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Hamburg: Busfahrt zum Kriegsparteitag der Gruenen

Die NATO-Kriegsmaschine angreifen - fangen wir bei den Grünen an...

Nachdem bereits seit 7 Wochen Krieg herrscht und unter rot-grüner
Regierung auch deutsche Tornados tonnenweise Bomben auf Jugoslawien
abwerfen, will die grüne Partei am Himmelfahrtstag einen
Kriegsparteitag abhalten, dessen wichtigste Funktion es sein wird, den
Fortbestand der Grünen zu sichern. Die Parteiführung will sich von der
Parteibasis den Kriegskurs legitimieren lassen und diese - inklusive
der KritikerInnen - geschlossen hinter sich bringen. Die Grünen
standen bereits Gewehr bei Fuß, als es im Oktober letzten Jahres hieß,
den Finger an den Abzug zu legen und der jugoslawischen Regierung per
Bundestagsbeschluß mit militärischer Gewalt zu drohen. Für uns geht es
darum, eindeutig gegen den Krieg Stellung zu beziehen. Nur aus einem
klaren antikapitalistischen Standpunkt heraus läßt sich Widerstand
gegen den imperialistischen Krieg und gegen die herrschenden
Verhältnisse entwickeln und organisieren. Es gibt keine Legitimation
für einen NATO-Angriffskrieg, genausowenig wie für eine Debatte über
das Für und Wider dieses Verbrechens.

Die Grünen auf Kriegskurs

Der Bruch von Völkerrecht, Grundgesetz und sämtlichen internationalen
Vereinbarungen bereitet auch den Grünen keine Probleme. Das einzige,
was "ihre Seele brennen" läßt, sind die Fragen, wie dieser Krieg
glaubhaft zu legitimieren und ihre Partei über den Krieg hinaus zu
retten sind. Die Wandlung von einer die Kapital- und
Verwertungsinteressen der Imperialisten nie in Frage stellenden
Friedens- zu einer Kriegspartei ist keine Entwicklung, die vom Himmel
gefallen, sondern dem grünen Reformprojekt immanent ist. Proklamierte
grüne "Grundsätze" - wie garantiertes Mindesteinkommen, Mindestrenten,
Entmilitarisierung durch Abschaffung der Bundeswehr, sofortiger
Ausstieg aus der Atomenergie, Reform des Staatsbürgerrechts und
politische Lösungen von internationalen Konflikten - haben sich auf
dem Weg zur Macht Schritt für Schritt in ihr Gegenteil verkehrt. Die
einst als wirtschaftsfeindlich geltenden Grünen, haben sich endgültig
eingereiht: Wirtschaftswachstum mit pseudo-ökologischem Antlitz;
Liberalisierung der Märkte bei weitgehend entgarantierter Arbeit;
Marginalisierung der vom Kapital nicht mehr verwertbaren Menschen
durch soziale Ausgrenzung; Zementierung von rassistischer
Ausländergesetzgebung, um Migrantinnen von den deutschen
Wohlstandstöpfen fernzuhalten; und nicht zuletzt Krieg als Mittel zur
Durchsetzung geopolitischer und ökonomischer Interessen. Sie sind
logische Schlußfolgerungen einer Partei, die in ihrer kurzen und
erbärmlichen Geschichte nur eines wollte: an die Macht und
Verantwortung übernehmen. Eine linke Opposition innerhalb der Grünen
gibt es schon lange nicht mehr, spätestens mit dem Austritt der
Ökosozialisten 1990, hat sich Grün als Mittelstandspartei etabliert
und ihr Klientel mit entsprechenden Programmen bedient. Das nunmehr
vereinte Parteivolk trägt die volle Verantwortung für den
Angriffskrieg gegen Jugoslawien.

