bundesweit: Aktion gegen die Verletzung des Menschenrechts-Paktes
flüchtlinge in deutschland - kritik auf UNO-ebene
Südbadisches Aktionsbündnis gegen Abschiebungen
c/o Aktion Dritte Welt
Kronenstr.16a
79100 Freiburg
tel. 0761/ 74003 (nur Freitagabend)
Fax: 0761/
709866
15.9.98
An alle Flüchtlingsgruppen und Unterstützer/innen in allen Orten der BRD
Eilige Aktion gegen die Verletzung des Menschenrechts-Paktes für
wirtschaftliche, soziale und kulturelle Rechte in der BRD
Wir machen im folgenden einen Vorschlag für eine (eilige) Aktion, mit
der die menschenunwürdige Lage der Flüchtlinge in der Bundesrepublik dem
UN-Komittee für wirtschaftliche, soziale und kulturelle Rechte
vorgestellt werden soll, das die Verwirklichung des Internationalen
Paktes über wirtschaftliche,soziale und kulturelle Rechte überwacht, dem
auch die BRD beigetreten ist. Aktueller Anlaß, der uns unter einen
gewissen Zeitdruck setzt, ist die Tatsache, daß der 3. Staatenbericht
der BRD an das genannte UN-Kommittee, in dem sie darlegt, welche
Maßnahmen sie zur Verwirklichung des Paktes ergriffen hat, am 23./24. 11
1998 in Genf vom Sozialrat bzw. dem zugeordneten Ausschuß behandelt
wird. Im Ausschuß sind auch VertreterInnen von
Nicht-Regierungsorganisationen, die zum Bericht der BRD Stellung
beziehen können. Wir schlagen vor, daß wir eine Darstellung der
Behandlung der Flüchtlinge nach Gesetzen, Verordnungen und
Rechtssprechung, sowie ihrer konkreten Lebensbedingungen, die sich
daraus ergeben, z.B. an die Organisation FIAN (Internationale
Menschenrechtsorganisation für das Recht sich zu ernähren) geben, die
Mitglied im genannten Ausschuß ist, und auf diesem Weg die Diskussion
über den Bericht der BRD beeinflussen.
Einzelheiten:
1. Der Internationale Pakt über wirtschaftliche, soziale und kulturelle
Rechte
Seine Grundlage ist die Allgemeine Erklärung der Menschenrechte. Die BRD
hat sich darin verpflichtet, die im Pakt verkündeten Rechte ohne jede
Diskriminierung "hinsichtlich der Rasse, der Hautfarbe, des
Geschlechtes, der Sprache, der Religion, der politischen oder sonstigen
Anschauung, der nationalen oder sozialen Herkunft, des Vermögens, der
Geburt oder des sonstigen Status" anzustreben und zu gewährleisten.
In Artikel 11 des Paktes heißt es beispielsweise: "Die Vertragsstaaten
erkennen das Recht eines jeden auf einen angemessenen Lebensstandard für
sich und seine Familie an, einschließlich ausreichender Ernährung,
Bekleidung und Unterbringung, sowie auf eine stetige Verbesserung der
Lebensbedingungen."
Im Artikel 12 heißt es: "Die Vertragsstaaten erkennen das Recht eines
jeden auf das für ihn erreichbare Höchstmaß an körperlicher und
geistiger Gesundheit an."
Wir bitten Euch, den Gesamttext zu besorgen. Z:B: in dem bei DTV
herausgegebenen Rechtsbändchen "Menschenrechte und Internationale
Vereinbarungen".
2. Verpflichung der BRD nach dem Pakt:
Um die volle Verwirklichung der im Pakt anerkannten Rechte zu erreichen,
hat die BRD sich verpflichtet, alle Möglichkeiten, die ihr zur Verfügung
stehen, insb. gesetzgeberische Maßnahmen, einzusetzen. Sie erstattet im
Fünf-Jahres-Abstand Bericht und sollte den Dritten Bericht schon 1994
vorlegen, es geschah aber erst 1996 und der Bericht wird erst jetzt in
Genf behandelt werden (23./24.11.1998)
Der Bericht ist erhältlich beim Bundesministerium für Arbeit und
Soziales bei Herrn Willers (tel. 0228 - 527 - 2414). Dort bekommt man 1.
die deutsche Fassung, die nicht zitierfähig ist; 2. die englische,
französische usw. Fassung, von der UN herausgegeben und zitierfähig,
sowie 3. die Richtlinien des Ausschusses in Genf, an denen der Bericht
sich orientiert.
