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Die IGMG (Islamische Gemeinschaft Milli Görüs; kurz Milli Görüs) - Ableger
der türkischen Refah-Partei (Wohlfahrtspartei) - veranstaltete am 14.06. im
Dortmunder Westfalenstadion unter dem Motto "Kultur- und Friedensfest" ihre
3. Jahreshauptversammlung. Etwa 30 tausend Anhänger der Refah-Partei nahmen
an der Veranstaltung teil. Die Frauen durften nicht zusammen mit den
Männern sitzen. An der Veranstaltung nahmen zahlreiche Politiker der
Refah-Partei teil: Der Arbeitsminister Necati Celik, der türk.
Justizminister Sevket Kazan, der für die Auslandstürken verantwortliche
Staatsminister Ahmet Cemil Tunc, der Kultusminister Ismail Kahraman, die
Oberbürgermeister von Istanbul (Recep Tayyip Erdogan) und Ankara (Melih
Gökcek) sowie der Vorsitzende der Yeniden Dogus Partisi (Hasan Celal Güzel).
Auch Vertreter des "laizistisch"-kemalistischen Regimes wie der türkische
Botschafter in Bonn, Volkan Vural u.a. nahmen an der "anti-laizistischen"
Veranstaltung der türkischen Islamisten teil. Der Münchener Konsul, Ali
Yakital, entsandte eine Grußbotschaft. Den Ableger der Refah-Partei stuft
das Bundesamt für Verfassungsschutz in seinen Jahresberichten als
"extremistisch-islamistisch" ein.
Die IGMG (Islamische Gemeinschaft Milli Görüs; kurz Milli Görüs) ist die Nachfolgerin der AMGT (Vereinigung der nationalen Weltsicht Europa). Die AMGT wurde 1976 in Köln als Ableger der Jugendorganisation Akincilar (Blitzkrieger) von Necmettin Erbakans Milli Selamet Partisi (MSP) gegründet. Der Verband nannte sich bei seiner Gründung Türkische Union Europa. Nach der Machtergreifung der Militärs 1980 wurde, wie alle Parteien, auch die MSP aufgelöst. Als 1983 wieder Parteien zugelassen wurden, wurde die Refah Partei als die Nachfolgepartei der MSP gegründet. Seither fungiert die AMGT/IGMG als die Auslandsorganisation der Refah Partei in Europa. Überall in Europa, speziell in der Bundesrepublik, organisiert sich ‘Milli Görüs’ in verschiedenen türkischen Vereinen und Moscheen. Genauso wie die MSP/RP in der Türkei stets eine Bündnispartnerin der faschistischen MHP (Partei der nationalistischen Bewegung) war und ist, verfügen auch in der Bundesrepublik Deutschland "Milli Görüs" und "Graue Wölfe" über enge Kontakte. Die Refah Partei macht seit Jahren gemeinsame Sache mit der türkisch-kurdischen Hizbullah, die einen Teil der Konterguerilla bildet. Die AMGT hat sich das Ziel gesetzt, die türkischen Immigranten gegen alle kulturellen und politischen Einflüsse abzuschirmen und ihre Anhänger auf den Kampf für ein islamistisches Regime in der Türkei vorzubereiten. Dazu steht in der Propagandazeitung von "Milli Görüs" Milli Gazete (Nationalzeitung): "Milli Görüs ist ein Schild, der unsere Mitbürger vor der Assimilierung im barbarischen Europa schützt." ‘Milli Görüs’ ist, wie auch andere islamische Organisationen, offen antisemitisch: „Ein Jude unterscheidet sich von dem Satan durch nichts. (...) Die Juden sind die Quellen der bösen Taten, die sich nicht nur gegen das Volk Palästinas, sondern auch gegen die ganze Menschheit richten. (...) Hinter allen üblen Ideen und Ideologien, die heute die ganze Welt erfaßt haben, stecken die Zionisten." (Milli Gazete, 31.01.94) Laut einer aktuellen Studie fühlen sich rund ein Drittel der türkischen Jugendlichen zur "Milli Görüs" hingezogen. Während die Moscheen der staatlich gelenkten "Türkisch-Islamischen Union der Anstalt für Religion" über Nachwuchssorgen lamentieren, laufen der fundamentalistischen "Milli Görüs" die Jugendlichen scharenweise zu, angelockt durch Hausaufgabenhilfen, Computer- und Karatekurse, Zeltlager, Sportstudios und Fußballvereine, durch Jobvermittlungen und intensive Hilfe nach Gefängnisaufenthalten. Am 27. April 1995 bescheinigte das Verwaltungsgericht Hamburg der Organisation, welcher lt. dem Informationsbulletin Depeschen enge Verbindungen zu Scientology nachgesagt werden, daß sie (...) "eine Gefahr für die freiheitlich-demokratische Grundordnung darstellt". Chef der Organisation ist der fundamentalistische türkische Theologe Ali Yüksel (47). Im inneren Zirkel der Macht steht neben dem 30 jährigen Mehmet Erbakan (ein Neffe des türkischen Ministerpräsidenten) der 41 jährige Hasan Özdogan. Dieser gibt sich liberal und fungiert als neuer Vorsitzender des "Milli-Görüs" nahen "Islamrats für Deutschland". (...) Die IGMG hatte 1994 noch unter dem Namen AMGT ein Jahresbudget von 300 Millionen Mark. Das sich nach eigenen Angaben jährlich verdoppelnde Budget wird zu einem großen Teil zur Unterstützung der Refah-Partei im Sinne der "Reislamisierung der Türkei" verwandt. Die Führungsriege ist praktisch gleichzusetzen mit der Führung der Refah-Partei, was u.a. am Posten des Generalsekretärs erkennbar ist. Diesen bekleidet Mehmet Erbakan, der Neffe des Refah-Chefs und amtierenden Ministerpräsidenten Necmettin Erbakan. Eine weitere Schlüsselfigur im islamistischen Fürhrungskreis des Refah-Konzerns stellt die Person Sevket Kazan dar. Er ist z. Z. Justizminister der Türkei und nahm am 14.6.1997 als Ehrengast an der Veranstaltung in Dortmund teil. Wie er die Rechtsgebung in seinem Sinne auslegt, hat man sehen können, als auf sein geheiß die Kasernierungsbedingungen der zehntausenden politischen Gefangenen der Türkei weiter verschärft wurden. Infolge des darauffolgenden Hungerstreiks starben mehr als ein Dutzend Menschen. Die politische und menschliche Verantwortung für diese Opfer trägt damit Kazan. Nachdem 1993 in Sivas 37 Teilnehmer an einem alevitischen Kulturfest in Sivas vor den Augen der passiven Staatsgewalt verbrannt wurden, hat sich S. Kazan ebenfalls in den Vordergrund manövriert. Er war der Wahlverteidiger der islamistisch-fundamentalistischen Brandstifter, die allesamt seiner Bewegung nahestanden. |