flugblatt zur betriebsratswahl bei medion/muelheim

text in englisch

hotlines-Sondernummer zur Einleitung der Betriebsratswahlen bei Medion am 21.10.2000

Wir haben am letzten Freitag ein Flugblatt zur Situation in Call Centern - darunter Medion - verteilt und sind heute wieder hier. Ihr konntet aus dem Flugblatt herauslesen, dass wir nicht von der Gewerkschaft sind. Wir unterstützen Selbstorganisierungsversuche von Call Center Agents und anderen ArbeiterInnen und sind gegen die gewerkschaftliche Vertretungspolitik.
Einen Tag nach unserer Verteil-Aktion hat die Gewerkschaft "hbv" ebenfalls ein Flugblatt verteilt, in dem sie zu Betriebsratswahlen aufruft. Aufgrund unserer täglichen Erfahrung als ArbeiterInnen u.a. in Call Centern von Quelle, der Deutschen Bank 24 und der Citibank, wo es Betriebsräte gibt, halten wir nicht viel davon.
Wie läuft das denn mit einem BR? Unzufriedene ArbeiterInnen können ihn in seinem Büro besuchen, ein wenig über die Probleme bei der Arbeit meckern und danach wieder an den Arbeitsplatz zurückgehen. Mit dem Gefühl, dass sich jetzt eineR um die Probleme kümmert. So sind alle zufrieden: der Betriebsrat, weil er einer KollegIn Hilfe angeboten hat; der Unternehmer, weil er sich nicht mit einer Horde wütender ArbeiterInnen auseinandersetzen muß, sondern nur mit einem Betriebsrat, der dem Betriebsfrieden verpflichtet ist. Und vielleicht auch die ArbeiterIn, da sie jetzt auch auf den Betriebsrat schimpfen kann, wenn die Probleme bestehen bleiben!?
Dass sich die Situation z.B. bei Quelle und Citibank trotz Betriebsrat nicht großartig von der bei Medion unterscheidet, könnt ihr im ersten Flugblatt nachlesen. Die Funktion eines Betriebrates besteht darin, den Betriebsfrieden aufrechtzuerhalten. Dafür schließt er Betriebsvereinbarungen mit der Geschäftsleitung ab - und paßt auf, dass die ArbeiterInnen diese auch einhalten. Er bildet die Pufferzone zwischen ArbeiterInnen und Geschäftsleitung.
Und auch wenn ein BR sich manchmal kämpferisch gibt, in den meisten Fällen ist er gerade mal gut genug dafür, den ArbeiterInnen die Verschlechterungen zu verkaufen, die der Chef nie alleine durchsetzen könnte. Bei Opel Bochum zum Beispiel stimmte der BR sowohl Sonderschichten als auch der Ausdehnung von befristeten Verträgen zu, wogegen die ArbeiterInnen am Band zuvor gestreikt hatten!
Im Medion-Alltag haben wir Tricks entwickelt, die uns das Leben leichter machen. Uns fällt noch zu jeder Arbeitsanweisung ein Gegenmittel ein. Wenn wir aber mehr wollen, müssen wir es auch selber durchsetzen. Da nützt es nichts, sich beim Teamleiter oder der Schichtleitung zu beschweren, kein Mobbing, keine Unterschriftenliste gegen andere ArbeiterInnen, keine Intrigen und auch kein Betriebrat.
Wir müssen unsere eigenen Sachen auch selber in die Hände nehmen. Unsere Stärke hängt davon ab, ob wir selbst in der Lage sind, auf die Arbeitshetze und fiese Maßnahmen der Geschäftsleitung schnell und angemessen reagieren zu können. Diese Stärke können wir, die ArbeiterInnen, jeden Tag entwickeln.

Laßt euch nicht von der Gewerkschaft verarschen!
ArbeiterInnen, macht eure eigene Versammlung!

[Weitere Beiträge zum Medion-Call Center in Muelheim findet ihr unter berichte]
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