Aachen: Solidarität im Prozess gegen VVN-BdA
Vereinigung der Verfolgten des Naziregimes-Bund
der Antifaschistinnen und Antifaschisten (VVN-BdA)
Kreisverband Aachen
Aufruf zur Solidarität
Gegen die Kriminalisierung des Antifaschismus!
Gegen die Gleichsetzung von Opfern und Tätern. Die
Totalitarismusdoktrin gehört auf den Müllhaufen der Geschichte!
Liebe Freundinnen und Freunde,
am Freitag den 12.Februar 1999 findet vor dem Amtsgericht
in Weimar ein Prozeß gegen ein Vorstandsmitglied unserer
Kreisvereinigung statt. Der Vorwurf der Staatsanwaltschaft
lautet: "Störung der Totenruhe". Es wird behauptet, der
Angeklagte habe "beschimpfenden Unfug an Gräbern" verübt.
Der Hintergrund: Seit 1989 wird die Gedenkstätte des KZ
Buchenwald umgestaltet in eine Gedenkstätte des
Totalitarismus. Die Phasen dieser Umgestaltung bestanden in
- - der Errichtung einer Gedenkstätte für "Internierte nach
1945", also in der Mehrheit NS-Täter, in unmittelbarer
Nachbarschaft zum KZ. Auf einem ehemaligen Massengrab des
Internierungslagers nach 1945 wurde ein Stelenwald als
Denkmal errichtet und die sogenannten "Stalinismusopfer"
bekamen einen Aufmarschplatz. Daß die Internierungslager
aufgrund alliierter Beschlüsse (Potsdam) und nicht nur im
Osten entstanden, daß die Internierten bis auf Ausnahmen NS-
Täter waren, daß viele von ihnen starben aufgrund von
Verhältnissen, wie sie auch außerhalb des Lagers herrschten
und daß hier keineswegs vom Vernichtungswillen der Sowjets
gesprochen werden kann, hielt die Gedenkstättenleitung nicht
davon ab, die Lager vor und nach 1945 zunehmend
gleichzusetzen. Diese Gleichsetzung befindet sich im
strikten Gegensatz zum Beschluß des Europäischen Parlaments,
das die Vermischung der beiden Lager ausdrücklich
mißbilligt.
- - da paßte es ganz gut ins Bild, daß ein Prof. Niethammer
die These aufstellte, der kommunistische Widerstand im Lager
sei mit dem Terror der SS-Schergen zu vergleichen, es seien
eben alles Verbrecher. Auch wurde die Selbstbefreiung der
Häftlinge geleugnet. Die Ausstellung der KZ- Gedenkstätte
wurde um den Faschismus reduziert. Der findet jetzt nicht
mehr statt. Das KZ wird vielmehr als Grauen ohne Vor-und
Nachgeschichte, ohne Steigbügelhalter und Nutznießer
dargestellt.
- - in einem dritten Schritt wird das KZ Gelände demnächst
dazu mißbraucht, die DDR und den Antifaschismus zu
diskriminieren. Es wird die These vorgetragen, daß der
Antifaschismus Legitimation für ein verbrecherisches Regime
war. Dadurch wird nach dem "Dokumentenhaus" für die NS-Täter
ein weiteres mal die Erinnerung an das KZ zurückgedrängt und
relativiert.
Diesem Geschichtsrevisionismus von Staat und Gedenkstätten-
leitung wollten wir etwas entgegensetzen. Wir haben deshalb
im April 1996 eine Aktion durchgeführt, in deren Verlauf wir
- -80 % der Stelen mit Plastiktüten verhängten und Schilder
anbrachten, auf denen stand: "NS-Stelen auf den Müll" und
"Kein Denkmal für NS-Täter"
- - außerdem befestigten wir Plakate, auf denen NS-Täter
namentlich genannt wurden (Globke, Filbinger, Carstens usw.)
versehen mit dem Hinweis: "Sie waren nicht interniert-
Leider!"
- - mit einem Flublatt klärten wir über die Absichten
unserer Aktion auf.
Die Aktion wurde friedlich zu Ende geführt. Dann aber
nahm die Polizei einen Flugblattverteiler fest, nahm seine
Personalien auf und erstattetete Anzeige. Später schloß sich
der Verband der Stalinismusopfer der Klage an.
