Bad Dürrheim: Überfall von Neonazis auf PDS Kandidaten
Zwei Pressemitteilungen der PDS Schwarzwald-Baar/Heuberg zum Überfall
auf den Direktkandidaten für den Wahlkreis Rottweil-Tuttlingen.
P R E S S E D I E N S T
Datum: 27.06.1998
Thema:Überfall von Neonazis in Bad Dürrheim auf unseren
Direktkandidaten für den Wahlkreis Rottweil-Tuttlingen
Extreme Nazi-Exzesse auch in Deutschland?
Faschistischer Anschlag auf PDS-Direktkandidat
Rechter Jugendterror
Bald "National befreite Zone" in VS?
(pds) Am letzten Samstag wurde auf den PDS-Direktkandidaten für den
Wahlkreis Rottweil-Tuttlingen in Bad Dürrheim ein Anschlag von
Rechtsextremisten verübt. Resultat: Kopf- und Gesichtsverletzungen,
schwere Prellungen. Der überregional bekannte Antifaschist wurde
kranken-hausreif geprügelt. Nach Ansicht des Opfers handelte es sich
dabei nicht um eine Schlägerei unter Alkoholeinfluß, sondern um einen
gezielten Angriff, da dem Überfall auf die Gruppe linker Jugendlicher
keinerlei Provokationen oder Streitereien voran-gingen. Im Vorfeld der
Tat war es schon zu anonymen Drohungen und Einschüchterungsversuchen
von Seiten eines "Nationalen Widerstandes" gegenüber der regionalen
PDS-Gruppe gekommen. Nach Ansicht der Polizei handelt es sich um eine
"neue Qualität" der faschistischen Aggression in der Region. Der
PDS-Aktivist ist sich sicher, daß dieser Überfall nicht der letzte
war. "Es handelt sich hier nicht um einen Kleinkrieg von Jugendbanden,
sondern um gezielten politischen Terror um die entstehenden PDS- und
Antifa-Strukturen der Region zu sabotieren."
In Villingen-Schwenningen, wo die rechtsextreme Deutsche Liga zwei
Sitze im Stadtrat hat und das in der Republikaner-Hochburg
Baden-Württemberg einen der braunsten Flecken darstellt, werden solche
Angriffe von den organisierten Rechten teils mitorganisiert, teils
unterstützt und teils wohl-wollend geduldet. Um zu verhindern, daß
auch im Südwesten eine neue Form von "National befreiten Zonen"
entsteht, setzen die Antifaschisten auf ein möglichst breites Bündnis
aller demokratischen Kräfte, das offensiv gegen die faschistische
Aggression vorgehen soll. Als erster Schritt ist die Organisation
einer antifaschistischen Demonstration geplant, die voraussichtlich am
11. Juni stattfinden soll. Der PDS-Kandidat: "Auch auf dem platten
Land werden wir uns das nicht mehr von den Faschisten bieten lassen.
Deswegen ist jetzt eine gemeinsame, konkrete Aktion erforderlich."
gez. die Mitgliederversammlung der Basisorganisation Schwarzwald-Baar
- Heuberg
Presseerklärung
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Zum Überfall von Rechtsextremisten gegen den PDS-Direktkandidaten im
Wahlkreis Rottweil-Tuttlingen erklärt Robert Knapp, Sprecher der
Basisorganisation Schwarzwald-Baar - Heuberg und Mitglied im
Landesvorstand der PDS Baden-Württemberg:
Eine Gruppe von Skinheads überfällt ein paar Punker die in Bad
Dürrheim eine Fete orga-nisiert hatten. Dies ist der einmütige Tenor
einer Presseberichterstattung über einen Vorfall, der einen völlig
anderen Hintergrund hat und der sich auch völlig anders ereignet hat.
Für die später Überfallenen hatte der Samstag mit der Organisation und
Teilnahme am Antifa-Zirkus in der Villinger Innenstadt begonnen. Dort
haben die Jugendlichen der Anti-faschistischen Aktion, der Antifa in
und bei der PDS mit einem Kasperletheater für Kinder, mit Jongleuren
und selbstgeschriebenen Kabarettstückchen gezeigt, daß Antifa-Arbeit
mehr ist als nur immer gegen die rechten Brandstifter zu sein.
Antifa-Arbeit steht eben auch für etwas, nämlich für
Völkerverständigung, für Frieden, für Menschenrechte, eben für einen
kulturvollen Umgang miteinander. Das dies alles möglich ist, zeigt
schon die Besetzung dieser bunten Truppe: Von grün-alternativen "Ökos"
über einige Punker bis hin zum unauf-fällig gekleideten Jugendlichen
reicht das Spektrum dieser Gruppe.
Am Abend ging es dann auf eine private Fete nach Bad Dürrheim. Bei der
bereits genannten Zusammensetzung der Gruppe von einer homogenen
Punker-Fete zu schreiben, entbehrt jeglicher Grundlage. Und auch hier
wieder: Keinerlei Ruhestörung, Beschwerden von An-wohnern über die
Gruppe, sondern eine Fete linker Jugendlicher, die eine gemeinsame
Haltung und Kultur pflegen.
