Zweite Kundgebung in der Aktionskette
"Freiheit für alle politischen Gefangenen"
Am 10.6. fand in Stuttgart auf dem Schillerplatz (vor dem baden-württembergischen Justizministerium) die zweite Kundgebung in der Aktionskette "Freiheit für alle politischen Gefangenen" der Angehörigen politischer Gefangener und der "Initiative für die politische Diskussion zusammen mit den politischen Gefangenen" statt. Es haben sich ca. 60 Leute daran beteiligt. Zur Situation von Heidi Schulz und Christian Klar (beide in Baden-Württemberg im Knast) gab es ebenso Beiträge wie einen zu Irmgard Möller und zur allgemeinen Situation der Gefangenen. Neben zwei Beiträgen von antifaschistischen Gruppen wurde auch eine Grußadresse von einem kurdischen Freund verlesen.Die Picket-Line, die auch diesmal wieder dabei war, zog im Anschluß an die Kundgebung zur Fußgängerzone und informierte dort die Passanten per Megaphon über Zielsetzung und Forderungen dieser Aktionskette.Schließlich fuhren die Kundgebungsteilnehmerinnen und -teilnehmer zum Stammheimer Knast, in dem zur Zeit Heidi Schulz gefangengehalten wird, um dort noch eine weitere Kundgebung zu machen, die erst gegen 17.30 Uhr beendet wurde. (d.Red.)Die nächste Kundgebung in der Aktionskette "Freiheit für alle politischen Gefangenen" ist in München am 8.7., 12.00 Uhr, Karlsplatz (Stachus).
GrußadresseLiebe Angehörige der politischen Gefangenen, liebe Genossinnen und Genossen.Wir begrüßen die von Euch für heute organisierte Kundgebung für die "Freiheit aller politischen Gefangenen".Auch von uns sitzen zur Zeit mehr als 150 Kurdinnen und Kurden in den Gefängnissen der BRD, weil sie sich für die Freiheit und Unabhängigkeit des kurdischen Volkes einsetzen,weil sie den Krieg, den auch die BRD in Kurdistan führt, anprangern und sich dagegen zur Wehr setzen.Auch in den Gefängnissen des faschistischen türkischen Staates sitzen zur Zeit über 10000 politische Gefangene. Die Herrschenden sind zu feige, sich mit ihren politischen Gegnern politisch auseinanderzusetzen, deshalb soll der Gegner weggeräumt werden.Liebe Genossinnen und Genossen, wir sagen:Es ist eine alte Weisheit und eine grundlegende Haltung, die Gefangenen nicht allein zu lassen und mit ihnen für ihre Rechte und ihre Freiheit zu kämpfen.Wir sagen: Weder die Gefängnisse noch andere Unterdrückungsapparate können uns von unserem Kampf um die Freiheit aller Menschen abbringen!Solidarität mit allen politischen Gefangenen!Freiheit für alle politischen Gefangenen!
Kundgebungsbeitragvon der Antifa-JugendfrontHallo! Ich bin von der Antifa-Jugendfront.Seit November '93 werden in Berlin 5 türkische und kurdische Antifas in U-Haft gefangengehalten. Ihnen wird vorgeworfen, im April '92 den Nazi-Funktionär Gerhard Kaindl bei einer Auseinandersetzung in einem Kreuzberger Chinarestaurant erstochen zu haben.Schon kurz nach dem Vorfall wurde von der Polizei eine 20köpfige Sonderkommission gebildet und eine hohe Belohnung von 10000 Mark ausgesetzt. Anders als bei den vielen faschistischen Morden zeigte hier die Polizei sofort ihre Handlungsfähigkeit. In der nächsten Zeit wurden systematisch vor allem ausländisch aussehende Antifanen observiert und mit Phantombildern nach "südländisch aussehenden" TäterInnen gefahndet. Es kam zu über 10 Hausdurchsuchungen in ganz Berlin, bei denen 2 Personen vorläufig festgenommen wurden. Besonders eine der beiden, eine türkische Frau, wurde bei den Verhören massiv unter Druck gesetzt und mit Ausweisung bedroht. Trotzdem kam es zu keinem Haftbefehl. Der Staatsschutz konnte keine Ermittlungsergebnisse vorweisen.Erst im November '93, also eineinhalb Jahre später, wurde unter ungeklärten Umständen Erkan verhaftet, er war schon vor seiner Verhaftung in psychiatrischer Behandlung, weil er mit seinen seelischen Problemen allein nicht mehr fertig wurde. Bei den Verhören wurde er stark unter Druck gesetzt, er bekam in den ersten Wochen weder FreundInnen noch einen Anwalt oder eine Anwältin zu Gesicht. Unter diesen Umständen machte er Aussagen, auf denen die Haftbefehle gegen Fatma, Abidin, Mehmet, Bastin und 5 weitere AntifaschistInnen beruhen.Gleichzeitig folgen Vorladungen von KneipenbesitzerInnen und MieterInnen von Infocafes, Observationen und Schnüffeleien, Hausdurchsuchungen, Vorlagen von Fotomappen und Einschüchterungsversuche von seiten des Staatsschutzes.Fatma wurde in den ersten Monaten unter Isohaft-Bedingungen gefangengehalten. Nicht viel anders ging es den anderen Gefangenen: auch sie hielt man unter verschärften Bedingungen fest.Die Ermittlungsergebnisse wurden an einen Funktionär der faschistischen Partei "Deutsche Liga" weitergegeben.Aufgrund der Aussagen von Erkan und Bastin wurde inzwischen Anklage wegen Mordes aus niedrigen Beweggründen und gemeinschaftlichen 6fachen Mordversuchs erhoben.Es soll aus den AntifaschistInnen eine blutrünstige Mörderbande konstruiert werden. Auf altbekannte Weise wird versucht, ImmigrantInnen und AntifaschistInnen, die sich gegen den Naziterror wehren, mit den Schlägertrupps der FaschistInnen gleichzusetzen. Doch der antifaschistische Selbstschutz hat nichts mit dem Terror der Neonazis gemeinsam, denn deren menschenverachtende Gewalt und die Politik der FaschistInnen in Schlips und Kragen richtet sich gegen alle, die von ihnen als "lebensunwert" betrachtet werden oder nicht in ihr Weltbild passen: z.B. sogenannte AusländerInnen, Flüchtlinge, Schwule, Lesben, Linke, Andersdenkende und so weiter und so fort.Der antifaschistische Widerstand dagegen kämpft gegen den rechten Straßenterror und gegen das öffentliche Auftreten der FaschistInnen und deren hetzerische Propaganda. Er greift aber auch die Hintermänner in den Parlamenten und Chefetagen an, die den Rassismus schüren, von ihm profitieren und in Gesetze gießen. Die Abschaffung des Asylrechts ist nur das herausragendste Beispiel für die Zusammenarbeit zwischen rassistischen PolitikerInnen im Bundestag und dem braunen Mob auf der Straße. Daher wird der Widerstand vom Staat als Bedrohung gesehen, verfolgt und kriminalisiert.Der Tod eines Faschisten soll dazu benutzt werden, die gesamte antifaschistische Bewegung zu spalten: in friedliche Bürger und "gewaltbereite Autonome": also in "gute" und "böse" AntifaschistInnen. ImmigrantInnen, die nicht länger stillhalten, werden zum "Sicherheitsrisiko" abgestempelt.Lassen wir das nicht zu! Wehren wir uns gemeinsam gegen Naziterror, Repression und staatlichen Rassismus.Wir fordern:Freiheit für die gefangenen AntifaschistInnen!!!Freiheit für alle politischen Gefangenen!!!Eingreifen ist gerechtfertigtKampf dem Faschismus heißt Kampf dem imperialistischen SystemAntifa-Jugendfront
GSG 9 erneut unter Mordverdacht
Beschwerdebegründung gegen Einstellung des Todesermittlungsverfahrensz.N. Wolfgang Grams eingereicht
