Pressemitteilung vom 3. Juni 2011

67. Jahrestag des deutschen Massakers in Distomo

Zum 67. Jahrestag des deutschen Massakers in Distomo am 10. Juni 1944 fordert der Arbeitskreis Distomo von der deutschen Regierung:

  • Rücknahme der Klage gegen Italien vor dem Internationalen Gerichtshof in Den Haag
  • Sofortige Zahlung der vom Areopag rechtskräftig festgestellten Entschädigungsforderungen an die Opfer von Distomo
Angehörige des Arbeitskreises Distomo aus Hamburg werden auch in diesem Jahr an den Gedenkfeierlichkeiten zum Jahrestag des Massakers im griechischen Distomo teilnehmen. Aus diesem Anlass ruft der Arbeitskreis am 6. Juni 2011 zu einer Kundgebung vor der Deutschen Botschaft auf.

Am 10. Juni 1944 ermordeten Angehörige der Nazi-Besatzer im Zuge einer sogenannten "Sühnemaßnahme" 218 am Widerstand der Partisanen völlig unbeteiligte Dorfbewohner/innen der Ortschaft Distomo. Die Überlebenden des Massakers und die Angehörigen der Ermordeten kämpfen bis heute um Entschädigung für das ihnen zugefügte Leid. Dies wird ihnen von Deutschland verweigert.

Der Areopag, das höchste griechische Gericht, verpflichtete bereits im Mai 2000 die Bundesrepublik Deutschland rechtskräftig, eine Summe von insgesamt 28 Millionen Euro zuzüglich Zinsen als Entschädigung an die Kläger aus Distomo zu zahlen. Bis zum heutigen Tage hat die Bundesrepublik Deutschland keinen Cent gezahlt und fordert in allen Entschädigungsverfahren "Staatenimmunität" für die Kriegs- und Völkerrechtsverbrechen Nazi-Deutschlands. Die griechische Regierung stimmt bis heute der Zwangsvollstreckung in deutsches Eigentum in Griechenland nicht zu und beugt sich damit dem politischen Druck aus Deutschland.

Daher betreiben die Kläger seit einigen Jahren die Vollstreckung aus dem griechischen Urteil gegen deutsches Staatseigentum in Italien. Der Kassationsgerichtshof in Rom als höchstes Gericht hat den Klägern aus Distomo die Durchsetzung ihrer Rechtsansprüche zuletzt mit seiner Entscheidung vom 20.5.2011 ausdrücklich erlaubt und das Argument der "Staatenimmunität" bei Verbrechen gegen die Menschheit und Kriegsverbrechen zurückgewiesen. Um der Vollstreckung der Entschädigungsansprüche endgültig zu entgehen, erhob die deutsche Regierung im Dezember 2008 Klage gegen Italien vor dem Internationalen Gerichtshof in Den Haag.

Im Januar 2011 erklärte überraschend die Regierung Griechenlands – die im eigenen Land die Vollstreckung verhindert – auf Druck der griechischen Bevölkerung den Beitritt zu dem Prozess in Den Haag. Ihr Verhalten jedoch ist überaus widersprüchlich: weder hat sie die Abweisung der deutschen Klage verlangt, noch tritt sie für die Entschädigungsansprüche ihrer Staatsbürger/innen ein.

Deutschland behauptet, die Klage in Den Haag diene der friedlichen Beilegung von Streitigkeiten unter Staaten. Tatsächlich ist die Klage nicht nur ein Angriff auf Italiens unabhängige Justiz, sondern der schlichte Versuch, von Ansprüchen der Opfer der NS-Verbrechen endgültig freigestellt zu werden. Eine für Deutschland positive Entscheidung hätte die Folge, dass von Kriegs- und Menschenrechtsverbrechen betroffene Zivilisten selbst keine Entschädigungsansprüche mehr geltend machen könnten. Das wäre ein Zurückfallen des humanitären Völkerrechts hinter die Regelungen der Haager Landkriegsordnung von 1907. Deutschland will dadurch auch für die Kriegsverbrechen der Gegenwart und Zukunft von Zahlungsverpflichtungen frei bleiben.

Kundgebung vor der Deutschen Botschaft in Athen
Karaoli & Dimitriou 3
Montag, 6.6.2011, 12.00 Uhr


AK Distomo, Hamburg, den 3.6.2011

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