Bomben auf Belgrad
>> Bomben auf Belgrad
>> Deutschland im Auftrag des Völkerrechts
Gerechte Kriege gibt es nicht. Das weiß sogar das deutsche Fernsehen.
Manche Kriege aber müssen trotzdem geführt werden; nämlich solche, die
eine humanitäre Katastrophe beenden - wenn nämlich ein Despot, ein
Machtmensch, jemand, der seine eigene Macht über das Wohl seines Volkes
stellt, glaubt, er könne machen, was er wolle. Aggression darf sich
nicht lohnen , sagt Außenminister Fischer. Gerechte Kriege gibt es zwar
nicht, aber manchmal liegt die Verantwortung und damit auch das Unrecht
nur auf einer Seite: Der serbische Aggressor hat es aufgrund seiner
Starrköpfigkeit nicht anders gewollt und muß nun die Konsequenzen für
sein unverantwortliches Handeln tragen. Den Militäreinsatz der NATO hat
alleine der serbische Aggressor zu verantworten , glaubt SAT.1 am 25.
März 1999 erkannt zu haben. Es ist eine alte Masche, sämtliche Gründe
eines Krieges damit zu vertuschen, daß Haß und Wut gegen den im
gegnerischen Staatsoberhaupt personalisierten Feind geschürt werden. Der
Vergleich des Staatsoberhaupts mit anderen längst als wahnsinnig
abgestempelten Despoten ist dazu ein effektives Mittel, und so ist es
kein Wunder, daß der Name Saddam Hussein so oft in einem Atemzug mit
Milosevic genannt wird. Mit Hitler vergleicht das Fernsehen Milosevic
freundlicherweise nicht, gleichwohl hört man diesen Vergleich
mitschwingen, wenn zum Beispiel davon geredet wird, daß es 50 Jahre
keinen Krieg auf europäischem Boden gab. Solche Propaganda geschieht in
Deutschland in den wenigsten Fällen bewußt. PolitikerInnen und Medien
wollen nicht einmal die Wut der StaatsbürgerInnen schüren, was
zweckmäßig wäre, sondern sie drücken wirklich ihre Meinungen aus. Wenn
alle die gleichen falschen Ansichten über den Zweck von Staaten haben,
fühlt sich einer von den anderen bestätigt. Dennoch bleiben diese
Ansichten falsch. Daß der Staat ein Gewaltzusammenhang ist, erfahren
seine BürgerInnen tagtäglich; vor allem die ArbeiterInnen, die kein
Privateigentum haben, nur ihre Arbeitskraft verkaufen können und sich
damit ausbeuten lassen müssen. Der Staat ist dazu da, dieses Verhältnis
zu perpetuieren. Im Grundgesetz heißt das: Eigentum und das Erbrecht
werden gewährleistet. (Artikel 14) Damit sind alle Menschen formell
gleich; wenn sie Eigentum haben, dürfen sie es auch haben. Für
ArbeiterInnen, die aber eben kein Privateigentum haben, ist diese
Gleichheit Hohn. Der Staat ist keineswegs dazu da, das materielle Glück
der einzelnen zu garantieren, sondern die Konkurrenz in geregelte Bahnen
zu bringen. Sein Interesse ist die Vergrößerung des Reichtums, und der
wird in der kapitalistischen Produktionsweise durch die Ausbeutung von
Lohnabhängigen geschaffen. Ganz gleich also, ob PolitikerInnen denken,
sie handelten zum Wohle dessen, was sie ihr Volk nennen, schaffen und
erhalten sie notwendig die Bedingungen der Möglichkeit dieser
Ausbeutung. Damit ist die Beschuldigung richtig, Milosevic stellte seine
eigene Macht über das Wohl seines Volkes; sie trifft aber nicht nur auf
ihn zu, sondern auf alles Staatspersonal überall. Wenn das Gesetz immer
schon Recht der Sieger, beziehungsweise der EigentümerInnen, ist, kann
weder der Krieg aus diesem vernünftig begründet werden, noch kann sich
eine vernünftige Kritik des Krieges affirmativ auf es beziehen, so wie
es die PDS versucht. Das Völkerrecht, mit dem Krieg sowohl kritisiert
als auch befürwortet wird, ist durch und durch ideologisch. Dieses Recht
hat in erster Linie den Zweck, die Konkurrenz zwischen den Staaten zu
regeln. Es setzt jeden Staat in die Funktion des Aufpassers und
Anklägers, der auf dieser Grundlage legitime von illegitimen Interessen
anderer Staaten scheiden kann. Auch das Völkerrecht ist immer ein Recht
der Sieger. Es wird garantiert von der wirtschaftlichen und
militärischen Gewalt der Staaten, die einen ständigen Sitz im
Weltsicherheitsrat haben. Einzig diese Staaten, allen voran die USA als
die nunmehr einzige Weltmacht, haben die Gewalt, dieses Recht nach ihren
Zwecken auszulegen. Heute kann die USA sich ihrer Machtstellung so
sicher sein, daß sie den Weltsicherheitsrat übergeht, und daß die
Entscheidungsgewalt über den Einsatz militärischer Mittel allein der
NATO zufällt.