ir haben mit Schriftsatz vom 6.6.1994 die Beschwerde gegen die Einstellung des Ermittlungsverfahrens gegen Angehörige der GSG9 wegen des Todes von Wolfgang Grams begründet und beantragt:1. Die Einstellungsverfügung wird aufgehoben.2. Die Staatsanwaltschaft Schwerin wird angewiesen, gegen die bereits als Beschuldigte ermittelten Beamten der GSG9 Nr. 6 und 8 sowie die weiteren am unmittelbaren Zugriff gegen Wolfgang Grams beteiligten GSG9-Beamten Nr. 2, Nr. 3 und Nr. 7 Anklage wegen eines vorsätzlichen Tötungsdeliktes zu erheben.Wir haben ferner bei der Staatsanwaltschaft Schwerin mit gleicher Post gegen die Beamten der GSG9 Nr. 2, Nr. 3 und Nr. 7 Strafanzeige erstattet und beantragt, ein Ermittlungsverfahren wegen Mordes gegen sie einzuleiten.Der Beschwerdebegründung und der Strafanzeige liegt folgender Sachverhalt zugrunde, wie er sich für uns nach gründlicher Auswertung der von der Staatsanwaltschaft Schwerin überlassenen Ermittlungsakten und nach Einholung weiterer rechtsmedizinischer Gutachten darstellt.Danach hat sich am 27.6.1993 in Bad Kleinen folgendes ereignet:Nachdem Birgit Hogefeld und der Verfassungsschutzmitarbeiter Klaus Steinmetz im Tunnel unter dem Bahnhof von Bad Kleinen von GSG9-Beamten überwältigt worden waren, rannte Wolfgang Grams die Treppe zum Bahnsteig 3/4 hinauf. Ihm folgte ein Spezialeinsatztrupp von GSG9-Beamten, die bereits auf der Treppe das Feuer auf Wolfgang Grams eröffneten. Wolfgang Grams erreichte den Bahnsteig und bog um das linke Geländer des Treppenaufganges. Hier drehte er sich mit dem Rücken zu Gleis 4 und der Vorderseite zum Aufgang. In dieser Position zog er eine Pistole mit der rechten Hand. Auf dem Bahnsteig befand sich nun auch der ihm nacheilende Polizeitrupp und feuerte auf ihn aus ca. 1,50 Meter Entfernung. Wolfgang Grams wurde getroffen und rückwärts vom Bahnsteig auf das Bahngleis 4 vor die Bahnsteigkante geschleudert. Die GSG9-Beamten Nr. 3 und 6 setzten unmittelbar nach. Wolfgang Grams umklammerte zu diesem Zeitpunkt die Pistole mit der rechten Hand. Sie wurde ihm von einem der beiden nachgeeilten GSG9-Beamten mit einem Entwindungsgriff abgenommen. Mit einem aufgesetzten Nahschuß wurde ihm von diesem GSG9-Beamten in die rechte Schläfe geschossen. Der Schuß war tödlich. Der GSG9-Beamte Nr. 3 verließ das Gleisbett. Der GSG9-Beamte Nr. 8 trat nun an das Gleis heran. Der gesamte Geschehensablauf dauerte nur wenige Sekunden.Prof. Dr. Bonte, Direktor des Instituts für Rechtsmedizin der Heinrich-Heine- Universität Düsseldorf, hat im Auftrage der Eltern von Wolfgang Grams die dem Ermittlungsergebnis der Staatsanwaltschaft Schwerin zugrundeliegenden Gutachten überprüft und ist in zwei eigenen Gutachten zusammenfassend zu folgenden Ergebnissen gekommen.I. "Hauptziel aller durchgeführten Untersuchungen war festzustellen, ob der tödliche Kopfschuß von Herrn Grams selbst abgegeben wurde oder von einem der GSG9-Beamten. Alle Gutachter gehen übereinstimmend davon aus, daß der Schuß aus der Brünner CZ 75 kam. Hieran ist nicht zu zweifeln. Indes beweist dieses nicht, daß Herr Grams diese Waffe bei Schußabgabe geführt hat.Die Untersuchungen wurden durch strategische Fehler erheblich gestört, wodurch wichtige Rückschlüsse nicht mehr oder nur noch eingeschränkt möglich waren. Dieses wurde insbesondere von Züricher Gutachtern verdeutlicht. Sie sahen sich zu einer sicheren Differenzierung zwischen Selbst- und Fremdtäterschaft nicht in der Lage.Eine sichere Beurteilung wurde ausschließlich von Prof. Brinkmann (Münster) vorgenommen. Er stützt die Annahme einer Selbsttäterschaft im wesentlichen auf zwei Argumente:1. Die Waffe muß so schnell zu Boden gefallen sein, daß sie diesen erreichte oder nahezu erreichte, bevor ein zunächst nach oben spritzender Spray aus Blut und Gewebeteilen darauf herabregnen konnte. Nach Ansicht von Prof. Brinkmann wird diese Bedingung nur erfüllt, wenn man davon ausgeht, daß eine sofort einsetzende atonische Lähmung die Waffe aus der Hand freigab. Damit sei Selbsttäterschaft bewiesen.2. Bei Fremdtäterschaft hätte die Bekleidung des Täters mit solchen Partikeln bespritzt werden müssen; die entsprechenden Untersuchungen hätten aber ein negatives Ergebnis gehabt. Folglich sei Fremdtäterschaft auszuschließen.In dem vorliegenden Gutachten wurden insbesondere diese Argumente einer eingehenden Analyse unterzogen. Sie kam zu dem Ergebnis, daß beide Argumente nicht zwingend oder falsch sind:1. Die Waffen wurde im Augenblick des Einschusses bespritzt. Alle Gegenargumente sind sicher widerlegbar. Ein Rückschluß auf Selbsttäterschaft ist wissenschaftlich nicht haltbar.2. Anders als bei Prof. Brinkmann verliefen die Untersuchungen bei Prof. Bär (Zürich) positiv. Die Interpretation dieses Befundes ist allerdings durch fehlerhafte Handhabung erschwert. Fremdtäterschaft ist nicht zwingend abzuleiten. Keinesfalls ist sie auszuschließen.Entgegen der Annahme von Prof. Brinkmann ist also weder Selbsttäterschaft bewiesen noch Fremdtäterschaft auszuschließen. Eine sichere Differenzierung ist anhand der vorgelegten Untersuchungsergebnisse nicht möglich.Es erscheint lohnenswert, der Ursache der charakteristischen Hautabschürfungen auf dem rechten Handrücken von Herrn Grams experimentell nachzugehen (Entwindungsgriff?) und die wissenschaftlich angreifbaren Schußentfernungsbestimmungen zu überprüfen."II. Im Rahmen eines Ergänzungsgutachtens ging Prof. Dr. Bonte der Verletzung der rechten Hand von Wolfgang Grams nach. Dieses faßt er wie folgt zusammen:"Die auf dem rechten Handrücken von Wolfgang Grams festgestellten bogenförmige Hautabschürfung und -rötung läßt sich widerspruchsfrei durch einen streifenden Kontakt mit dem Hahnende im Rahmen eines Entwindungsgriffs erklären. Form und Aussehen der Hautveränderung sind beim Experiment in weitestgehender Annäherung reproduzierbar. Auch beim Herausziehen der zwischen Schotterbett und Gesäß eingeklemmten Hand hätte es im Prinzip zu einer Verletzung am gleichen Ort kommen müssen. Es ist unwahrscheinlich, daß dabei eine regelmäßige viertelelliptische Rötung ohne durchgehend sichtbare Hautabschürfung entstanden wäre. Mit Sicherheit wäre es zu einer umschriebenen Hautabschürfung in der Nähe des Daumengrundgelenks gekommen, nicht aber im handgelenksnahen Bereich, wie im vorliegenden Fall."Aufgrund der vorgelegten Gutachten von Prof. Dr. Bonte ist die Behauptung der Staatsanwaltschaft, wonach Wolfgang Grams zwingend Selbstmord begangen haben soll, nicht mehr zu halten. Vielmehr besteht der hinreichende Verdacht, daß Wolfgang Grams die ihm zugeordnete Waffe entwunden worden ist, wodurch die charakteristischen Verletzungen an seiner rechten Hand entstanden sind.Der von uns vorstehend beschriebene Geschehensablauf auf dem Bahnhof von Bad Kleinen ergibt sich exemplarisch aus der Zeugenaussage eines BKA-Beamten mit der Legendierung Nr. 12, der sich auftragsgemäß als Beobachter auf dem Stellwerk des Bahnhofes am geöffneten Fenster aufgehalten hat. Nach seiner