KCK
– Das System der Vereinigten Gemeinschaften Kurdistan im Mittleren Osten
Menschen
sind in der Lage, ihre Organisierung selbst zu schaffen
Nilüfer
Koç, stellvertretende Vorsitzende des Kongra Gel
„Ich
bewerte die Jahre um 2000 als die Jahre des demokratischen Konföderalismus“,
sagt Abdullah Öcalan. Ein Mann, der aufgrund seiner Ideen seit mehr als
acht Jahren in einer Isolationszelle bestraft wird. Ein Mann, der unter
grausamer täglicher Isolationsfolter für die Freiheit seines Volkes lebt.
Er ist aber die Hoffnung für Millionen von Kurden. Ein Mann, der aus Verantwortung
gegenüber seinem Volk Widerstand leistet gegen die täglichen Qualen der
Folterzentrale Imralı, wo kein Recht herrscht, sondern die Willkür, der
Hass, die Bestrafung. Ein Mann, der von denen gehasst wird, aus deren
Händen er die historische kurdische Karte riss. Ein Mann, der jede winzige
Gelegenheit für die Freiheit nicht ungenutzt lässt. Dieser Mann motivierte
nicht nur ein Volk, dem der systematische Tod in Türkei, Iran, Irak und
Syrien sicher war, für den Kampf und für ein würdiges, d. h. freies Leben,
sondern Abdullah Öcalan stellte die 85-jährige ideologische Lüge des Kemalismus,
mit deren Hilfe sich Armee, Bürokratie und Elite seit dem Tode Atatürks
ein angenehmes, mit Macht ausgestattetes Leben erlauben, auf den Kopf.
Der Drill in der Armee („Atatürk, unser Vater“), die tägliche Lüge in
den Schulen („wie stolz der, der sagen kann, er sei Türke“) sind heute
fragwürdig geworden. Es ist eine Frage der Zeit, wann die Menschen in
der Türkei gegen diejenigen demonstrieren, die jahrelang Mustafa Kemal
Atatürk einseitig und zum Zwecke der Unterdrückung anderer eingesetzt
haben.
Abdullah Öcalan stellte nach dem Jahr 2000 mit seiner Kemalismus-Analyse
das staatliche Fundament der Türkei in Frage. In seinem Kontrahenten nicht
immer das Böse sehen, sondern in der Lage sein, ihn objektiv und vorurteilsfrei
beurteilen zu können, ist Öcalans Devise. So wurde die PKK mit einer neuen
Methodik konfrontiert. Mit der Kritik an Mustafa Kemal Atatürk, dem türkischen
Republikgründer, erreicht Öcalan eine völlig neue Dimension seiner bisherigen
wissenschaftlichen Methodik. Die Geschichte in ihrer Ganzheit und unter
Berücksichtigung ihrer damaligen Bedingungen betrachten und verstehen.
Die Geschichte kann nicht nur über den Kopf verstanden werden. Die dadurch
geweckten Gefühle können ein passenderes und nachvollziehbareres Bild
von einem historischen Ereignis oder einer historischen Persönlichkeit
verschaffen.
Die kurdische Bewegung befindet sich seit 2000 in einer permanenten Umwälzungs-
und Veränderungsphase. Ständig erleben wir in der Evolution die Revolution
und in der Revolution die Evolution. Kein Tag vergeht, in dem aus der
Grundidee Abdullah Öcalans, ausgehend von seinen Verteidigungsschriften,
nicht neue Einsichten gewonnen werden. Fast jeden Monat werden in den
Medya-Verteidigungsgebieten in den Bergen Kurdistans neue Bücher publiziert.
Jede der einzelnen Arbeitsgruppen, Komitees, Kommissionen, Organisationen,
politischen Parteien, praktischen Einheiten publiziert ihr eigenes Monatsmagazin.
Alle bemühen sich zu verstehen, was der demokratische Konföderalismus
für sie bedeutet. Von den Zeiten des Neolithikums bis hin zur kapitalistischen
Globalisierung, Patriarchalismus/Matriarchalimus, die Relativitätstheorie
von Einstein, die Religionen, Geschichtsetappen der Götter und Göttinnen
in Mesopotamien, Kommunen und Dezentralisierung, der Weg der Geschichte
von der Wiege der Zivilisation bis hin zum antiken Athen, Rom, heutigen
Europa und den USA. Geschichte und Gegenwart der Parlamente, machtfreie
politische und gesellschaftliche Organisierung, Organisierung der Staaten
seit den Sumerern bis hin zu Europa, Asien, Afrika und Amerika. Die Kette
der Themen, die hier unter die Lupe genommen werden, kann endlos aufgezählt
werden. Wir befinden uns inmitten der kurdischen Renaissance. All das
findet natürlich unter ganz paradoxen Bedingungen statt. Es ist doch die
PKK, die ohnegleichen ist. 200 000 türkische Soldaten stehen für einen
breiten Angriff an der Grenze parat. An manchen Tagen feuert der Iran
seine Raketen ab. Bei Bombenalarm wird alles Tragbare mit zu den Schutzstätten
genommen. Die kurdische Renaissance ist daher sehr flexibel und mobil.
