Bonn: "Türkische Regierung hat die jetzige Eskalation zu verantworten"
Carsten Hübner (MdB)
PDS-Bundestagsfraktion
Menschenrechtspolitischer Sprecher
Reuterstraße 231, 53113 Bonn, Tel.: (0228) 85831 und (0172) 3649928
Bonn, den 16.02.1999
Presseerklärung
Hübner: "Türkische Regierung hat die jetzige Eskalation zu verantworten"
Zu der Festnahme des PKK-Chefs Öcalan und den Besetzungen griechischer
und kenianischer Botschaften erklärt Carsten Hübner,
menschenrechtspolitischer Sprecher der PDS-Bundestagsfraktion:
"Mit ihrem jahrelangen Beharren auf einer militärischen Lösung der
Kurdenfrage in der Osttürkei und der jetzigen Entführung des PKK-Chefs
Öcalan aus Kenia in die Türkei hat die türkische Regierung eine
internationale Situation herbeigeführt, die sich in den derzeitigen
massiven Auseinandersetzungen entlädt. Auch eine ganze Reihe
europäischer Länder, die sich bisher geweigert haben, Öcalan Asyl zu
gewähren und mit einer Initiative für einen internationalen
Friedenskongreß zur Lösung des Konflikts und zur Beendigung der
Kurdenverfolgung in der Türkei beizutragen, sind für die derzeitige
Eskalation politisch mitverantwortlich. Besonders schwer ins Gewicht
fällt dabei vor allem das unverantwortliche Verhalten der meisten
NATO-Partner. Sollte sich zudem bewahrheiten, daß westliche
Geheimdienste bei der Entführung Öcalans ihre Finger im Spiel gehabt
haben, dann bedeutet dies eine neue Stufe der Kumpanei mit einer
türkischen Politik, die im Ergebnis Tausende Tote, Verhaftete,
Gefolterte und zerstörte Städte und Dörfer in den letzten Jahren zu
verantworten hat.
Ich fordere die deutsche Bundesregierung vor diesem Hintergrund auf, die
völkerrechtswidrige Entführung Öcalans öffentlich zu verurteilen und
darauf zu drängen, daß der gegen den PKK-Chef zu erwartende Prozeß
internationalen Maßstäben gerecht wird. Darüber hinaus erwarte ich von
der Bundesregierung, daß sie sich nun endlich für eine internationale
Kurdistan-Friedenskonferenz stark macht, um der militärischen Logik der
türkischen Regierung eine internationale Logik der Menschenrechte und
des Friedens entgegenzusetzen. Die deutsche EU-Ratspräsidentschaft böte
dafür eine erfolgversprechende Ausgangslage.
Gleichzeitig fordere ich die politisch Verantwortlichen in der
Bundesrepublik dazu auf, die derzeitigen Aktionen kurdischer Menschen
nicht für eine Kampagne zu mißbrauchen, an deren Ende wieder nur
Ausgrenzung, Kriminalisierung und nicht selten Ausländerfeindlichkeit
stehen.
Dazu ist es aber erforderlich, daß auch von kurdischer Seite politisch
besonnen auf die Entführung Öcalans reagiert wird. Die
Botschaftsbesetzungen müssen sofort beendet werden. Auseinandersetzungen
mit bundesdeutschen Behörden und Angriffe auf Botschaften und
konsularische Vertretungen oder türkische Institutionen werden die
politische Situation nur verschärfen und eine Konfliktlösung potentiell
blockieren."
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