Nun soll am 13. Mai der Kriegsparteitag der grünen Partei in Bielefeld
abgehalten werden. Abgesehen davon, daß dieser Sonderparteitag bewußt
auf einen so späten Zeitpunkt nach Kriegsbeginn gelegt wurde - wohl in
der Hoffnung darauf, daß die jugoslawische Regierung bis dahin zur
Kapitulation gebombt würde - ist die angestrebte Debatte über das Für
und Wider dieses Krieges an Zynismus kaum zu übertreffen: Im Gewand
des Pluralismus und der Toleranz wird es weiterhin für alle - auch die
KriegsgegnerInnen und -kritikerInnen - einen Platz in der Partei
geben. Denn solange diese in der Minderheit sind, werden sie zu dem
Zweck gebraucht, der Partei auch in Zukunft zu ermöglichen, sich
moralisch glaubwürdig an allen Regierungsschweinereien ohne drohenden
Machtverlust zu beteiligen. Die Grünen werden sich durch Spaltung
nicht selbst um die Macht bringen. Das stellte selbst der als
Parteilinke ausgewiesene Ströbele klar: "Wir wollen weder aus der
Koalition raus, noch unseren Außenminister in Frage stellen." Derweil
fliegen ihre deutschen Tornados und werfen weiter Bomben auf das
gesamte Staatsgebiet Jugoslawiens.

Die Propaganda vom humanitären Krieg

Angesichts des eingesetzten Waffenarsenals der NATO-Kriegsmaschine
braucht mensch sich nicht an solchen Begriffen wie "Luftschläge",
militärische "Operationen" und "Implantierung" von Schutztruppen
aufzuhalten, sie sind Teil der Kriegspropaganda. Die Realität spricht
Bände: Die gezielte Bombardierung - unter Einsatz uranummantelter
Granaten - von Wasserkraftwerken, Wohnvierteln, Chemiefabriken, mit
absehbaren Folgen für die dort lebenden Menschen, Getreidesilos,
Autofabriken, Fernseh- und Rundfunkanstalten sind eindeutiger Ausdruck
ihrer Militärstrategie. Die vollkommene Zerstörung der gesamten
Infrastruktur unter bewußter Einbeziehung massenhaft toter
Jugoslawinnen - die perverserweise in Begleitschäden
("Kollateralschäden") umbenannt werden - bedeutet die Zerstörung der
Lebensgrundlagen in der gesamten Region. Die rot-grüne Regierung
brauchte den Luftkampf am deutschen Medienhimmel nicht erst für sich
zu entscheiden. Die weitgehende Konformität der bürgerlichen deutschen
Presse ist ein Treuegelöbnis auf die westlich-zivilisatorische
"Wertegemeinschaft". Es besteht ein hohes Maß an Übereinstimmung mit
den hier herrschenden Verhältnissen, und die verbliebene kritische
Berichterstattung ist nur Begleitmusik einer pluralistischen
Gesellschaft, die sich, wenn es darauf ankommt, völkisch-national
formiert. Menschenrechte und Humanität werden erneut zu politischen
Kampfbegriffen, in deren Namen die westliche Staatengemeinschaft bis
zum äußersten geht. Die Definitionsmacht darüber, wer, wann und ob
überhaupt jemand Menschenrechte und Humanität erfahren darf, liegt in
ihrer Hand. Deswegen ist es auch nur scheinbar ein Widerspruch, wenn
während dieses Krieges weiterhin Waffen an die türkische Regierung
geliefert werden, mit denen das Militär Kurdinnen vertreibt, verfolgt
und ermordet. Im Vordergrund stehen nicht sogenannte Menschenrechte,
sondern geostrategische und ökonomische Interessen.