Die Justiz der BRD will diesen Fall zum Exempel machen.
Unsere Demonstration im besten Sinne soll nicht als
Meinungsäußerung in der Demokratie gewertet werden sondern
als krimineller Akt. Die Justiz versucht die Kritik der
AntifaschistInnen am Totalitarismuskonzept der Gedenkstätte
auf eine Stufe zu stellen mit den Neonazis, die kürzlich mit
der Säge eine Skulptur in Buchenwald beschädigten. Die
Totalitarismusdoktrin stellt die selbstdefinierte sogenannte
"Mitte" außerhalb der Kritik. Wird dann doch Kritik geübt,
wird kriminalisiert.
Wir bitten um Solidarität. Laßt nicht zu, daß Kritik am
Totalitarismuskonzept der NS Gedenkstätten kriminalisiert
wird.
-Kommt zum Prozeß am Freitag, den 12.2.1999 um 8.30 Uhr in
Weimar, Amtsgericht, Eingang Grundbuchamt, Ernst-Kohl Str.
-Spendet für die Prozeßkosten: D.Peikert Nr. 1026900100, BFG-
Aachen, BLZ 39010111. Kennwort "Buchenwald"
-Schreibt an den Richter und protestiert (bis 30.1.99). Ein Entwurf für
ein solches Schreiben ist beigefügt. Über Akteneinsicht werden wir an
Eure Solidaritätsschreiben kommen und sie im Prozeß verwenden
können.
- - Bitte leitet dieses Schreiben weiter an die, die sich solidarisieren
wollen, die wir aber bisher nicht erreichen konnten.
Danke und solidarische Grüße. Nie wieder Faschismus!Nie wieder Krieg!
i.A. gez. Detlef Peikert
Rückfragen an: Kurt Heiler, Friedrichstr. 43, 52070 Aachen, Tel.
0241/503429
oder an Detlef Peikert, Brabantstr. 10-18, 52070 Aachen, Tel.
0241/502905
SchnippXXXXXSchnappXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXX
An den
Richter beim Amtsgericht Weimar
Herrn Bäcker
Ernst-Kohl-Str.
99421 Weimar
Betr. : DS 130 Js 15586/97
Sehr geehrter Herr Bäcker,
am Freitag, den 12.2.99 findet auf Antrag der Staatsanwaltschaft
ein Verfahren gegen einen Aachener Antifaschisten statt. Der
Vorwurf lautet "Störung der Totenruhe".
Wir protestieren hiermit gegen den Versuch, antifaschistische
Kritik am Konzept der Gedenkstätte Buchenwald zu
kriminalisieren und mundtot zu machen. Wir erinnern an den
Beschluß des europäischen Parlaments, das eine Vermischung
der beiden Lager vor und nach 1945 als nicht zulässig
erachtet. Die Aktion der Aachener AntifaschistInnen richtete
sich nicht gegen Tote und nicht gegen deren Bestattung,
sondern allein gegen die Denkmalssetzung für die NS-Täter im
Internierungslager nach 1945.
Die Kritik an den Stelen als Denkmal für NS-Täter ist berechtigt.
Wir fordern weiterhin, daß die Stelen entfernt werden, da
die Forschungen selbst der Gedenkstätte feststellen, daß
über 80 % der Internierten nach 1945 zivile Funktionsträger
des Naziregimes waren. Den NS-Tätern darf kein Denkmal
gesetzt werden!
Die Totalitarismusdoktrin in der Gedenkstätte Buchenwald ist
ein Schlag ins Gesicht der ehemaligen KZ-Häftlinge und wird
von uns scharf zurückgewiesen. Der Versuch der deutschen
Justiz, Kritik an dieser Doktrin mit Anschlägen von Neonazis
auf Gedenkstätten gleichzusetzen, ist unhaltbar.
Wir verlangen Freispruch bzw. die sofortige Einstellung
des Verfahrens.
Mit freundlichen Grüßen
- ------------
Von: K.HEILER@NADESHDA.gun.de (Kurt Heiler)
Betreff: Solidarität im Prozeß gg. Aachener VVN-BdA
Foren: cl.antifa.allgemein
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