Schilderung konnte er beobachten, wie eine Personengruppe vom Aufgang kommend sich der Bahnsteigkante näherte. Eine Person drehte sich dann in Richtung des Aufganges um. Zeitgleich mit dem Umdrehen hörte er zwei Schüsse, auf die dann mit sehr kurzer zeitlicher Unterbrechung eine Salve von Schüssen folgte. Während die Schüsse fielen, wurde eine Person rückwärts auf die Gleise geschleudert, wo sie auf dem Rücken liegen blieb. Zwei Personen sprangen ihr nach und blieben neben der Person stehen. Dieser Ablauf spielte sich nach Schätzung des BKA-Beamten innerhalb von 10 bis 15 Sekunden ab.Diese Beobachtung des BKA-Zeugen deckt sich im wesentlichen mit der Beobachtung weiterer Zeugen. Seiner Wahrnehmung kommt deshalb besondere Bedeutung zu, weil er als professioneller Beobachter des Geschehens auch ein "geschulter" Zeuge ist, der anders als sog. "Trouble-Zeugen" nicht in gleicher Weise affektgeladen am beobachteten Geschehen beteiligt war. Für die Glaubhaftigkeit seiner Angaben spricht ferner, daß er als einziger Zeuge über sämtliche Vernehmungen hinweg und ohne Widersprüche seine Aussage in allen entscheidenden Punkten aufrecht erhalten hat. Das weitere Geschehen konnte weder durch den Zeugen noch durch andere Zeugen aufgehellt werden.Als Fazit stellen wir fest, daß sich aufgrund des überwiegenden Teils der Zeugenaussagen für den Zeitraum bis unmittelbar vor dem tödlichen Kopfschuß schlüssig nur ein anderer als der von der Staatsanwaltschaft festgeschriebene Tatablauf ergibt. Die Staatsanwaltschaft Schwerin hatte behauptet, zwischen dem Ende des Schußwechsels auf dem Bahnsteig und dem Nacheilen der GSG9-Beamten ins Gleis zum verletzten Wolfgang Grams habe eine Zeitspanne von 30 bis 60 Sekunden bestanden, Zeit genug für Wolfgang Grams, um sich selbst zu erschießen, was freilich niemand gesehen haben will.Die einzige namentlich bekannte Tatzeugin, die Kioskverkäuferin, hat allerdings gesehen, daß zwei Männer neben Wolfgang Grams im Gleisbett standen und wie einer von ihnen, ein Mann mit weinroter Oberbekleidung, auf den Oberkörper geschossen hat. Zu diesen Aussagen steht die Zeugin bis heute.Der von uns geäußerte hinreichende Tatverdacht gegen den Beamten mit der Legendierung GSG9 Nr. 3 als mutmaßlicher Todesschütze gründet sich auf folgende Erkenntnisse: Der Mann war Führer des Zugrifftrupps und für die Überwältigung eingeteilt, während andere Beamte, insbesondere die Nr. 6 und 8, "sichern" sollten. Bei der Verfolgung von Wolfgang Grams lief der Beamte an dritter oder vierter Stelle und befand sich gemeinsam mit Nr. 6 hinter den Beamten Newrezella und Nr. 5. Nachdem diese beiden von Kugeln getroffen waren, befand sich Nr. 3 mit Nr. 6 daher an erster Stelle. Beide taten, was sie immer wieder geübt haben. Sie setzten dem Gegner sofort nach, um ihn in Handlungszwang zu bringen und um die Schußabgabe auf eigene Kräfte zu verringern. Nr. 8 befand sich dagegen ganz am Ende des Trupps und hätte daher die längste Zeit benötigt, um zu Wolfgang Grams zu gelangen. Der Beamte GSG9 Nr. 3 war zudem mit einem weinroten Sweat-Shirt bekleidet. Nach dem Einsatz zeigte er ein auffälliges Verhalten: Er wurde abseits geführt, als er einen Weinkrampf erlitt. Aufgrund eines ernstzunehmenden Hinweises aus dem Kreis einer am Einsatz beteiligten Person wurde bekannt, daß der Todesschütze nach dem Einsatz noch am Bahnhof einer besondere Betreuung zugeführt worden war. Vorher hatte er sich in den Tunnel zu Birgit Hogefeld begeben, die wehrlos am Boden lag, schlug ihr nach ihren Angaben ins Gesicht und fesselte sie in besonders brutaler Weise.Die Forderung nach Anklageerhebung gegen die übrigen am direkten Zugriff beteiligten Beamten ergibt sich aus deren Mittäterschaft an der Ermordung von Wolfgang Grams. Diese bestand darin, daß sie den sich vor ihren Augen abspielenden Mord nicht zu verhindern suchten, sondern ihn bis heute zu verdecken helfen. Die juristische Qualifizierung als "Handeln durch Unterlassen" beruht auf ihrer Garantenstellung.Die Frontpartie der Jacke und die Hose des Beamten GSG9 Nr. 6 wiesen nach Erkenntnissen von Prof. Bär sowohl an der Hose als auch an der Frontpartie neben den bereits bekannten Wischspuren am rechten Érmel Blut von Wolfgang Grams auf. Die Jacke - wichtiges Beweismittel - ist allerdings auf wundersame Weise in Zürich verschwunden. Diese Tatsachen sind von der Staatsanwaltschaft Schwerin gänzlich ignoriert worden.Aufgrund der zeitlichen Dichte des einheitlichen Geschehensablaufes und der Erkenntnisse der vorliegenden Gutachten muß sich die Staatsanwaltschaft Schwerin endlich folgenden Tatsachen stellen:1. Das gesamte Geschehen spielte sich in wenigen Sekunden ab.2. Noch bevor Wolfgang Grams auf das Gleis 4 stürzte, befanden sich die ihn verfolgenden Polizisten auf dem Bahnsteig.3. Zwei der Beamten sprangen unmittelbar zu Wolfgang Grams ins Gleisbett.4. Hier wurde Wolfgang Grams die Waffe entwunden und der tödliche Schuß gesetzt.5. Das Ganze spielte sich vor den Augen der in unmittelbarer Nähe befindlichen übrigen Mitglieder des Zugriffskommandos ab.6. Wolfgang Grams hat keinen Selbstmord begangen.7. Es besteht somit hinreichender Tatverdacht gegen die GSG9-Beamten wegen eines vorsätzlichen Tötungsdeliktes. Die Staatsanwaltschaft ist zur Anklageerhebung verpflichtet.Presseerklärung der Rechtsanwälte Andreas Groß, Thomas Kieseritzky
Presseerklärung des Kurdistan Informationsbüros in Deutschland, 30.5.94
Kriminalisierung von Kurden geht weiter
Aktion der Bundesanwaltschaftgegen die Kurden in Saarbrückenwar ein Schlag ins WasserVorgestern, am 28.5.1994 um 10.00 Uhr, hat die Polizei mit Hilfe von GSG9- Einheiten auf Befehl der Bundesanwaltschaft in Karlsruhe den Kurdischen Kulturverein in Saarbrücken überfallen. Bei dem Überfall wurden ungefähr 50 Kurden und Kurdinnen, die sich zu dieser Zeit im Verein aufhielten, vorübergehend festgenommen und nach Feststellung ihrer Identität am späten Abend freigelassen; außer einer Kurdin, die zu Besuch aus Belgien nach Deutschland eingereist war.Offiziell wurde dieser Überfall damit begründet, daß nach einem mit Haftbefehl gesuchten PKK-Aktivisten gefahndet würde. Bereits zwei Stunden nach dem Überfall mußte der Sprecher der Bundesanwaltschaft in Karlsruhe zugeben, daß es nicht zur erhofften Verhaftung der gesuchten Kader der Arbeiterpartei Kurdistans (PKK) gekommen sei. Dies zeigt auch ganz deutlich, daß die offizielle Begründung der Bundesanschaft lediglich ein Vorwand und eine Lüge war. Tatsächlich zielt diese Maßnahme auf die Kriminalisierung, Terrorisierung und Verhinderung der Ausübung und Suche kurdischer Menschen nach ihrer Kultur und Identität. Solche Lügen wurden bereits vorher in vielen anderen Bundesländern dazu benutzt, die kurdischen Kulturvereine in den jeweiligen Städten zu durchsuchen, zu verbieten und ihre Arbeitsmaterialien zu beschlagnahmen.Der saarländische kurdische