Geschichtsrevisionismus - der deutsche Sonderweg auf rot-grün

Besonders perfide aber ist es, die Legitimation dieses Angriffskrieges
als Konsequenz aus Auschwitz abzuleiten. Im Gegensatz zu den
Bemühungen der Kohl-Regierung, deutsche Großmachtgelüste endlich
wieder als normal darstellen zu können, benutzen die Grünen das
Verbrechen des deutschen Faschismus, um die "besondere Verantwortung
Deutschlands", die Notwendigkeit, Krieg zu führen, daraus abzuleiten.
Zum ersten Mal - so Fischer - stehe Deutschland "in diesem Jahrhundert
auf der richtigen Seite". Kampfhandlungen deutscher Soldaten gegen
Serben wären demnach nichts anderes als die Fortsetzung des
Antifaschismus mit anderen Mitteln. Die deutsche Geschichte ist zwar
bereits weitestgehend entsorgt worden, zusätzlich wird sie jetzt
jedoch von den Grünen für die letzten Schritte Deutschlands zur
führenden Großmacht in Europa instrumentalisiert. Aber nur wer die
millionenfache Selektion in die tödlichen KZs, die Vernichtung durch
Arbeit und die systematische industrielle Ermordung von Jüdinnen,
Sinti und Roma, Slawinnen, Behinderten, Oppositionellen, sogenannten
"asozialen und gemeinschaftsunfähigen Elementen" und Homosexuellen in
den Gaskammern verharmlost, kann Auschwitz nach Belieben in alle Welt
verlegen. Mit dieser Rhetorik trifft die rot-grüne Regierung den
richtigen Ton. Sie ist zudem in der Lage, auf diese Weise weitere
Teile der bisherigen KriegsgegnerInnen staatstragend in den
Kriegsprozeß einzubinden.

Grüne Heuchelei

Die Doppelmoral dieses Geschichtsrevisionismus zeigt sich in der
heuchlerischen Bezugnahme auf den Antifaschismus bei gleichzeitiger
Verhöhnung der Opfer des deutschen Faschismus. Die noch immer
ausstehenden Entschädigungszahlungen an die Opfer des
Nationalsozialismus werden auch unter Rot-Grün mit einer
Schlußstrichmentalität geführt (wie die "Verhandlungen" von Deutscher
Bank und VW zeigen), wegdiskutiert, verschwiegen oder verzögert. Mit
einem Griff in die Portokassen der Kriegsgewinnler sollen
Entschädigungsansprüche pauschal abgegolten werden und den Opfern ganz
offen mit dem Verweis, daß sie nach 54 Jahren nicht mehr viel Zeit
haben, Ansprüche anzumelden, ein Verzicht auf weitere Klagen abgepreßt
werden. Das materiell sichtbare Schuldeingeständnis des deutschen
Kapitals für Verbrechen, von denen es bis in die Vernichtungslager
hinein profitiert hat, soll im Interesse der deutschen Wirtschaft
möglichst kostengünstig abgewickelt werden.

"...daß dieses Europa mit Horrido auseinanderfliegt, wenn unser
Land die europäische Führungsaufgabe nicht wahrnimmt."
Außenminister Fischer

