Oberhausen: Presseerkärung zum Wanderkirchenasyl
UnterstützerInnen-Plenum
Kein mensch ist illegal / westliches Ruhrgebiet
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Presseerklärung der UnterstützerInnen
Zum Wanderkirchenasyl
Anfang Januar 98 haben kurdische Flüchtlinge zunächst in Köln Schutz vor
einer drohenden Abschiebung in die Türkei gesucht und gefunden. Dies war
der Anfang einer Protestaktion, die sich in kurzer Zeit über die Grenzen
Kölns hinweg ausweitete. Unterstützt und koordiniert wurden die Anliegen
der KurdInnen ohne jede formale Institution durch die Kirchengemeinden und
der Kampagne kein mensch ist illegal.
Anders als das den Gemeinden bekannte Kirchenasyl war an diesem
Wanderkirchenasyl, daß hier nicht einzelne Familien in den Kirchen
aufgenommen und begleitet wurden, sondern daß die Flüchtlinge Subjekte
ihrer eigenen politischen Aktion geworden sind.
"Die Rede von einer Instrumentalisierung der Kurden für politische Zwecke
ist daher unangemessen", so der Kölner Superintendent Eckart Schubert am
14. November 1998.
Mehrfach ist von den KurdInnen gesagt worden, daß sie mit ihrer Person
diese Aktion gestalten und sie ihre Interessen nach außen hin selbst
vertreten wollen. Sie wehren sich gegen den Umkehrschluß, der in der
Öffentlichkeit nur zu oft als Argument genutzt wird, daß sie benutzt
werden. Die KurdInnen sind in die Kirchen geflüchtet, weil ihnen
spätestens nach der Asylrechtsänderung 1993 kaum eine Möglichkeit bleibt
vor einer Abschiebung in die menschenrechtsmißachtende Türkei sicher zu
sein.Dort erwartet sie, nur weil sie KurdInnen sind, Armut, Folter,
Verfolgung und nicht selten der Tod.
Auch die Gemeinden unterstützen die Forderung eines Bleiberechts und eines
Abschiebestops und sind damit aus der rein humanitären Hilfe
herausgetreten und handeln politisch.
Die Aktion wird seither von der Kampagne kein mensch ist illegal in vielen
Bereichen unterstützt und handelt somit ebenso politisch indem sie die
Forderungen der KurdInnen unterstützt.
Das Wanderkirchenasyl zeigt die dringend notwendige Diskussion um die
massenhafte Illegalisierung von Menschen auf. Der moralische Aspekt, sich
für in Not befindliche Menschen einzusetzen, muß größer sein als die
staatlichen Ziele der Ausgrenzung verschiedener ethnischer und kultureller
Minderheiten, besonders wenn in der Türkei weiterhin Menschenrechte mit
Stöcken geschlagen werden.
Die Ausweitung des Wanderkirchenasyls
Es ist bekannt, daß nicht nur 400 illegaliesierte Flüchtlinge in NRW
leben. Durch die Öffentlichmachung ihrer eigenen Person treten die
KurdInnen aus der Illegalität heraus, um das Stillschweigen zu
durchbrechen. Nicht zuletzt deshalb müssen diese Menschen unbedingt den
Schutz einer Räumlichkeit erfahren, die den moralischen Aspekt an erste
Stelle setzt. Und das sind nun einmal Kirchengemeinden, die diesen
Schutzraum gewährleisten können. Wenn die Kurdinnen abgeschoben werden
sollten, erwartet sie eine Verfolgung ungeahnter Härte.
In einer Hürriyetausgabe v. 15.2.98 wird ein direkter Zusammenhang
zwischen der PKK und dem Wanderkirchenasyl hergestellt. (Zitat Human
Rights Association)
Im Zuge des Wanderkirchenasyls kam es im letzten Jahr zu Verhandlungen mit
dem Innenministerium NRW, die auch gerade durch die vielen Aktionen der
KurdInenn selbst vorangetrieben wurden.
Es wird immer wieder ein Bleiberecht für alle und ein sofortiger
Abschiebestop gefordert.
Da aber durch die Landesregierung entgegen einer bundesweiten
Asylrechtgebung diesen Forderungen kein Recht gegeben werden konnte, kam
es immer wieder nur zu einer Teilzusage, die nur die im Wanderkirchenasyl
befindlichen KurdInnen betraf. Die Kurdinnen wurden immer wieder unter den
Druck gestellt, einer erneuten Einzelfallprüfung zuzustimmen, ansonsten
gäbe es keinen anderen Lösungsweg. Dieser Druck wurde durch die
Inhaftierung von zwei Kurden im nordrheinwestfälischen Abschiebeknast
Büren und die Zusage ihrer Freilassung bei Zustimmung zur
Einzelfallprüfung untermauert. Aus diesem Grund und aus dem Grund der
verständlichen Ermüdung nach einem Jahr Leben in der Kirche haben die
Kurden zugestimmt.