Das Studieren und Diskutieren geht in den Schutzzonen weiter, obwohl es
draußen knallt. Für einen normalen Menschen mag dieses Bild verrückt aussehen.
Kurdistan ist zu einem Ort der Paradoxie geworden. In Kurdistan wird nicht
nur für ein praktisch freies Leben gekämpft, sondern für eine freie Gesellschaft
in einem freien Land. Hier in Kurdistan ist die Lebensfreude genauso groß
wie die Bereitschaft, sich seiner Sache mit Leib und Seele zu widmen.
Ausgehend von einer Idee blühen tausende andere Ideen in den Bergen Kurdistans
auf. Diese Idee ist aber nicht nur lokal. Eine lokale Idee soll zu einer
globalen werden. Dies ist machbar. Zum einen über die modernen Telekommunikationsmöglichkeiten
wie Radio, Internet, Fernsehen, Publikationen usw. Zum anderen über die
kurdische Diaspora in Türkei, Iran, Irak, Syrien, Europa usw. Die praktischen
Organisierungsschritte dieser neuen Idee sind bereits getan. Es wird also
nicht nur geschrieben und diskutiert. Organisierungsmodelle für den demokratischen
Konföderalismus werden jedes Jahr zur praktischen und einfacheren Umsetzung
beschlossen, entwickelt und verwirklicht. Das System der KCK (Vereinigte
Gemeinschaften Kurdistans) ist nicht nur eine Idee, es ist jetzt Realität.
Jede Organisation und jeder freie Bürger innerhalb des KCK-Systems organisieren
sich entsprechend der Leitidee und ihren spezifischen Bedürfnissen mit
der Entwicklung eigener Strukturen: die Frauen, die Jugend, die Kurden
aus dem Iran, dem Irak, Syrien, der Türkei, Künstler, Kriegsverletzte,
politische Parteien, ideologische Parteien, soziale Einrichtungen wie
Krankenhäuser, Druckereien usw.
Demokratischer
Konföderalismus
Der
demokratische Konföderalismus ist im Grunde ein Versuch, einer moderneren
Demokratie einen geeigneten Mantel zu schneidern. Für die Realität der
von vielen Kulturen, Völkern, Ethnien und von verschiedensten Einflüssen
geprägten kurdischen Gesellschaft ist er ein geeignetes politisches Organisierungsmodell.
Zudem kann dieser Entwurf auf den Mittleren Osten übertragen werden, da
in dieser Region viele verschiedene Gesellschaften existieren. Weder die
auf Nationalität oder religiösen Ideen basierenden Staaten noch die Staatsmodelle
unter der Herrschaft einer Ethnie haben dem Mittleren Osten einen dauerhaften
gesellschaftlichen Frieden beschert.
Historische und jüngste Untersuchungen konföderaler Modelle weisen darauf
hin, dass sie im Kern einer Funktion des Staates folgen und daher nicht
unbedingt demokratisch sein müssen. Beim demokratischen Konföderalismus
ist das Hauptkriterium das demokratische Funktionieren der Strukturen.
Es geht hier um eine Alternative zu Staatsgebilden oder um die Überwindung
der hierarchisch geordneten Machtzentralisierung. In Staaten, egal welcher
Art, liegt die Macht meistens in den Händen der herrschenden Klasse oder
Elite. Im demokratischen Konföderalismus geht es um die Dezentralisierung
der Macht auf höheren Ebenen. Da der demokratische Konföderalismus auf
der kommunalen Selbstorganisierung der verschiedenen Gemeinschaften aufbaut,
hat er zum Ziel, dass alle freien Bürger ihr Selbstbestimmungsrecht in
die eigene Hand nehmen.
