Hamburg: Stoppt den NATO-Angriffskrieg gegen Jugoslawien
Mit Verweis auf die Menschenrechte wird Jugoslawien nun in der 5.
Woche bombardiert. Was eine humanitäre Katastrophe, was Menschenrechte
bzw. Völkerrecht sind, definieren und entscheiden dabei die
wirtschaftlich und militärisch starken, kapitalistischen Staaten
dieser Welt. Mittlerweile werden sogar die eigenen Institutionen (wie
z.B. die UNO) übergangen, wenn sie hinderlich sind, die eigenen
Interessen durchzusetzen. In Deutschland rollt die Kriegmaschine
getragen von einem breiten Konsens für den Krieg in den Medien - ohne
nennenswerten Widerstand aus Parteien, Organisationen, Gewerkschaften
und der Bevölkerung. Politisch dient der Krieg zudem dem deutschen
Geschichtsrevisionismus und dem Etablieren der Bundeswehr als
einsatzfähige Kampftruppe.
Die NATO als humanitäre Hilfsorganisation?
Kriegerische Konflikte, bewaffnete Auseinandersetzungen, Vertreibungen
und Menschenrechtsverletzungen gibt es überall auf dieser Welt.
Besondere Beispiele sind eine Millionen Tote in Ruanda und der Krieg
in Kurdistan, um nur zwei davon zu nennen. Wenn jedoch mit Verweis auf
die Menschenrechte Militär geschickt wird, stehen wirtschaftliche oder
strategische Interessen der westlichen Staatengemeinschaft auf dem
Spiel. Das Leiden und die Not von Flüchtlingen schert die Herren
dieser Welt nur insoweit, wie sie für eigene politische Interessen und
propagandistische Zwecke instrumentalisiert werden können.
In den Kosovo wurde getreu dieser Logik bis zum Vorabend des Krieges
mit Hinweis auf einen Bericht des Auswärtigen Amtes vom 12. Januar
1999 abgeschoben:
"Albanischen Volkszugehörigen droht in der Bundesrepublik Jugoslawien
keine politische Verfolgung, die explizit an die Volkszugehörigkeit
anknüpfen würde. (...) Nach Erkenntnissen des Auswärtigen Amts sind
die Maßnahmen der Sicherheitskräfte in erster Linie auf die Bekämpfung
der UCK gerichtet, die unter Einsatz terroristischer Mittel für die
Unabhängigkeit des Kosovo, nach Angaben einiger ihrer Sprecher sogar
für die Schaffung eines 'Groß-Albanien' kämpft."
Die Vertreibung und Flucht der Bevölkerung des Kosovo hat sich erst
unter den NATO-Bombardierungen zu einer Massenkatastrophe
ausgewachsen. Per Scheckheft und Abschottung der Grenzen wird nun
dafür gesorgt, daß der Großteil der Flüchtlinge nicht hierherkommt.
Divide et impera - teile und herrsche!
Der Krieg im Kosovo bzw. die fortschreitende Zerschlagung Jugoslawiens
ist ein wichtiger Schritt zur Ausdehnung des Machtbereichs der EU,
selbstverständlich mit einem im westlichen Sinne zugerichteten
Rest-Jugoslawien. Zudem geht es der NATO auch darum, die russische
Position in Ost- und Südosteuropa weiter zurückzudrängen und die
Vormachtstellung in der gesamten Region zu erhöhen. Zu ihrem 50.
Geburtstag am 25.4.1999 wird die NATO nun auch in ihrem Statut
festschreiben, was bereits militärische Praxis ist - die
Selbstmandatierung zur Durchsetzung ihrer Interessen.
"Als 'Verantwortungs- und Interessenbereich' wurden Gebiete
deklariert, deren Instabilität Bündnisinteressen beeinträchtigen
könnte. (...) In geographischer Hinsicht ist ein Limit, welches das
Handeln der NATO begrenzt, nicht mehr erkennbar; das ganze, außerhalb
des bisherigen NATO-Gebietes liegende östliche und südöstliche Europa
inklusive der ehemaligen Sowjetunion sowie die nordafrikanische und
nahöstliche 'Peripherie' werden zum NATO-Interessengebiet erklärt."
(In: Aus Politik und Zeitgeschichte, Beilage zur Wochenzeitung Das
Parlament, vom 12.März 1999. S.31-32)
Zu Rolle und Interessen der BRD
Bereits am 26.11.1992 wurde kaum öffentlich beachtet die Definition
für die neue deutsche Großmachtpolitik geliefert: Der Bundesminister
für Verteidigung erließ ein Kompendium von 53
"Verteidigungspolitischen Richtlinien". Der neue Auftrag für die
Bundeswehr steht in Richtlinie Nr. 8 und lautet seitdem:
"Aufrechterhaltung des freien Welthandels und des ungehinderten
Zugangs zu Märkten und Rohstoffen in aller Welt im Rahmen einer
gerechten Weltwirtschaftsordnung."