Völkerrecht soll ein Recht der Völker sein. Jeder affirmative Bezug
auf ein Volk ist aber falsches Bewußtsein; er setzte voraus, daß
Menschen von anderen Menschen wesentlich unterschieden wären, sei es
durch Blut, Sprache oder Kultur. Durch Blut sind Menschen aber nicht
unterschieden, und sprachliche wie kulturelle Unterschiede sind
heutzutage erst Folgen des Willens zum Nationalstaat. Wenn sich eine
Gruppe von Menschen als Volk fühlt und deshalb einen souveränen Staat
fordert, so ist das genauso zu kritisieren wie die gewaltsame
Unterwerfung dieser Gruppe unter eine andere Staatsgewalt. SerbInnen wie
Kosovo-AlbanerInnen kämpfen für die Ausübung von Herrschaft, nur mit
verschiedenem Personal. Eine vernünftige Kritik, welche die von
Herrschaft überhaupt ist, kann sich deshalb auf keine der beiden Seiten
schlagen.
Die Kritik der USA ist eine andere: sie unterscheidet rechtmäßige und
unrechtmäßige Herrschaft nach dem Kriterium der Menschenrechte. Durch
Menschenrechte regelt ein Staat das Verhältnis der BürgerInnen
untereinander, die Form der Konkurrenz: Freiheit und Gleichheit sind
einzig Freiheit und Gleichheit zum Verträge schließen. Wenn ein Staat
seine BürgerInnen in anderer Weise in ein Verhältnis zu sich setzt, so
ist die Ausübung seiner Herrschaft nach dem Kriterium dieser
Menschenrechte illegitim. Nur so gelingt es den USA, Milosevic als
Aggressor zu stigmatisieren. Von diesem Kriterium machen sie ihr Handeln
aber nur dann abhängig, wenn dieses Handeln für sie eine Funktion
erfüllt. Dem türkischen Staat wird trotz seiner Repressionen gegen
kurdische NationalistInnen nicht mit Krieg gedroht, da er ein
Bündnispartner ist. Mit der Zersplitterung des Balkans, die mit der
Anerkennung Kroatiens und Sloweniens durch Deutschland und seine
Bündnispartner begann, kann der Einfluß der westlichen Welt in dieser
Region vergrößert werden. Das Abkommen von Rambouillet legt von
vornherein fest, wie der Kosovo-Staat aussehen soll; nämlich so, wie die
NATO es sich vorstellt. Von der Erfüllung dieses Abkommens macht die
NATO ihre Unterstützung für die UCK abhängig. Deutschland als stärkstes
Land in Europa kann in diesem Konflikt seine Macht und Bereitschaft zur
Verantwortung beweisen und will sich den ständigen Sitz im
Weltsicherheitsrat sichern. Wenn Deutsche um den Sieg ihrer Soldaten
fiebern und stolz auf die Rolle ihres Staates sind, zeigt dies, daß sie
den Zweck von Staaten und deren Handeln nicht verstanden haben.
Humanität zu beteuern und zugleich einzuräumen, das zivile Opfer nicht
zu vermeiden sind, wenn man Jugoslawien in die neue Weltordnung bombt,
ist zynisch.
Quelle:
>>> Junge Linke Hannover
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