brief zu medion/muelheim


[die beitraege auf der diskussionsseite geben ausschliesslich die meinung der jeweiligen autorInnen wieder]

(19.11.00) Es ist sehr schoen zu lesen, wie sich MA der MEDION AG, speziell aus den CallCentren solidarisieren. Es ist ebenso positiv zu bewerten mit welcher Klarheit hier Fakten geschildert werden. Bedauerlich ist nur, das sie ein wenig verfaelscht dargestellt werden.

Bspw. war es im Vorfeld mit der Inhaberin der Tennishalle abgesprochen bei entsprechend hoher Teilnehmerzahl einen Tennisplatz anstelle der Kneipe zu nutzen. Sicherlich war die Anmietung der Tennishalle auf Grund einer Fehleinschaetzung der Solidaritaetsbereitschaft der Mitarbeiter ein Fehler, der aber keine gravierende Folgen hatte. Lediglich die Nichtbereitschaft der Vorgesetzten (und nicht nur Teamleiter oder andere nette Buben) die Oertlichkeiten zu verlassen, fuehrte zu einem einschuechternden Wahlverhalten der an Veraenderungen interessierten Kollegen.
Insbesondere anwesende Abteilungsleiter hielten es nicht fuer erforderlich der Aufforderung der HBV Funktionaere nebst Juristin nachzukommen. Lag es an dem mangelnden Wissen oder an der Arroganz dieser Dilettanten, vermag an dieser Stelle nicht ausreichend beurteilt zu werden. Schlussendlich bleibt zu sagen, das diese Aktion zu einer staerkeren Einschuechterung der Fuehrungsspitze (Geschaeftsleitung) gefuehrt hat, als es in den kuehnsten Traeumen zu erwarten gewesen waere. Wie ist es sonst zu verstehen, das Wetterfaehnchen und andere Hoerige treu den Weisungen ihrer Leithammel gefolgt sind und dort die Beugkotierung der Arbeitnehmerinteressen vornahmen, indem sie Weisungsbefugte in den Wahlausschuss waehlten. Ferner muss doch stark an der Kompetenz der Geschaeftsleitung gezweifelt werden, lernt man doch im ersten Semester Betriebswirtschaft einiges ueber das individuelle und kollektive Arbeitsrecht.
Den verstoerten Mitarbeitern sei gesagt: eine Selbstorganisation hebt sicherlich das WIR Gefuehl, fuehrt im juristischen Sinne aber nur in die Sackgasse. Denn wie reagiert die Schafsherde, wenn der Schaeferhund durch sie laeuft? Richtig, sie sprengt auseinander und jedes Schaf ist fuer sich selbst verantwortlich. Letztlich verhaelt es sich in dem Punkt der Arbeitnehmerorganisation nicht anders. Juristischer Beistand muss individuell teuer erkauft werden. Geeigneten Rat findet man auch nicht immer so schnell, wie man ihn braucht. Anders verhaelt sich das bei gewerkschaftlicher Organisation. Hier hat man nach kurzer Zeit Anspruch auf juristische Beratung und jeder Anruf wird fast immer kompetent beantwortet oder man wird an eine kompetentere Stelle verwiesen. Informationen sind in unserer Gesellschaft eine HOL-SCHULD und die Inhaber von Informationen tun sich oft schwer mit deren Verteilung, es sei denn, der Informationsinhaber steht in einer sozialen Verantwortung, wie es Gewerkschaften eben tun.
Es ist doch geradezu krotesk zu glauben, der Teamleiter oder Schichtleiter sei der Richtige um die Interessen eines jeden Arbeitnehmers wahrzunehmen. Diese Herren/Damen sind doch der naechst hoeheren innerbetrieblichen Instanz zur Rechenschaft verpflichtet und letztlich haengt hiervon ihr eigenes Vorankommen ab.
Jeder der dies liest sollte sich genau ueberlegen, was die Selbstorganisation bringt und wo sie endet!

Am Schluss sei nur angemerkt, das die Selbstorganisation nur in Verbindung mit der gewerkschaftlichen Organisation die Arbeitnehmer eines jeden Unternehmens zu einer starken und kompetenten Gruppe formt.

An die Verantwortlichen sei nur der Hinweis gestattet: Machen sie aus Betroffenen ernstgenommene Beteiligte und die Motivation Ihrer Mitarbeiter steigt sofort.


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