Heseke – Eine schwer umkämpfte StadtHeseke ist die zweite Großstadt des Kantons Cizire. Auch wenn sich die Bevölkerung nicht genau beziffern lässt, sind es doch mehrere Hundertausend. Heseke liegt an strategischer Stellung am südlichen Ende des Kantons Cizire und spiegelt die Vielfalt der Bevölkerung wieder. Es leben etwa 40% Kurden, 40% Araber und 20% syrianische Christen in Heseke. Das Zentrum der Stadt Heseke wird von mehreren Kirchen überragt und wird vom Regime Kontrolliert. Daneben befindet sich ein vor allem von Arabern bewohntes Viertel, das von ISIS und anderen Banden kontrolliert wird. Fast die Hälfte der Stadt befindet sich in Selbstverwaltung durch die Räte. Hier wird ein gemeinsames Leben der Kulturen aufgebaut, symbolisch als Modell für ein alternatives Syrien und Rojava. Aufgrund seiner symbolischen und strategischen Bedeutung versucht das System auch zumindest unter gegenseitiger Duldung mit ISIS zusammen die Gebiete in Selbstverwaltung zu erobern. Es wird uns von mehreren Seiten berichtet, dass es in Heseke weder Angriffe von ISIS auf das Regime, noch vom Regime auf ISIS gibt, sondern sie gemeinsam gegen die selbstverwaltete Region vorgehen. Am 21.05.2014 begannen Milizen des Regimes Kontrollpunkte direkt gegenüber den Stellungen der Asayis aufzubauen und das Feuer auf diese zu eröffnen. Die Stellung des Asayis war nur gering besetzt und bei diesem ersten Gefecht fielen drei KämpferInnen der Asayis und YPG/YPJ, zwei fielen beim Versuch, die Leiche eines Gefallenen zu bergen. Als Verstärkung eintraf, begann die YPG eine Offensive und drängte das Regime immer weiter zurück. Eine wichtiger strategischer Punkt, das Wasserwerk der Stadt, die City Garage und die Sina Road wurden von der YPG erobert. Dabei starben mindestens 20 Regimesoldaten. Ebenfalls am 21.05. wurde die Dialysepatientin Khadischa Saleha Senli von Regimesoldaten in der Nähe des Krankenhauses erschossen und ihr Sohn verletzt. Am Morgen des 22.05. verübten Regimekräfte einen Bombenanschlag auf die Hamid Mehfuz Schule in einem kurdischen Stadtteil. Dabei starb ein Vater, der gerade seine 12-jährige Tochter zur Schule gebracht hatte.
In einer Gefechtspause
haben wir die Möglichkeit in Mifti etwas spazieren zu gehen und einige
zivilgesellschaftliche Organisationen zu besuchen. Es herrscht ein surreales
Gefühl auf den Straßen, nichts deutet, abgesehen von den Verteidigungskomitees
und Einheiten von YPG auf die militärischen Auseinandersetzungen hin.
Kinder spielen auf den Straßen, Läden haben geöffnet – Menschen flanieren
herum. Auf einem öffentlichen Platz steht einer der selbstgebauten Panzer
Am Abend fangen die Gefechte wieder stellenweise an, und wir hören auch von einem weiteren Bombenanschlag durch Regimekräfte, bei denen zwei Zivilisten getötet worden sind. Im letzten Monat gab es in Heseke allein 50 solcher Anschläge. Das Ziel dieser Angriffe ist es, die kurdische Zivilbevölkerung zu vertreiben. Am Abend haben wir Gelegenheit das Sehit Tolhildan Batallion der YPG zu besuchen. Die Freunde berichten, dass aus ihren Reihen bei dem Gefecht Salar Ebdo gefallen ist, Vater eines sechs Monate alten Kindes.
Es ist auffällig, dass wir hier in Rojava immer wieder eine widersprüchliche Situation erleben. Während in Heseke Menschen im Kampf mit dem Regime sterben, ist das Zusammenleben in Qamislo recht normal. Während Al-Nusra und ISIS von allen möglichen Ländern angeblich gegen Assad aufgebaut werden, arbeitet zumindest ISIS in einem strategischen Bündnis mit der Regierung gegen Rojava zusammen. Das Regime versucht durch seine Angriffe das Projekt „Demokratische Autonomie“ klein zu halten, ist jedoch nicht in der Lage es zu vernichten, deswegen setzt es seine Angriffe strategisch ein und benutzt indirekt Gruppen wie ISIS aber auch Regimetreue Milizen direkt für seine Angriffe. Die anderen Länder der Region dulden diese Zusammenarbeit, denn das Projekt Rojava ist das Projekt eines Demokratischen Mittleren Ostens, der weder im Interesse der Regionalmächte, noch im Interesse von Europa und den USA ist. Deswegen wird die Unterstützung von Al-Qaida durch die Türkei von Europa und den USA auch wohlwollend ignoriert. Das Schweigen der internationalen Öffentlichkeit zu den Belegen eines von der KDP aus Südkurdistan gesteuerten Terrors gegen Rojava und dem Embargo ist ebenfalls bezeichnend. Gerade in Heseke war deutlich zu sehen, dass in den selbstverwalteten Teilen der Stadt Demokratie umgesetzt wird und Projekte zur Geschlechterbefreiung Wirklichkeit werden. Wir haben ein friedliches Zusammenleben der Völker unter Kriegsbedingungen beobachten können. Wenn wir etwa drei Kilometer weiter südlich vom Stadtteil Mifti gegangen wären, dann wären wir im Gebiet der Banden gewesen, einem Gebiet in dem eine willkürliche Auslegung der Scharia herrscht, Menschen verstümmelt und misshandelt werden. Hier wird deutlich, dass Rojava ein ganz herausragendes Projekt gerade in der brutalen Kriegsrealität Syriens darstellt und man nicht genug tun kann, dies entgegen aller Schmutzkampagnen zu betonen. Rojava, Delegation der Kampagne
TATORT Kurdistan, 24.Mai 2014 |