Wir wollen kein Teil einer Nazi-Bewegung sein! Die Zeit ist reif ...
Grünau ist eine triste Plattenbausiedlung am Rande der Stadt Leipzig In einem Wald aus Betonklötzern fand schon in den frühen 90er Jahren die sächsische NPD fruchtbaren Nährboden für ihre neue Wählerschaft in Ostdeutschland. Die von nun an ständig wachsende Zahl von NPD-Anhängern im Stadtteil wurde mehr und mehr auch auf der Straße präsent. Es häuften sich Überfälle auf Cliquen, MigrantInnen und Jugendclubs, sowie Übergriffe in öffentlichen Verkehrsmitteln und Fußgängerzonen. Dabei schreckten die Täter, eindeutig aus der Nazi-Szene kommend, nicht vor gezieltem Vorgehen gegen Einzelpersonen zurück. Unterstützt durch die Integration von mittlerweile verbotenen faschistischen Organisationen in die NPD, wie u.a. der FAP und der Wiking-Jugend, konnten sich ausgeprägte Strukturen der Nazis in Leipzig-Grünau etablieren. Begünstigt wurde dieses Vorgehen durch konzeptlose Sozialarbeit mit Jugendlichen. Die Leipziger Stadtverwaltung schaute bei der Verbreitung und Verfestigung eindeutig nationalsozialistischer, antisemitischer, ausländerfeindlicher und gewaltverherrlichender Ideologien tatenlos zu. Erst als autonome Leipziger AntifaschistInnen durch lautstarke Proteste in der Öffentlichkeit präsent wurden, wachten die Verantwortlichen langsam auf. Augenscheinlichstes Ergebnis dieser Proteste war die umstrittene Debatte der Leipziger Stadtverwaltung Anfang 1999. Diese war zu diesem Zeitpunkt eine unumgängliche Folge der Situation in Grünau. Bei den Diskussionen ging es u.a. auch um den dubiosen Jugendtreff "Kirschberghaus". Die Bedeutung des Hauses als einschlägiger Treffpunkt der sächsischen Naziszene und dessen Funktion als eine wichtige Kontaktstelle deutschlandweit agierender Fascho-Organisationen war selbst dem Verfassungsschutz bekannt. Dennoch wurden diese Fakten bis zuletzt von der Stadtverwaltung geleugnet.
Demonstration am 17.06.2000 Tatsache ist, dass sich trotz zahlreicher Diskussionen und Gespräche der verantwortlichen Institutionen sowie einer aktiven Öffentlichkeitsarbeit der Leipziger Antifas nicht viel geändert hat. Das Potential Rechtsorientierter im Leipziger Stadtteil Grünau hat sich - trotz gegenteiliger öffentlicher Meinung - keineswegs vermindert. Es ist nach wie vor sehr hoch. Bedrohungen und Überfälle auf Andersdenkende und augenscheinlich alternative Menschen sind daher noch immer tägliche Realität, wodurch sich jene sehr stark eingeschränkt und zurückgedrängt fühlen. Verschlimmert wird diese Situation durch eine nach wie vor falsch angelegte Jugend- und Sozialarbeit. Die Schließung des Jugendtreffs "Kirschberghaus" und ein versprochenes neues Jugendkonzept für Leipzig ließen ein wenig Hoffnung aufkommen. Dennoch läuft alles ohne große Veränderungen weiter wie bisher.
Wie sollen tolerante Menschen in einer Umgebung zufrieden leben können, in welcher "Rechts-Sein" als cool und chic angesehen wird? Läßt nicht die Angst vor Neonazis und deren brutalen Übergriffen öffentlichen Protest verstummen? Aus diesen Gründen halten wir eine antifaschistische Demonstration in Grünau für unbedingt erforderlich, um dem rechten Druck etwas entgegen zu setzen! Da sich die Lebensumstände besonders für Jugendliche in Grünau noch immer nicht geändert haben, sondern nur nicht mehr interessant genug für die Presse sind, wollen wir mit einer großen Demonstration an die Bevölkerung und Öffentlichkeit appellieren. Durch diese Demonstration wollen wir allen - insbesondere den Grünauer Jugendlichen - die Möglichkeit geben, ihre Ablehnung gegen derartige Verhältnisse zu zeigen.
gemeinsamer Aufruf der Grünauer Antifa-Gruppe, des Bündnis gegen Rechts Leipzig und des Antifa-Schulnetzes Leipzig
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