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Die Flora
ist den meisten als hippe Location oder Terrorzentrum von Chaoten bekannt.
Doch was hinter den historischen Mauern verborgen ist, ist weit mehr als
diese Stereotypen.
Seit die Stadt dem Projekt Verträge in Aussicht gestellt hat und
die CDU es sofort dem Erdboden gleichmachen will, ist das Zentrum wieder
einmal in der öffentlichen Diskussion. Wir sind eine AG aus der Flora
und wollen mit diesem Flugblatt über das Projekt und die Situation
im Stadtteil informieren, einen Blick auf die derzeitige polizeiliche
Repression werfen und unser sich daraus ableitendes Verhältnis zu
Verträgen beschreiben. Zum Vertragsangebot der Stadt an die Flora
gibt es eine Stellungnahme der Flora-Vollversammlung, die wir hier ebenfalls
ausgelegt haben.
Die Flora
ist den meisten als hippe Location oder Terrorzentrum von Chaoten bekannt.
Doch was hinter den historischen Mauern verborgen ist, ist weit mehr als
diese Stereotypen.
Seit die Stadt dem Projekt Verträge in Aussicht gestellt hat und
die CDU es sofort dem Erdboden gleichmachen will, ist das Zentrum wieder
einmal in der öffentlichen Diskussion. Wir sind eine AG aus der Flora
und wollen mit diesem Flugblatt über das Projekt und die Situation
im Stadtteil informieren, einen Blick auf die derzeitige polizeiliche
Repression werfen und unser sich daraus ableitendes Verhältnis zu
Verträgen beschreiben. Zum Vertragsangebot der Stadt an die Flora
gibt es eine Stellungnahme der Flora-Vollversammlung, die wir hier ebenfalls
ausgelegt haben.
illegal style -Aufbau F und digital beats
Die Flora ist kein homogenes Projekt, sondern ein Dreh- und Angelpunkt
vieler sehr unterschiedlicher Interessen. Bekanntermaßen sind wir
seit elf Jahren besetzt. Dieser Status ist bedeutungsvoll für unsere
praktische Arbeit. Es gibt in der Flora zum Beispiel keine bezahlten Stellen.
Alle Arbeit findet ehrenamtlich statt und niemand verdient daran. Alles
Geld, das reinkommt, wird weggespendet, dient zum Aufbau und Erhalt des
Hauses oder der politischen Arbeit aus ihm heraus. Der illegale Status
hat auch bewirkt, daß die Flora sich in den letzten Jahren immer
so verändert hat, wie die Leute, die sie nutzen, es wollten. Da der
Raum illegal ist, macht es keinen Sinn, auf lange Zeiträume zu bauen.
So ist das Haus mit den Menschen, die kommen und gehen immer mit im Wandel.
Ruhig war es dabei um das Gebäude nie. 1989 ist die Rote Flora aus
den Kämpfen gegen das Musicalhaus "Phantom der Oper" hervorgegangen.
Der größte Teil des historischen Flora-Theaters wurde zwar
abgerissen, die Reste aber Ende 1989 besetzt. Die Flora war zu diesem
Zeitpunkt eine Ruine im Rohbau. Vorder- und Rückwand fehlten, ebenso
wie Fenster, Heizung oder Sanitäranlagen. Alles dies wurde in den
letzten 11 Jahren durch Unmengen an Arbeit in Selbsthilfe und ohne städtische
Gelder ausgebaut und über Spenden, Konzerte und Partys finanziert.
Die Flora, so wie sie heute ist, ist nur durch den Widerstand, die Aufbauleistung
und den selbstorganisierten Kulturbetrieb ihrer NutzerInnen entstanden.
Wir sehen daher überhaupt keinen Anlass für irgendwelche Ansprüche
der Stadt an das Gebäude. Die Flora war, ist und bleibt auch in Zukunft
denen, die etwas in ihr machen.
Wir sind
in der Flora selten einmal einer Meinung und deshalb streiten wir uns
auch häufig. Das ist oft lästig und nervt auch ziemlich. Manche
machen daher mal Pause oder verlassen das Projekt ganz und machen woanders
weiter. Aber genau deshalb ist dieser Raum auch wichtig, um immer wieder
neue Sachen zu entwickeln. Als Anfang der Neunziger ein erbitterter Streit
um neue Musikstile geführt wurde, fand dieser auch in der Flora statt.
