. Daß sie dabei nicht explizit sagen "vom Staat ernannt", sondern "die Massen, das Volk" beschwören, sagt nur etwas aus über ihr Objektverhältnis zu den Massen, hinter denen sie sich verstecken; sagt nur, daß sie nicht begreifen, daß, solange die Massen nicht den Bruch mit dem Kapitalverhältnis, also dem Staat, vollzogen haben, sie Objekt des Kapitals sind, ihre Identität also vom Staat bestimmt, verstaatlicht ist, daß sie den Bruch aber nur als bewußtes Subjekt des Prozesses des Aufbaus revolutionärer Gegenmacht vollziehen werden - das heißt: bewaffnet -, mobilisiert durch die Vermittlung der bewaffneten Aktion der Avantgarde, unserer Aktion, und zur Identität mit uns kommen werden: zu bewaffneter proletarischer Politik. Wie die Rede von der "selbsternannten Avantgarde" die Identität der Linken im Prozeß des Zerfalls der Studentenbewegung mit dem Staat ausdrückt, so verweist dieser perverse, institutionalisierende Avantgardebegriff, den diese Linke hat, auf ihren verdinglichten Proletariatsbegriff.
Sie zog sich auf die unmittelbare Realität der Metropole/BRD zurück als Ausgangspunkt ihres Denkens und Handelns: Sie nahm diesen Sektor der konkreten Totalität des Weltsystems als "die ganze Realität", so den Schein für die Wirklichkeit - und gab damit die Voraussetzung jeder Dialektik auf. Sie kann daher diese Realität auch nur noch linear begreifen, und indem ihre Praxis sich darauf bezieht, dreht sie sich ohnmächtig verkümmernd im Kreis der Reproduktion des Kapitalverhältnisses; beweist sie nichts - außer ihre Unfähigkeit zur Transformation der Spontaneität, d.h. ihre Unfähigkeit zum Bruch.
Weil sie mit der Abkehr von der konkreten Realität und ihrem verdinglichten Proletariatsbegriff schließlich die kämpfenden Völker der Dritten Welt nur noch zum Objekt überheblicher Pseudo-Analyse machen konnte, aus der Position des chauvinistischen Weißen der Metropolen über den Charakter und die Perspektive dieser Kämpfe grübelte - nicht aber in den kämpfenden Völkern der Dritten Welt die proletarischen Massen mehr erkannte, die "nichts zu verlieren haben als ihre Ketten" und die zum Hauptkern des Welt-Proletariats geworden sind, d.h. in ihrem Aufstand und durch ihn zur Avantgarde der proletarischen Revolution, und in ihnen so auch nicht mehr sich selbst wiedererkannte - war Inhalt der Politik der Studentenbewegung von diesem Punkt an nicht mehr Internationalismus, antiimperialistischer Kampf im Zentrum des Weltsystems, solidarische Aktion mit den Befreiungsbewegungen und so Vermittlung ihrer Kämpfe hier; war ihre Aktion nicht mehr militant, ihre Perspektive nicht revolutionär: bewaffneter Kampf - sondern das Problem ihrer Politik war nur noch, wie sie an das, was sich an ihrem verdinglichten Begriff als Proletariat dieser Metropole darstellte, rankommen konnte: an die Ware, das Ding, käuflich; war, was sie als Vermittlung ausgab: Projektion ihrer Probleme auf die Massen, ihr Bezug auf die Massen, Verstecken hinter ihnen; war, was sie als Internationalismus und antiimperialistische Solidarität bezeichnete: Caritas; waren ihre Aktionen: Rituale in den ausgekramten Klamotten der 3. Internationale, ihre Perspektive: stalinistische Sektenbildung - die imperialistische Realität jedenfalls war ihr Problem nicht mehr.
