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Lübeck: Proteste gegen Antifaverfahren beim S-H Musikfest

aus der Schleswig-Holsteinischen Landeszeitung vom 13.7.98:

"(...) Von dem Freudentaumel, der die Schleswig-Holsteiner mit Blick auf
den diesjährigen Länderschwerpunkt Italien schon seit Monaten erfaßt habe,
schwärmte Heide Simonis, von mediterraner Leichtigkeit im hohen Norden.
Und sie beschwor die Fremdenfreudlichkeit Lübecks, die Offenheit gegenüber
Andersdenkenden - ein allzu schönes Bild, das eine Stunde zuvor von der
Realität konterkariert worden war.
Da hatten nämlich Konzertbesucher und Polizei alles andere als Toleranz
bewiesen. Anlaß waren ein Dutzend Demonstranten, die sich vor der MuK
versammelten, um gegen die Gerichtsverfahren gegen Antifaschisten zu
protestieren, die Anfang des Jahres bei Demonstrationen gegen die
Aufmärsche des 'Bündnis Rechts für Lübeck' festgenommen worden waren.
'Wir wollen hier Festival feiern - sorgen sie dafür, daß die hier
verschwinden', forderten wütende Konzertgäste die Polizei auf, die
kurzerhand das Megaphon der Demonstranten beschlagnahmte und diese vom
Vorplatz der MuK verwies.
Doch das hatte Heide Simonis nicht verfolgen können, denn zu dieser Zeit
gondelte die Landesmutter mit Franz Willnauer, Bundesjustizminister Edzard
Schmid-Jortzig und dem italienischen Generalkonsul Massimo Bernadinelli
auf dem Trave-Kanal. (...)"

Wir dokumentieren den nicht gehaltenen Redebeitrag:

ANTIFASCHISMUS IST NICHT KRIMINELL, SONDERN SELBSTVERSTÄNDLICH!

Unter diesem Motto und mit dieser Aussage stehen wir heute hier und
fordern die Hansestadt Lübeck und das Land Schleswig-Holstein auf, den
schönen Sonntagsreden vom aktiven Antifaschismus Taten folgen zu lassen.

Denn während sich nach den vom faschistischen Wahlbündnis 'Bündnis Rechts
für Lübeck' in Lübeck organisierten bundesweiten Naziaufmärschen die
Politikerinnen und Politiker wieder der Tagesordnung zuwenden und sich bei
Brandanschlägen, Morden, Morddrohungen und Hakenkreuzschmiereien selten
mehr als ein Betroffenheitsgemurmel abringen können, werden wir, die wir
uns dem organisierten Neofaschismus entgegenstellen, von den gleichen
Politikerinnen und Politikern kriminalisiert und vor Gericht gezerrt.

Im Januar und im März 1998 wurden bei den genannten Naziaufmärschen in
Lübeck über 500 antifaschistische GegendemonstrantInnen festgenommen.
Doch nicht genug damit, daß die Polizei auf Weisung der Landesregierung
mit diesen Festnahmen den Faschisten den Weg auf der Straße ermöglichte -
seit drei Monaten werden polizeiliche Vorladungen, Bußgeldbescheide und
staatsanwaltliche Anhörungsaufforderungen in ganz Nordeutschland
verschickt. Bisher sind davon über 100 Menschen betroffen und für uns hat
es den Anschein, als wollten die Innen- und Justizbehörden gegen alle 500
festgenommenen AntifaschistInnen vorgehen.

Dieser Kriminalisierung werden wir uns nicht stillschweigend beugen!

Wir das Solibündnis zu den Antifa-Verfahren in Lübeck, fordern:

- Schluß mit der Kriminalisierung des linken und antifaschistischen
Widerstandes!

- Wir fordern die Einstellung aller Verfahren im Zusammenhang mit den
Antifa-Aktionen in Lübeck!

Kultur schließt für uns neben klassischer italienscher Musik auch den
Bereich einer aktiven linken Widerstandskultur mit ein.
In diesem Sinne: ORGANISIEREN WIR DEN ANTIFASCHISTISCHEN WIDERSTAND!

Solibündnis zu den Antifa-Verfahren, Juli 1998

 

14.07.1998
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