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Rastatt – Die sympathische Stadt an Rhein und Murg?
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Rassismus
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Rastatt – Die sympathische Stadt an Rhein und Murg?
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Bündnisse gegen Flüchtlinge
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Die meisten in der Asylbewerbersammelunterkunft
der badischen
Kleinstadt Rastatt untergebrachten
Flüchtlinge schlafen noch, als sie am
14. August 2003 um 6 Uhr morgens
unsanft geweckt werden. Bewaffnete
Vermummte schlagen Türen ein, stürmen
in die Zimmer, in denen meist
jeweils acht bis zwölf Erwachsene auf
engstem Raum untergebracht sind
und überwältigen die aus dem Schlaf
gerissenen Bewohner. Manchen wird
der Mund zugehalten, anderen der
Hals zugedrückt.
Als auch in der oberen Etage die
Türen eingeschlagen werden, stürzt
sich ein junger Mann in Panik aus
dem Fenster und bleibt mit ausgekugelten
Hüftgelenken und Knochenbrüchen
schwer verletzt liegen. Erst nach einer Weile können einige
der verschreckten Bewohner erkennen,
dass es sich bei den Eindringlingen
um Polizeibeamte eines Sondereinsatzkommandos
handelt und legen
die zur Verteidigung ergriffenen
Stühle zur Seite.
Diese von 150 Polizeibeamten durchgeführte
Durchsuchungsaktion war
der vorläufige Höhepunkt in einer
vom Rastatter Oberbürgermeister
Klaus-Eckhard Walker (SPD) initiierten
Hetzkampagne gegen die dort
untergebrachten AsylbewerberInnen.
Begonnen hatte die Geschichte mit
einer Raegge-Party, die die dort wohnenden
Flüchtlinge vor ein paar
Monaten auf dem Gelände der Sammelunterkunft
feierten und, um Probleme
zu vermeiden, sogar vorher bei
der Polizei anmeldeten.
Diese Party war dem in direkter Nachbarschaft
wohnenden sozialdemokratischen
Oberbürgermeister Klaus-
Eckhard Walker zu laut, so dass er
einige Tage später im Gemeinderat
verkündete, die Asylbewerber sollten
die Gepflogenheiten ihres Gastgeberlandes
respektieren oder »zurück in
den Kongo gehen, wo sie ums Feuer
tanzen können, bis sie schwarz werden,
was sie aber schon sind«.
Etwa 70 BewohnerInnen demonstrierten
daraufhin in der Innenstadt
gegen Rassismus. Während der Aktion
gab es von der Bevölkerung jedoch
nur wenig Zuspruch. Immer wieder
war zu hören, dass sich die Flüchtlinge
anpassen sollen, dass der
Bürgermeister völlig recht hätte und
nicht selten, dass die Flüchtlinge
gänzlich unerwünscht seien. Statt um
das Feuer sollten sie doch ins Feuer
tanzen, wurde von einigen Rastatter
Bürgern gefordert. Die Demonstrierenden
waren froh, dass es neben vielen
Beschimpfungen und einem Hitlergruß
nicht zu körperlichen Angriffen
kam.
Auch OB Walker liess sich auf der
Demonstration sehen. Doch anstatt
sich zu entschuldigen, erklärte er
öffentlich durch eine eigens hierfür
aufgestellte Lautsprecheranlage, dass
seine Äußerung nicht nur in Bezug
auf die Lärmbelästigung aus dem
Heim stünde, sondern auch aus väterlicher
Fürsorge bedingt gewesen sei.
Es sei ganz offensichtlich, »dass
unsere Kinder im Umfeld dieser Einrichtung
mit Rauschgift in Berührung
kommen können. Es geht also nicht
nur um Lärmbelästigung, sondern um
den Schutz unserer Familien und
Kinder«.
Die Polizei reagierte mit der erwähnten
Durchsuchungsaktion, deren Ziel
offiziell »die Festnahme« von fünf
mutmaßlichen Drogenhändlern war,
wobei »monatelange intensive Ermittlungen
der Kripo Rastatt« vorangegangen
seien. Auffällig ist jedoch,
dass einige Tage zuvor noch erklärt
wurde, die Unterkunft sei »kein
besonderer Schwerpunkt der Polizeiarbeit
« und drei der fünf Haftbefehle
am Tag der Demonstration ausgestellt
wurden.
Eine von einem Flüchtlinge nach
Bekanntwerden der Aussagen im
Gemeinderat gestellte Strafanzeige
wegen Beleidigung und Volksverhetzung
wurde als unbegründet abgewiesen.
Laut Staatsanwaltschaft seien
die Aussagen Walkers lediglich ein
politisch vielleicht nicht ganz korrektes
»Wortspiel«, mit dem keine konkreten
Personen beleidigt worden
seien.