Wie sie einerseits ohne den Begriff des Weltsystems nicht zur Transformation der Bewegung ihrer massenhaften Potenz in bewaffnete proletarische Politik kommen konnte und so nicht zur revolutionären Taktik in den Metropolen im Rahmen der strategischen Offensive der kämpfenden Völker der Dritten Welt, in dem diese Taktik zur Strategie aufsteigen wird, so mußte sie sich andererseits ablösen von den Befreiungskämpfen in der Dritten Welt, vom weltweiten antiimperialistischen Kampf. Mußte sie - weil es ohne die reale, praktische, integrierende Beziehung zu diesem Prozeß nur noch diese Möglichkeit und Perspektive gibt - opportunistisch, sektiererisch, revisionistisch werden; mußte sie den Begriff des Imperialismus auf eine leere Abstraktion reduzieren: eine Phrase in der Sektensprache.
Die Höhepunkte der Studentenbewegung bestimmten auch ihre Umkehr, den Schritt zurück - zur Revision des Bruchs statt zu seiner Entwicklung.
Als auf die Mai-Demonstration der APO in Berlin 30000 und fünf Tage später genauso viele zur Demonstration gegen die Notstandsgesetze in Bonn kamen, war die APO da angekommen, wo sie aufgebrochen war: Sie kämpfte mit parlamentarischen Mitteln. Nachdem "die Spielregeln brechen", d.h. die bürgerliche Legalität, ihr die Entwicklung von Identität, von Subjektivität ermöglicht hatte, kämpfte sie gegen die Legalisierung von Bundeswehreinsätzen im Innern mit programmatisch leeren Händen, war sie beim bürgerlichen Antifaschismus angekommen, bei der Verteidigung des konkurrenzkapitalistischen Rechtsstaats gegen den monopolkapitalistischen Planstaat, bei kleinbürgerlicher Opposition und Revisionismus. Auf der Notstandsdemonstration in Bonn - und wir machen das deshalb so ausführlich, weil drin deutlich wird, worum es geht und was bei der Trennung dieser Bewegung von uns, obwohl wir sie nicht losgelassen haben, gelaufen ist - hat sich die APO ihres eigenen antiimperialistischen Bewußtseins beraubt, die Dimension: Internationalismus und damit ihre politische Relevanz aufgegeben. Sie demonstrierte, weil friedlich, daß die Gesetze nicht gegen sie gemacht würden, daß proletarische Politik nicht ihre Sache ist, daß sie die Einheitlichkeit des Weltsystems, so die Einheit des Kampfes gegen den Faschismus des imperialistischen Staates und des bewaffneten Kampfes des vietnamesischen Volkes nicht mehr sehen wollte. Sie demonstrierte - weil friedlich und ohne Zusammenhang mehr mit Vietnam - ihre Entfernung von der Realität, so ihre Distanz zum Proletariat, was ihr Verhältnis zu proletarischer Politik ist seitdem: caritativ, dünkelhaft, distanziert; ihr Verhältnis zur Politik des imperialistischen Staates seitdem: ängstlich, komplizenhaft, korrupt; ihr Verhältnis zur Realität: zerbrochen, zerstört, entfremdet.
Was Frantz Fanon Anfang der 60er Jahre aus der Erfahrung der Insurrektion der Völker der Dritten Welt rausfand, daß man mit nur Wut, Haß, spontaner Bewegung "nicht in einem nationalen Krieg siegen, die furchtbare Kriegsmaschine des Feindes in die Flucht schlagen kann", das fand seine Entsprechung in den Metropolen in der wesentlichen Erfahrung der Studentenbewegung: daß Spontaneität, Revolte integrierbar ist, wenn sie sich nicht bewaffnet.

