medion/muelheim (2)

text in englisch

(02.11.00 / eine gekuerzte Version erschien in hotlines-Flugblatt Nr.2 zu Arbeitsintensivierung)

Das hotlines-Flugblatt gegen Arbeitszeitverlaengerungen in Call Centern wurde bei Medion am Freitag, den 13.10, beim Schichtwechsel verteilt. Die allgemeine Reaktion war positiv: Endlich passiert mal was!
Viele haben schon in anderen Call Centern gearbeitet, und auch in einigen, die auf dem Flugblatt dabei waren. Sie haben auch die Situationsbeschreibungen aus den anderen Call Centern bestaetigt. Einige haben hervorgehoben, dass es stimmt, daß wir eigentlich in einer starken Position sind. Die Geschaeftsleitungen der Call Center suchen Leute, aber so einfach finden sie keine. Und sie koennen sie vor allem auch nicht halten.
Es ist eine neue Situation entstanden, in der viele Leute miteinander geredet haben. Viele haben sich jetzt erst kennengelernt und die Stimmung in der Hotline und der Vorhotline war besser, als die Monate davor. Aber auch von der Garantieabteilung und der Werkstatt gab es Zustimmung. Die Teamleiter haben sich neutral verhalten. Sie haben die Diskussionen nicht unterbunden, zum Teil sogar daran teilgenommen, sich aber auch nicht offen zu einer Seite bekannt.
Am Mittwoch darauf hat die Gewerkschaft hbv Flugblaetter verteilt. Darin wurde zu einer Versammlung zur Einleitung einer Betriebsratswahl eingeladen. Die Unsicherheit war gross: Soll man dort hingehen? Bringt es uns Nachteile? Bringt uns ein Betriebsrat ueberhaupt etwas? Es gab Stimmen für den Betriebsrat, die mit der Hoffnung verbunden waren, dann endlich die zugesagte Lohnerhoehung zu bekommen oder die Ueberstunden bei den Aldi-Aktionen unterbinden zu können. Es gab aber auch Meinungen dagegen. Diejenigen, die freiwillig Ueberstunden machen, sahen diese Moeglichkeit bedroht.
Im Laufe der Zeit kamen Geruechte auf, daß sich einer aus der Schichtleitung und ein Teamleiter zur Wahl stellen wollten. Es war klar, daß ein Betriebsrat aus Schicht- und Teamleitung die Situation der ArbeiterInnen nicht verbessern würde. Das Misstrauen gegen einen Betriebsrat wuchs.
Am Freitag, den 20.10., wurde dann ein zweites hotlines-Flugblatt bei Medion verteilt. Das war einen Tag vor der Versammlung. Es war eine Stellungsnahme gegen die Gruendung eines Betriebrats und für eine Selbstorganisierung der ArbeiterInnen. Am selben Tag verbreiteten sich Geruechte, das der Besuch der Versammlung von der Schichtleitung heimlich kontrolliert wuerde.
Die Versammlung selber war dann eine große Show. Die Gewerkschaft hbv hatte die Kneipe eines Tennisclubs angemietet. Aber die Kneipe war zu klein, weshalb die Tennisspieler vom Platz gejagt wurden und ein neues Match ganz besonderer Art anfing. Insgesamt waren etwa 120 Leute da, aber nur ca. 30 aus der Hotline. Der Rest waren loyale Angestellte aus der Verwaltung. Die Geschaeftsleitung, so schien es, hatte Anweisung gegeben und sie waren brav gekommen. Die hbv hatte versucht die Schichtleitung auszuschliessen, aber sie haben sich nicht vertreiben lassen. Es war eine große Farce.
Danach waren sich alle ArbeiterInnen einig, daß ein solcher Betriebsrat ein Schuss nach hinten werden wuerde. Die Meinungen haben sich jetzt in zwei Lager aufgeteilt. Gegen den Betriebsrat, aber fuer eine eigene Organisierung. Da gibt es schon gelegendlich Ideen, wie das aussehen koennte. Oder aber am Betriebsrat festhalten, massiv zur Wahl gehen und versuchen, Hotliner in den Betriebsrat zu waehlen. Diese Position scheint aber minoritaer.
Allgemein hat sich die Situation im Moment etwas beruhigt. Seit einer Woche verkauft Aldi ein neues Notebook. Das heißt für uns „rote Lampe". Laengere Diskussionen sind nur noch in Pausenzeiten moeglich. Aber wir haben einige neue Kontakte und Freundschaften entwickelt, beim naechsten Anlaß werden wir auch wieder zusammenkommen koennen.

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