Kurz nach der Einverleibung der DDR in die BRD und der damit
verbundenen staatlichen Souveränität, veränderte sich die Tonart des
deutschen Expansionismus deutlich. So sollte laut dem ehemaligen
Verteidigungsminister der CDU, Rupert Scholz, der "widernatürliche
Kunststaat", das "Völkergefängnis" Jugoslawien von der Landkarte
verschwinden, und jeder Schuß, so Genscher, würde die Anerkennung
Kroatiens vorantreiben. Gegen den anfänglichen Widerstand der meisten
EU-Staaten und der USA erklärten sich, ermutigt durch diese Art
deutscher Diplomatie und dem gleichzeitigen Versprechen einer
schnellen Anbindung an die EU, Slowenien und Kroatien - die im übrigen
reichsten Teilrepubliken - einseitig für unabhängig, und die
Zerstückelung Jugoslawiens wurde faktisch vollzogen. Die
Unterschriften unter dem Dayton-Abkommen waren noch nicht trocken, da
visierte der damalige Außenminister Kinkel schon das nächste Ziel an:
"Jetzt müssen wir das Scheinwerferlicht auf den Kosovo wenden". Doch
auch dabei wird es nicht bleiben: Auffällig penetrant wird seit
einiger Zeit über die serbische Unterdrückung Montenegros geklagt.
Immer hat deutsche Politik die ökonomischen und gesellschaftlichen
Erosionen im Inneren der jugoslawischen Regionen, die daraus
resultierende und von den jeweiligen Nationalisten und künftigen
Herrschern aufgepeitschte Ethnisierung sozialer und politischer
Konflikte aktiv mit vorbereitet und zum Anlaß genommen, jede andere
Lösung als die ethnisch-staatliche zu torpedieren. Nicht einmal 10
Jahre nach Erlangen der staatlichen Souveränität gibt das deutsche
Großmachtstreben im Rahmen der EU wieder den Ton bei der Neuordnung
Europas an und bestimmt wesentlich, wer wann und zu welchen
Bedingungen ins europäische Haus geholt wird. Daß Deutschland gerade
in Europa militärisch ganz vorne mitmischt, ist kein Zufall. Denn in
Europa werden deutsche Großmachtträume verwirklicht, auch wenn das
militärische Potential der BRD gegenüber den USA als
Weltmarktkonkurrenten geradezu lächerlich wirkt. Die politische und
ökonomische Macht der BRD ist immens, der Anfang ist gemacht und
Europa will gestaltet werden.

Divide et impera - teile und herrsche!

Die NATO-Kriegstreiber verdienen am Krieg und am sogenannten
Wiederaufbau Jugoslawiens. Investiert wird allemal nur in ökonomisch
interessante Gebiete, die Profite werden ganz "natürlich" von den
Kapitalfraktionen der Imperialisten abgezockt. Nicht die breite Masse
der Bevölkerung wird davon profitieren, sondern einzelne
Herrschercliquen. Und wie diese sich politisch konstituieren, war den
imperialistischen Großmächten schon immer egal: Hauptsache die
politischen Verhältnisse sind stabil und ihre geopolitischen und
ökonomischen Interessen werden durch deren Regierung garantiert.

Trotz aller Widersprüche innerhalb der NATO: Das angeblich neue
Gesicht der NATO ist das alte - weder ist sie heute der verlängerte
Arm von amnesty international, noch war sie jemals ein
Verteidigungsbündnis. Sie ist das militärische Instrument, um den
freien Zugang zu den Rohstoffen und Märkten dieser Welt notfalls
herbeizubomben. Dieses offene Bekenntnis ist nicht etwa eine neue
Strategie, sondern trägt lediglich der Veränderung der politischen
Weltkarte durch den Zerfall des ehemaligen Warschauer-Pakts Rechnung.

Die Grünen sind für die deutsche Kriegspolitik verantwortlich. Als
Regierungspartei vertreten sie deutsche Kapitalinteressen. Das Gerede
von Menschenrechten und Humanität dient nur der Verarschung der
Bevölkerung. Es kommt darauf an, die politische und moralische
Legitimation für diesen NATO-Angriffskrieg zu kippen. Neben der
Entwicklung einer grundlegenden Systemkritik gegen die kapitalistische
und imperialistische Politik sehen wir die Aufgabe, in den
reibungslosen Alltag des kriegführenden Deutschlands einzugreifen.

Stoppt den NATO-Angriffskrieg!

Der Hauptfeind steht im eigenen Land!

Verhindern wir den Kriegsparteitag der Grünen am
Donnerstag, den 13. Mai 1999, in Bielefeld (Seidensticker Halle)!

Busfahrkarten gibt's in der Brigittenstr. 5 und der Buchhandlung im
Schanzenviertel

Bündnis antimilitaristischer, antiimperialistischer Gruppen und
Einzelpersonen

Flugblatt #3, Kontakt:  baage@mail.nadir.org
-

 

10.05.1999
Bündnis antimilitaristischer, antiimperialistischer Gruppen und   [Aktuelles zum Thema: Antimilitarismus]  Zurück zur Übersicht

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