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Presseerklärung vom 25.04.2001
Finger verbrennen !
Die Rote Flora ist und bleibt unverkäuflich



Die heutige Entscheidung der Hamburger Bürgerschaft, die Rote Flora an den Immobilienkaufmann Klausmartin Kretschmer zu veräußern, kommentieren wir wie folgt:

Die Rote Flora ist tot,
es lebe die Rote Flora!

Wir verbinden mit der Roten Flora nicht nur ein Gebäude, sondern eine politische Idee. Und die ist für niemanden käuflich!
Wir haben mit der Ablehnung von Verhandlungen und Verträgen ein deutliches politisches Signal gesetzt und damit klargemacht, dass wir uns nicht zum Bestandteil des Zusammenspiels von Integration und Partizipation auf der einen Seite und Verdrängung und Repression auf der anderen machen lassen - Integration und Partizipation für alle, die bestimmten herrschenden Interessen wie z.B. der Aufwertung des Schanzenviertels nützlich sind, und der Verdrängung und Repression für alle, deren Anwesenheit stört.
Auch den Verkauf werden wir nicht akzeptieren. Abgesehen davon, dass die Flora von niemandem erworben werden kann, da sie uns bereits gehört, muss sich auch der neue "Eigentümer" darüber im Klaren sein, dass er hier genauso wenig zu melden haben wird wie die Stadt Hamburg in den letzten 12 Jahren. An unserer Politik wird sich nichts ändern; denn die Rote Flora gibt es nur in dieser Form: als selbstverwalteter Raum für linke und linksradikale Politik und nichtkommerzielle Kultur. Unsere Vorstellungen von Selbstbestimmung und Emanzipation vertragen sich weder mit staatlicher, noch privater Einflussnahme und Kontrolle. Anstehende Auseinandersetzungen um die Zukunft des Stadtteils werden wir mit unseren Interventionsformen führen, wem auch immer das Haus, in dem wir uns bewegen, offiziell zugeschlagen wird.
Im Rahmen der sogenannten "Sicherheits- und Sauberkeits"-Diskussionen spielt die Privatisierung öffentlichen Raumes und die zunehmende Kontrolle und Steuerung durch private Institutionen eine zentrale Rolle. Erst vor zwei Tagen wurde uns an einer "Location", die Klausmartin Kretschmer von der Stadt erworben hat, vorgeführt, wie Privatisierung zu einer Zonierung des öffentlichen Raums führt: Nur diejenigen, die so aussehen, als ob sie sich die teuren Eintrittskarten für den Multimedia-Event leisten können, dürfen sich noch auf der Straße im Umkreis von 100m von den Kasematten bewegen. Für alle, die nicht genug Geld haben, stehen Hundertschaften bereit, die die Definitionmacht darüber, wer sich wo aufhalten darf, im Notfall mit dem Polizeiknüppel durchsetzen. Da wird dann schon mal AnwohnerInnen der Zugang zu ihren eigenen Häusern verwehrt, oder Menschen, die sich mit dem falschen Aussehen am falschen Ort befinden, werden brutal zusammengeschlagen. Mit Sicherheit hat Klausmartin Kretschmer uns vorgestern gezeigt, was von "Kraftorten", denen er sich ermächtigt hat, zu erwarten ist. Die Kraft, die für ihn von solchen Orten ausgeht, ist offensichtlich das Bronx-Feeling für Besserverdienende, mit dem sich prima Geld machen lässt. So wie im Schanzenviertel wird auch in St.Pauli Süd soziale Ungleichheit zur interessanten, authentischen Hintergrundkulisse für ein chices und kaufkräftiges Publikum.
Für die Zonierung des öffentlichen Raums sind das Schanzenviertel und die River-Kasematten nur zwei Beispiele. Schon lange gehört eine immer stärkere Einschränkung der Bewegungsfreiheit für bestimmte Menschen (Obdachlose, KonsumentInnen illegalisierter Drogen, Menschen schwarzer Hautfarbe) zum festen Bestandteil von Stadtentwicklungs-politik. An immer mehr Orten in der Stadt bestimmen soziale und rassistische Zugehörigkeitskriterien, wer sich dort aufhalten darf. Allerdings zeigt sich das Wechselspiel zwischen Aufwertungs- und Vertreibungsprozessen im Schanzenviertel besonders deutlich. In diese Prozesse hat die Rote Flora immer wieder eingegriffen: Mit der Benennung der Verantwortlichkeit der Drogenverbotspolitik für die Verelendung der DrogenkonsumentInnen, mit der Verurteilung der rassistisch aufgeladene Kriminalisierung des Drogenhandels, mit der Bloßstellung der Aufwertungspolitik der STEG. Der Versuch der Stadt, diese Konflikte durch den Verkauf des Gebäudes zu entpolitisieren, ist zum Scheitern verurteilt.

Gegen die Privatisierung und Zonierung von öffentlichen Räumen!
Gegen Integration und Befriedungspolitik!
Stört die öffentliche Ordnung, wo ihr sie trefft!


Rote Flora
25.4.2001