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Die heutige Entscheidung der Hamburger Bürgerschaft, die Rote
Flora an den Immobilienkaufmann Klausmartin Kretschmer zu veräußern,
kommentieren wir wie folgt:
Die
Rote Flora ist tot,
es lebe die Rote Flora!
Wir verbinden mit der Roten Flora nicht nur ein Gebäude, sondern
eine politische Idee. Und die ist für niemanden käuflich!
Wir haben mit der Ablehnung von Verhandlungen und Verträgen
ein deutliches politisches Signal gesetzt und damit klargemacht,
dass wir uns nicht zum Bestandteil des Zusammenspiels von Integration
und Partizipation auf der einen Seite und Verdrängung und Repression
auf der anderen machen lassen - Integration und Partizipation für
alle, die bestimmten herrschenden Interessen wie z.B. der Aufwertung
des Schanzenviertels nützlich sind, und der Verdrängung
und Repression für alle, deren Anwesenheit stört.
Auch den Verkauf werden wir nicht akzeptieren. Abgesehen davon,
dass die Flora von niemandem erworben werden kann, da sie uns bereits
gehört, muss sich auch der neue "Eigentümer"
darüber im Klaren sein, dass er hier genauso wenig zu melden
haben wird wie die Stadt Hamburg in den letzten 12 Jahren. An unserer
Politik wird sich nichts ändern; denn die Rote Flora gibt es
nur in dieser Form: als selbstverwalteter Raum für linke und
linksradikale Politik und nichtkommerzielle Kultur. Unsere Vorstellungen
von Selbstbestimmung und Emanzipation vertragen sich weder mit staatlicher,
noch privater Einflussnahme und Kontrolle. Anstehende Auseinandersetzungen
um die Zukunft des Stadtteils werden wir mit unseren Interventionsformen
führen, wem auch immer das Haus, in dem wir uns bewegen, offiziell
zugeschlagen wird.
Im Rahmen der sogenannten "Sicherheits- und Sauberkeits"-Diskussionen
spielt die Privatisierung öffentlichen Raumes und die zunehmende
Kontrolle und Steuerung durch private Institutionen eine zentrale
Rolle. Erst vor zwei Tagen wurde uns an einer "Location",
die Klausmartin Kretschmer von der Stadt erworben hat, vorgeführt,
wie Privatisierung zu einer Zonierung des öffentlichen Raums
führt: Nur diejenigen, die so aussehen, als ob sie sich die
teuren Eintrittskarten für den Multimedia-Event leisten können,
dürfen sich noch auf der Straße im Umkreis von 100m von
den Kasematten bewegen. Für alle, die nicht genug Geld haben,
stehen Hundertschaften bereit, die die Definitionmacht darüber,
wer sich wo aufhalten darf, im Notfall mit dem Polizeiknüppel
durchsetzen. Da wird dann schon mal AnwohnerInnen der Zugang zu
ihren eigenen Häusern verwehrt, oder Menschen, die sich mit
dem falschen Aussehen am falschen Ort befinden, werden brutal zusammengeschlagen.
Mit Sicherheit hat Klausmartin Kretschmer uns vorgestern gezeigt,
was von "Kraftorten", denen er sich ermächtigt hat,
zu erwarten ist. Die Kraft, die für ihn von solchen Orten ausgeht,
ist offensichtlich das Bronx-Feeling für Besserverdienende,
mit dem sich prima Geld machen lässt. So wie im Schanzenviertel
wird auch in St.Pauli Süd soziale Ungleichheit zur interessanten,
authentischen Hintergrundkulisse für ein chices und kaufkräftiges
Publikum.
Für die Zonierung des öffentlichen Raums sind das Schanzenviertel
und die River-Kasematten nur zwei Beispiele. Schon lange gehört
eine immer stärkere Einschränkung der Bewegungsfreiheit
für bestimmte Menschen (Obdachlose, KonsumentInnen illegalisierter
Drogen, Menschen schwarzer Hautfarbe) zum festen Bestandteil von
Stadtentwicklungs-politik. An immer mehr Orten in der Stadt bestimmen
soziale und rassistische Zugehörigkeitskriterien, wer sich
dort aufhalten darf. Allerdings zeigt sich das Wechselspiel zwischen
Aufwertungs- und Vertreibungsprozessen im Schanzenviertel besonders
deutlich. In diese Prozesse hat die Rote Flora immer wieder eingegriffen:
Mit der Benennung der Verantwortlichkeit der Drogenverbotspolitik
für die Verelendung der DrogenkonsumentInnen, mit der Verurteilung
der rassistisch aufgeladene Kriminalisierung des Drogenhandels,
mit der Bloßstellung der Aufwertungspolitik der STEG. Der
Versuch der Stadt, diese Konflikte durch den Verkauf des Gebäudes
zu entpolitisieren, ist zum Scheitern verurteilt.
Gegen die Privatisierung und Zonierung von öffentlichen
Räumen!
Gegen Integration und Befriedungspolitik!
Stört die öffentliche Ordnung, wo ihr sie trefft!
Rote Flora
25.4.2001
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