Hierbei ist es von Bedeutung, ob die Konföderation selbst auf demokratische
Weise funktioniert oder nicht. Abdullah Öcalan erklärt seine Vorstellung
vom demokratischen Konföderalismus so: „Demokratie ist die Selbstführung
des Volkes, welches keinen Staat hat und gegen den Staat ist. Es steht
in einem bestimmten Verhältnis zum Staat, doch darf es sich in diesen
Strukturen nicht verleugnen und nicht damit verschmelzen. Die Grenzen
zwischen dem Staat und der Demokratie stellen den Anfang der sensiblen
politischen Probleme dar. Frieden und Stabilität können geschaffen werden,
wenn das Stadium erreicht ist, in dem weder der Staat die Demokratie noch
die Demokratie den Staat ausgrenzt. Die Leugnung des jeweils anderen führt
zum Krieg. Deshalb unterliegen viele, die die Demokratie als Verlängerung
des Staates sehen, einer Fehleinschätzung.“ („Bir halkı Savunmak“, 2004)
Ich sage nicht, dass der Staat für den Aufbau des demokratischen Konföderalismus
gestürzt werden soll. Auch führt es zu einer Niederlage, wenn die Intention
die Zerstörung des Staates ist und an dessen Stelle ein anderer Typus
aufgebaut werden soll. Lenin irrte in diesem Punkt. Denn er hatte den
Staat aus linker Perspektive interpretiert. Deshalb sehen auch noch viele
Linke oder Sozialisten den Staat als ein gesellschaftliches Lösungsmodell.
Sowohl aus linker als auch aus rechter politischer Perspektive führen
die Nationalstaaten zum Nationalismus. Beide Interpretationen treffen
sich im Kern und basieren daher auf demselben Ursprung. Öcalan hierzu:
„Die Aufgabe besteht folglich nicht im Sturz des Staates, denn wenn der
Staat mit dem Volk einen Kompromiss sucht, so sollte das auch geschehen.
Dies bedeutet aber nicht, dass dieses Volk den Staat will. Es geht ihm
um den Schutz seines lokalen Umfeldes. Auf lokaler, d. h. kommunaler Ebene
versucht es, seine Probleme aus eigener Kraft zu lösen.“ Deshalb wäre
die Entwicklung von Modellen für die eigenständige Problemlösung auf kommunaler
Gemeindeebene angebracht. Der Zusammenschluss der lokalen Kommunen und
der anderen höheren Vertretungsorgane darf nicht mit dem Staat verschmelzen.
Im 21. Jahrhundert spielen die Staaten bei der Ordnung des gesellschaftlichen
Lebens eine immer geringere Rolle. Die Menschen sind heute in der Lage,
ihre eigene Organisierung und Ordnung selbst zu schaffen. Deshalb ist
es auffällig, dass sich Gemeinschaften weltweit in vielen Bereichen auf
lokaler Ebene außerhalb des Staates um die Lösung ihrer Probleme bemühen.
Die Suche nach einer Alternative zum Staat hat deshalb längst begonnen.
In diesem Zusammenhang sind Parteien oder Organisationen, die letzten
Endes eine Kopie der Funktion des Staates sind, keine Kraft für dauerhafte
gesellschaftliche Stabilität und Frieden. Dies war der Grund, warum die
PKK auf ihrem 8. Kongress 2002 aufgelöst wurde.
Die Tatsache, dass ein Volk aus unterschiedlichen gesellschaftlichen Gruppen
besteht, bringt auch die Notwendigkeit mit sich, sie alle als gleichberechtigt
zu sehen. Gleichberechtigung oder das Individualrecht allein reicht nicht
aus. Das kollektive Recht ist genauso von Bedeutung. Die Harmonie von
individuellen und kollektiven Rechten ist wichtig.
Überwindung
des Staates = Überwindung der Machtkonzentration
Der
philosophische Kernpunkt der Idee des demokratischen Konföderalismus ist
bei Öcalan durch die radikale Kritik der Macht entstanden. Für ihn sind
der Aufbau der Demokratie und die Gesellschaftswerdung nicht verbunden
mit dem Ziel des Machtstrebens. Suchten die Gesellschaften nach der Demokratie
ohne Machtanspruch, dafür mit alternativen Strukturen, Organisierungsformen,
würden sie ihr eigentliches Ziel erreichen. Denn überall, wo Macht herrscht,
gibt es auch Widerstand und Aufstand gegen die Macht, überall auf der
Welt. Doch existieren diese unabhängig voneinander und eigenständig. Deshalb
plädiere ich dafür, dass sie zusammengebracht werden, um gemeinsam agieren
zu können. Meine Vorstellung vom demokratischen Konföderalismus ist daher
umfassend. Für mich bedeutet er die eigenständige demokratische Organisierung
der Gesellschaft ohne Machtanspruch. Öcalan sieht das Zeitalter der Globalisierung
daher als eine Chance für den Aufbau des demokratischen Konföderalismus.
