Kampf
der Überwachungsgesellschaft am 14.10.2000 in Leipzig
>Kamera läuft
action!<
Leipzig. Spätestens
seit dem Ende des realexistierendem Sozialismus steht der Feind der westlichen
Demokratie im Inneren des Landes. Nicht mehr der Klassenfeind dient zur
Aufrüstung des Überwachungsapparates, vielmehr werden neue irrationale
Feinbilder konstruiert: 1993 wurde mit der "Das Boot ist voll"- Rhetorik
das Asylrecht geändert, Ausländer illegalisiert und kriminalisiert. "Russenmafia",
"albanische Drogenmafia", "rumänische Schmugglerbanden" oder "Überfremdung"
waren beliebte Wortschöpfungen der Kreativabteilung des staatlichen Rassismus.
Die Begriffskette war und ist beliebig erweiterbar. Obdachlose, Drogenabhängige,
Sprayer, Autonome - kurz alle, die in der Unlogik kapitalistischer Verwertung
ausgegrenzt und unnütz erscheinen sind potentielle Ziele staatlicher Überwachungshysterie.
|
Diesen
konstruierten Gefährdungen rechtstaatlicher Demokratie wurde mit zahlreichen
Gesetzesverschärfungen begegnet: Lauschangriff, Erweiterung der Befugnisse
von BGS und Polizei, Gendatenbanken, Videoüberwachungen... . Die Liste
ist lang und ein Ende ist nicht in Sicht. Wurden z.B. 1992 ca. 3500 Telefonanschlüsse
überwacht, waren es 1998 14000 Anschlüsse.
Scheinen die staatlichen Kontrollmöglichkeiten schier unbegrenzt , sind
sie dennoch nur eine Seite der Medaille im Aufbau der Überwachungsgesellschaft.
Auf der anderen Seite stehen zum einen die neueren Sicherheitspartnerschaften
zwischen Polizei, privaten Sicherheitsdiensten und den Geschäften in den
Konsumzentren um die Innenstädte, nicht porentief, aber rein zu halten.
Gesellschaftlich durchgesetzte und akzeptierte Videoüberwachungen von
öffentlichen Räumen sollen der Sicherheit bürgerlichen Subjekte dienen.
Im Visier der Kameras: erst mal jede und jeder, besonders aber alle die
nicht männlich, weiß arbeitsam und heterosexuell sind.
Zum anderen werden über Medien, Schule, Arbeit oder Familie systemkonforme
Werte vermittelt, die die Reproduktion des funktionierenden und verwertbaren
Menschen sicherstellen sollen. Die Subjekte verinnerlichen Überwachung
als Moment bürgerlicher Gesellschaft und setzten sich der selben aus.
Freiwillige Gentests und Denunziantentum sind Folgen dieser repressiver
Wertevermittlung.
Im Gegenzug werden alle mit non-konformen Wertvorstellungen von den etablierten
gängigen gesellschaftlichen Rastern erfasst und isoliert. In diesem Komplex
aus verschiedensten Momenten findet die Ausgrenzung, Verfolgung und Illegalisierung
in jedem Bereich gesellschaftlichen Lebens statt. Der private Raum ist
längst durchsetzt, der öffentliche wird überwacht, eigene Gewohnheiten
werden zwecks Marktanalyse gespeichert und Konsumgewohnheiten vermerkt.
Das Subjekt der bürgerlichen Gesellschaft ist transparent und in jedem
Bereich zu verwerten.
Diese strukturellen Maßnahmen repressiver Kontrollmechanismen in Ergänzung
der Wertevermittlung und der Verinnerlichung der Überwachungsmethoden
entsteht ein vielschichtiger Komplex der sozialen Konflikten, die der
Kapitalismus beständig reproduziert, repressiv vor.
Linksradikale sind von diesem Netz ebenso betroffen. Denn unsere Ideen
von einer sozialistischen Alternative stehen diesem System völlig entgegen.
Diese Ideen zu behaupten, Handlungsansätze gegen die vielschichtige Überwachung
zu entwickeln ist eine Aufgabe autonomer antifaschistischer Politik. Immer
gibt's es Lücken im Netz, Freiräume die gefestigt oder erst erkämpft werden
müssen. Private Sicherheitsdienste, Kontrollbehörden, die Polizei sind
angreifbar. Kampf der Überwachungsgesellschaft. Wenn die Kamera läuft,
werden wir mit action antworten!
|
|
|