Kulturverein ist, wie alle anderen kurdischen Vereine in den Bundesländern auch, allen städtischen Behörden - darunter auch den Landesparlamenten - aufgrund seiner kulturellen, sportlichen und sozialen Aktivitäten sehr bekannt.In den letzten Jahren sind zahlreiche kurdische Kriegsflüchtlinge nach Deutschland geflüchtet. Die deutsche Bevölkerung weiß, daß die Flüchtlinge aus Kurdistan auch vor deutschen Waffen fliehen mußten. Die Bundesregierung leistet dem türkischen Militär neben der Lieferung von Waffen, die bei dem Völkermord gegen das kurdische Volk benutzt werden, politisch-moralische und vor allem auch wirtschaftliche Hilfe.Doch mit dieser Hilfe begnügt sich die Bundesregierung anscheinend nicht und will mit ihren Kriminalisierungs- und Terrorisierungsaktionen gegen die Kurden und Kurdinnen in Deutschland ihre Jahrzehnte dauernde deutsch-türkische Komplizenschaft zu Lasten des kurdischen Volkes stärken.Wir sind fest davon überzeugt, daß all die Überfälle, Angriffe, Beschlagnahmungen und Verbote, die ein Schlag gegen die Presse- und Meinungsfreiheit, gegen die Demonstrations- und Versammlungsfreiheit, ja sogar einen schwerer Angriff auf Demokratie darstellen, in Zusammenarbeit mit den türkischen Behörden, dem türkischen Konsulat durchgeführt werden. Das beweist auch die türkische staatstreue Zeitung Hürriyet vom 30. Mai d.J., indem sie auf der Titelseite die Parallele der deutsch-türkischen Hetzkampagne gegen die Kurden bejubelt und dadurch die Kurden als legitimes Angriffsziel in den Mittelpunkt stellt. Ziel dieser Operationen gegen die Kurden ist, die Kurden gegenüber den Massakern in Kurdistan, die mit deutschen Waffen durchgeführt werden, zum Schweigen zu bringen, die kurdische Bevölkerung hier ihrer Kultur und ihres Selbstbestimmungsrechtes zu entfremden und vor allem das friedliche Zusammenleben zwischen Kurden und Deutschen zu zerstören, indem sie gezielt die kurdische Bevölkerung mit ihren Aktionen als gefährliches Massenpotential darstellt.Diese Aktionen ermutigen den türkischen Staat bei seinen Massakern gegenüber der kurdischen Bevölkerung. Allein im Mai d.J. hat der türkische Staat 74 kurdische Dörfer total zerstört und dem Erdboden gleichgemacht und die Dorfbevölkerung vertrieben. Täglich fallen 20 bis 30 kurdische Zivilisten dem schmutzigen Krieg der türkischen Militärs zum Opfer. Der Druck gegen legale Parteien, demokratische Organisationen und Vereine hat sich erhöht, und es sind ungefähr 35000 Kurden aus Nord-Kurdistan (Türkisch- Kurdistan) nach Süd-Kurdistan (Irakisch- Kurdistan) vertrieben worden, die den Rest ihres Lebens in den Bergen verbringen müssen. Die Türkei, der Irak und der Iran greifen bei jeder Möglichkeit die kurdischen Flüchtlinge an. Damit soll verhindert werden, daß die Kurden und Kurdinnen aus den jeweils besetzten Teilen die Flüchtlinge aus Türkisch-Kurdistan unterstützen.Statt gegen den schmutzigen Krieg in Kurdistan zu demonstrieren und Druck auf die türkische Regierung auszuüben, um eine friedliche politische Lösung zu ermöglichen, startet die Bundesregierung Hand in Hand mit dem türkischen Staat Aktionen, Überfälle, Verhaftungen und Verbote gegen die kurdische Bevölkerung in Deutschland.Statt der deutschen Bevölkerung die Suche nach einer friedlichen Lösung vorzutäuschen, sollte die Bundesregierung endlich praktische Schritte in diese Richtung unternehmen und durch Vermittlung zu einer politischen Lösung - die von der kurdischen Seite mehrmals vorgeschlagen und mit einem einseitigen Waffenstillstand untermauert wurde - beitragen.
In der Nacht vom 28. auf den 29.5. demonstrierten 300 Deutsche und Kurden in der Saarbrückener Innenstadt und blokkierten 6 Stunden lang die Mainzerße aus Protest gegen den GSG9-Einsatz. (d.Red.)
Polizeieinsatz auf FDP-VeranstaltungAnläßlich einer FDP-Wahlveranstaltung mit Außenminister Klaus Kinkel am 20.5. in Frankfurt a.M. fand eine Stunde vorher eine Kundgebung vor dem Veranstaltungsgebäude gegen die Wiederaufnahme der Waffenlieferungen an die Türkei durch die Bundesregierung statt. Die Kundgebung stand unter dem Motto: "Kinkel lügt! - Deutsche Waffen morden weiter mit in Kurdistan". Nachdem die KundgebungsteilnehmerInnen in den Veranstaltungsraum gingen, um durch Redebeiträge und Fotos, die den Einsatz deutscher Waffen gegen Kurden in der Türkei belegen, gegen die Beteiligung der BRD am Völkermord in der Türkei zu protestieren, griff Polizei gewaltsam ein. 12 Personen wurden festgenommen, ins Polizeipräsidium gebracht und dort bis weit in die Nacht festgehalten und erkennungsdienstlich behandelt. (nach einer Pressemitteilung des antirassistischen/antifaschistischen Notruf- und Infotelefons Frankfurt a.M. - d.Red.)
Hausdurchsuchung bei Mitarbeiterder AKTION 3.WELTAm Dienstag, den 10.Mai, durchsuchten Beamte des Landeskriminalamtes Saarbrücken (LKA), Abteilung Staatsschutz, die Privatwohnung eines Vorstandsmitgliedes der AKTION 3.WELT. Unter dem Vorwand "Gefahr im Verzug" suchten die Beamten nach Unterlagen der Kurdischen Arbeiterpartei PKK. Die Suche verlief ergebnislos.Formaler Anlaß der Durchsuchung war die angebliche Teilnahme an einer Autobahnblockade von Kurden am 22.März dieses Jahres.Zu diesem Zeitpunkt befand sich der Mitarbeiter der AKTION 3.WELT im Rahmen der saarländischen Kurdistan- Delegation in Istanbul. Er recherchierte dort zum Thema "Inländische Fluchtalternative Westtürkei" und führte zahlreiche Interviews mit Zeitungen und Rundfunkstationen, auch am 22.März. Genau dies ist dem LKA bekannt.Worum geht es eigentlich?jedenfalls nicht um eine Autobahnblockade. Es war der Versuch, Mitarbeiter der AKTION 3.WELT einzuschüchtern und sie daran zu hindern, Tatsachen über den schmutzigen Krieg in Kurdistan zu verbreiten. Politisch Andersdenkende werden kriminalisiert. Gleichzeitig soll im Umfeld der AKTION 3.WELT Angst verbreitet werden. Getreu dem Motto: Wenn der Staatsschutz kommt, wird ja schon irgendwas dran sein.Im Gegensatz zu den staatlichen Stellen der BRD ist die AKTION 3.WELT im Kurdistan-Konflikt für eine politische und friedliche Lösung. Die AKTION 3.WELT lehnt deutsche Waffen und deutsches Geld für den Völkermord in Kurdistan ab. Durch das Verbot von kurdischen Organisationen und des kurdischen Neujahrsfestes NEWROZ heizt die BRD den Konflikt an und hat die Auseinandersetzungen provoziert. Dabei ist augenscheinlich, daß bei den Autobahnblockaden mit zweierlei Maß gemessen wird: Erinnert sei hier nur an die Aktionen der Stahlarbeiter von Rheinhausen 1988 oder an die immer wieder stattfindenden Straßenblokden von Bauern.Die AKTION 3.WELT fordert:- keine Abschiebungen von KurdInnen- keine Waffen- und Finanzhilfe an die Türkei- keine Kriminalisierung Andersdenkender()AKTION 3.WELT Saar, Weiskircher Str. 24, 66674 Losheim
Aufruf zur Demonstration am 25.6. in Frankfurt
Für eine politische und demokratische
Lösung der kurdischen Frage!
