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Heilbronn: Repression gegen Castor-Gegnerlnnen in Neckarwestheim

PRESSEERKLÄRUNG
22.März 1998

Repression gegen Castor-Gegnerlnnen in Neckarwestheim

Das Heilbronner Amtsgericht hat am Freitag, noch wahrend der
Castor-Transport nach Ahaus unterwegs war, 2 beschleunigte Verfahren noch § 417ff der Stratprozeß-ordnung durchgeführt.

1994 wurden Staatsanwaltschaften und Amtsgerichten weitreichendere Möglichkeiten eingeräumt um bei "einfachen Tatvorwünfen" sogenannte Schnellverfahren durchzuführen. Ziel dieser Verfahren ist erklärterrnaßen die schnelle ,Abschreckung' von Täterinnen im engen zeitlichen Zusammenhang von Strafe und Tat. Voraussetzung dafür ist u.a. das Vorhandensein einfacher Tatvorwürfe mit klarer, eindeutiger Beweislage.

Gegen die Durchführung eines Schnellverfahrens an sich spricht die
geringe Zeit, die dem Beschuldigten bleibt, um Entiastungsmaterial
vorzubringen, Zeuginnen zu benennen, einen Rechtsanwa!t zu
kontaktieren. Mit der am 17.7.97 eingeführten "Hauptverhandlungshaft" (§127b StPO) können Tatverdächtige bis maximal eine Woche in Haft genommen werden, um dann nach § 417ff StPO abgeurteilt zu werden. Diese Verfahren sind seit ihrer Einführung umstritten.

Richter Kindel am AG Heilbronn gIng nach weiter; der am Freitag zuerst vorgeführte Atomkraftgegner wurde der ,gefährlichen Körperverletzung' an einem Polizisten beschuldigt. Der Richter eröffnete die Verhandlung, obwohl bekannt war, daß der Anwalt des Angeklagten gerade einen anderen Prozeß ein paar Räume weiter zu Ende führte. Er beendete das Verfahren trotz des schweren Tatvorwurfs ohne anwaltliche Vertretung. Überdies schuf er sich selbst eine ,eindeutig klare Beweislage'. Indem er eine Entlastungszeugin nicht zuließ und 3 weitere nach ihrer Aussage vereidigen und dann wegen Meineids sofort aus dem Saal in Handschellen abführen ließ. Die Gegenseite hatte einen
Polizisten als Tatzeugen benannt, der Betroffene selbst konnte dazu
nichts aussagen. Dem zum Prozeßende eingetroffenen Rechtsanwalt blieb gerade noch Zeit, gegen das Urteil (6 Monate Haft auf 3 Jahre zur Bewährung und 900 DM Geldstrafe) Berufung einzuiegen. Die 3 Zeuginnen wurden auf richterliche Anordnung bis zum nächsten Tag in der Polizeidirektion inhaftiert, um dann wieder dem Gericht vorgeführt zu werden. Seltsamerweise wurden zwei von ihnen am Samstagmorgen ohne Angabe von Gründen freigelassen, die dritte mittags einem anderen Richter vorgeführt und nach der Verkündung des Meineidvorwurfs freigelassen.

In einem 2. Schnellverfahren wurde dem Angeklagten "Widerstand gegen die Staatsgewalt und schwere Köfperverletzung" bei seiner Festnahme vorgeworfen. Diese wurde von mehreren Polizeibeamten im Rahmen der friedlichen Blockade des GKN-Tors vorgenommen. Im 2. Abschnitt der Räumung dieser Blockade ging die Polizei mit unverhältnismäßiger Härte gegen die Gastor-Gegnerinnen vor und mehrere Teilnehmerinnen wurden verletzt (Schulterluxation, starke Prellungen, Schock).
Interessanterweise war einer der Zeugen des Vorfalls der über 3
Stunden zuvor schwer verletzte Polizeibeamte aus dem ersten Verfahren. Das Gericht verhängte wiederum 6 Monate Haft, auf 3 Jahre zur Bewährung ausgesetzt, und 600 DM Geldstrafe. Berufung wurde angekündigt.

Die beiden Atomkraftgegner, die durch ihre Maulwurfaktion an der
Straßentransportstrecke großes Aufsehen erregten, wurden am Freitag dem Haftrichter vorgeführt. Sie sind wegen "schweren Eingriffs in den Straßenverkehr" angeklagt und wurden gegen Meldeautiagen aus der Untersuchungshaft entlassen. Gegen die unbekannten Tunnelbauerinnen wurden Ermittlungen aufgenommen.

Am Samstag wurde ein weiterer Castor-Gegner zur Haftprüfung
vorgeführt. Der wegen "schweren Eingriffs in den Schienenverkehr"
Angeklagte wurde gegen Meldeauflagen entlassen.

Während der Protestaktionen gegen den Castor-Transport wurden in der Region um das Atomkraftwerk Neckarwestheim ca. 120 Personen vorübergehend in Gewahrsam genommen.

 

23.03.1998
Anti-Castor-Bündnis/ EA   [Aktuelles zum Thema: Antiatom]  Zurück zur Übersicht

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