Webjournal zum Flüchtlingskongress vom 21. April bis 1. Mai in Jena zurück | back

Frauenrechte im Iran

Mehrnousch stellt sich mit ihrer Geschichte vor. Sie ist Kommunistin, war im Iran im Widerstand organisiert,musste flüchten und ist daraufhin nach Kurdistan gegangen, um sich dort der Guerrilla anzuschließen. Nach sieben Jahren wurde sie aufgrund einer Verletzung vom UNHCR nach Deutschland ausgeflogen. Mittlerweile lebt sie seit 11 Jahren in Deutschland und ist hier organisiert, um ihren Kampf fortzuführen. Mehrnousch berichtet über die Situation im Iran und in Afghanistan mit dem Schwerpunkt, die Situation der Frauen dort zu beschreiben. Sie wendet sich gegen die Einheit von Staat und Religion, gegen die Anwendung der islamischen Gesetze, die die Frauen besonders hart treffen. Schwerpunkt ist hier die Zwangsverschleierung der Mädchen und Frauen. Im Iran gibt es eine Zeremonie für Mädchen, wenn sie fünf Jahre alt werden. Ihnen wird der Schleier angelegt als Zeichen dafür, sich jetzt als Mädchen, als zukünftige Frau zu definieren. Dies bedeutet, dass Ausdruck von Weiblichkeit mit Verachtung und Ablehnung des eigenen Körpers gleichgesetzt wird. Der Eintritt in die weibliche Gemeinschaft bedeutet gleichzeitig die Negation der eigenen weiblichen Identität. Mit 9 Jahren können Mädchen dann verheiratet werden.

Frauen, die angeblich Ehebruch begehen, werden öffentlich gesteinigt. Frauen, die gegen die islamischen Kleidervorschriften verstoßen, werden öffentlich ausgepeitscht. Sie werden währenddessen völlig mit dem Tschador bedeckt, so dass sie selbst in dieser Situation und vor allem mit ihrem Schmerz und ihrem Leid nicht sichtbar sind. Die Familiengesetze sind absolut frauenfeindlich. Lässt eine Frau - oder auch der Mann - sich scheiden, gehören die Kinder zum Mann oder der Familie des Mannes. Die Frau hat keine Möglichkeit, die Kinder bei sich zu behalten. Dies ist einer der wichtigen Fluchtgründe von iranischen Frauen. Die Ausbildung von Frauen wird immer weiter eingeschränkt, da Frauen nur noch getrennt von Männern und ausschließlich durch Frauen unterrichtet werden dürfen. Wie überall auf der Welt gibt es weniger lehrende Frauen, damit weniger Möglichkeiten. Ebenso in der Verteilung der Arbeitsmaterialien (Räume, Geräte etc.) sind Frauen benachteiligt. Frauen dürfen nur noch von Ärztinnen behandelt werden, Männern von männlichen Ärzten. Sind weibliche Ärzte nicht vorhanden, wird eher der Tod in Kauf genommen als eine Frau von einem Arzt behandeln zu lassen. In den öffentlichen Verkehrsmittel herrscht strenge Geschlechterapartheid. Dies beginnt bereits am Flughafen, wenn frau in den Iran reisen will. Es muss mit betreten des Flugzeugs ein Kopftuch aufgesetzt werden, die Männer- und Frauensitzplätze sind strikt getrennt. Ohne die Erlaubnis des Ehemannes oder des Vaters dürfen Frauen im Iran überhaupt nicht mehr reisen. Dies erschwert ihnen vor allem auch die Flucht, wenn sie sich entscheiden, diese unhaltbare Situation zu verlassen. In Afghanistan ist die Situation noch wesentlich extremer. Frauen dürfen überhaupt nicht mehr arbeiten, auch wenn sie dann völlig ohne Einkommen sind und verhungern müssen. Die Unterdrückung, Verachtung und Zerstörung von Frauen aufgrund ihres Frau-Seins hat hier ein kaum vorstellbares Maß erreicht. So verwundert es nicht, dass von den 120.000 iranischen Flüchtlingen in Deutschland 70% Frauen sind. Mehrnousch betont, dass diese extreme Frauenverfolgung auch nach der Flucht noch lange nachwirkt, dass Frauen erst überhaupt lernen müssen, sich als Frauen zu respektieren, liebevoll mit sich und ihrem Körper umzugehen, überhaupt eine eigene Wertschätzung für sich zu entwickeln, etc. Dies betont sie insbesondere im Hinblick auf die Beratungs- und Unterstützungsarbeit mit und für Frauen aus islamischen Ländern. Sie wendet sich entschieden dagegen, Zwangsverschleierung als Ausdruck kultureller Eigenständigkeiten, die nicht angegriffen werden dürfen, zu sehen. Sie macht sehr deutlich, dass das gesamte islamische Rechtssystem ein gezieltes System zur Frauenunterdrückung ist, ein System, dass Frauen zu wertlosen Lebewesen degradiert. Mehrnousch leitet aus dem Gesagten die Forderung ab, dass für Frauen die Herkunft aus einem islamischen Land, vor allem aus Iran und Afghanistan, als Asylgrund reichen muss. Dies sei nicht als spaltende Forderung gemeint, letztendlich gehe es selbstverständlich darum, ein Bleiberecht für alle zu erstreiten. Und es gehe auch nicht darum, verschiedene Formen der Verfolgung von Frauen gegeneinander aufzurechnen und zu werten, welche schlimmer sei. Sie und ihre Organisation stellen diese Forderung aufgrund ihrer Arbeit mit Flüchtlingsfrauen aus islamischen Ländern. Ebenso gehe es darum, dies auch aus dem Grund zu fordern, weil damit implizit eine Verurteilung dieser islamischen Regimes verbunden sei. Sie fordere, dass es reichen müsse als Frau als Asylgrund anzugeben, dass frau aus dem Iran komme. In der anschließenden Diskussion wird schnell deutlich, dass diese Forderung von den meisten Anwesenden so nicht geteilt wird. Die Frauen, die sich äußern, halten die Aufspaltung für problematisch. Ob das gewollt sei oder nicht, es entwickele sich darüber eher Konkurrenz darüber, welche Unterdrückung von Frauen nun schlimmer sei, als dass sich die notwendige Solidarität herstelle. Witwenverbrennung in Indien, der Mord von Mädchen direkt nach der Geburt, Beschneidung in Afrika - dies alles (und noch vieles mehr natürlich) sind Formen der Frauenvernichtung, die ebenso gravierend sind. Der Workshop als Ganzes einigt sich letztendlich auf die Forderung nach Anerkennung von frauenspezifischen Fluchtgründen.