Der schreckliche Krieg in Kurdistan wird zum Auftakt der Auslöschung. Die gesamte kurdische Bevölkerung wird unter dem Vorwand der "Terroristenbekämpfung" vom türkischen Staat bedroht. 20000 Menschen verloren in den 10 Jahren des Krieges ihr Leben. Die allermeisten als Zivilisten. Über 1000 Dörfer und auch Städte wurden gewaltsam entvölkert und zerstört. Noch im Mai 1994 wurden 74 Orte dem Erdboden gleichgemacht. Über 2 Millionen Menschen, vorwiegend aus der Landbevölkerung, befinden sich auf der Flucht im eigenen Land. Zuletzt flohen 35000 Flüchtlinge nach Südkurdistan (Irakisch-Kurdistan).Die türkische Regierung verlegte noch im März 1994 zusätzlich 150000 Soldaten in das Kriegsgebiet. Damit sind es insgesamt 500000 Militärs, die zu einer erklärten Gegenoffensive gegen die Kurdinnen und Kurden antreten. Mit dieser Politik ereignet sich die blutige Fortsetzung der Vernichtungsmaßnahmen des osmanischen Reiches, die 1905 mit dem Massaker an 1,5 Millionen Griechen und 1915 an 3 Millionen Armeniern grausame Wirklichkeit wurden. Es handelt sich, damals wie heute, um Völkermord, der geleugnet und verschwiegen wird. Auch für die Türkei sind die Konsequenzen jedenfalls im politischen und wirtschaftlichen Bereich unabsehbar negativ: Die Inflation beträgt nunmehr 130%, die Preise für Nahrungsmittel sind innerhalb eines Jahres um das Dreifache gestiegen, und 1/3 des Staatshaushaltes muß aufgewendet werden, um die Vernichtung der Kurden zu finanzieren.Diese Politik der verbrannten Erde wird maßgeblich von westlichen Staaten geduldet und gefördert. Ganz wesentlich ist dabei die Hilfe der Bundesregierung. Ohne diese gesamte Unterstützung könnte der türkische Staat seinen Krieg nicht fortsetzen. Doch besonders die Bundesregierung ergreift neben der militärischen, politischen und wirtschaftlichen Hilfe für den türkischen Staat, die Beihilfe zum Völkermord bedeutet, obendrein Maßnahmen gegen die in Deutschland lebenden Kurdinnen und Kurden. Deren Kriminalisierung und Stigmatisierung soll verhindern, daß sie ihre eigene Kultur ausüben und ihre Identität finden. Und die BRD schreckt nicht davor zurück, die Rechte auf Demonstrations- und Versammlungsfreiheit einzuschränken, die Presse- und Meinungsfreiheit zu begrenzen - und damit einen schweren Schlag selbst gegen die eigene Demokratie zu führen. Die BRD ist blind genug darin, nicht erkennen zu wollen, daß alle diese Mittel nichts an der Unterstützung der KurdInnen für ihre Befreiungsbewegung ändern werden. Nicht einmal die geplanten Auslieferungen der Abgeschobenen an den türkischen Staat, die wir dennoch verhindern müssen.Trotz aller Vernichtung und Unterdrükkung haben die Kurdinnen und Kurden den festen Glauben an die Möglichkeit von Frieden, Freiheit und ihren Widerstandskampf nicht verloren. Diesen festen Willen zu einer demokratischen und politischen Lösung ihrer Sache haben die Kurden und ihre legitimen Vertreter oftmals auf Veranstaltungen in der Bundesrepublik und zuletzt auch auf der Internationalen Nordwestkurdistan-Konferenz in Brüssel (12./13.März 1994) bekundet. Die kurdische Frage, die internationale Bedeutung gewonnen hat, braucht gerade jetzt diese Orientierung an einer zivildemokratischen Lösung.Die westlichen Staaten, vor allem die Bundesrepublik, sind wegen ihrer Verantwortung für die Ereignisse gerade aufgefordert, jetzt ihren ganzen Einfluß innerhalb der NATO, der KSZE und der UN einzusetzen, um die Türkei zur sofortigen Achtung der Menschenrechte, zur unverzüglichen Außerkraftsetzung aller Notstands- und Sondergesetze, zur Anerkennung der kurdischen Identität und zum Dialog mit den verantwortlichen Vertretern der Kurden zu veranlassen.Wir rufen die demokratische Öffentlichkeit der Bundesrepublik auf, sich an der Demonstration für eine demokratisch- politische Lösung in Kurdistan zu beteiligen.
Wir fordern:Die Verurteilung der Kriegs- und Menschenrechtsverletzungen durch den türkischen Staat in Kurdistan;den sofortigen Stopp der deutschen Rüstungslieferungen an die Türkei;keine Abschiebung von Kurdinnen und Kurden in die Türkei;Aufhebung des Verbots gegen kurdische Organisationen und Vereine in Deutschland;die Anerkennung des Selbstbestimmungsrechts des kurdischen Volkes.Großdemonstrationin Frankfurt a.M.25.6.1994, 11.00 Uhr, Rebstockgelände
Neues von den gefangenenAntifaschistInnen in BerlinDie Mitte November inhaftierten fünf kurdisch/türkischen ImmigrantInnen sind immer noch in Haft. Ihnen wird vorgeworfen, am 4. April 1992 ein Treffen von führenden Faschisten in Neukölln überfallen und dort einen faschistischen Funktionär ermordet und einen anderen schwer verletzt zu haben. Mitte Februar erhielten die Anwälte Akteneinsicht, bis heute sehen sie sich wegen der Fülle der Akten und dem Umfang des Verfahrens außerstande, sich öffentlich zu äußern. Die Anklageschrift ist mittlerweile den AnwältInnen zugestellt worden.Fatma, Mehmet und Abidin werden weiterhin Briefe und Schriften von draußen beschlagnahmt. Bei Mehmet wollen die Knastinstanzen Gelder vom Einkauf streichen, weil er "zuviele Päckchen" bekommt. Außerdem sollen ihm Päckchen aus dem Ausland in Zukunft nicht mehr ausgehändigt werden. Die Staatsanwältin weigert sich außerdem bis heute unter fadenscheinigen Gründen, das Berührverbot beim Besuch von Fatma aufzuheben. Im Knast selbst ist Fatma schikanöser Behandlung durch die "Knastsicherheit" unterworfen, die vermehrt Zellenrazzien bei ihr durchführen und die wenigen Broschüren, die zu ihr durchgelassen werden, mitnehmen, um sie ihr nach einigen Tagen wieder auszuhändigen. Protestiert bei der zuständigen Staatsanwältin Nielsen (Staatsanwaltschaft beim Landgericht Berlin, z.H. StA Nielsen, Turmstr. 91, 10559 Berlin, Tel.: 030/3979-2232) und bei dem Leiter der Justizvollzugsanstalt für Frauen, Herrn Höflich (JVA Frauen, Justizvollzugsanstaltsleitung, Höflich, Friedrich-Ollbricht-Damm 17, 13627 Berlin).aus: Herzschläge - Zeitung gegen die Kriminalisierung von AntifaschistInnen, Nr.4, Mai 1994. Die Zeitung kann bestellt werden bei: Herzschläge, c/o Kreuzbüro, Großbeerenstr. 89, 10963 Berlin.
