Buchenwald: Buchenwald: Mahnmahl geschaendet
"Gestern das Kind von Buchenwald - morgen deines?
Kampf dem Faschismus!
Das Mahnmahl von Buchenwald wurde geschändet!
Vermutlich in der Nacht vom 26.07. zum 27.07.98 wurde der Figur des Kindes
in der Cremergruppe vor dem Glockenturm das Bein zu zwei Dritteln
angesägt. Es sieht so aus, als ob die Figur vom Sockel gestürzt werden
sollte. Besucher der Gedenkstätte entdeckten die Schändung in den
Morgenstunden des 27.07. 1998.
Die Figur des Kindes steht für alle Kinder, die die Hölle von Buchenwald
erleben mußten. Viele überlebten sie nicht, andere konnten nur durch
Solidarität der Häftlinge gerettet werden.
Dieser Anschlag stellt den Höhepunkt faschistischer Aktivitäten auf der
Gedenkstätte Buchenwald dar. Schon seit mehreren Jahren sind dort immer
wieder Faschisten zu beobachten, die sich an den "Leistungen" der SS
ergötzen und mit Naziparolen und dem Zeigen des Hitlergrußes die
Gedenkstätte entehren. Mittlerweile ist mindestens einer von ihnen dafür
sogar rechtskräftig verurteilt worden. Auch im Besucherbuch des Museums
finden sich immer wieder faschistische Hetzparolen, antisemitische Sprüche
usw..
Der Versuch der Demontage einer Figur aus der Skulpturengruppe ist eine
neue Qualität in der Geschichte der Schändung von Gedenkstätten in der
BRD. Es ist in diesem Land nichts Neues, daß jüdische Friedhöfe geschändet
oder KZ-Gedenkstätten beschmiert oder wie in Sachsenhausen angezündet
werden. Nun ist das international am meisten bekannte Denkmal in der BRD
für den Widerstand gegen den Faschismus angegriffen worden.
Wir werden nicht hinnehmen, daß die Schändung von Gedenkstätten zum Alltag
wird, ebensowenig wie wir hinnehmen werden, daß offenes Auftreten von
Faschisten vielerorts zum Stadtbild gehört!
Wir, das sind die Teilnehmerinnen und Teilnehmer des 10. Antifaworkcamps
Weimar/Buchenwald, das im 9. Jahr stattfindet. Seit Beginn der neunziger
Jahre kommt jährlich eine wachsende Zahl von Antifaschistinnen und
Antifaschisten, darunter viele Jugendliche, zusammen, um in praktischer
Arbeit, in der Auseinandersetzung mit der Geschichte un in Diskussionen
aktive zu werden.
Wir fühlen uns dem Schwur von Buchenwald verpflichtet, den die Häftlinge
nach ihrer Selbstbefreiung im April 1945 ablegten:
"Die Vernichtung des Nazismus mit seinen Wurzeln ist unsere Losung. Der
Aufbau einer neuen Welt des Friedens un der Freiheit ist unser Ziel."
Es war uns immer wichtig, unsere Verbundenheit mit denjenigen, die diesen
Schwur zuerst abgelegt hatten, durch praktische Arbeiten auf dem Gelände
der Gedenkstätte zu untermauern.
Nun dürfen wir schon im zweiten Jahr dort nicht mehr arbeiten. Eine der
Schwierigkeiten, die die Gedenkstättenleitung mit uns hat, war das aktive
Vorgehen von TeilnehmerInnen des Workcamps gegen Faschisten auf dem
Gelände der Gedenkstätte. Im Sommer 1996 wurde von uns eine Gruppe von 12
Neonazis daran gehindert, sich weiter dort aufzuhalten, was uns den
Vorwurf einbrachte, wir würden linke Polizei spielen.
Was wir getan hatten, war nichts weiter als ein bißchen Zivilcourage zu
zeigen, und wir fordern Sie auf, das Gleiche zu tun und nicht wegzusehen,
wenn sich Faschisten auf Gedenkstätteen aufhalten.
Der Zulauf, den die Gedenkstätte Buchenwald von rechter Seite zu
verzeichnen hat, hat auch mit der Politik seit 1990 zu tun, die zunehmend
faschistische Täter als Opfer darstellt. Die Geschichte der Lagers nach
1945 wird als ein Akt sinnloser Terrors dargestellt, der ebenso grausam
gewesen sein soll wie die Hölle, die die SS dort geschaffen hatte.
Verschiegen wird, daß es in den Internirungslagern der Alliierten im
Gegensatz zu den faschistischen KZs keine physische Vernichtung von
Menschen gab, und daß ein Großteil derjenige, deren jetzt als Opfer
gedacht wird, faschistische Täter waren.
Das Gedenken an sie, wie z.B. auf dem Waldfriedhof bei Buchenwald mit
seinen Edelstahlsäulen ähnelt einem germanischen Heidenkult, und die
Gräber von Nazifunktionären bilden einen Anziehungspunkt für alte und neue
Faschisten.
Wir fordern die vollständige Aufklärung der Schändung des Mahnmals!
Wir fordern Sie auf, die Schändung des Mahnmals nicht gleichgültig
hinzunehmen! Besuchen Sie das Mahnmal und unsere Mahnwache!
Sehen Sie selbst die Spuren des Angriffs, und legen Sie Blumen nieder als
Zeichen der Achtung für die Häftlinge der Hölle von Buchenwald, für ihre
Solidarität und ihren Widerstand!
Wir laden Sie ein, mit uns gemeinsam gegen die Schändung des Mahnmals zu
protestieren.
Kommen Sie zu der Kundgebung am Samstag, den 01.08.98 um 13 Uhr am Bahnhof
Buchenwald.
Heute das Mahnmal und morgen die ganze Welt?
Kampf dem Faschismus!
10. Antifaworkcamp Weimar/Buchenwald
|