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Am Montag, den 10. Mai 2004, wurde in Hamburg eine Person aus dem linken
Spektrum, M., vor der Haustür von einem Unbekannten namentlich angesprochen.
Der Unbekannte stellte sich sofort als Mitarbeiter des Verfassungsschutzes
(VS) vor, er würde sich mit M. gerne bei einer Tasse Kaffee unterhalten.
Anhand einiger Fakten legte er dar, über M.s Privatleben informiert zu sein.
Er sei auf der Suche nach verlässlichen Quellen für den nächsten
Verfassungsschutzbericht, speziell zu den Themen Bambule und Antifa. Dabei
ginge es ihm nicht um spezielle Aktionen und Straftaten, sondern eher um
allgemeine Einschätzungen der "Szene". Anschließend ließ er durchblicken,
daß "der Aufwand sich finanziell lohnen" solle. M. nahm die Visitenkarte des
VSlers entgegen, danach verabschiedeten sich die beiden mit der Absprache,
M. würde sich evtl. melden.
Der Mitarbeiter des VS war ca. 1,90m groß, hatte gräulich-dunkle Haare und
war eher leger gekleidet (Jeans und Pulli). Nach eigenen Angaben ist er 45
Jahre alt, verheiratet und Vater einer 16jährigen Tochter. Wie so oft wurde
auch in diesem Fall versucht, über vermeintlich gemeinsame Interessen (hier
Fußball und speziell der FC St. Pauli) ins Gespräch zu kommen.
Was will der VS?
Während Politbullen in der Regel darauf aus sind, konkrete Informationen
über Zusammensetzung und Aktionen unserer Zusammenhänge zu kriegen, um aus
ihnen Konstrukte bilden zu können, die sie gegen uns verwenden wollen,
verfolgt der VS vornehmlich das Ziel, einen detaillierten Gesamtüberblick
über den linken Widerstand zu bekommen. Er soll durch seine Analysen und
Prognosen dazu beitragen, die geeignetsten Mittel des Repressionsapparates
zur Sicherung der herrschenden Verhältnisse herauszufinden. Auf der
Grundlage der Erkenntnisse des VS entscheiden die StrategInnen der "inneren
Sicherheit", ob versucht werden soll, den Widerstand entweder durch
Kampagnen, Integration, Spaltung oder Zerschlagung zu brechen.
So kümmert sich der VS nicht um die Errichtung irgendwelcher
personenbezogener Straftatkonstrukte, sondern vielmehr um die politische
Arbeit, die von unseren Zusammenhängen gemacht wird. Er ist dabei ständig
bemüht, diese Arbeit zu bewerten und vorauszusehen, inwieweit sie die
herrschende Ordnung gefährden könnte. Dafür hält es der VS für notwendig,
alle möglichen Interna, Diskussionen und Funktionen von Leuten aufzuzeichnen
und nachvollziehen zu können.
Natürlich gibt es aber trotz der unterschiedlichen Aufgaben einen regen
Informationsaustausch zwischen Bullen und VS und über das gesetzlich
erlaubte hinaus auch eine informelle Koordination und enge Zusammenarbeit
wenn es um ein gemeinsames Ziel geht, bspw. die Kriminalisierung eines
bestimmten Zusammenhanges oder Projektes.
Der VS bedient sich verschiedener Arbeitsweisen, beispielsweise:
Auswerten von öffentlich zugänglichen Quellen wie Flugblättern, Broschüren,
Zeitschriften und Veranstaltungen
Informationsbeschaffung bei (dazu verpflichteten) staatlichen Institutionen
wie Uni, Schule, Amt usw.
aber auch Anfragen bei ArbeitgeberInnen, Familie, Freunden und Bekannten
Einsatz von Spitzeln bzw. Under-Cover-BeamtInnen
Bei den Anwerbeversuchen
Der VS versucht auch kontinuierlich, InformantInnen durch das Anwerben von
Leuten aus unseren Zusammenhängen zu gewinnen.
Der VS sucht sich die Leute, die er ansprechen will, genau aus und bringt im
Vorwege einiges über sie in Erfahrung. So kann er die Umstände und die
Taktik des Anwerbeversuches genau auf die Person anpassen, Ort und Zeit
bestimmen und den Verlauf vorausplanen. Der Überraschungseffekt im Moment
der Kontaktaufnahme ist für Dich um so größer. Meist wirst Du in einer
scheinbar x-beliebigen Situation auf der Straße angesprochen, aber auch
Hausbesuche und seltener Telefonanrufe oder Briefe gehören zu ihrem
Programm.
Die Gesprächsstrategie ähnelt dabei der Verhörtaktik der Bullen. Zum einen
versuchen sie Dich verschiedenartig unter Druck zu setzen. Sie nennen
beispielsweise anstehende Verfahren, interne Erkenntnisse über Dich und
Deine Umgebung oder andere Umstände, von denen sie meinen, daß sich Dich
erpreßbar machen. Dabei können sie mit Drohungen, Handgreiflichkeiten oder
falschen Versprechungen agieren.
Zum anderen sind sie darauf aus, das Gespräch durch vermeintlich belanglose
Themen und einfache, plumpe oder lächerliche Fragen aufrechtzuerhalten. Sie
reden über Hobbys, Arbeit und Privates, vermeiden Reizwörter, benutzen
Szenevokabular. Dabei versuchen sie immer wieder, auf die für sie
interessanten Bereiche zu lenken, stellen hier weniger Fragen, sondern
treffen Feststellungen, wollen mit Dir ein gegenseitiges "Zweckbündnis"
eingehen und stellen andauernd rhetorische Fallen. Je länger dieses Gespräch
dauert, desto mehr Informationen kriegen sie aus Dir heraus. Sie sind
geschult und können aus eigentlich bedenkenlosen Äußerungen oder plötzlichem
Schweigen, minimalen körperlichen Reaktionen, Mimik und Gestik bereits
Erkenntnisse gewinnen, die sie auch verwerten können. Deine Konsequenz
sollte deshalb nur eine sein:
Maul halten
und den Kontakt sofort abbrechen. Es ist ein grundsätzlicher Fehler, sich
auf Gespräche mit dem VS einzulassen. Es wird kaum möglich sein, irgend
etwas Interessantes aus diesen Leuten herauszubekommen und wenn, nur unter
Preisgabe viel gewichtigerer Sachen für sie. Wir sollten diese
Anquatschversuche genauso bewerten wie Angriffe von Bullen und Justiz. Durch
ihre Arbeit als Teil des Repressionsapparates beteiligen sie sich an der
Kriminalisierung und Zerschlagung linken Widerstandes. Zumal die
Anquatschversuche aktiv dabei mitwirken sollen, Leute zu lähmen,
einzuschüchtern und mit Repression zu bedrohen.
Das einzig richtige Verhalten, diesen geheimdienstlichen Tätigkeiten
entgegenzutreten, ist die Öffentlichkeit zu suchen. Rede mit vertrauten
Leuten darüber, fertige ein Gedächtnisprotokoll an, und überlege Dir
gemeinsam mit anderen, diesen Versuch zu veröffentlichen. Informiere
Gruppen, die inhaltlich dazu arbeiten (Rote Hilfe, Ermittlungsausschuß
u.a.).
Der Verfassungsschutz ist ein staatliches Instrument, das den
Repressionsorganen zuarbeitet und allein aus diesem Grund kein
Gesprächspartner für uns!
Solidarität mit den Betroffenen!
Macht Anwerbeversuche öffentlich!
Keinerlei Zusammenarbeit mit VS und Bullen!
http://de.indymedia.org/2004/05/83410.shtml
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