Bericht von der Demoam 21.5. in BerlinFast 5000 Menschen kamen zu der Demonstration für die Freilassung der seit November '93 inhaftierten fünf AntifaschistInnen und gegen die Kriminalisierung von MigrantInnen und AntifaschistInnen. () Die Demo ging am Ku'damm los und hatte den Knast Moabit zum Ziel. Die Stimmung war (zumindest zu Beginn) gut, es wurde viel gerufen und die Bevölkerung über die beiden Lautsprecher über den Sinn und Zweck dieser Demo informiert.Nach etwa einem Drittel der Demo zogen die B., die mit einem Großaufgebot präsent waren, an den Seiten der Demo ein Spalier auf, so daß fortan große Teile im Wanderkessel weiterliefen. Der einzige Grund für dieses Spalier war, die Demo-TeilnehmerInnen zu provozieren, die Demonstration zu stören und anzugreifen. So kam es dann ab der Hälfte immer wieder zu Angriffen auf die Demo, meistens jedoch kleinere Rangeleien, so daß der Zug trotzdem nach einiger Zeit endlich den Knast Moabit erreichte, wo drei der Gefangenen einsitzen.Dort wurden die Gefangenen gegrüßt, Redebeiträge gehalten und Musikwünsche der Gefangenen gespielt. Obwohl klar war, daß die Demo bald zu Ende sein würde und gewiß keine Gefahr bestand, daß der Knast gestürmt und die Gefangenen befreit werden, hielt sich die Polizei auch bei dieser Abschlußkundgebung nicht zurück und versuchte permanent, diese zu stören. Nachdem die B. bereits einmal versucht hatten, an den Lautsprecherwagen ranzukommen, aber nach Auseinandersetzungen zurückgedrängt wurden, gab es zum Ende der Kundgebung einen erneuten Angriff der B.-Schlägertrupps, bei dem einige DemonstrantInnen verletzt wurden. Daraufhin wurde die Kundgebung abgebrochen und beschlossen, zur nächsten U-Bahn-Station zu gehen. Die B. ließen immer noch nicht von den DemonstrantInnen ab und begleiteten diese in einem Wanderkessel bis in die U-Bahn-Station. Selbst dort, auf dem Bahnsteig, waren noch B., die weiter rumprügelten und selbst in einen überfüllten U-Bahn-Waggon reinknüppelten. Insgesamt gab es acht Festnahmen (sind alle wieder raus) und zahlreiche Verletzte. ()Am 22.5. gab es dann noch eine Kundgebung vor dem Frauenknast Plötzensee, wo Fatma, eine der Inhaftierten, gefangengehalten wird. Ungefähr 400 Leute beteiligten sich, die Stimmung war gut.Bezeichnend für das derzeitige gesellschaftliche Klima ist auch die Reaktion der Medien auf diese Demonstration. Bis auf die taz-Berlin (überregional nicht) und die linke Tageszeitung junge Welt verschwiegen die deutschen Medien diese Demo. In Berlin hingegen wurde sie von einigen Tageszeitungen zum Anlaß genommen, um Fahndungsfotos von den noch gesuchten AntifaschistInnen zu veröffentlichen aus: ZECK - Das Info aus der Flora Nr.27
Bericht zum Prozeß gegen
Gunther aus Wiesbaden
Etwa einhundertfünfzig B. wurden aufgeboten, um die umfangreichen "Sicherheitsvorkehrungen", die den gesamten Justizkomplex am Mainzer Landgericht umfaßten, zu gewährleisten. Absperrgitter, Polizeihunde, strenge Personenkontrollen und allein eine Hundertschaft Grünuniformierter innerhalb des Gerichtsgebäudes bestimmten am 25. April den Prozeßauftakt gegen Gunther. Die Staatsanwaltschaft wirft dem Antifaschisten aus Wiesbaden im Zusammenhang mit einem Organisationstreffen der verbotenen "Deutschen Alternative" (DA) "schweren Landfriedensbruch" vor.Die Inszenierung eines politischen Schauprozesses war vorherbestimmt. Der Vorsitzende Richter Jungbluth hatte bereits im Februar '93 die Haftfortsetzung der fast sechsmonatigen Untersuchungshaft ausschließlich mit braun eingefärbten Ausführungen begründet: " Der Beschuldigte ist Mitglied einer sich antinational sozialistisch bezeichnenden Gruppe bereits die hohe Straferwartung begründet die Fluchtgefahr, die dadurch verstärkt wird, daß er als Mitglied der autonomen Szene jederzeit in den Untergrund abtauchen kann." Kommentar dazu von Rechtsanwalt Fresenius zu Prozeßbeginn: "Ein autonomer Untergrund ist nicht gerichtsbekannt."Trotz der erdrückenden Polizeipräsenz demonstrierten am frühen Morgen des ersten Verhandlungstages 150 KundgebungsteilnehmerInnen vor dem Gerichtssaal gegen die Kriminalisierung des antifaschistischen Widerstands. Der Großteil dieser interessierten Öffentlichkeit war auf Betreiben des "Hohen Gerichts" jedoch von der Verhandlung ausgeschlosssen. Nachdem es gegen 8.30 Uhr im Gerichtsfoyer zwischen den zahlreichen B. zunehmend enger geworden war, stellte sich heraus, daß der Prozeß in einem viel zu kleinen Raum mit 40 Sitzplätzen verlegt worden war. Ursprünglich war auf der Ladung der Saal 210 angegeben, in dem 90 Sitzplätze für die Öffentlichkeit bereitstehen. Den Antrag der Verteidigung auf Verlegung in den großen Landgerichtssaal (in dem sich zu diesem Zeitpunkt keinerlei ZuschauerInnen befanden), fand vor Gericht ebensowenig Beachtung wie die Forderung auf Aufhebung der rigiden Zugangskontrollen (Durchsuchung, Abtasten und die Hinterlegung der Personalpapiere). Das Gericht hielt auch an den folgenden Verhandlungstagen an dieser Praxis fest. Alleine am Vormittag des ersten Verhandlungstages war der Prozeß 7-8 Mal durch längere Pausen unterbrochen, die die Verteidigung durch immer wieder neue Anträge provozierte. Die Rechtsanwälte E. Biskamp und B. Fresenius stellten u.a. mehrere Befangenheitsanträge gegen den Vorsitzenden Richter Jungbluth und einen weiteren Richter, die beide im Februar '93 an dem oben zitierten Beschluß zur Fortdauer der Untersuchungshaft beteiligt gewesen waren. Grund für die angenommene Befangenheit der Richter gab außerdem die Anwesenheit von vier bewaffneten B. im Gerichtssaal. Schon im Vorfeld des Prozesses hatte sich herausgestellt, daß die 1. Strafkammer gewillt war, ihrem Ruf als "Hardliner" gerecht zu werden. Zwei Wochen vor Beginn der Verhandlung wurde der Gunther völlig unbekannte Rechtsanwalt Kusel aus Mainz auf Gerichtsbeschluß zum Pflichtverteidiger bestellt. Ein Antrag auf Verpflichtung von RA Fresenius aus Frankfurt, der Gunther bereits seit 1;/2 Jahren vertritt, wurde abgelehnt. Einen zu Verhandlungsbeginn verlesenen Beschluß des OLG Koblenz, worin der Beschwerde von Rechtsanwalt Fresenius gegen seine Ablehnung als Pflichtverteidiger stattgegeben wird, ignoriert die Mainzer Kammer kurzerhand. Herr Kusel muß für den gesamten Verlauf des Prozesses als Statist däumchendrehend der Verhandlung beiwohnen, obwohl er als sogenannter "Zwangsverteidiger" von seinem "Mandanten" abgelehnt wird. Ein solches Vorgehen treibt natürlich auch die Kosten des Verfahrens in die Höhe.Wie nicht anders zu erwarten, werden sämtliche Anträge der Verteidigung abgelehnt - auch die von Rechtsanwalt Kusel selbst beantragte Entpflichtung. Entgegen diesem knallharten juristischen Kurs war das Gericht gezwungen, dem breiten öffentlichen Interesse auch zahlreicher PressevertreterInnen Rechnung zu tragen. Die Vertreter der Staatsgewalt mußten es über sich ergehen lassen, daß Gunther eine achtseitige Prozeßerklärung vortrug. Darin gab Gunther eine detaillierte Auflistung faschistischer Übergriffe, die von den Staatsschutzbehörden wie der Presse in Mainz totgeschwiegen werden, eine Einschätzung seines Verfahrens als Gesinnungsjustiz sowie einen Abriß der faschistischen und rassistischen Kontinuität der BRD. Ein für den Prozeßverlauf wichtigen Schwerpunkt der Erklärung beschäftigte sich akribisch mit der Organisierung und den Aktivitäten der Nazi-Szene in Mainz. Entsprechend gut vorbereitet wurden von Gunthers Verteidigung genau zu diesem Thema jene 8 DA-Anhänger befragt, die nach der Anklageschrift am 6.6.93 von Gunther und etwa 30 unbekannten Mittätern aus der linken Szene überfallen worden waren. Am 2. Verhandlungstag legte die Verteidigung mit gezielten Fragen an die ZeugInnen der Anklage die faschistischen Strukturen in Mainz frei, die Gunther bereits in seiner Prozeßerklärung ausführlich beschrieben hatte. Obwohl einige der 8 ZeugInnen behaupteten, daß sie sich nur zum "Biertrinken und Labern" treffen wollten, stellt sich schnell heraus, daß es solche Treffen jeden Mittwoch gegeben hat und diese (welche