Tuerkei: Prison Watch Internationa organisiert Beobachterdelegation
Prison Watch International
c/o 112 avenue Louise
1050 Bruxelles
mobil: (+32) 477 / 88.34.13
Fax: (+32) 2 / 733.72.81
Sehr geehrte Damen und Herren !
Auf Einladung des Anwaltsbüros „Halkin Hukuk Bürosu" in Istanbul (Türkei)
organisieren wir eine Beobachterdelegation nach Istanbul.
Die Delegation soll sich aus Anwälten (Juristen), Journalisten und anderen
Beobachtern zusammensetzen.
Die Einladung des Anwaltsbüros ist beigelegt.
Der Grund für unsere Reise ist die sich seit Monaten in der gesamten Türkei
zuspitzende Repression gegen Oppositionelle.
Seit Monaten wird die Aktion der als „Samstagsmütter" bekannten Angehörigen
von Verschwundenen und Gefangenen, vorwiegend in Izmir und Istanbul massiv
angegriffen und bedroht. Bei zwei Großangriffen dieses Jahres auf mehrere
Gefängnisse in der Türkei wurden zahlreiche Gefangene zum Teil
lebensbedrohlich verletzt.
Seit mehreren Wochen wird jegliche demokratische Aktion von der Polizei
brutal verhindert, die Teilnehmer körperlich angegriffen, festgenommen und
teilweise ohne genaue Angabe von Gründen verhaftet.
Ganz besonders besorgt sind wir um die Wochenzeitung „Kurtulus", die auf
legaler Basis erscheint, und deren Erscheinen man dennoch mit allen Mitteln
zu verhindern versucht. Seit Mai diesen Jahres wird der Besitzer der Serler
Druckerei in Istanbul, in der die „Kurtulus" und andere Zeitungen aus dem
oppositionellen Spektrum gedruckt werden, unter der Direktive des Nationalen
Sicherheitsrats von der Polizei bedroht. Es wird dabei offen erklärt, daß es
„unmöglich sei, Kurtulus auf legalen Wegen zu verhindern", daß es jedoch
„zivile Kräfte" gäbe, die sich einschalten und „dem Druckereibesitzer
Schaden zufügen" könnten ( aus einer Erklärung der Zeitung Kurtulus ). Nicht
zuletzt wurde das Zentralbüro der Zeitung in Istanbul von Sonderteams
angegriffen und die Mitarbeiter der Zeitung unter schweren Mißhandlungen
festgenommen. Nach 7tägiger Folter ließ man die meisten wieder frei, drei
Personen, unter skurilen Anschuldigungen
verhaftet. Die Angriffe daueren an. Die Druckerei wird jede Woche von einem
Polizeiaufgebot umstellt. Selbst Protest- und Solidaritätsaktionen werden
brutal verhindert. Während in mehreren Großstädten der Türkei Hungerstreiks
in Solidarität mit Kurtulus gestartet wurden, ging ein riesiges
Polizeiaufgebot in Kocaeli / (Izmit) mit einer Gruppe von
rechtsextremistischen „Grauen Wölfen" gegen die Hungerstreikenden vor. Es
wurden 24 Personen festgenommen, zwei darunter schwer verletzt. Nesrin
Calgin, eine Vertreterin der Zeitung Kurtulus in Kocaeli, und Sinan Sahin,
ein Leser der Zeitung, erlitten bei dem Polizeiübergriff ein Gehirntrauma.
Das Anwaltsbüro „Halkin Hukuk Bürosu" hat auf Wunsch von pwi folgendes
Programm für die Beobachterdelegation erstellt:
1- Ein Besuch im Zentralbüro der Zeitung Kurtulus
2- Ein Gespräch mit dem Besitzer der Druckerei Serler
3- Beobachtung von zwei Prozessen zum Massaker im Einkaufszentrum Perpa und
der extralegalen Hinrichtung in einem Cafe in Besiktas (Istanbul). Bei der
Hinrichtung ohne Urteil in Besiktas wurden ein Rechtsanwalt des „Halkin
Hukuk Bürosu" und zwei weitere Personen ermordet. (Infos zum Prozeß werden
nachträglich zugeschickt)
4- Gespräch beim Zeitgenössischen Journalistenverband ( CGD )
5- Gespräche mit Angehörigen von Verschwundenen und Gefangenen (
„Samstagsmütter" )
6- Besuch im Gefängnis und Informationen zu den letzten Angriffen auf die
Gefängnisse
7- ( als Alternative ) Besuch in Kulturzentren
8- Gespräch mit Mitgliedern des Zeitgenössischen JuristInnenverbands ( CHD )
9- Besuch beim IHD (Menschenrechtsverein)
10- Besuch im Stadtteil Gazi ( bekannt durch einen drei Tage andauernden
Aufstand der Bevölkerung im März 1995, bei dem 21 Menschen während einer
militärischen Offensive getötet wurden. Seit einem Jahr läuft ein Prozeß
gegen 20 Polizisten, der nach Trabzon, im NW der Schwarzmeerregion, verlegt
wurde. Mittlerweile wurden alle der zuvor inhaftierten Polizisten bis auf
einen freigelassen. )
Speziell für die Anwälte wurden im Programm Sitzungen im Bezug auf die
Zusammenarbeit
zwischen Anwälten in der Türkei und in Europa festgelegt. Interessierte Anwä
lte können sich dazu unter der angegebenen Adresse genauer informieren.
Voraussichtlicher Zeitraum der Delegation:
Samstag, 19. Dezember - Donnerstag, 24. Dezember 1998
Die Kosten für Flug nach Istanbul - (...) sind von den
Delegationsteilnehmer/innen privat zu bezahlen. (diese liegen in Deutschland
bei etwa DM 500,-) Die Kosten für den Aufenthalt in der Türkei können m
glichst gering gehalten werden, da Privatunterkünfte angeboten werden. Wer
ein Hotel vorzieht, muß selbst dafür aufkommen. Die Nebenkosten (insofern
Restaurants besucht, Taxis benutzt werden, etc.) liegen bei etwa DM 200,-.
Ein Reisepaß ist erforderlich, für deutsche StaatsbürgerInnen besteht keine
Visumspflicht.
Wir bitten um Ihre Anmeldung bei der angegebenen Adresse, bzw. telefonisch
bis spätestens 10. Dezember 1998.
Mit freundlichen Grüßen
Sandra Bakutz, pwi
Emanuel Leclercq, Rechtsanwalt
Raf Jespers, Rechtsanwalt
|