Zeitgleich wurde durch die bestehende Enge der Räumlichkeiten und als
Signal gegenüber der Landesregierung zu weiteren Aktionen als Mittel
gegriffen. Es kam zur Ausweitung zunächst in Wuppertal, später in
Oberhausen. Bei diesen Aktionen war der Weg, der begangen wurde ein
anderer. Hier wurden die Kirchengemeinden vorher nicht gefragt, sondern
wurden mit der bestehenden Situation konfrontiert. Das hat nicht nur
Zustimmung erfahren. Daß aber den Kurdinnen keine andere Wahl blieb, ist
selten beachtet worden. Es gab zu diesem Zeitpunkt keine Gemeinden, die
sich bereit erklärten die Räume zu öffnen. Vorherige Anfragen in anderen
Gemeinden stießen immer wieder auf Ablehnung. So blieb den KurdInnen keine
andere Wahl, bedrängt von der Situation und als Signal über die Grenzen
von Köln hinweg, auch andere Gemeinden NRW in die Verantwortung zu nehmen.
Die KurdInnen hier in Oberhausen haben mehrfach betont, daß sie sich für
die Aufnahme in den Gemeinden bedanken. Sie erbitten insbesondere
persönlichen Schutz und Schutz der gesamten Gruppe. Sie hatten gehofft,
ihre Aktion würde auf ein wenig mehr Verständnis stoßen.
Auch wurde deutlich, daß die Kapazitäten der Kirchengemeinden in
Oberhausen-Buschhausen begrenzt sind. Dies wurde in den letzten zehn Tagen
immer wieder in Gesprächen von den KurdInnen beachtet und respektiert.
Andere Wege der Unterbringung in Kirchengemeinden in Oberhausen und
Umgebung werden ebenso akzeptiert
Von der Caritas Oberhausen angebotene Lösungen der Aufsplittung der Gruppe
und Rückführung in die "Herkunftsorte", d.b. in die Orte der zuständigen
Ausländerbehörden, waren keine wirklichen Lösungen der Situation der
KurdInnen. Das eigentliche Ziel der Aktion, Öffentlichkeit über die
Situation der vielen illegalisierten Menschen am Beispiel von dieser
verschwindend kleinen Gruppe, herzustellen, würde damit zunichte gemacht.
Im Gegenteil, die KurdInnen würden wieder eine Vereinzelung eingehen aus
der sie aus den oben benannten Gründen herausgetreten sind.
Daß der Schutzraum Kirche der eigentliche ist und es hier nicht um
Einzelunterbringung in privaten Haushalten oder gar Moscheen geht, wird
auch dann deutlich, wenn man sich die Verhaftungen in der letzten Zeit vor
Augen führt, die auf offener Straße geschehen sind. Hier wurden Menschen,
die im Wanderkirchenasyl leben, trotz Zusagen und Empfehlungen vom
Innenministerium, diese Menschen wieder in die Kirche zurückzuführen,
mißachtet. Daß diese Ereignisse eine verständliche Unsicherheit und Angst
bei den KurdInnen hervorruft, ist an dieser Stelle nicht mehr näher zu
erläutern.
Wir als UnterstützerInenn sehen ebenso die Problematik der Kapazität der
Kirche. Auch wir sind nicht untätig geblieben und haben Kirchengemeinden
erneut gefragt, ob sie bereit wären, KurdInnen aufzunehmen. Wie in der
letzten Zeit so oft, wurde uns aber deutlich gemacht daß es erst vieler
Gespräche bedarf, bis einigen wenigen Menschen Schutz geboten werden kann.
Daß die angefragten Kirchengemeinden sich erst einmal mit dem
Wanderkirchenasyl auseinandersetzen wollen, ist verständlich. Die
KurdInnen haben aber aufgrund der äußeren Umstände keine andere Wahl als
mit ihrer eigenen Person den Schutz des Wanderkirchenasyls zu erklären.
Denn sie sind diejenigen die vor einer Abschiebung in die Kirchen
geflüchtet sind. Nicht zuletzt deshalb kam es zu der Situation in
Oberhausen-Buschhauen wie sie jetzt besteht.
Wir UnterstützerInnen sind ebenso wie die Gemeinden in Oberhausen,
Wuppertal, Köln und anderswo, wie auch der Beginn der Kampagne kein mensch
ist illegal vor einem Jahr in Köln vor die Situation gestellt worden,
illegalisierte Flüchtlinge zu unterstützen. Daß die
Selbstverständlichkeit, Minderheiten zu unterstützen und sich mit ihnen zu
solidarisieren nicht bei allen Menschen dieser Republik gleich ist, haben
wir schmerzlich erfahren müssen. Wir hoffen, daß diese Erklärung ein
Anstoß für einige wenige mehr sein wird, sich mit der Situation
auseinanderzusetzen, darüber nachzudenken und nicht zuletzt Worte in Taten
umzuwandeln.
Oberhausen, den 5.Februar 99
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