Kriegssituation
in Kurdistan: Schwere Kämpfe und staatliche Morde
In allen Teilen Kurdistans
kam es in der letzten Woche zu schweren Gefechten, insbesondere mit der
türkischen und iranischen Armee. Der NATO Staat Türkei greift zunehmend
auf die Kriegspraxen der 90er Jahre zurück und vertreibt die Dorfbevölkerung
aus den Grenzregionen. In den „geräumten“ Dörfern richtet die Armee Stützpunkte
ein. Bei einem Angriff durch türkische Soldaten mit einer Granate auf
eine Gruppe spielender Kinder, wurde ein Junge getötet und vier weitere
verletzt. In den nordkurdischen Provinzen Dersim, Şirnex (Şırnak), Colemêrg
(Hakkari) und Sêrt (Siirt) kommt es zu schweren Gefechten zwischen kurdischer
Guerilla, die sich immer noch in defensiver Stellung befindet, und türkischem
Militär. Im Iran/Ostkurdistan führte die Guerilla nach den Hinrichtungen
mehrerer kurdischer Aktivist_innen etliche Aktionen durch.
WAN/ÖZALP: SOLDATEN GREIFEN
KINDER MIT GRANATE AN, 1 TOTER 4 VERLETZTE
Nach Augenzeugenberichten warf ein türkischer Soldat am 25.05. in Özalp
eine Handgranate auf eine Gruppe spielender Kinder. Dabei starb ein 13-Jähriger,
4 weiter Kinder wurde verletzt. Drei von ihnen schwer. Die Familien der
Kinder demonstrierten daraufhin unter der Parole „Ihr seid Mörder, kommt,
bringt uns auch um“ zu der Militärstellung an der der Angriff passiert
war. Auch am Krankenhaus provozierte die Polizei mit Absperrungen und
Abfilmen der Anwesenden. An der Beerdigung des Jungen nahmen Tausende,
unter ihnen Abgeordnete der linken BDP unter Parolen gegen das staatliche
Morden teil. Viele zeigten hier auch ihre Solidarität mit der PKK und
ihrem Vorsitzenden.
ÇUKURCA: SOLDATEN TÖTEN VIEH
UND SCHLAGEN DORFBEWOHNER_INNEN ZUSAMMEN
Im Dorf Gündeş im Kreis Çelê (Çukurca) eröffneten türkische Soldaten das
Feuer auf eine Viehherde und töteten 30 Ziegen und zwei Maulesel. Eine
Frau, die gegen die Ermordung der Tiere protestierte, wurde von den Soldaten
zusammengeschlagen. Die Soldaten erschossen zuerst die Maulesel unter
dem Vorwand, sie würden für den Schmuggel benutzt. Dann eröffneten die
Soldaten das Feuer willkürlich auf die Ställe der Dorfbevölkerung und
töteten mindestens 30 Ziegen. Die Besitzerin der Maulesel wurde, als sie
sich beschwerte, von den Soldaten zusammengeschlagen.
ÇELÊ: GEFECHTE MIT GUERILLA
In mehreren Gebieten im Kreis Çelê (Çukurca) kam es am 28.05. zu stundenlangen
Gefechten mit der türkischen Armee, über Verluste ist noch nichts bekannt.
SÊRT/PERVARI: LANGANDAUERNDE
GEFECHTE
Bei zwei Tage andauernden schweren Gefechten am 30.05. im Kreis Xisxêr
(Pervari) in der Provinz Sêrt, zwischen türkischer Armee und der kurdischen
Guerilla HPG kamen mindestens drei dem türkischen Militär untergeordnete,
Paramilitärs (Dorfschützer) ums Leben und sieben wurden verletzt. Weiterhin
kam zur Sprache, dass zwischen Şirnex und Sêrt acht Dorfschützer, die
an der Operation teilnahmen, entführt wurden. Darüber gibt es bisher weder
von der HPG noch dem türkischen Militär eine Erklärung.
ŞIRNEX/COLEMERG: DÖRFER GERÄUMT
UND BESETZT / TODESSCHWADRON AKTIV
In den Provinzen Şirnex und Colemêrg wurden Ende Mai etliche Dörfer entlang
der Grenze nach Südkurdistan geräumt und die Bevölkerung vertrieben. In
den geräumten Dörfern errichteten Spezialeinheiten aus Bolu und Kayseri
Stützpunkte. Weiterhin sind in der Provinz Şirnex eine große Zahl von
Mitgliedern der Todesschwadron Hançer Timi („Dolch Team“) aktiviert worden.
Sie bewegen sich in 20er Gruppen durch rurale Gebiete und geben sich als
Guerillas aus.
ŞIRNEX: SCHWERE GEFECHTE, 20
NOMAD_INNEN FESTGENOMMEN
Nach den Gefechten am 30. Mai, bei denen mindestens drei Soldaten und
ein Dorfschützer zu Tode kamen, wurden bei Razzien mindestens 20 Nomad_innen
festgenommen. Neben der Festnahmeoperation gehen die Militäraktionen mit
Luftunterstützung in der Region weiter. Aus Protest gegen die andauernden
Militäroperationen, streikten 31.05. die Ladenbesitzer in Şirnex und Qilaban
(Uludere) am.
ŞIRNEX/QILABAN: SCHWERE GEFECHTE,
16 GEFALLENE SOLDATEN
Bei einer groß angelegten Militäroperation am 28.05. in der Nähe von Qilaban
versuchten türkische Soldaten die Grenze zu überqueren. Dabei starben
mindestens 16 türkische Soldaten. Eine große Zahl von Dorfschützern wurde
festgenommen, da sie nicht in Kämpfe eingegriffen hätten.
Die türkische Armee weitete ihre Operationen aus und bombardierte mehrere
Regionen mit Artillerie.
DERSIM: BREIT ANGELEGTE OPERATIONEN
Die sich in der traditionell linken kurdischen Region Dersim ständig ausweitenden
Militäroperationen gingen auch am 30.05. weiter. In mehreren Gebieten
werden Soldaten aus Hubschraubern abgesetzt. Weiterhin werden Regionen
mit Kobrahubschraubern bombardiert. Nach bisher unbestätigten Angaben
starben am 29.05. vier HPG-Guerillas im Bombardement.
SÜDKURDISTAN: GRENZÜBERSCHREITENDE
OPERATION, 4 SOLDATEN GEFALLEN
Nach Erklärung des Pressezentrums der HPG, überquerten 20 Hubschrauber
von Hakkari aus am 27.05. die Grenze und setzten Soldaten ab. Dabei kam
es zu einem Gefecht mit der Guerilla, bei dem 4 Soldaten starben. Auch
in weiteren Regionen wurden Operationen durchgeführt. Das Haftanin Gebiet
liegt unter andauerndem Bombardement.
Quelle: ANF, 01.06.2010, ISKU
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