Die äußere Intervention in Jugoslawien - vor allem von seiten der BRD
- - zielte von Anfang an auf die Revision der Balkan-Nachkriegsordnung.
In der zweiten Hälfte des Jahres 1991 wurde von der BRD und Österreich
die Zerstückelung Jugoslawiens entscheidend vorangetrieben. Die
deutsche Anerkennungspolitik gegenüber Kroatien und Slowenien erfolgte
in der Perspektive, die reichsten Teilstaaten Jugoslawiens an die EU
zu binden. Der damalige Außenminister Genscher verkündete, daß mit
jedem Schuß die Anerkennung Kroatiens näher käme und betätigte sich
somit als direkter Kriegstreiber. Die deutsche Politik heizte die
nationalistischen und sezessionistischen Tendenzen an. Schon 1991
zeigte sich, daß die heutige Regierungskoalition die Tendenz der
Balkanisierung aktiv mittrug: Die SPD-Politiker Voigt und Gansel
setzten nach einem Jugoslawienaufenthalt die rasche Anerkennung
Sloweniens und Kroatiens auch in ihrer Fraktion durch. Neben diesen
beiden erörterten auch die SPD-Politiker Gernot Erler und Günther
Verheugen regelmäßig mit Außenminister Genscher die
Jugoslawienpolitik. In die Fußstapfen seines Vorgängers Kinkel trat
schließlich auch der grüne Außenminister Fischer, der mit dem Gerede
von "Volksgruppen" einen Begriff benutzt, der schon immer deutsche
Expansionsgelüste zu begründen half. Folgerichtig wird nun auch die
UCK massiv von der BRD unterstützt. Im Gegensatz zu anderen
NATO-Partnern setzte die deutsche Bundesregierung entlang ihrer
völkisch ausgerichteten Destabilisierungspolitik auf Eskalation.
Rot-grün zieht in den Krieg - eine Regierung Kohl hätte es nur
schlechter inszenieren können
Die über Jahre vieldiskutierte Frage, ob deutsche Soldaten trotz der
deutschen Geschichte in Jugoslawien intervenieren dürfen, hat sich
unter der rot-grünen Regierung sogleich perfide ins Gegenteil
verkehrt: Wie zum Hohn ergibt sich aus Auschwitz und dem deutschen
Vernichtungsfeldzug quer durch die Kontinente für die rot-grüne
Regierung offenbar eine besondere moralische Verpflichtung der
Deutschen, Jugoslawien zu bombardieren. Der Appell an den
Antifaschismus soll nun den Angriffskrieg legitimieren, und überdies
wird mittels der Projektion deutscher Verbrechen auf Serbien die
deutsche Geschichte relativiert und gleich mitentsorgt.
Wurde Hitler 1991 noch in Bagdad ausgemacht, so sei er heute in
Belgrad zu finden, die Mordmaschine Wehrmacht sei unter dem Mantel
"Jugoslawische Bundesarmee" aktiv und das historisch einmalige
Verbrechen - der bürokratisch organisierte Völkermord der Deutschen,
Auschwitz - wird in dieser Logik kurzerhand nach Jugoslawien verlegt.
Die Doppelmoral bei diesem Geschichtsrevisionismus zeigt sich in der
heuchlerischen Bezugnahme der PolitikerInnen und der Medien auf den
Antifaschismus bei gleichzeitiger Verhöhnung der Opfer des deutschen
Faschismus. Auch unter Rot-Grün werden die Ansprüche ehemaliger
ZwangsarbeiterInnen und KZ-InsassInnen dreist wegdiskutiert und
verzögert. Nach Schröders Plänen soll zum Schutz der deutschen
Wirtschaft lediglich ein einmaliger Fonds eingerichtet werden, damit
dann endlich Schluß mit den Zahlungen sein kann.
Der "friedensbewegte" Angriffskrieg ist nun auch eine Wahrheit über
einen Teil der deutschen Friedensbewegung der 80er Jahre. Die grüne
Regierungspartei war in der Friedensbewegung eine starke Fraktion, die
einen auf die eigene Bedrohung reduzierten Antimilitarismus vertreten
hat, der das kapitalistische System als Ursache von imperialistischem
Krieg nicht ins Zentrum seiner Kritik stellt. Das ermöglicht heute,
den Angriffskrieg als Friedensmission zu verkleiden.
Für uns ist mit dem ersten NATO-Angriffskrieg mit maßgeblicher
Beteiligung Deutschlands spätestens der Zeitpunkt gekommen, Widerstand
zu organisieren. Neben der Entwicklung einer grundlegenden
Systemkritik gegen die kapitalistische und imperialistische Politik
sehen wir die Aufgabe, in den reibungslosen Alltag des kriegführenden
Deutschlands einzugreifen.
Stoppt die NATO-Angriffe!
Imperialisten raus aus dem Balkan!
Die deutsche Kriegsmaschinerie angreifen!
Für eine starke Anti-Kriegsbewegung!
Bündnis antimilitaristischer, antiimperialistischer Gruppen
Flugblatt # 1
|