Zweiter Schwerpunkt des Workshops ist die gesamtpolititsche Situation im Iran selbst und die Entwicklung der Beziehungen zwischen Deutschland und Iran. Zur Zeit wird Khatami im Westen, insbesondere in Deutschland als Reformer hochgehalten, er dient als Rechtfertigung dafür, die Beziehungen zum Iran zu normalisieren. Klar ist aber, dass er keine andere Politik macht als seine Vorgänger, dass verschiedene frauenverachtende Gesetze unter seiner Regierung erst erlassen worden sind. Frauen werden weiterhin zwangsverschleiert, ausgepeitscht, gesteinigt. Daher bleibt der Iran weiterhin ein Terror-Regime, das nicht reformierbar ist. Mehrnousch erzählt vom Kongress der Heinrich-Böll-Stiftung in Berlin. Er war ein Versuch, die Annäherung zwischen Iran und Deutschland zu unterstützen , das iranische System salonfähig zu machen. "Dialog" heißt der Obertitel, aber eigentlich geht es um die Bemäntelung klarer wirtschaftlicher Interessen. Eingeladen waren u.a. ein Ex-Geheimdienstler, der verantwortlich ist für Folter und Mord vieler Oppositioneller im Iran und ein Mullah. Iranische Organisationen hatten zum Protest aufgerufen und störten den Kongress massiv und wirksam. Ein Dialog mit Folterknechten und Vertretern der islamischen Herrschaft kann nicht zugelassen werden. Die Polizei, verstärkt durch private Sicherheitsdienste und Spezialeinheiten, prügelte auf die protestierenden IranerInnen ein und versuchte immer wieder, den Protest zu unterbinden. Dennoch gelang es Ihnen nicht, den Protest zu verhindern. Es ist ein Erfolg, dass der Kongress nicht reibungslos ablaufen konnte. Ebenso konnte diese Veranstaltung in anderen Städten nur noch unter massivem Polizeischutz und unter Geheimhaltung der Veranstaltungsorte stattfinden. Im Juli wird Khatami voraussichtlich Deutschland besuchen. Ein weiterer Schritt zur "Normalisierung" der Beziehungen. Die organisierten IranerInnen in Deutschland werden selbstverständlich massive Protestaktionen organisieren. In der Diskussion wurde schnell deutlich, dass wir es für sinnvoll und notwendig halten, diese Proteste zu unterstützen, über eigene Kanäle dazu zu mobilisieren. Wir verurteilen das Regime im Iran und ebenso die Haltung der Bundesregierung zu diesem Regime. Konkret wird überlegt, von seiten der Karawane eigenständig zu Protesten aufzurufen.

Das Komitee zur Verteidigung der Frauenrechte im Iran macht in Deutschland sowohl politische Arbeit zur Situation im Iran, arbeitet auch regional mit Karawane-Gruppen zusammen und macht andererseits ganz konkrete Beratungs- und Unterstützungsarbeit für Flüchtlinge vor allem aus Iran und Afghanistan. In 21 Städten gibt es Büros, die als Anlaufstellen dienen. Eine Kampagne aus der letzten Zeit war die Kampagne gegen die Zwangsverschleirung iranischer Frauen in Deutschland. Frauen benötigen für ihren Pass, den sie für die Abschiebung beantragen müssen, Passfotos mit Schleier. Andere werden von der iranischen Botschaft nicht akzeptiert. Dies hat dazu geführt, dass deutsche Polizisten iranische Frauen zwangsverschleiern, um sie abschieben zu können. Das heißt, die deutschen Behörden machen sich zum Handlanger des iranischen frauenfeindlichen Regimes im Iran. Vorläufig konnte die Abschiebung verhindert werden, jedoch ist noch keine Bleiberecht für die betroffenen Frauen erstritten worden.

Mehrnousch macht am Ende deutlich, dass sie sehr an enger Zusammenarbeit interessiert ist.

 

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