Offener
Brief von Desmond Tutu an den Europarat
Der Friedensnobelpreisträger
und ehemaliger Erzbischoff von Südafrika Desmond Tutu hat den Generalsekretär
des Europarates Thorbjørn Jagland aufgefordert, auf die Forderungen der
Hungerstreikenden zu reagieren und somit dazu beizutragen, dass die Hungerstreiks
in den Gefängnisses der Türkei und in Straßburg ein Ende finden.
Wir dokumentieren
den Brief des Friedensnobelpreisträgers:
FriedensnobelpreisträgerInnen
sind gegen den Krieg. Wir arbeiten für den Frieden und wollen, dass alle
militärischen und politischen Auseinandersetzungen ein Ende finden. Unsere
Hoffnung ist, dass in Zukunft alle Menschen über gleiche Rechte und Freiheiten
verfügen.
Seit Jahren verfolgen wir die ausufernden Gefechte in der Türkei, die
aus der ungelösten kurdischen Frage herrühren. Wie traurig ist doch, dass
bei diesen Gefechten tausende Türken und Kurden, darunter zahlreiche Frauen
und Kinder, ums Leben gekommen sind. Deshalb ist es unser dringlichster
Wunsch, dass die internationale Gesellschaft, sowie die Institution, welche
Sie repräsentieren, Bemühungen dafür aufbringen, dass beide Seiten eine
demokratische und friedliche Lösung finden.
Es ist wichtig, dass die gesellschaftliche Atmosphäre in der türkischen
Gesellschaft sich zu einer friedlichen entwickelt. Für die Realisierung
dessen ist ein beidseitiger Dialog unabdingbar.
Abdullah Öcalan, den die Kurden als ihren Repräsentanten anerkannt haben
und der bei einem möglichen Dialog Gesprächspartner wäre, sitzt seit 13
Jahren auf der Gefängnisinsel Imrali unter erschwerter Isolation ein.
In den letzten acht Monaten konnte mit Herrn Öcalan weder durch seine
Anwälte noch durch seine Familie ein Kontakt aufgebaut werden. Diese Situation
beunruhigt die Kurden sehr.
Um die Aufmerksamkeit auf diese beunruhigende Situation zu lenken, hat
das kurdische Volk zum Mittel der Hungerstreiks gegriffen. Wir glauben
daran, dass das CPT, als eine dem Europarat angehörige Institution, auf
einige der nur allzu menschlichen Sorgen der Kurden, eine Antwort sein
kann. Deswegen wollen wir von Ihnen, dass Sie ihren Anteil für ein friedliches
und demokratisches Zusammenleben des türkischen und des kurdischen Volkes
einbringen.
Wir bedanken uns bereits im Voraus für jegliche Schritte Ihrerseits, die
dazu beitragen werden, eine Antwort auf die politischen Forderungen des
kurdischen Volkes zu geben.
Gott möge Sie schützen.
Ehemaliger Erzbischoff
Desmond Tutu
Quelle: ANF, 13.
April 2012
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