Auch die SPD scheint mit ihrem OB
Walker kein Problem zu haben. Zwar
sagte beispielsweise die Landesvorsitzende
Ute Vogt, sie hätte sich
gewünscht, »er hätte sich differenziert
geäußert und zurückhaltender«.
Der Wirbel um den OB sei aber keinesfalls
eine SPD-Affäre, sondern »dessen
persönliche Angelegenheit«. Im
Vorfeld einer zweiten öffentlichen
Protestaktion riet die Leitung der
Unterkunft nach einem Gespräch mit
der Polizei den BewohnerInnen von
der Teilnahme ab, da man sie angeblich nicht vor zu erwartenden rechtsextremen
Übergriffen schützen könne.
Dem inzwischen aus dem Krankenhaus
entlassenen und vorerst auf
Krücken angewiesenen Verletzten
wurde dessen Wunsch, vorübergehend
ein freistehendes Zimmer im Erdgeschoss
zu beziehen, verwehrt.
Auch eine gemeinsame Party, zu der
die Flüchtlinge AntirassistInnen sowie
die Nachbarschaft einladen wollten,
wurde vom Landratsamt Rastatt, das
auf dem Lagergelände das Hausrecht
hat, verboten. Gäste würden Hausfriedensbruch
begehen.
Am 8. September 2003 veröffentlichte
die Stadt Rastatt, die sich auf ihrer
Homepage als »Die sympathische
Stadt an Rhein und Murg« bezeichnet,
unter dem Titel »Integration heisst
Eingliederung« per offizieller Pressemitteilung
einen Text von OB Walker,
der einige Tage zuvor in der Lokalzeitschrift
»RAZ« veröffentlicht worden
war. Obwohl auch in dieser
Version vielleicht nicht ganz absichtlich
noch einige Mal das Wort »ich«
enthalten war, wird darin vom OB in
der dritten Person geredet, der zu
Unrecht für seine zutreffenden Aussagen
verunglimpft werde. Schon am
Anfang ist zu lesen, es sei gesellschaftliche
Realität, »dass Menschen
nach Deutschland einreisen, die
offenkundig alles andere als ihre
Eingliederungsbereitschaft in unsere
Gesellschaft mitbringen«. Der brutale
Polizeieinsatz wird mit den Worten
gerechtfertigt: »Kriminellen Brennpunkten« sei wohl anders nicht beizukommen.
Jenseits der rassistischen Unterstellungen
des OB sind die Verhältnisse
im Rastatter Lager sowie der Alltag
der Flüchtlinge in Deutschland
schlimm genug. So müssen sich trotz
vieler freier Räume bis zu 12 Menschen
einen einzigen Raum teilen.
Wie in anderen Flüchtlingsheimen gibt
es auch hier nicht genügend Sanitäreinrichtungen
und erhebliche bauliche
Mängel. Anfeindungen, Angst,
ständige Kontrollen und Schikanen
durch Behörden und Polizei sowie
eine durch rassistische Gesetze
geschaffene völlige Perspektivlosigkeit
gehören für Flüchtlinge auch in
Rastatt zum Alltag.
Die neue Qualität des in Rastatt
immer mehr offen zu Tage tretenden
Rassismus, Perspektivlosigkeit und
die steigende Angst vor Übergriffen
macht die Situation für die dort
lebenden Flüchtlinge auf Dauer unerträglich.
Auf die Frage, ob sich durch
die Äußerungen des Bürgermeisters
und die darauf folgenden Proteste
etwas geändert habe, meint einer der
Bewohner: »Es ist schlimmer geworden
«. Er erzählt, dass ein deutlicher
Unterschied zu merken sei und
Anfeindungen aus der Bevölkerung
stark zugenommen hätten. »Viele im
Lager haben Angst. So kann man hier
in Rastatt nicht leben. Es muss sich
etwas ändern!« meint ein anderer.
Doch das Wie gestaltet sich angesichts
der fast übermächtig scheinenden
Gegner wie dem Oberbürgermeister,
rassistischen Gesetzen, Behörden,
Polizei und rassistischem Bürgermob
sowie der in Rastatt völlig fehlenden
Lobby und Unterstützung für die
Flüchtlinge als sehr schwierig.
Inzwischen wurden zudem mehrere
der damals protestierenden Asylbewerber
in andere Lager »transferiert«,
um die Aktiven zu trennen und andere
einzuschüchtern. Dass dabei
absichtlich bestehende Freundschaften
auseinandergerissen werden, die
anderen Lager weit entfernt liegen
und dort zudem kaum Menschen sind,
die die Sprache der Betroffenen sprechen,
liegt wohl im Kalkül des aus OB
und anderen Politikern, Behörden,
Unterkunftsleitung und rassistischem
Mob bestehenden inoffiziellen Bündnisses
gegen die Flüchtlinge.
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