Überraschung!) meistens auf dem Gelände der bundesweit bekannten Gärtnerei Müller stattgefunden haben. Alle ZeugInnen waren mehr oder weniger regelmäßig zu den Mittwochstreffen, den "Kameradschaftsabenden", gegangen, waren zu Sonnwendfeiern und Hitlergeburtstagen bei Müllers gewesen. Michael Petri (Vorsitzender der verbotenen Deutschen Alternative und einer der Drahtzieher der Mainzer Nazi-Szene) hat bei den wöchentlichen Treffen regelmäßig Reden gehalten.Einige ZeugInnen hatten sich offensichtlich abgesprochen. Zwei hatten dazu allerdings keine Gelegenheit - sie mußten aus der JVA vorgeführt werden und waren weit gesprächiger. Die beiden sitzen zur Zeit in Görlitz in U-Haft mit dem Vorwurf des "schweren Landfriedensbruchs und der schweren Körperverletzung in zwei Fällen".Aus den Aussagen ergibt sich bisher folgendes Bild: Am Abend des 6.1. waren die 8 Neonazis zunächst zur Gaststätte "Depot" gefahren, dort aber wegen ihrer "Glatzen, Bomberjacken und Springerstiefel" nicht hereingelassen worden. Der Wirt des bekannten Nazitreffs hatte wegen seiner illustren Gäste damals Schwierigkeiten bekommen. Der in der Kneipe anwesende Michael Petri schickte sie dann weiter zum Rheinufer, wo sie sich kurz danach mit 15 bis 50 Vermummten (die Angaben schwanken da) konfrontiert sahen, die angeblich mit Baseballschlägern und Stangen auf die beiden Autos 1 bis 5 Minuten lang eingeschlagen haben. Dabei gingen fast alle Scheiben zu Bruch, und 3 der Insassen wurden leicht verletzt.Aus den Aussagen geht klar hervor, daß es sich am 6.1.93 um ein vorher genau geplantes Treffen der damals bereits verbotenen "Deutschen Alternative" (DA) gehandelt hat, zu dem einer der führenden Mainzer Nazis, eben Michael Petri, schriftlich eingeladen hatte. Eingeladen waren 30-40 "Kameraden" aus 10 weiteren Städten, unter ihnen auch Manfred Huck, Vorsitzender der "ANK" (Aktionsfront Nationaler Kameraden - offensichtlich Auffangbekken der verbotenen "DA". Ein Zeuge sagte aus, daß es sich um eine "Aktion der Partei" gehandelt hätte.Trotz ihrer Absprachen und obwohl nur einer zugibt, gegenwärtig Mitglied einer rechtsradikalen Vereinigung ("DN" - "Deutsche Nationalisten") zu sein, ergibt sich ein klares Bild der "Geschädigten". Ihren politischen Standpunkt beschreiben sie als "normal", eben: "rechts", "deutsch", "patriotisch". Die meisten von ihnen haben eine einschlägige Vorgeschichte, die Schlägereien mit ausländischen Jugendlichen, Angriffe auf junge Ausländerinnen in Mainz-Kastel 1992, auf BesucherInnen eines Punkkonzerts in Bretzenheim 1990 einschließt. Andreas Orf, einer der Zeugen, meldete 1993 den Rudolf-Hess-Marsch in Wiesbaden an. Eine Zeugin war vor kurzem in einem Beitrag des Spiegel-TV über "rechte Frauen in der Bewegung" zu bewundern gewesen, in dem sie als Sprecherin der "DN" präsentiert worden war. Bei Hausdurchsuchungen bei einigen von ihnen wurden Nazi-Materialien sichergestellt.Entgegen der Vernehmungen der FaschistInnen, deren Aussagen insgesamt ein recht klares Bild vermitteln, bleibt die Beteiligung der Mainzer Staatsschutzbehörden an den Vorkommnissen des 6.1.93 auffällig im Dunkeln. Nur wenige Minuten nach dem "Überfall" tauchten 3 Polizeifahrzeuge, darunter ein Mannschaftswagen, am Ort des Geschehens auf, kurz darauf am "Depot". Die Vermutung liegt nahe, daß das Treffen der verbotenen "Deutschen Alternative" bekannt war. Keine/r der Geschädigten hatte Zeit oder auch nur ein Interesse gehabt, die Freunde und Helfer anzurufen. Ein Zeuge vermutet denn auch, daß der Verfassungsschutz anwesend war. Gunthers Verteidigung hatte an der Klärung dieses Sachverhalts ein vitales Interesse. Aus den Aussagen der bisher 12 Polizisten, deren Vernehmungen am 3. und 4. Verhandlungstag stattfanden, ergaben sich nicht nur an diesem Punkt auffällige Ungereimtheiten. In diesem Zusammenhang ist es ebenfalls von Interesse, daß mit ausdrücklicher Genehmigung des Gerichts ein ziviler Kripobeamter, der sich zunächst als Journalist ausgegeben hatte, ständig den Verhandlungen beiwohnte und eifrigst Notizen machte. Berechtigte Befürchtungen der Verteidigung, daß mit Hilfe dieses Polizeibeobachters Einfluß auf die noch zu vernehmenden B. genommen werden könnte, wischte das Gericht als völlig unbegründet vom Tisch. Dabei ist augenscheinlich, daß die Beamten, die entweder Gunthers Festnahme, die Durchsuchung der Fahrzeuge, Spurensicherung und Vernehmungen durchgeführt hatten, instruiert worden sind. Obwohl die 8 FaschistInnen bei der Auseinandersetzung am 6.1.93 niemand erkannt hatten, wurde Stunden später Gunthers Autokennzeichen an alle Polizeistreifen weitergegeben. Offensichtlich handelte es sich bei der Festnahme auf der Schiersteiner Brücke in Richtung Wiesbaden, 3 Stunden später, um eine gezielte Maßnahme. Die Vernehmungsprotokolle der FaschozeugInnen, die ebenfalls Gegenstand der Vernehmung der PolizeizeugInnen waren, gaben weitere Rätsel auf. Obwohl die Vernehmung einer Zeugin bereits vor Gunthers Festnahme abgeschlossen war, steht auf der Strafanzeige nicht gegen "unbekannt", sondern Gunthers Name. Also hat sich der Beamte entweder ein Blankoformular unterschreiben lassen, was seiner Aussage nach nicht üblich ist, oder es stand schon fest, gegen wen diese Ermittlung durchgeführt wurde. Ein "abgesägter Baseballschläger", an den sich beide Festnahmebeamten ganz deutlich erinnern, scheint spurlos verschwunden. Einige Knüppel, von einer Faschozeugin einen Tag nach dem Vorfall angeschleppt, werden vom Gericht ohne Zögern als Beweismittel anerkannt. Zwei größere Glassplitter, angeblich in Gunthers Auto gefunden, tauchen in keiner Asservatenliste mehr auf. Für die größte Überraschung sorgte gegen Ende des 4. Verhandlungstages die Staatsanwaltschaft höchstpersönlich. Bei der Befragung des Staatsschutzbeamten Jung antwortete dieser auf die Frage, was er in diesem Fall alles getan habe, daß er im Auftrag der Staatsanwaltschaft noch vor wenigen Tagen 2 weitere Zeugen, die bisher nicht gerichtsbekannt waren, vernommen hätte. Staatsanwalt Steinhart reagierte auf diese peinliche Aussage des Beamten Jung mit einem Beweisantrag. Die zwei "neutralen" Zeugen, laut Staatsanwalt, ein Anwohner und ein Passant, die den Vorfall am 6.1. beobachtet haben sollen und einen Tag vor der Hauptverhandlung einer Nachvernehmung unterzogen worden waren, sollen zum nächsten Verhandlungstermin am 6.6.94 als Zeugen geladen werden. Die Staatsanwaltschaft bleibt für dieses ungewöhnliche Vorgehen eine Erklärung schuldig. Es ist nicht auszuschließen, daß die beiden Zeugen Verfassungsschutzbeamte sind, zumal die Staatsanwaltschaft deren Anschrift und Beruf verdeckt hält. Mit Sicherheit kann man nur eins behaupten: Für Überraschungen wird auch an den folgenden Verhandlungstagen gesorgt sein. Die Verteidigung hat schon anklingen lassen, daß durch die neue Beweislage die bisher vernommenen Polizeizeugen mit einer weiteren Ladung vor Gericht zu rechnen haben.Freiheit für Mehmet, Fatma, Erkan und Abidin!Einstellung aller Verfahren gegen AntifaschistInnen!Solidarität mit dem Kampf des kurdischen Volkes!Prozeßinfo der Soligruppe Gunther, c/o Infoladen, Werderstr. 8, 65195 Wiesbaden
Iren im DüsseldorferProzeß freigesprochenAm 9. Juni wurden die drei irischen Gefangenen Donna Maguire, Paul Hughes und Sean Hick, u.a. des Mordes an einem Offizier der britischen Rheinarmee im Juni 1990 in Dortmund vor dem Düsseldorfer Oberlandesgericht angeklagt, freigesprochen. Die Bundesanwaltschaft hatte in ihrem Plädoyer für alle drei Angeklagten eine Verurteilung zu lebenslänglich gefordert. Nach Paul Hughes (der Haftbefehl gegen ihn wurde schon vor einiger Zeit aufgehoben) ist damit nun auch Sean Hick frei. Der Haftbefehl des OLG Düsseldorf gegen Donna Maguire ist ebenfalls aufgehoben worden, allerdings besteht gegen sie noch ein Haftbefehl des OLG Celle, so daß sie jetzt nicht rauskommt. Sie ist zusammen mit den drei Iren, deren Prozeß zur Zeit in Celle läuft, angeklagt; ihr Verfahren wurde jedoch wegen des Düsseldorfer Prozesses abgetrennt. (d.Red.)
