Im August 2015 fand die bisher größte Sommerbaustelle der Roten Flora seit Besetzung des Hauses statt.
Sie wurde mit Unterstützung von reisenden Handwerksgesell*Innen realisiert, ist jedoch nur Teil eines groß angelegten Umbauprojektes: F25. Das Kürzel bedeutet für uns, dass wir nicht an unserem 25 jährigen Bestehen halt machen, sondern dass es weitergeht. Und zwar nicht nur in Form einer Bestandserhaltung. Wir wollen unser Haus ausbauen, so wie wir emanzipatorische linksradikale Politik weiterentwickeln wollen.
Die Idee zum Umbau wurde bei unserem jährlichen Baugust 2012 geboren. Seitdem wurde sie weiter entwickelt und im Winter 2012/13 als Projekt F25 in einer Vollversammlung beschlossen. Die Sommerbaustelle 2015 hat die geplanten Projektteile weit vorangebracht. Es wird noch einige Anstrengungen brauchen bis wir alles umgesetzt haben, da vorher meist nur an den Wochenenden gebaut wurde (auch wir stecken in den alltäglichen Ausbeutungsverhältnissen).
Die oben beschriebene zeitliche Abfolge ist Ausdruck davon, dass wir es ernst damit meinen, dass uns die Eigentumsverhältnisse der Roten Flora schon immer egal waren. Die Flora ist ein besetztes Haus, unabhängig davon, wer sich ins Grundbuch einträgt. Und unsere Motivation für den Umbau entstand keineswegs erst in Zeiten in denen die Wogen um das Haus glatter erschienen. Im Gegenteil, 2013 entwickelte sich aufgrund von Investorenbegehrlichkeiten eine projektbedrohliche Situation. Dies veranlasste uns zu einer europaweiten Mobilisierung und war für uns ein zusätzlicher Ansporn, den Umbau voranzutreiben. Insbesondere in wackeligen Zeiten vertrauen wir darauf, den Kampf ums Haus immer wieder erfolgreich zu führen und reagieren mit einer Kampfansage auf der Straße. Eine Grundsanierung des alten Kastens inklusive massiver Umbauten ist aber auch eine fundamentale Kampfansage an die herrschenden Verhältnisse und eine Demonstration des Machbaren.
Die Umsetzung der Baustelle ist somit auch materialisierter Ausdruck unserer Vorstellungen davon, wie sich Gesellschaft organisieren sollte. Wir haben dieses Bauvorhaben in möglichst hierarchiefreien Strukturen nach dem Konsensprinzip geplant und alle Arbeiten in solidarischer und gemeinschaftlicher Arbeit ausgeführt. Die benötigten Mittel wurden kollektiv herangeschafft und eine Baustelle nach der anderen fertiggestellt.
Das Ziel ist jetzt fast erreicht: die Fassade zur Straße ist grundsaniert und der umfangreiche Innenaus- und Umbau ermöglicht uns, den Veranstaltungsbetrieb auszuweiten. Durch die Umgestaltung können mehr Projekte und unterschiedliche Veranstaltungen des linksradikalen Spektrums glamouröser, komfortabler und luxuriöser stattfinden.
Die in der Presse kolportierte Öffnung der Roten Flora wurde in unseren Reihen mit Verwunderung aufgenommen. Die Rote Flora war schon immer ein Ort, den Menschen nun seit über 25 Jahren nutzen um zu diskutieren, zu tanzen oder Sport zu treiben, ihr Fahrrad zu reparieren oder die Welt einfach anders zu sehen. Wir verstehen uns als Teil einer gegenhegemonialen Bewegung, die bestehende Verhältnisse umschmeißt. Wir sind solidarisch mit Projekten, die diesen Gedanken teilen und sich für eine Gesellschaft ohne rassistisches, antisemitisches, sexistisches und homophobes Gedankengut einsetzen.
Die Rote Flora und damit auch der Umbau sind Teil und Ausdruck unserer Bewegung. Nun steht nach dem Umbau eine weitere Tür offen für solidarische Mitstreiter*innen, jedoch sind wir nicht durchlässig für Projekte die nicht unserem emanzipatorischen Gedanken entsprechen. Die Rote Flora ist und bleibt ein Schutzraum insbesondere für Menschen die in anderen gesellschaftlichen Räumen marginalisiert und diskriminiert werden. Wer dies nicht anerkennt, kann wie bisher durch die eine Tür und nun auch durch die Neue andere aufs Schulterblatt fliegen!
Das Umbauresultat spricht für sich selbst und ist für uns ein Zeichen dafür, dass wir als selbstorganisiertes Projekt aus Kämpfen stärker und keinesfalls befriedet herausgehen. Der Umbau wäre nicht möglich gewesen ohne die massive europaweite Unterstützung von solidarischen Projekten und Einzelpersonen – Geld, Material, Fachwissen und Hilfe floss von überall. Wir haben mit dem oft projizierten Bild besetzter Häuser bewusst gebrochen und das Gebäude nicht nur mit Müh und Not erhalten, sondern für unsere Zwecke als linksradikales politisches Zentrum umgestaltet. Auch was zuerst nicht realisierbar scheint, ist möglich und noch viel mehr.
Uns hat auch kein massives Aufkommen von verdeckten Ermittler*innen in unserer Szene aufhalten können. Diese sollten sich jedoch bewusst sein, dass wir uns genauso in ihr Privatleben hacken wie sie in unseres. Wenn wir sie gefunden haben können sie sich ihr Reihenhaus woanders bauen. Die Flora bleibt nicht nur, sondern wächst! Wir sind ein Projekt mit tiefen Wurzeln und weit verzweigten starken Ästen die nicht an den Mauern des Hauses enden.
Eine detaillierte Darstellung verschiedener Aspekte der Sommerbaustelle wird noch in den nächsten Wochen erscheinen.
Plenum der Roten Flora vom 23.09.15