(Quelle: Nr. 3, ohne Datum)


aus: Ausgewählte Dokumente der Zeitgeschichte: Bundesrepublik Deutschland (BRD) - Rote Armee Fraktion (RAF), GNN Verlagsgesellschaft Politische Berichte, 1. Auflage Köln Oktober 1987

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Anmerkungen der Redaktion:

1 Bretton Wood: Auf der Währungs- und Finanzkonferenz der UN vom 1. bis 27.7.1944 in Bretton Wood (USA) wurde eine Neuordnung des internationalen Währungssystems beschlossen. Die 44 teilnehmenden Staaten legten die Paritäten ihrer Währungen fest, trafen Abkommen über die Errichtung des Internationalen Währungsfonds und der Internationalen Bank für Wiederaufbau und Entwicklung (Weltbank), der Dollar wurde als Leitwährung durchgesetzt. Der Internationale Währungsfonds verpflichtete die Mitglieder zur "Stabilisierung" ihrer Währungen. Die in Bretton Wood geschaffene Währungsordnung umfaßte 125 Staaten außer den RGW-Ländern und der VR China; es ist mittlerweile durch die Sonderziehungsrechte überholt.

2 Kurt Schumacher: SPD-Vorsitzender von 1946 bis 1952, entschiedener Gegner einer Zusammenarbeit mit Kommunisten; 1952 gestorben.

3 Montanunion: Europäische Gemeinschaft für Kohle und Stahl, 1951 gegründet auf Vorschlag des französischen Außenministers Schumann; Vertrag zwischen Belgien, der BRD, Frankreich, Italien, Luxemburg und den Niederlanden.

4 Cabot Lodge: ehemaliger US-Diplomat im Auswärtigen Dienst

5 "Blitzgesetze": Erstes Strafrechtsänderungsgesetz von 1951, schuf die Voraussetzung für das Verbot der FDJ (Freie Deutsche Jugend) in Westdeutschland, für tausende Gesinnungsprüfungsverfahren und den Verbotsantrag der Bundesregierung gegen die KPD beim Bundesverfassungsgericht.

6 komplementär: sich gegenseitig ergänzend

7 Herbert Kremp: Springer-Journalist, langjähriger Chefredakteur der "Welt"

8 determiniert: bestimmt; entschieden

9 Frantz Fanon: 1924 in der französischen Kolonie Martinique geboren, studierte in Frankreich Philosophie und Medizin, ging 1953 als Arzt nach Algerien, demissionierte nach drei Jahren, um bei der Nationalen Befreiungsfront zu arbeiten. Fanon starb 1961.

10 Otto Grotewohl: früherer SPD-Politiker, Mitbegründer der SED (Sozialistische Einheitspartei Deutschlands, Zusammenschluß aus SPD und KPD), Ministerpräsident der DDR, gestorben 1964.

11 Reinhard Gehlen: 1942 bis 1943 Leiter der Abteilung "Fremde Heere Ost" beim Generalstab des Heeres; ab 1945 im Auftrag der amerikanischen Besatzer Aufbau der "Organisation Gehlen", die seit 1956 der Bundesnachrichtendienst (BND) ist, dessen erster Präsident Gehlen war; gestorben 1979.

12 Hans Böckler: von 1949 bis 1951 Vorsitzender des DGB

13 Containmentwirtschaft: Containment (engl.) bedeutet: in Grenzen halten. Begriff aus den USA für Entwicklungshilfeprojekte, die dazu dienen sollen, soziale Unruhen einzudämmen und Regimes zu stabilisieren.

14 Restriktion: Be-, Einschränkung

15 Truman: US-Präsident von 1945 bis 1952 (Truman-Doktrin, Marshall-Plan, Luftbrücke Berlin, Korea-Krieg)

16 Konferenz von Bandung: erste Konferenz von 29 unabhängigen Staaten aus Asien und Afrika nach dem zweiten Weltkrieg 1955 in Bandung (Indonesien); Vorläufer der "Konferenz der Blockfreien".

17 Eugen Gerstenmaier: Theologe, von 1949 bis 1969 Mitglied des Bundestags, 1954 bis 1969 Präsident des Bundestags, mußte 1969 zurücktreten, da er "Wiedergutmachungsleistungen" für ein nicht ausgeübtes Lehramt empfangen hatte, die in keinem Verhältnis zu Wiedergutmachungsleistungen standen, die an Opfer des Faschismus gezahlt wurden.

18 Hallstein-Doktrin: Alleinvertretungsanspruch der BRD; bedeutete die Festlegung, daß die BRD zu den Staaten die diplomatischen Beziehungen abbricht, die die DDR anerkennen.

19 Nixon-Doktrin: Von US-Präsident Nixon 1970 verkündete "neue Friedensstrategie", bei der es um die Differenzierung des militärischen Engagements der USA in der Dritten Welt ging: Erhöhung der Verantwortung der Verbündeten und Satelliten-Staaten für ihre Verteidigung.