Die Wurzeln der Anti-Kurden-Strategie der AKP

Von Duran Kalkan

Das Konzept der AKP die kurdische Politik zu eliminieren ist nichts Neues. Sie hat bereits mit der „Öffnung“ im Jahr 2007 begonnen. Die grundlegenden Züge dieses Konzeptes wurden bei den Gesprächen im Dolmabahçe-Palast zwischen dem ehemaligen Generalstabschef Yaşar Büyükanıt und Tayyip Erdoğan festgelegt. Am 5. November 2007 hat die AKP mit dem Gespräch zwischen Bush und Erdoğan in Washington das internationale Standbein dieses Konzepts gefestigt. So wurde der Kampf gegen die PKK und die Kurden von der dreier Konstellation Türkei-Irak-USA getragen.
Die AKP versuchte anschließend sowohl die Länder der Europäischen Union, als auch den Iran und Syrien in diese antikurdische Koalition mit einzubeziehen. Nachdem das türkische Parlament dem Militär die Erlaubnis zu grenzüberschreitenden Operationen erteilte, begannen im Dezember 2007 die Luftangriffe, die mit einer Bodenoffensive ins Zap-Gebiet im Februar 2008 zu einem endgültigen Ergebnis führen sollten. Allerdings stellte sich aufgrund des erfolgreichen Widerstandes der Guerilla im Zap schnell heraus, dass die AKP und ihre Verbündeten sich verkalkuliert hatten. Nachdem der militärische Plan ins Leere lief, setzte die AKP fortan stärker auf ideologische und politische Angriffe.
Bei den Gesprächen zwischen Erdoğan und İlker Başbuğ (Nachfolger Büyükanıts) im Mai 2008 wurde der Beschluss für eine psychologische Kriegsführung gegen die kurdische Freiheitsbewegung beschlossen. Im Rahmen dessen wurde der Fernsehsendern TRT 6 gegründet. Es wurden Pläne geschmiedet, um die legalen politischen Kräfte der Kurden untereinander zu spalten. Der Plan der AKP war, den Kurden bei den Kommunalwahlen am 29. März 2009 eine Niederlage zuzufügen, um ihre Vernichtungspolitik effizienter weiterzuführen. Allerdings haben sie sich hierbei abermals verkalkuliert.
Die Anzahl der kurdischen Bürgermeister stieg auf 100. Dies war gleichbedeutend mit einer Niederlage der Vernichtungspolitik der AKP auf militärischer, ideologischer und politischer Ebene.
Um ihrer Erfolgslosigkeit zu entfliehen, begann die Regierung ab dem 14. April 2009 mit ihrem Vernichtungsfeldzug gegen die demokratischen politischen Kräfte der Kurden. Die Regierung versuchte einerseits die demokratische und kurdische Öffentlichkeit zu täuschen, indem sie von einer „kurdischen Öffnung“ bzw. einer „demokratische Öffnung“ sprach. Andererseits versuchte sie weiterhin durch Einbindung der Justiz die demokratische Politik zu vernichten. Zuletzt wurde die DTP geschlossen und gewählten Parlamentariern ihre Mandate aberkannt.
Dieses breit angelegte Angriffskonzept wurde ununterbrochen in den Jahren 2009 und 2010 fortgesetzt. Man versuchte eine politische Atmosphäre zu erschaffen, in der dieses Vernichtungskonzept auf Akzeptanz stoßen würde.
Die Angriffe haben aber zu keinerlei Ergebnissen geführt. Der Widerstand der PKK ist gewachsen, ihre Basis hat sich erweitert. Die demokratische Politik hat noch stärkeren Zulauf durch die kurdische Bevölkerung erhalten. Die AKP beabsichtigte die Schwächung dieser wachsenden Basis der kurdischen Bewegung. Hierfür hat sie das Referendum vom 12. September initiiert. Nach außen hin ging es ihr dabei um eine Verfassungsveränderung, doch der eigentliche Zweck war Teile der kurdischen demokratischen Politik und andere Kreise an sich zu binden, um so eine geeignete politische Atmosphäre für die Isolierung der PKK zu erschaffen. Ziel war es, damit eine geeignete Basis für einen weiteren großen Angriff gegen die PKK zu erschaffen. Die Umsetzung der Boykott-Entscheidung am 12.Septembar durch die kurdische Bevölkerung, hat ein weiteres Mal die Pläne der AKP durchkreuzt.
Und so setzte die AKP ihre gesamte Hoffnung auf die Parlamentswahlen vom 12. Juni. Die Wahlstrategie der AKP hat zwei Hauptziele. Erstes Ziel war es zu zeigen, dass die Kurden nicht die PKK, sondern die AKP unterstützen. Zweites Ziel war eine Mehrheit im Parlament zu ergattern, mit der sie alleine oder zumindest durch Referendum die Verfassung verändern können. Beide Ziele wurden verfehlt.
Das Ziel der AKP war die BDP durch die 10%-Hürde außerhalb des Parlaments zu halten und die MHP durch die Einfädelung verschiedener Skandale und die hohe Wahlhürde zu drücken. Doch diese Rechnung ging nicht auf. Auch wenn die AKP 2% mehr Stimmen bei diesen Wahlen erhalten hat, hat sich die Anzahl ihrer Mandate verringert. Dadurch kann sie noch nicht einmal per Referendum eine Verfassungsänderung durchsetzen.
Das einzige, was die AKP bei diesen Wahlen erreicht hat, ist, dass sie in Kurdistan zu einer quasi nicht-existenten Partei geworden ist. Deswegen konnte sie sich auch über das Wahlergebnis in Höhe von 50% nicht so wirklich freuen. Somit hat die AKP bei allen drei Wahlen in den Jahren 2009, 2010 und 2011 in Kurdistan Niederlagen einstecken müssen. Diese Ergebnisse haben Pläne und Rechnungen der AKP-Regierung bezüglich Kurdistan ins Leere laufen lassen. Genau deshalb spricht Erdoğan davon, dass nun neue Strategien angewendet werden. Er versucht gegen die Kurden einen Vernichtungsfeldzug umzusetzen.
Es handelt sich bei dem Beitrag um eine gekürzte Version des Beitrags von Duran Kalkan in der kommenden Ausgabe der Monatszeitschrift Serxwebun.
Quelle: ANF, 27.08.2011, ISKU

ISKU | Informationsstelle Kurdistan