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Rostock: Deutsche Polizisten schuetzen die Faschisten

Deutsche Polizisten schützen die Faschisten!
Wenn Staat und Medien lügen oder die Wahrheit unterdrücken, müssen
Augenzeugen berichten.
JUKO-AMS war in Rostock und berichtet von der angeblichen Autonomen-Demo:

Nach umfangreichen und schikanösen Vorkontrollen waren wir auf den
Treffpunkt am Steintor, gegenüber der Warnowbrücke, einem von zwei möglichen
Zugängen nach Dierkow, wo sich der Treffpunkt und Kundgebungsort der NPD
befand, gelangt. An dieser Stelle warteten bereits mehr als 1000
DemonstrantInnen, etwa ebensoviele kamen im weiteren noch hinzu. Deutlich
weniger als erwartet und nötig. Vor allem aber, weit weniger als die
Faschisten auf der anderen Warnow-Seite. Trotzdem war es für uns klar, daß
unser Protest sich möglichst weit auf die NPD-Demonstration zubewegen müsse,
damit auch in Dierkow ein deutliches Zeichen gesetzt wird, daß die
Faschisten nicht ohne Widerspruch bleiben. Dies bedeutet nicht, daß wir es
darauf anlegten, uns mit Faschisten oder der Polizei zu schlagen. Nicht
einmal für erstere wären die Kräfteverhältnisse ausreichend gewesen und die
Polizei war die am besten ausgerüstete und zahlenmäßig stärkste Gruppe vor
Ort.

Nach längerem Warten auf unserer Auftaktkundgebung eroberte sich unsere
Demonstration gegen den Widerstand der Polizei endlich die Straße, was nun
eimal die erste und unmittelbarste Voraussetzung für eine Demonstration
überhaupt ist. Zuvor bereits hatte die Staatsmacht unmißverständlich
deutlich gemacht, wie sie mit Menschen umzugehen gedachte, die sich dieser
Straße zu sehr näherten. Der Demonstrationszug setzte sich dann in Richtung
Lichtenhagen in Bewegung. Nach ca. 300 m wurde allerdings der Versuch
unternommen, durch die Große Wasserstraße am Rathaus vorbei in Richtung
Dierkow umzuschwenken. Was auch beinahe gelang, weil die Polizei insgesamt
langsamer war als die Spitze der Demonstration. Die in windeseile
herbeigeführten Polizeikräfte versuchten die Demonstration durch einen
rabiaten Schlagstockeinsatz aufzuhalten und auf die ursprüngliche Route
zurückzudrängen. Dies gelang ihnen. Es gelang ihnen insbesondere, weil sich
einige DemonstrationsteilnehmerInnen besonders autonom fühlen mußten und
anstatt die Chance des Moments zu nutzen und durch die zu diesem Zeitpunkt
schwachen und unkoordinierten Polizeikräfte hindurchzugehen aus dem Block
zurückwichen, um von hinter der Demonstration mit Steinen und Flaschen auf
die Polizeikräfte zu werfen.

Zum Werfen von Gegenständen auf die Polizei kann Mensch sicherlich
unterschiedlicher Meinung sein. In diesem Fall jedenfalls spielte es der
Polizei in die Hände. Der Durchbruch gelang nicht und die Staatsmacht hatte
Grund für eine ausführliche Knüppelorgie mit den rasch herbeigeführten
Polizeiherden und für einen mobilen Kessel, der die Demonstration von da an
einschloß. Zudem landeten einige der Wurfgeschosse in den eigenen Reihen und
richteten so mehr Schaden an, als sie je in der Lage waren auch nur zu
erreichen. Denn selbst ein Stein springt von einem Polizeihelm einfach ab,
wie ein Flummi. Die Polizei reagierte maßlos. Wahllos knüppelten sächsische
Polizisten auf alle ein, die ihnen gerade vor ihre Schlaginstrumente
gerieten. Polizisten schlugen noch auf längst wehrlos am Boden liegende wie
die Berserker ein. Offensichtlich sollten hierbei schwere Verletzungen
erzielt werden. Ein hier abgestellter PKW wurde dabei von der Polizei, weil
im Weg, mitbearbeitet und beschädigt. Der betroffene Fahrzeughalter sollte
sich an die Landesregierung Sachsens wenden. Von diesem Augenblick an wurde
die Demonstration mit einem mobilen Kessel umgeben, niemand durfte von
diesem Zeitpunkt an die Demonstration verlassen - außer jene, die von der
Polizei herausgegriffen wurden. Immer wieder stießen Polizeieinheiten in die
Demonstration, um dort einzelne herauszugreifen und zu 'bearbeiten'.