Weil sich dort die verschiedenen kulturellen Ausdrucksformen immer wieder
überschnitten, entstand eine Auseinandersetzung um Sexismus und Körperkult
vs Homophobie und die Festgefahrenheit autonomer Lebenskultur. Auch an
anderen politischen Themen knallte und knallt es immer wieder heftig.
Am Verhältnis zum Stadtteil, an der Positionierung zur Drogenszene
vor der Haustür oder im Bemühen um ein undogmatisches Zentrum
ohne Hirarchien. Gerade der Streit in solchen Auseinandersetzungen hat
die Flora belebt und etwas in den Köpfen von uns selbst und aus der
Flora heraus bewegt.
Die Zeiten sind mies und natürlich herrscht deshalb auch bei uns
nicht eitel Sonnenschein. Illusionen darüber, daß die Revolution
vor der Tür steht, haben kaum noch welche von uns. Aber gemeinsam
ist uns allen die Unzufriedenheit mit dem Bestehenden und unser Bedürfnis
nach Revolte und Veränderung. Die Flora steht für ein politisches
Projekt, dessen gemeinsames Interesse nach wie vor eine Mobilisierung
gegen die herrschende Weltordnung ist. Sie ist aber auch ein widerständisches
Projekt im Stadtteil. Die StadtplanerInnen sehen mit Grausen auf unser
Gemäuer, während sie an der Aufwertung, Sanierung und Umstrukturierung
des Schanzenviertels basteln. Wir sehen die uns angebotenen Umarmungen
von städtischen Gremien dabei als Vereinnahmungsversuche, uns zwar
als Fassade zu erhalten, uns aber gleichzeitig den störenden Zahn
zu ziehen. Wir werden uns aber nicht einrichten in dieser Welt, in der
Sauberkeit und Ordnung als Ausgrenzungsmodell zelebriert wird. Wir sehen
uns trotz aller Widersprüche, lieber solidarisch an der Seite derer,
die hier keinen Platz haben sollen. Das verändert vielleicht erstmal
nicht viel und macht uns auch nicht zu besseren Menschen, aber es ist
ein Anfang von Veränderung. Wir haben im Haus keine gemeinsame und
feststehende Utopie oder Ideologie, sondern teilen uns inhaltliche Versatzstücke
unterschiedlicher Herkunft und vieler Sichtweisen. Dies gibt dem Projekt
eine Dynamik, die an besseren Tagen unsere Sehnsüchte weckt und unserem
Bedürfnis nach einem anderen Leben Ausdruck verleiht. Wo Veränderung
ist, ist auch die Angst derer, die wollen, daß Alles beim Alten
bleibt, und so sind auch wir von polizeilicher Repression betroffen.
Das sieht
z.B. so aus, daß die Bullen im Umfeld der Flora ständig nerven.
Die seit 1995 im Stadteil eingesetzte zivile P-Schicht hat ein Eigenleben
entwickelt und führt, wie die berüchtigte ehemalige E-Schicht,
einen Privatkrieg gegen die Floraszene. Die P-Schicht soll durch Aufklärung
(sprich Observation) Orts- und Milieukenntnisse erwerben, Personen auf
der Strasse erkennen und so ein Bild der Szene im Viertel entwickeln.
Eingesetzt sind sie im Schanzenviertel, im Karoviertel und bei Heimspielen
des FC St. Pauli. Die Zivibullen besuchen im Rahmen dieser Tätigkeit
Veranstaltungen in der Flora und lungern um die Flora herum. Auf der Strasse
grüßen sie in bedrohlicher Weise ihnen bekannte Personen und
kontrollieren die Personalien von ihnen Unbekannten. Immer wieder inszenieren
sie Strafverfahren und regelmäßig schicken sie alles, was ihnen
verwertbar erscheint, der Staatsschutzabteilung des LKA zu.
