interview mit "zertifiziertem" call center-arbeiter


(11.09.01)

Was war das fuer eine Schulung zum "zertifizierten Call Center-Agent"?

Gelaufen ist die bei einem Weiterbildungszentrum. Es gibt einen Kurs, der vom Arbeitsamt gefoerdert wird und einen von der EU, bei dem Leute teilnehmen, die Sozi beziehen oder sonst keine Foerderung vom Arbeitsamt bekommen. Insgesamt so 2 x 30 Leute auf Vollzeit plus zwei Teilzeit-Kurse. Der Vollzeit-Kurs dauerte drei Monate. Der Abschluss des Kurses ist ein IHK-Zertifikat.

Wie sind die Leute aus deinem Kurs dahin gekommen?

Ueber den Kurs vom Arbeitsamt kann ich nicht viel sagen. Einige sind bestimmt vom Arbeitsamt da hingeschickt worden. Bei uns waren es vor allem Frauen ab 30, die wieder in den Job zurueck wollten. Viele waren vorher Einzelhandelskauffrauen oder haben andere kaufmaennische Ausbildungen. Die andere Gruppe sind Juengere ohne Ausbildung. Drei von den 30 haben vorher schon mal in einem Call Center gearbeitet, war aber schon lange her. Insgesamt ist ca. ein Drittel wieder abgehauen, ohne die Pruefung zu machen.

Warum wollten die Leute den Kurs machen?

Naja, Call Center hoert sich ja erst mal modern an und Jobs gibt es da auch, oft besser bezahlt als andere Jobs im "Dienstleistungsbereich". Aber im Laufe des Kurses hat sich die Einstellung geaendert. 40 bis 50 Prozent haben schon waehrend des Kurses gesagt, dass sie nicht im Call Center arbeiten wollen: nur am Telefon und nichts anderes waere nix fuer sie.

Wie sah der Kurs aus, was wurde da gelehrt?

Pruefungsfaecher waren EDV, Kommunikationstraining, Kaufmaennische Grundlagen, "Was ist ein Call Center?", Dienstleistungen und "training on the job". Und dann gab es noch so Faecher wie Stress- und Motivationstraining. Beim "training on the job" haben viele dann gemerkt, dass der Job nichts fuer sie ist, jedenfalls kein Outbound. Ansonsten meinten die meisten, dass man im Kurs nichts Vernuenftiges lernt, vielleicht ein bisschen EDV fuer Leute, die noch nie am Computer gesessen haben. Bei den kaufmaennischen Grundlagen wollten sie dir nur verklickern, was eine AG und eine KG ist. Keine Ahnung, was man damit anfangen soll. Beim Dienstleistungsunterricht lernst du halt all die Sprueche, die sie bei Vorstellungsgespraechen hoeren wollen: "Ich will dem Kunden blablabla", aber beim Job kannst du das auch haken. Alles andere, also so was wie Begruessungssaetze, Computermasken etc., sind eh nach Unternehmen unterschiedlich, das lernst du alles bei der Arbeit selbst.

Was haben euch die von der Kursleitung denn versprochen?

In erster Linie, dass man mit dem Papier ‘nen Job kriegt, 70 Prozent Anstellungen in Banken.

Wo habt ihre die Praktika gemacht?

Naja, ein richtiges Praktikum machst du nur bei der sechsmonatigen Schulung, da arbeitest du einen Monat in einem anderen Unternehmen. Wir haben nur eine Woche in der Weiterbildungseinrichtung telefoniert. Alle moeglichen Unternehmen bieten sich an, PraktikantInnen zu nehmen und stellen sich auch bei der Weiterbildungseinrichtung vor, wenn sie Leute suchen.

Worin besteht der Unterschied zur sechsmonatigen Schulung?

Die drei Monate sind fuer den normalen Call Center Agent, nach sechs Monaten bist du "Call Center Agent-Spezialist", keine Ahnung, was daran dann so speziell ist.

Was sind deine Erfahrungen, suchen die Unternehmen eher nach Leuten mit Zertifikat?

Klar, die sparen sich schon etwas Vorschulung damit und koennen anhand der Noten auch ein bisschen aussieben. Wenn du ein gutes Arbeitszeugnis von einem andere Call Center hast, zaehlt das wahrscheinlich genauso viel. Ich habe in anderen Call Center noch nicht viele getroffen, die ein Zertifikat haben, abgesehen von einem Vorstellungsgespraech in Bochum, da hatten alle fuenf eins.


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