Das Weihnachtsgeschaeft boomt und die Ohren rauchen. Das Anrufaufkommen ist so hoch, dass wohl nur 20 von 100 durchkommen. Die Geschaeftsleitung bringt Kaffee und Wasser an den Arbeitsplatz, damit wir uns den Weg zu Thermoskanne sparen und mehr Kunden schaffen. An manchen Tagen sollen wir Zusatzverkauf und Cross-Selling weglassen. Und manche Servicespezialisten sollen auch Anrufe bei der Bestellannahme annehmen. Eine nervige Tante laeuft durchs Call Center und kontrolliert, ob wir auch ja nicht auf Nacharbeit stehen. Fehlt nur noch der Katheter und unsere Aersche koennten mit den Stuehlen fuer 8 Stunden zusammenwachsen. Auf jeden Fall produzieren sie eine stressige Stimmung und nerven, dass der Schnitt hoeher werden muss.
Bei der Teamsitzung hatten wir Besuch von der Chefin und dem Betriebsrat. In Dezember gibt es neue Wahlen. Es laeuft jetzt grade ein Wettbewerb unter den Call Centern. Quelle plant naechstes Jahr eine Dienstleistungsgesellschaft zu gruenden, wo alles, was mit Telefonieren zu tun hat, zusammengefasst wird. Und da soll vielleicht das eine oder andere Call Center auf der Strecke bleiben. Die Call Center, die in diesen Wettbewerb mitmachen sind Essen, Koeln, Mainz, Magdeburg, Berlin und Leipzig. Das Call Center in Nuernberg gehoert zur AG und nicht zur GmbH von Quelle, macht also beim Wettbewerb nicht mit. Die Call Center in Chemnitz, Cottbus und Padborg (Daenemark) sind von Fremdfirmen.
Die Kriterien des Wettbewerbs, der noch bis Ende des Jahres laeuft, sind Standards [siehe dazu das Flugblatt] und Qualitaet (1. Hat sich der Agent genuegend Zeit fuer den Kunden genommen? 2. Ist die Gespraechsatmosphaere gut? 3. War das Bemuehen um den Kunden spuerbar? 4. Was ist mit dem beruehmten Laecheln in der Stimme?)
Bei den Standards liegt Essen ganz vorne. Claudia [Geschaeftsfuehrerin in Essen, die auch schon eine schriftliche Stellungnahme zu den Flugblaettern verfasst hat] hat uns anhand von Folien gelobt: "Leute, hier wird uns keiner mehr einholen, unmoeglich!". Doch bei der Qualitaet hapert es in Essen noch, da sind wir auf Platz 3. Claudia fragte, was es fuer Gruende gaebe. Sie haette im Gefuehl, dass wir aus dem Ruhrpott viel zu schnell reden. Das haetten ihr die Coaches bestaetigt. Ausserdem wuerde sich der Geraeuschpegel schnell hochschaukeln. Wir muessten uns gegenseitig darauf aufmerksam machen. Der Kunde hoert ja unsere Hektik in der Stimme.
Claudia appellierte wieder an uns: Wir werden nicht die Billigsten sein koennen, aber wir koennten Topqualitaet liefern. Und fuer uns heisst dass: Wenn wir bei diesen Wettbewerb gut abschneiden, gibt es Geld fuer alle. Sie zeigte uns noch Statistiken, das wir in den letzten Jahren von 79% Qualitaet auf 83% gestiegen sind und die Tendenz ist steigend. Sie bedankte sich an dieser Stelle bei allen Mitarbeiter/innen. Kotz! Die ganze Zeit tat sie so, als wuerde sie eine von uns sein, doch den meisten Kollegen/innen erscheint sie sehr suspekt. Sonst schleimte sie rum und versuchte den Widerspruch zwischen Topqualitaet und Akkordtelefonieren aufzuloesen. Aber dass hat sie trotz ihrer Rhetorik nicht geschafft. Das Schlusswort war mal wieder: "Wenn ihr Ideen und Anregungen habt, dann kommt bei mir vorbei". Wuerg!