Korrektur zur Prozeßerklärung von Heidi SchulzBei der Veröffentlichung der Prozeßerklärung von Heidi Schulz in der letzten Ausgabe des Angehörigen Infos ist uns leider ein Fehler unterlaufen. Wir dokumentieren nachfolgend noch einmal den entsprechenden, nun korrigierten Absatz (es ist der zweite Absatz in der linken Spalte auf Seite 4 der letzten Ausgabe): (d.Red.)
das alles - die prozesse; die fortsetzung der isolation, bei brigitte, christian, rolf und manu am schärfsten und seit weit über einem jahrzehnt; die verweigerung medizinischer versorgung, oder sie nur so weit zuzulassen, wie sie nur an symptomen rumdoktern soll oder gleichzeitig zur ausforschung über die wirkung von isolation dienen soll, um sie weiter auszutüfteln und gezielter systematisieren zu können; genauso wie die latente kriminalisierung unserer kontakte und der uns nahen menschen; das alles läuft auf der basis einer politischen entscheidung, für deren umsetzung die kgt einen freibrief (durch die politische klasse) bekommen hat. ich kanns nur noch mal sagen: deswegen kann es nicht darum gehen, sich mit dieser machtdemonstration aufzuhalten, sondern darum, gegen diese realität den widerstand zu organisieren.(Die vollständige Erklärung von Heidi Schulz zum Beginn des Prozesses gegen sie ist gegen 2 DM in Briefmarken erhältlich bei: clockwork 129a, Leibnizstr. 24, 55118 Mainz.)
ProzesseProzeß gegen Heidi SchulzDer neue Prozeß gegen Heidi wird vor dem Oberlandesgericht Stuttgart-Stammheim fortgesetzt am 20.6., 27.6., 28.6., 29.6., 5.7., 6.7., jeweils 9.00 Uhr.
IrInnenprozeß in CelleDer Prozeß gegen Poilin ÓO'Cathain, Donncha ÓO'Cathain und Padraigh Murray vor dem Oberlandesgericht Celle, Saal 94, Eingang Kanzleistraße, wird fortgesetzt. Die weiteren Prozeßtermine sind am 20.6., 12.00 Uhr; 23.6., 10.15 Uhr; 24.6., 9.00 Uhr; 29.6., 10.15 Uhr; 30.6., 9.00 Uhr; 6.7., 10.15 Uhr; 7.7., 9.00 Uhr; 13.7., 10.15 Uhr; 14.7., 9.00 Uhr; 20.7., 10.15 Uhr; 21.7., 9.00 Uhr (vom 1.8. bis 1.9. sind dann Gerichtsferien).An den Verhandlungstagen 20.6., 23.6. und 24.6. wird Paul Hemlin aus Belfast, ein hoher RUC-Offizier, als Zeuge aussagen.
Prozeß gegen Gunther aus WiesbadenDie Termine im Prozeß gegen Gunther vor dem Landgericht Mainz, Diether- von-Isenburg-Straße, können über das Antirassistische Notruftelefon in Frankfurt, Tel.: (069) 703337, erfragt werden.
Prozeß gegen Angehörigen InfoGegen eine Redakteurin des Angehörigen Infos wird am 23.6. ein Prozeß vor dem Amtsgericht Hamburg beginnen. Wie wir bereits berichteten, hat die Redakteurin gegen einen Strafbefehl in Höhe von 1500 DM (Verurteilung nach @90a wegen des Abdrucks einer Erklärung der Angehörigen nach den Ereignissen von Bad Kleinen im Angehörigen Info 124) Widerspruch eingelegt. Die Hauptverhandlung ist nun vorerst festgesetzt worden auf den 23.6., 14.30 Uhr, Strafjustizgebäude am Sievekingplatz, Raum 292.
TermineHamburg. 16.6., 19.00 Uhr, Rote Flora, VoKü, Schulterblatt, Film "was aber wären wir für menschen ".Berlin. 17.6., 18.30 Uhr, TU Berlin, Hauptgebäude, Straße des 17.Juni 135, Raum H104, 1 Jahr nach den Todesschüssen - Infoveranstaltung zu Bad Kleinen, dem Tod von Wolfgang Grams und dem Prozeß gegen Birgit Hogefeld. Podiumsdebatte mit anschließender Diskussion mit Beiträgen von: Ulla Jelpke (MdB, PDS), (Ursula Seifert (Rechtsanwältin von Birgit Hogefeld), Berthold Fresenius (Rechtsanwalt von Birgit Hogefeld), Thomas Kieseritzky (Rechtsanwalt der Familie Wolfgang Grams).Bonn. 23.6., 20.00 Uhr, Uni-Hauptgebäude, Hörsaal 8, Veranstaltung mit Peter Kratz zur "Neuen Rechten".Bremen. 25.6., 11.00 Uhr, Frauenkulturprojekt, besetztes Haus, Buntentorsteinweg 372-376, bundesweites Vorbereitungstreffen für eine Demonstration gegen die nationalistische Einheitsfeier am 3.10., die dieses Jahr in Bremen stattfinden soll.Papenburg. 2.7., 1.00 (? wohl eher 12.00) Uhr, Bahnhof, "interplanetarische Demonstration gegen die Teststrecke und für ein selbstbestimmtes Leben" anläßlich des dreijährigen Bestehens des Hüttendorfs Antatopia. Treffpunkt für die Demo: 11.00 Uhr im Hüttendorf. Vom 1.- 4.7. 3-Jahre-Besetzungsfest.München. 8.7., 12.00 Uhr, Karlsplatz (Stachus), Kundgebung in der Aktionskette Freiheit für alle politischen Gefangenen.Bremen. 9.7., 10.00 Uhr, besetztes Parzellengebiet (Weidedamm Gärtnerei), "Demonstration für ein selbstbestimmtes Leben auf diesem Planet".Reinwarzhofen. 13.-20.8., Internationales Anti-Nazi-Camp. Weitere Informationen (z.B. über die Kosten und Anmeldung) bei: Jugend gegen Rassismus in Europa, Postfach 300629, 50776 Köln, Tel.: (0221) 811886.
Filmreihe in Bonndes Antirepressionsreferats und des Referats für Kritische Wissenschaft: Aufenthalt im Widerstand - Von der StudentInnenbewegung bis in die Gegenwart. Beginn jeweils 20.00 Uhr, Uni-Hauptgebäude Bonn, Hörsaal III:16.6. Berlin, 2. Juni 1967, Hintergründe des Todes von Benno Ohnesorg, BRD 1967, 50 Min.; 28.6. "was aber wären wir für menschen ", Film über die Geschichte der RAF, BRD 1993, 60 Min.; 30.6. Schwarzfahrer, BRD 1992, 12 Min.; Aufenthalt im Widerstand, Film über die Situation von Flüchtlingen in der BRD, Frankreich/BRD 1991, 30 Min.
Info-SammeldienstAlle bisher erschienenen Nummern des Angehörigen Infos können nachbestellt werden. Bitte gebt Nummer(n) und/ oder Datum an. Preise: einzeln je Stück 1 DM und 0,80 DM Porto; ab 3 Stück je Stück 0,80 DM und 1,50 DM Porto.Die Angehörigen Infos können auch jahrgangsweise als Sammelband bestellt werden: von 1989 bis 1993. Preis pro Band (26-27 Hefte) 18 DM und 3 DM Porto. Bitte legt der Bestellung Briefmarken (bis 5 DM) oder Verrechnungsscheck bei. Bitte überweist dafür kein Geld auf das Konto des GNN-Verlags!Bestellungen unter dem Stichwort "Sammeldienst" beim GNN-Verlag, Palmaille 24, 22767 Hamburg.
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