Einzelne vermeintlich aktive Personen aus dem Floraumfeld werden im Rahmen
der Aufklärung während antifaschistischer Demonstrationen (z.B.
letztes Jahr in Bergedorf) , observiert und sollen auch schon mal ohne
Begründung zur Gefahrenabwehr festgenommen werden. Das alles passiert
wohlgemerkt nicht dort, wo die Nazis aufmarschieren und zurecht gestört
werden, sondern am gleichen Tag und Abend im Schanzenviertel. Dieses Einsatzkonzept
nennt sich im Behördenjargon dann Bürgernähe, Dialogaufbau
und Stärkung des Sicherheitsempfindens. Bedenklich sind dabei nicht
nur die vorkommenden Straftaten im Amt, sondern auch das generelle Einsatzziel
der frühzeitigen Vorbeugung möglicher Eskalationen. Die P-Schicht
wird damit in nachrichtendienstlicher Manier bereits im Vorfeld von möglichen
Straftaten aktiv. Wer oder welche dieser Einheit warum auch immer auffällt,
muß also damit rechnen, ohne einen konkreten Anlass polizeilichen
Ermittlungen ausgesetzt zu sein. Der Umstand, daß diese Einheit
auch in Kneipen im Viertel und bei Heimspielen des FC St. Pauli herumschnüffelt,
macht dabei deutlich, wieweit diese politische Repression in die persönlichen
Lebensverhältnisse der Betroffenen hineinreicht.
Bei der politischen Führung wird dieses Vorgehen toleriert und aufgegriffen.
Mehr und mehr wird in der politischen Auseinandersetzung mit der Flora
zum Mittel der Eskalation gegriffen. Transparente werden abgehängt,
Wandbilder werden übermalt und es wird auch schon mal versucht, die
Flora im Überraschungsangriff gewaltsam zu stürmen ( z.B. nach
dem Besuch von O. v. Beust). Politische Prozesse, Ermittlungsverfahren
und Strafbefehle gegen einzelne Leute sind immer wieder die Folge und
haben in den letzten Jahren dramatisch zugenommen.
Wir sehen
die aktuelle Vertragsandrohung auch als Fortführung dieser Politik.
Der Bezirk meint nichts anderes, wenn er von Befriedung spricht. Auch
der Bezirk hat bereits mehrfach formuliert, daß dem Betrieb der
Flora als Stadteilzentrum keine Mängel oder Auflagen im Wege stehen.
Strom, Wasser, Müllgebühren werden eh schon immer von uns selbst
getragen. Es geht in der Vertragsfrage also nicht um eine Behebung von
vermeintlichen Mängeln, sondern um eine politische Unterwerfungsgeste.
Um das Machtmonopol, um Wahlkampftaktik, um alles, aber nicht um uns und
darum wie der Laden läuft. Wir sind nicht bereit, uns als harmonische
Kulisse in dieses Wahlkampfgetöse einbinden zu lassen. Wir erleben
die politische Geste der Vertragsunterzeichnung als Form der Unterdrückung,
und deshalb gibt es für uns dabei auch nichts zu verhandeln. Ob wir
unsere Vorstellungen weiterhin so umsetzen können wie bisher, hängt
von der Solidarität ab, die uns jetzt entgegengebracht wird. Möglichkeiten,
Ausgangs- und Ansatzpunkte dazu gibt es viele. Sie müssen allerdings
von jedem und jeder selbst entwickelt werden.
Um eine Möglichkeit aufzuzeigen, haben wir mit Kneipen und Veranstaltungsorten
die Aktion: "Für dich solls Rote Rosen regnen..." organisiert.
In verschiedenen Läden und Projekten der Hamburger Kulturszene finden
zur Zeit Veranstaltungen oder Soliaktionen statt, um Geld für die
Prozesskostenhilfe und Öffentlichkeitsarbeit der Roten Flora zu sammeln.
Wir bedanken uns bei allen Läden, die uns bei dieser Aktion und im
Kampf um den Erhalt der Flora unterstützen und wollen auf diesem
Wege alle dazu auffordern, sich als Teil dieser Kampagne zu begreifen
und eigene Ideen zu entwickeln.
Rote Flora / Projektgruppe Kneipenbummel 22.02.01
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