Köln: Bericht von der Demo am 29. Mai 1999
Etwa 35 000 Menschen nahmen am 29. Mai an einer bunten Demo in Koeln teil,
bei strahlendem Sonnenschein und Temperaturen um die 30 Grad. Die
TeilnehmerInnen kamen aus vielen verschiedenen europaeischen Laendern,
z.B. Frankreich, Spanien, Italien, Niederlande, Schweden, Finnland, aber
auch aus Kolumbien, Philippinen und anderswo. Vertreten war auch die
Interkontinentale Karawane (ICC), an der Bauern, Baeuerinnen, FischerInnen
sowie VertreterInnen von sozialen Bewegungen aus Indien, Nepal und anderen
Staaten teilnehmen, sowie die Fahrradkarawane "Geld oder Leben", die aus
Prag, Berlin und dem Wendland nach Koeln reiste und mit einem Trecker auf
der Demo fuhr. Angefuehrt wurde die Demo von den MarschiererInnen der
Europaeischen Maersche gegen Erwerbslosigkeit, Ausgrenzung und Rassismus.
Ein grosser Marsch zog am 11. Mai in Bruessel los und kam am
Freitagnachmittag in Koeln an. Mit dabei auf der Demo war unter anderem
ein grosser linksradikaler antifaschistischer Block unter dem Motto "Fight
Fortress Europe", sowie ein anarchosyndikalistischer Block, ein
Frauenblock der fuer den weltweiten Frauenmarsch im Jahr 2000 warb, ein
kurdischer Block, ein Block der Karawane fuer die Rechte der Fluechtlinge
und MigrantInnen, usw.
Die Demo setzte sich um 14 Uhr 30 in Bewegung, mit einer kleinen
Verzoegerung, da ein Marschierer an der Spitze des Zuges zusammengeklappt
war. Die Polizei, trotz bruetender Hitze in aggressiver Kampfmontur,
begleitete den antifaschistischen Block von Anfang an mit einem dichten
Spalier. Ohne Anlass pruegelte die Polizei mehrmals auf die Demo ein,
versuchte Leute aus der Demo rauszugreifen und festzunehmen. Es kam
waehrend der Demo zu vier Verletzungen. Die Polizei setzte schliesslich
brutal eine Trennung des hinteren Teils der Demo mit dem
antifaschistischen Block vom vorderen Teil durch, und hielt den
antifaschistischen Block fest, bis der vordere Teil der Demo am
Kundgebungsort angekommen war. Der Trecker und Bauwagen der "Geld oder
Leben"-Fahrradkarawane wurde von der Polizei aufgehalten, ausserhalb der
Demo wurden die Personalien von saemtlichen Leuten aufgenommen und Fotos
gemacht. Vorwand war das angebliche Mitfuehren von Zwillen und die
Herausgabe von Wurfgeschossen.
Aber immerhin konnte der antifaschistische Block anschliessend die Demo
bis zum Ende durchziehen. Ein Agitprop-Theater der Antifa (M) Goettingen
gegen den Krieg wurde auf der Buehne dargestellt.
Bei der Abschlusskundgebung wurde zudem berichtet, dass ein Sudanese in
der Nacht vom 28.5. bei der Abschiebung vom Frankfurter Flughafen ermordet
wurde. Ihm wurde ein Motorradhelm uebergestuelpt, er wurde an Haenden und
Fuessen gefesselt und ins Flugzeug geschleppt, bis im Flugzeug nach
einiger Zeit Tod durch Herzversagen festgestellt wurde - bitteres Sinnbild
der aggressiven Abschottungspolitik der Europaeischen Union und ein Grund
mehr gegen die Migrationspolitik zu protestieren. Denn dies ist leider
nicht der erste Tod durch Abschiebung aus der Festung Europa, und erst vor
kurzem wurde in Koeln mit einer Veranstaltung an den Fall von Semira Adamu
in Belgien erinnert, die in einem Flugzeug nach Togo mit einem Kissen
erstickt wurde. Der Innenminister Belgiens musste daraufhin zuruecktreten.
Die Demoteilnehmerinnen in Koeln protestierten gegen diesen Mord und
bekraeftigten die Forderung nach Bleiberecht fuer alle und forderten
Konsequenzen fuer die Taeter.
Zum Schluss der Demo wurde eine Erklaerung der Europaeischen Maersche in
mehreren Sprachen verlesen.
Nachts, auf dem Heimweg zum Camp in Ossendorf, wurde ein Teilnehmer der
"Geld oder Leben"-Karawane von Faschisten mit einem weissen BMW mit
Koelner Kennzeichen angefahren. Die Faschos haben sich danach der
Polizei gestellt und behauptet, sie waeren von 30 Leuten angegriffen
worden und haetten in Notwehr gehandelt. Der Angefahrene musste ins
Krankenhaus mit Platzwunden am Kopf, Verdacht auf Gehirnerschuetterung und
einer Beinverletzung.
Koeln, 30.5.99
Quelle: email
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