Ein Auszug aus - kassiber 34 - Februar 98

Willy Hundertmark: Erinnerungen an ein widerständiges Leben


Der Antifaschist und Kommunist Willy Hundertmark wurde im vergangenen Jahr 90 Jahre alt. Aus diesem Anlaß erschienen in der Edition Temmen die Erinnerungen an ein widerständiges Leben.

Bereits mit 14 Jahren fing Willy Hundertmark eine Lehre bei Krupp in Essen an. Zwar war er ein guter Schüler gewesen, doch wollte sein Vater nicht, daß er eine "gehobene Ausbildung" macht, sondern er sollte "Kruppianer" werden. Schon in jungen Jahren war er politisch aktiv geworden, in Episoden werden seine Erinnerungen z.B. der November-Revolution 1918, des Hungers 1916 und 1917/18, des Kapp-Putsches 1920 sowie der Inflation 1923 geschildert. Willy Hundertmark hatte "an fast allen Demos" - "es gab jede Menge" - teilgenommen. Im Jahre 1929 folgte dann die Entlassung bei Krupp, 1930 wurde der damalige Organisationsleiter des KJVD-Bezirks Ruhrgebiet von der KPD, in die er 1926 eingetreten war, als hauptamtlicher Funktionär übernommen.

In der Verhaftungswelle nach dem Reichtagsbrand wurde Willy Hundertmark am 3. März 1933 verhaftet und ins KZ Sonnenberg verbracht. Im September entlassen, wurde er schon drei Wochen später wieder verhaftet und kam für mehr als drei Monate in das Lager Brauweiler. Bei der Haftentlassung mußte er aber schriftlich zusichern, nicht wieder nach Essen zurückzukehren. Willy Hundertmark lebte und arbeitete in den darauffolgenden Jahren in verschiedenen Städten, bis er 1939 wieder nach Bremen kam. 1944 folgte dann der - vorübergehende - Umzug in das in der Nähe gelegene Wildeshausen. Mitte Oktober 1946 wurde er Redakteur, später Chefredakteur der KPD-Zeitung (ab Januar 1947 "Tribüne der Demokratie").

Der durchaus kritische Kommunist wurde dann im April 1951, wie vielen andere KPD-Funktionäre, im Zuge der "Tito-Debatte" von der Partei "abgesetzt" und mit einem Funktionsverbot belegt. Diese Maßnahmen wie auch zahlreiche Parteiausschlüsse erfolgten "ohne daß es in der Partei eine große Diskussion gab". Allerdings trat Willy Hundertmark nicht wie viele andere GegnerInnen der innerparteilichen "Säuberungen" aus bzw. machte erst mal nichts mehr, sondern wurde in seiner Wohngebietesgruppe in Gröpelingen - "Bürgerinitiativen waren damals unser 'Hobby'" - und in der Gewerkschaft aktiv.

Die parteiinterne "Rehabilitierung" erfolgte am 15. März 1956 und bereits einen Tag später war er wieder hauptamtlicher KPD-Funktionär. Der illegalen Arbeit in den Jahren 1956-1968 folgte der Eintritt in die neugegründete DKP, Willy Hundertmark, inzwischen 61 Jahr alt und bei der Gewoba arbeitend, widmete sich in den kommenden Jahren aber vor allem der VVN. Der heutige Ehrenvorsitzende der Vereinigung der Verfolgten des Naziregimes - Bund der Antifaschisten (VVN-BdA) Bremen ist Tausenden von BremerInnen wohl vor allem durch die von ihm Ende der 70er Jahre initiierte "Antifaschistische Stadtrundfahrt", deren Führung er oftmals selbst übernahm, bekannt.

Grundlage des Buches ist ein rund 15stündiges Interview, das der Herausgeber 1995 mit Willi Hundertmark geführt hatte. Das hat sein Gutes, denn die vielen eingestreuten Anekdoten und Episoden vermitteln Geschichte natürlich viel plastischer als trockene Daten und Fakten. Das hat aber auch Nachteile, denn oftmals läßt das Buch den gebotenen Tiefgang vermissen, interessante Themen werden nur angeschnitten. Statt zahlreicher, umfangreicher und teilweise sehr detaillierter Anmerkungen durch den Herausgeber, die eher lexikalische Informationen geben, wäre es wünschenswert gewesen, bei bestimmten Themenkomplexen nachzufragen - oder aber in die Zusammenhänge in gesonderten Buchbeiträgen einzuführen.

Willi Leow



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kombo(p) - 16.02.1998