Hierbei stellt er fest, dass selbst der globale Kapitalismus für seine
eigenen Expansionsinteressen um die Überwindung des Nationalstaats bemüht
sei. Allerdings sei der Imperialismus bislang nicht in der Lage, eine
Alternative zum Nationalstaat zu bieten. Deshalb vertiefe sich seine Systemkrise.
Auch bewertet Öcalan die durch die Wissenschaft und Technik des 21. Jahrhunderts
schnell hervorgebrachten, vielfältigen Produkte als eine weitere Chance
für seine Vorstellung. Die treibende Kraft des Lebens in diesem Jahrhundert
sind Wissenschaft und Technik. Deren ständige Weiterentwicklung bringt
radikale Veränderungen auf politischer, wirtschaftlicher, sozialer und
kultureller Ebene mit sich. Vor allem die umfassende Entwicklung der Kommunikations-
und Informationstechniken ermöglicht schnellen Zugang zu Informationen.
Dies kann für die Entwicklung der Gesellschaften, aber auch der Individuen
nützlich sein. Denn der Zugang zu Informationen und die Produkte der Wissenschaft
lagen in den vergangenen Jahrhunderten in den Händen einer begrenzten
Schicht. Den Völkern und Individuen wurden sie vorenthalten.
KCK,
eine neue kurdische Alternative
Im
März 2005 schlug Abdullah Öcalan den demokratischen Konföderalismus als
eine neue Lösung sowohl für Kurdistan als auch für den Mittleren Osten
vor. Seine Theorie gründete in dem reichen Erbe Mesopotamiens an kommunaler
Organisierung. Die ursprüngliche kurdische Organisierung in Stammes- und
Klanstrukturen bietet daher dem demokratischen Konföderalismus eine Möglichkeit.
In Kurdistan kann man bei historischen Recherchen auf Konföderationen
von Stammesstrukturen treffen. Externe Kräfte hatten selbst in Zeiten
hegemonialer Machtansprüche keinen großen Zugang zur kurdischen Gesellschaft,
da diese sich selbst auf lokaler Ebene organisierte und daher nicht auf
die externen Staatsmächte angewiesen war. Beim aktuellen KCK-Modell geht
es auch darum, diese Strukturen unter Berücksichtigung heutiger internationaler
und nationaler Verhältnisse umzuwandeln und zu entwickeln.
Die KCK-Vereinbarung beinhaltet längerfristig die gesellschaftliche Selbstorganisierung
bis zu dem Punkt, an dem der Staat überflüssig wird, d. h. bis Ankara,
Bagdad, Damaskus und Teheran für die Kurden überflüssig werden. Hierfür
ist es daher nicht unbedingt erforderlich, mit dem heutigen Kampf den
Sturz dieser Staaten zu bezwecken. Öcalan sieht die KCK zunächst für Kurdistan
als das gegenwärtig richtige Modell. Es soll über seine Realisierung in
Kurdistan hinaus auch übertragbar sein für alle Völker des Mittleren Ostens.
Denn Kurdistan mit seinen vielen Bevölkerungsgruppen und Kulturen, Ethnien,
Religionen ist ein kleines Modell der gesamten Region.
Die KCK ist kein Staatsmodell. Es ist eine demokratische Organisierungsform,
in der alle entsprechend ihren Wünschen und Problemen selbst zu Wort und
zum Handeln kommen. Die KCK als Projekt ist die Demokratisierung der Nationalstaaten.
Die Demokratisierung soll trotz der Staaten verwirklicht werden. Vorgesehen
ist der Aufbau von Tausenden von Vereinen, NGOs, Kommunen, Volksparlamenten
in Kurdistan, lokal aufgebaut und in loser Struktur verbunden.
Politisch drängt die kurdische Frage aktuell auf eine Lösung, jedoch auf
keine nationalistische und staatlich strukturierte. Stattdessen basiert
sie auf dem Aufbau der demokratischen Nation.
Haupttriebkraft
der KCK sind die Frauen
Im
Zentrum der modernen Demokratie der KCK steht die Befreiung der Frauen.
Dies sah Öcalan bereits ab den 90ern. In keinem System ist die Freiheit
der Frauen so maßgebend wie in der PKK gewesen. In der Hinterfragung der
Frauenunterdrückung entdeckte Öcalan die Entstehung und den Ursprung der
Unterdrückungsgeschichte. Sie begann nicht mit der Klasse, sondern mit
den Frauen in Mesopotamien mit dem Beginn der sumerischen Herrschaft.