Am Abend dann der Schock. Beim Verlassen der Fete werden drei der
Jugendlichen von Neonazis angegriffen. Nur mit sehr viel Fantasie
könnte man die drei als Punker bezeichnen, wie es später in der
Zeitung steht. Der Angriff geschieht ohne Vorwarnung, Provokationen
oder sonstige Pöbeleien. Es findet ein brutaler und gezielter Überfall
statt. Zwei der Jugend-lichen können glücklicherwiese schnell genug
entkommen, einer bricht unter den Schlägen der Rechtsradikalen
zusammen und wird auf dem Boden liegend weiter malträtiert. Der am
Boden liegende wird dabei so schwer verletzt, daß er im Krankenhaus
behandelt werden muß.
Der Überfallene ist der Direktkandidat der PDS für den Wahlkreis
Rottweil-Tuttlingen.
Wer nun angesichts dieses Überfalls davon spricht, wie es Polizei und
Presse tun, daß da eben ein paar Jugendliche verschiedener Gruppen wie
Skins und Punks aneinandergeraten sind, verzerrt die Tatsachen.
Ins Horn von Regierungssprecher Hauser stößt der Pressesprecher der
Polizeidirektion Villingen-Schwenningen, Luzian Huber, in dem er zu
den Hintergründen der Tat orakelt: "Wenn sich Leute der einen
politischen Richtung treffen, sind die anderen auch nicht weit."
Sprich, er stellt die engagierten antifaschistischen Jugendlichen, die
noch am Mittag einen kulturvollen Beitrag in Villingen organisierten,
auf dieselbe Stufe wie die rechtsextremen Verbrecher, die am Abend
einen Wehrlosen auf brutalste Art zusammenschlagen. Hauser ist zwar
deutlicher, wenn er die SED mit der NSDAP vergleicht und damit die PDS
meint, Luzian Huber wirft uns und den Überfallenen jedoch genauso
unverblümt politischen Radikalismus vor, drängt uns an den
politischen Rand der Verfassung und hält es in seiner Analyse quasi
für einen normalen Vorgang, daß Antifaschisten, wenn sie sich treffen,
eben damit rechnen müßen, daß sie von Nazis angegriffen werden. "Wenn
sich Leute der einen politischen Richtung treffen, sind die anderen
auch nicht weit." Pastor Hintze wird den Bei-trag Hubers für seinen
"glasklaren Lagerwahlkampf" sehr zu schätzen wissen.
Eines ist klar: Wer die neue Linke in diesem Lande mit Nazis
vergleicht, wer die PDS als verfassungsfeindlich bezeichnet, wer uns
aus dem politischen Streit der Demokraten ausgrenzen möchte, bereitet
den Boden für die Ereignisse in der Region:
Zuerst erreichen mich anonyme Drohbriefe von Rechtsradikalen, dann
häufen sich Droh-anrufe beim PDS - Direktkandidaten im
Schwarzwald-Baar - Kreis. Später besucht mich eine Gruppe von Neonazis
und versucht mich einzuschüchtern, dann erfolgen via Internet
Drohungen gegen Gregor Gysi und seinen Besuch bei uns am 04. August.
Am vergangenen Samstag wird unser Direktkandidat verprügelt, am
heutigen Samstag stören mehrere Rechtsradikale bei einem PDS-Infostand
in der Schwenninger Innenstadt und schlagen dort einem PDS-Mitglied
ins Gesicht.
Möglich wird diese offene Brutalität durch einen Zeitgeist, der durch
Helmut Kohl, bzw. seine Marktschreier Hauser und Hintze erzeugt wird.
Wir seien keine Demokraten sagt die CDU. Was sie nicht sagt ist, wie
man dann mit uns umgehen soll, wenn nicht auf demokratische Art und
Weise. Das überlässt sie dann dem Mob auf der Strasse. Wer wie Pastor
Hintze die ganze Zeit zündelt, darf sich nicht wundern wenn es eben
irgendwann einmal brennt. In der Region Schwarzwald-Baar - Heuberg hat
es begonnen zu brennen.
Die Täter waren eindeutig Rechtsradikale, die außerhalb von Recht und
Ordnung stehen. Die Verantwortung für ihr Verbrechen haben sie nicht
alleine zu tragen.
Sowenig Gregor Gysi Mitarbeiter der Stasi war, sowenig stehen meine
politischen Freunde und ich außerhalb der bestehenden Ordnung. Unsere
Abgeordneten arbeiten in Städten und Gemeinden, in Landtagen und im
Bundestag konstruktiv und kritisch für eine bessere Politik. Wer
ständig etwas anderes behauptet und ständig am Image einer
verfassungsfeindlichen PDS arbeitet, gefährdet die innere Einheit
dieses Landes.
Ich hoffe, daß die Täter gefasst und verurteilt werden und ich hoffe,
daß die CDU einen Denkzettel für ihre Hetzkampagne gegen die neue
Linke bekommt. Am Wahltag nämlich, wenn die PDS mit mehr als 5% der
Stimmen in den Bundestag einzieht und im nächsten Jahr, wenn die PDS
Schwarzwald-Baar - Heuberg in einzelnen Städten der Region zur
Kommunalwahl antritt.
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