Auch auf Landesebene ist eine Tendenz zur Vernetzung autonomer Gruppen feststellbar. Es finden sachsenweite "Antifa-Vernetzungstreffen" statt. Das Leipziger BÜNDNIS GEGEN RECHTS (BgR) beabsichtigt, diese Treffen nach dem Vorbild der BUNDESWEITEN ANTIFA-TREFFEN (B.A.T.) auszurichten. Es soll ein landesweites "Antifa-Netzwerk" etabliert werden, das die Eigenständigkeit der einbezogenen Gruppen wahrt. Mit diesen Vorstellungen tritt das Leipziger BgR anderen linksextremistischen autonomen Gruppen entgegen, die eine Organisation nach dem Vorbild der militanten linksextremistischen ANTIFASCHISTISCHEN AKTION/BUNDESWEITE ORGANISATION (AA/BO) vorgeschlagen hatten. Nach Vorstellungen des Leipziger BgR sollen die "Antifa-Vernetzungstreffen" in erster Linie "Organisierungs- und Mobilisierungstreffen" sein, bei denen "Diskussionsprozesse zu verschiedenen Komplexen in Gang gesetzt" werden. Es sollen ebenso Grundsatzdiskussionen zu Themen wie Faschismus-Analyse, Bündnispolitik oder "rassistischer Konsens" geführt werden, wie auch gemeinsame Recherche- und Analysearbeit geleistet, Fragen autonomer Strategie und Taktik diskutiert und Kampagnen und Mobilisierungen geplant und durchgeführt werden. Linksextremistische autonome Gruppen im Freistaat Sachsen.
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Auch das Leipziger BÜNDNIS GEGEN RECHTS (BgR), das seit 1995 besteht, unterstützte und initiierte extremistische Aktionen. 1999 beteiligte es sich aktiv an "antifaschistischen" Aktionen in Wurzen. Es forderte in Aufrufen zu einer Demonstration am 27. Februar "die sofortige Einstellung aller Verfahren und Ermittlungen gegen Alternative und Linke in Wurzen und Umgebung". Vorausgegangen waren Auseinandersetzungen zwischen rechts- und linksextremistischen Jugendlichen in Wurzen, bei denen ein rechtsextremistischer Jugendlicher durch Messerstiche lebensgefährlich verletzt worden war. Anlässlich des 55. Jahrestages des Todesurteiles gegen den früheren Leipziger Oberbürgermeister Dr. Carl Friedrich Goerdeler wurde ein ihm gewidmetes Ehrenmal vor dem Neuen Rathaus in Leipzig eingeweiht. Neben anderen linksextremistischen Gruppen kündigte insbesondere das BgR Proteste gegen die Einweihung des Ehrenmals an. Es gründete sich innerhalb des BgR eine GOERDELER-AG, die sich mit der Planung der Proteste befasste. Diese Proteste sollten auf die - nach autonomer Meinung - antisemitische Einstellung Goerdelers hinweisen. Im Aufruf der GOERDELER-AG zu Aktivitäten gegen die Denkmalseinweihung wird der Stadt Leipzig als Organisator der Einweihung unterstellt, mit der Ehrung eines "Antisemiten und Nationalsozialisten" die nationalsozialistische Vergangenheit Deutschlands rehabilitieren zu wollen. Während der Veranstaltung kam es zu Auseinandersetzungen zwischen Ehrengästen und Protestierenden. Die Polizei nahm acht Personen vorübergehend in Gewahrsam.
Als Organisator des "Kulturellen-Hegemonie-Kongreß" vom 22. bis 24. Oktober 1999 in Leipzig festigte das Leipziger BgR seine Stellung innerhalb der bundesweiten linksextremistischen autonomen Szene. Etwa 350 Personen aus dem gesamten Bundesgebiet nahmen an dem Kongress teil. Ziel des Kongresses war nach Darstellung des BgR die Debatte über verschiedene Analyse- und Politikansätze innerhalb der antifaschistischen Bewegung aufzugreifen. Im Mittelpunkt der Diskussion sollten vor allem Fragen nach dem Aufbau einer "linken Gegenkultur" sowie die Erarbeitung von politischen Strategien und Organisierungsansätzen stehen. So resümierte das BgR im Vorfeld zum Kongress: "Den Nazis keine Räume zu lassen, ihnen keinen Fußbreit zu gönnen, sie rauszuwerfen, sie zu schlagen, wo wir sie treffen, dies blieben auch bei uns Maximalforderungen, die sich in der Realität alles andere als verwirklichen ließen.". Auch wenn die erhofften kontroversen Auseinandersetzungen ausblieben und vorhandene Differenzen der Gruppen nicht ausgetragen wurden, bildete nach Ansicht des BgR der Kongress erste Ansatzpunkte der Analyse "rechter Alltagskultur" und "Ansätze für mögliche Konzepte und Strategien linksradikaler, antifaschistischer Politik". In dem zum Kongress veröffentlichten Reader wurden unter anderem Vertreter der linksextremistischen Gruppierungen ANTIFASCHISTISCHE AKTION BERLIN, ANTIFASCHISTISCHES SCHULNETZ LEIPZIG, AUTONOME ANTIFA (M) GÖTTINGEN sowie der ROTEN ANTIFASCHISTISCHEN AKTION LEIPZIG als Referenten angekündigt.
aus dem sächsischem Verfassungsschutzbericht für das Jahr 1999
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