3. Das Deutsche NRO-Forum Weltsozialgipfel hat eine Stellungnahme dazu
vorbereitet "Ergänzende Informationen zum 3. Staatenbericht der BRD" und
"Ergänzende Vorschläge des Deutschen Gewerkschaftsbundes". Dieser
Parallelbericht wird nächste Woche der Öffentlichkeit vorgestellt (am
18.9.98). Er ist erhältlich bei der Friedrich-Ebert-Stiftung, die die
Stellungnahme in Auftrag gegeben hat, bei Herrn Schlaffer zu bestellen,
tel. 0228 - 883 - 603.
4. Was wir planen
I. 1.Darstellung der die Flüchtlinge betreffenden Sozialgesetze,
Verordnungen u.ä., sowohl auf Bundesebene (Asylbewerberleistungsgesetz,
Arbeitsverbot), wie auch auf Landesebene (Baden-Württemberg,
Verschärfung des AsylbLG durch das Flüchtlingsaufnahmegesetz und dazu
erlassene Durchführungsverordnungen).
I.2 Darstellung der Begründungen für die Sondergesetze.
I.3 Darstellung der Rechtsprechungspraxis betreffend die konkreten
Bedingungen menschenwürdigen Lebens und zwar in der Form einer
Gegenüberstellung der "alten" und "neuen" Rechtssprechung.
Den Darstellungen sollen jeweils kritische Stellungnahmen von Juristen,
UNHCR und anderen Organisationen gegenübergestellt werden.
II. Situation in der Staatlichen Sammelunterkunft Freiburg Bissierstraße
7: Die dort lebenden Flüchtlinge haben im Juli in einer Pressekonferenz
ihre Lage dargelegt (Ernährungslage der Kleinkinder, Schwangeren und
Stillenden, Ernährungslage allgemeine, Kleidung, Hygieneartikel).
Wir haben den Inhalt der Esspakete über einen Monat hinweg dokumentiert,
anhand der offiziellen Listen und durch die Feststellung, was
tatsächlich jeweils drin war. Die Versorgung soll beurteilt werden nach
folgenden Kriterien: Vergleich mit den Ernährungsgewohnheiten der
Flüchtlinge (Befragung von Flüchtlingen aus verschiedenen
Herkunftsländern, Frauen, Kinder); Qualitative Beurteilung durch eine
Ernährungswissenschaftlerin; Feststellungen zum Gesundheitszustand der
Flüchtlinge durch Ärzte, die Flüchtlinge behandeln; Vergleich von
Soll-Wert und Ist-Wert der Pakete; Kosten der Umsetzung des
Sachleistungsprinzips; Verdienst der Paket-Lieferfirma.
Zusammenfassende Bewertung hinsichtlich Ernährungslage, Gesundheit,
Wirtschaftlichkeit, Psychologischer und Psychosozialer Konsequenzen der
Paketversorgung.
Wir wollen diesen Bericht bis Ende Oktober an FIAN geben mit der Bitte,
ihn bei der Stellungnahme im Ausschuß in Genf zu berücksichtigen. Eine
offizielle Zusage der Organisation haben wir dazu noch nicht. Wir haben
darüber mit Sieglinde Weinbrenner von FIAN, Forum Menschenrechte,
gesprochen, tel. 030 - 42851585. Wir gehen davon aus, daß eine fundierte
Darstellung berücksichtigt werden wird.
Bitte an Euch:
Überlegt, ob Euch diese Aktion reizt und ob Ihr die Situation der
Flüchtlinge in Eurem Bundesland und in Eurer Stadt bis Ende Oktober
konkret darstellen könnt. Wenn ja, setzt Euch mit uns in Verbindung.
Öffentlichkeitsarbeit vor dem Termin am 23./24. 11 in Genf wird sehr
wichtig sein!
(Außer an die obengenannte Adresse, unter der Ihr uns am Freitag abends
telefonisch erreicht, könnt Ihr Euch auch wenden an
Rita Schultz, tel. 0761/ 37263
Sandra Steck, tel. 07681/ 490600,
die allerdings nicht leicht erreichbar sind.)
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