Kurz darauf erreichte die Demonstration die Nachricht, daß einer der
zentralen Infostände am Zirkuszelt Fantasia von einer größeren Anzahl
Faschisten angegriffen wurde. Der Demonstrationszug befand sich zu diesem
Zeitpunkt nur wenige hundert Meter vom Zelt entfernt. Die Polizei
verhinderte durch massiven Einsatz, daß die Demonstration dem angegriffenen
Infostand zur Hilfe eilt. Wie wir später erfuhren, waren, obwohl die Polizei
an jeder Ecke stand und jegliche Bewegung in der Stadt kontrollierte, 60
Faschisten bis dahin vorgedrungen, warfen Steine und verletzten etliche. Die
Krönung dieses Angriff schließlich bestand darin, das einer der Angreifer
mit einem Auto eine umstehende Person überfuhr. Derweil die Polizei selbst
nicht eingriff, verhinderte sie, daß TeilnehmerInnen der Demonstration dies
taten. Die Polizei trägt so aus unserer Sicht eindeutig Schuld an diesem
Vorfall, den sie selbst als einen bedauerlichen 'Verkehrsunfall' am Rande
ohne politischen Hintergrund darstellt. Vielmehr nutzte sie diese
Gelegenheit für eine medienwirksame Inszenierung. Der herbeigerufene
Rettungswagen, für dessen Durchfahrt die Demonstration trotz Knüppelei der
Polizei Platz machte, wurde von Polizisten für die Kameras zum angeblichen
Schutz vor den 'autonomen Gewalttätern' umstellt und schließlich umgeleitet.
Hier zeigte sich deutlich, wessen Geistes Kind der Polizeieinsatz war.
Deutsche Polizisten schützten die Faschisten, ohne diesem Mordpack auch nur
irgendwie das Handwerk zu legen.

Die Demonstration bewegte sich schließlich weiter, immer noch vom ständig
verstärkten Kessel begleitet und regelmäßigen Polizeiangriffen ausgesetzt.
Als besondere Sadisten erwiesen sich die Beamten der freiesten Stadt der
Welt. Der Berliner Polizeizug 113 war sich nicht zu schade, in aller
Öffentlichkeit einen Demonstrationsteilnehmer zu quälen. Dieser war zuvor
aus der Demonstration herausgegriffen worden. Derweil 4 Beamte ihn in die
Höhe hielten nahm ein fünfter dessen Fuß und verdrehte diesen - so ähnlich,
wie vor einigen Jahren Hamburger Beamte mit dem Journalisten Oliver Neß.
Falls der Betroffene diese Zeilen liest, werden wir gerne den Vorfall
bezeugen.

Zur Tragik der Demonstration gehörte, daß es keine richtige
Demonstrationsleitung gab und die provisorische Leitung im Lautsprecherwagen
heillos überfordert war. Die Demonstration war zu keiner Zeit in der Lage,
sich wirklich gegen die vollständige Übermacht und Gewaltbereitschaft der
Polizei zu wehren bzw. diese zu verhindern. Ein schweres Versäumnis war
auch, daß nicht versucht wurde, die beiden Gegendemonstrationen
zusammenzuführen und hierdurch diese unerträgliche Situation zu beenden. Ein
großes Dankeschön also an die Rostocker InitiatorInnen, deren
Sicherheitspartnerschaft mit der Polizei, mit zur Trennung in gute und böse
DemonstrantInnen führte.

Der Demonstrationszug wurde schließlich doch zum Zirkuszelt Fantasia
gelassen, wo die Demonstration offiziell aufgelöst wurde. Die Abfahrt der
TeilnehmerInnen wurde allerdings durch die Polizei bis spät in den Abend
verhindert und durfte nur unter Begleitung starker Polizeikräfte im Konvoi
bis fast an die Landesgrenze von Mc Pomm (bis kurz vorWismar) erfolgen.

Fazit: wir haben mit 127 Festnahmen und 7 Haftbefehlen teuer bezahlen
müssen, daß es einen politischen Willen der Polizeiführung gab, die
Naziprovokation zu einem Erfolg der NPD werden zu lassen. Besorgniserregend
ist auch die relativ geringe Zahl der GegendemonstrantInnen auf den beiden
Demos. Es scheint, als hätte sich Deutschland bereits damit abgefunden,
endgültig ins vierte Reich zu marschieren. Unsererseits werden wir jedoch
nicht ablassen, dies mit aller Macht (wenngleich diese leider noch sehr
gering ist) zu verhindern.

Es bleibt dabei:
Keinen Fußbreit den Faschisten. Eine Staatsmacht, die diese schützt, zeigt
nur, wem sie gehört und wohin sie deshalb selbst gehört: ins Museum der
Altertümer, neben das Spinnrad und die bronzene Axt. Ohne Revolution läuft
gar nichts.

Ein Nachsatz zur Berichterstattung: In den Medien wurde
öffentlichkeitswirksam über den Angriff einiger Autonomer auf eine
Straßenbahn nach Dierkow berichtet. Wie die Süddeutsche in ihrer Ausgabe vom
21.09. berichtete, gehörten zu den Fahrgästen dieser Bahn nicht nur etliche
Kahlgeschorene, sondern auch der bekannte Nazi und NPD-Kandidat Manfred
Roeder (wir erinnern, die Führungsakademie der Bundeswehr ..).

Junge KommunistInnen JUKO-Hochschulgruppe
Hochschulgruppe der DKP Hamburg

 http://www.rrz.uni-hamburg.de/JUKO/

 

22.09.1998
JUKO-Hochschulgruppe Hamburg   [Aktuelles zum Thema: Antifaschismus]  Zurück zur Übersicht

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