Bifo Vortragsreise vom 7.2.-13.2.
Franco "Bifo" Berardi (Bologna) über
77er Bewegung (nicht nur in Italien) und "Mentale Arbeit und
Globalisierung" (7.2.-13.2. 1999)
Eine "Face-to-Face"-Vortrags- und Diskussionsreise in Süddeutschland
(Ludwigsburg, Frankfurt, Reutlingen, Stuttgart und München).
Organisiert von com.une.farce (Zeitschrift für Kritik im Netz und Bewegung
im Alltag)
www.copyriot.com/unefarce
Sonntag, 7.2. 1999, 14.00-18.00 Uhr
Ludwigsburg, Demokratisches Zentrum, Wilhelmstraße, 45/1
Workshop zu Fragen der "Mentalen Arbeit", der Globalisierung & "The Making
of Kognitariat"
(Autonomes Zentrum Marbach)
Montag, 8.2. 1999, 20 Uhr
Frankfurt, KOZ auf dem Uni-Campus (Studentenhaus, Jügelstr. 1)
Mentale Arbeit und Globalisierung
(diskus/Frankfurter StudentInnenzeitschrift)
Mittwoch, 10.2. 1999, 20 Uhr
Reutlingen, Cafe Nepomuk
1977 - Die kommende Revolution
(Cafe Nepomuk)
Donnerstag, 11.2. 1999, 20 Uhr
Stuttgart, Uni Stuttgart, Keplerstr. (K II)
1977 - Die kommende Revolution
(Zentralkultur/ASTA der Universität)
Samstag, 13.2. 1999, 14-18 Uhr
München, Basisbuchhandlung
Workshop zu Fragen der "Mentalen Arbeit", der Globalisierung & "The Making
of Kognitariat"
Mentale Arbeit und Globalisierung
Mentale Arbeit und Globalisierung sind zwei miteinander verknüpfte
Konzepte. Der Prozeß der Globalisierung ist widersprüchlich. Tatsächlich
handelt es sich um einen partiellen Vorgang, der nur einen Teil der
Menschheit einbezieht. Die heutige Situation auf unserer Erde ist die eines
zweigeteilten, zerrissenen Systems. Auf der einen Seite steht die Restmasse
der industriellen Arbeit und der Arbeitslosen, die von den neuen
Technologien und dem globalisierten Informationskreislauf ausgeschlossen
sind, und auf der anderen Seite der Zyklus der mentalen Arbeit, die in die
Globalisierung einbezogen ist.
Die Analyse des Prozesses der Mentalisierung der Arbeit muß weit ausholen.
Die Mentalisierung der Arbeit ist eine Folge des Arbeiterkampfes gegen die
Lohnarbeit ebenso wie der Entwicklung neuer Technologien.
Das Netz (Internet) ist die allgemeine Form der mentalen Arbeit und ihres
planetarischen Kreislaufs.
Der Zyklus der mentalen Arbeit ist nicht homogen und kann nicht gemäß dem
marxistischen Klassenschema beschrieben werden. Die industrielle
Arbeiterklasse besaß ein Element territorialer und kultureller
Gemeinschaft, die der mentalen Arbeit fehlt.
Die "Weltklasse" der Entscheidungsträger und Manager und das "Kognitariat"
sind die zwei Gesichter der mentalen Arbeit. Das Konzept der
Klassenzusammensetzung, wie es vom Denken der Gruppe "Potere Operaio" in
den 60/70er Jahren vorgeschlagen wurde, kann helfen, die Wirklichkeit der
globalisierten mentalen Arbeit zu verstehen.
1977 - Die kommende Revolution
Das Jahr 1977 kann als die Wasserscheide beim Übergang von der
industriellen Moderne zur heutigen (postindustriellen) Epoche angesehen
werden, von der wir noch keine klare Vorstellung haben. Die 77er Bewegung
enthielt (nicht nur in Italien) sowohl den revolutionären und
kommunistischen Impetus, das Erbe der Geschichte der Arbeiterkämpfe des 20.
Jahrhunderts als auch den kreativen Geist, der die Anfänge der
Zusammensetzung der mentalen Arbeit begleitete.
Die Sensibilität für die Kommunikation, für die Werkzeuge der
Informationsproduktion begleitet die Geschichte der 77er Bewegung von der
Offset-Maschine, die es erlaubt Druckerzeugnisse billig herzustellen, über
die freien Radios bis hin zur Explosion des Internets.
Die italienische Bewegung wurde Opfer des konzertierten Angriffs der
Arbeitgeber, des stalinistischen Terrors und des Heroins. Die Niederlage
führte zur Blockierung der produktiven und kommunikativen Fähigkeiten der
Bewegung
1977 wurden einige Fragen formuliert, die im Zentrum der postindustriellen
Transformationsprozesse stehen: Die Rolle der technowissenschaftlichen
Intelligenz, die Beziehung zwischen Kreativität und "Gesellschaft des
Spektakels", der Widerspruch zwischen den zentralisierten und dem
rhizomatischen Modell in der Entwicklung der Kommunikationstechnologien.
Das Denken von Marshall Mc Luhan und mehr noch das von Deleuze/Guattari
stehen im Zentrum des Bewußtseins der 77er und begleiten die Entstehung des
Pankapitalismus des Netzes.
Biographisches:
Franco 'Bifo' Berardi (Jg. 1949), Bologna, gehört zu den Theoretikern des
italienischen (Post-)Operaismus. Er wurde 1968 Mitglied der Gruppe 'Potere
Operaio', deren heute bekanntester Exponent wohl Toni Negri war. Bifo
trennte sich von der Gruppe nach deren leninistischer Wendung Anfang der
70er Jahre. In der Folge gründete er mit anderen das Zeitschriftenkollektiv
A/traverso und gehörte Mitte der 70er Jahre zu den MacherInnen von Radio
Alice in Bologna. Nach der Niederschlagung der 77er Bewegung, in der die
antagonistischen kulturellen Konzepte jener Jahre ihren massivsten Ausdruck
fanden, beteiligte er sich zu Beginn der 80er Jahre an jener Analyse der
kapitalistischen Umstrukturierungsprozesse in (Nord)italien, die bis heute
die materielle Grundlage der Thesen der italienischen Postoperaisten
bildet. Eine wesentlicher theoretischer Bezugspunkt bildete für sie die das
Konzept des Marxschen "General Intellect" aus den "Grundrissen" (Diejenigen
Stellen, auf die sich die Diskussion über Mentale Arbeit bezieht, finden
sich in der com.une.farce 1/98). Bifo gehört zu den Herausgebern der
Zeischriften- und Verlagsedition 'Derive Approdi' [übersetzt etwa:
'Deterritorialisierungen - Reterritorialisierungen']
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