Das heißt, in dem Land, in dem wir Kurden heute leben. Das Maß der Freiheit
der Frauen ist Gradmesser für die gesellschaftliche Freiheit. Auch im
KCK-System ist die Frauenfreiheit Gradmesser, Katalysator und somit Fundament
des demokratischen Konföderalismus. Aus diesem Grund hat die Befreiung
der Frauen im 21. Jahrhundert eine viel größere Bedeutung als der nationale
oder der Klassenkampf.
Hier heißt es, dass die Freiheit der Frauen die Garantie einer dauerhaften
Demokratie sei. Denn die Frauen stellen in den gegenwärtig existierenden
Systemen den schwächsten Punkt dar, da sie entsprechend der patriarchalen
Ideologie als Ware vermarktet werden. Die Staatsideologien sind das Modell
der patriarchalen Herrschaft. Wenn kein Kampf gegen die Ethik, Gesinnung
und Kultur der patriarchalen Ideologie geführt wird, kann nicht von Demokratie
und Freiheit gesprochen werden. Deshalb ist die Lösung der Geschlechterfrage
von größter Bedeutung.
Von anderen Systemen unterscheidet sich das der KCK durch die Befreiungsrevolution,
die die Herstellung des ökologischen Gleichgewichts zwischen Mensch, Tier
und Natur beinhaltet.
Alle Organisationen und Bürger der KCK sind verpflichtet, die Geschlechterquote
von 40 % umzusetzen. Bei vielen Organisationen ist die Zahl der Frauen
höher als die der Männer. In der KCK organisiert die KJB (Koma Jinên Bilind)
als die konföderale Organisation der Bürgerinnen diese in eigenen Frauenstrukturen.
Die
KCK-Vereinbarung über das Verhältnis der einzelnen Gesellschaftsgruppen
untereinander in gegenseitiger Verantwortung
Die
KCK beruht auf der Gewaltenteilung zwischen Legislative, Exekutive und
Judikative. Ihre Vereinbarung regelt deren Grenzen und Zusammenarbeit,
bis in die kleinsten Regionen Kurdistans.
Die Legislative stellt der Kongra Gel als das Volksparlament Kurdistans
dar. Der Kongra Gel selbst besteht aus 300 Mitgliedern, gebildet nach
dem Bevölkerungsproporz in den verschiedenen Teilen Kurdistans und der
Diaspora. Das Parlament verrichtet seine Arbeiten mithilfe von sieben
Kommissionen, die im Einzelnen durch Projektplanung die Probleme der Bevölkerung
auf die Agenda des Parlaments setzen. Die Exekutive (der Exekutivrat)
wird nach den Parlamentsbeschlüssen aufgefordert, diese umzusetzen. Ferner
hat die Legislative die Arbeiten der Exekutive systematisch zu verfolgen
und auf die Umsetzung von Beschlüssen und Jahresplanungen des Parlaments
zu achten.
Auf dem letzten, dem V. Kongress des Kongra Gel im Mai entstand die KCK-Vereinbarung
mit vielen neuen Artikeln. So wurde beschlossen, die Judikative zu entwickeln
und darum Volksgericht, Verwaltungsgericht und als höchste Instanz das
Hohe Gericht als eigenständige Organe zu bilden. Die Mitglieder aller
drei Gerichte sollen aus den Bürgern der KCK und nicht aus dem Kongra
Gel gewählt werden. Bis dahin funktionierte das Rechtssystem durch eine
Verwaltungsinstanz, die kein Gericht war. Doch mit der Umsetzung der KCK-Strukturen
in den vier Teilen Kurdistans ist das Recht zu einem unvermeidlichen Faktor
geworden.
Der V. Kongress stellte die nationale Einheit auf demokratischer Basis
als ein langfristiges Ziel fest. Dies ist sowohl für die Lösung der kurdischen
Frage als auch für die internationale Politik von größter Bedeutung. Das
Zusammenkommen sowohl der politischen Vertretung als auch der gesellschaftlichen
Ebene an diesem Punkt dient der Stärkung der kurdischen Einheit. Sehr
deutlich ist die Beschlussfassung des V. Kongresses, die kurdische Frage
im politischen Dialog mit den betreffenden Staaten regeln zu wollen. Wenn
diese die KCK akzeptieren und respektieren, so wird die KCK die Staatsgrenzen
ebenfalls respektieren. Ist dies nicht der Fall und die Türkei, der Iran
und Syrien pochen weiterhin auf die Gewalt, so wird sich die KCK vorbehalten,
das Recht auf legitime Selbstverteidigung in Anspruch zu nehmen.
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