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Bad Grund: Demonstration am 23.10.99, um 11.00 Uhr

                          

Fuer Solidaritaet mit den Fluechtlingen! Gegen alltaeglichen Rassismus und Faschismus Demonstration in Bad Grund am 23.10.99, um 11.00 Uhr In der Nacht vom 9. auf den 10.Oktober werden in Bad Grund im Harz die Bewohner einer Asylbewerberunterkunft mitten im Wald von mehreren maskierten Personen ueberfallen. Sie schlagen mit Baseballschlaegern auf die Fluechtlinge ein. Von den drei anwesenden Fluechtlingen gelingt einem die Flucht, die anderen beiden werden verletzt. Einer erleidet lebensgefaehrliche Kopfverletzungen. Statt eines Aufschreis des Entsetzens und Mitgefuehl fuer die Opfer findet in den Pressemeldungen in den Tagen nach dem Ueberfall eine = beispiellose Hetze gegen die Fluechtlinge statt. Daran beteiligen sich sowohl die = Ermittlungsbehoerden, die Verwaltungsspitze und Lokalpresse als auch = EinwohnerInnen des Ortes und Lokalpolitiker. Und in noch einem Punkt herrscht Einigkeit vor Ort: Nazistrukturen und Auslaenderfeindlichkeit gibt es in Bad Grund nicht. An Taeterspekulationen fehlt es aber nicht, = kein Stereotyp bleibt unerwaehnt: Die Fluechtlinge werden als Drogendealer stigmatisiert, "Frauengeschichten" koennten es gewesen = sein. Staatsanwaeltin Engshuber spricht zunaechst von "einem regelrechten = Sumpf" und Dealern, die sogar "versucht haetten, Betaeubungsmittel unter = Harzer Jugendliche zu bringen". Deshalb sei ein "Krieg unter = Drogenbossen" anzunehmen. Suggeriert wird mit der Stimmungsmache, dass die = Fluechtlinge (als "Drogendealer") selbst schuld an dem Mordversuch seien. Spaeter vermutet die Staatsanwaltschaft einen "Buergermob", der die Afrikaner "abstrafen" wolle. Von einer "Rechnung" ist die Rede, die beglichen werden sollte. Das ist angesichts des Mordversuchs nicht nur eine zynische und menschenverachtende Wortwahl, sondern auch eine Verharmlosung, wenn nicht gar Legitimierung eines versuchten Mordes. Dem Ueberfall vorausgegangen war eine Medienhetze durch Focus und Lokalpresse, die die Fluechtlinge als Drogendealer stigmatisierte und die Parole ausgab: "Drogendealer raus aus Bad Grund" (Harz Kurier). Vier Tage nach dem Ueberfall sieht sich die Samtgemeinde Bad Grund jedoch genoetigt in einer Presseerklaerung zu erklaeren, dass an den = Drogengeschichten nichts dran ist. Die Hetze aber zeigt Wirkung. Niemand mag sich nach dem Ueberfall mit ihnen oeffentlich solidarisieren. Niemand setzt sich oeffentlich fuer = ein Bleiberecht ein. Statt dass die Fluechtlinge nun mit Schutz und Unterstuetzung rechnen koennen, trauen sie sich nicht mehr aus dem = Haus. Schon vor dem Ueberfall waren sie alltaeglich vor Ort auf offene = Ablehnung gestossen, ihnen wurde gesagt, sie sollten verschwinden. Vor = Monaten hatte es einen Versuch gegeben, zwei von ihnen zu ueberfahren. Die Fluechtlinge wurden Angriffen buchstaeblich preisgegeben. In ihrer abgelegenen Wald-Unterkunft war nicht einmal die Haustuer abschliessbar, ein neues Schloss war der Gemeinde zu teuer. Beschwert hatten sich Fluechtlinge und Beratungsstellen ueber Lage und Zustand = des Gebaeudes schon lange, selbst die Polizei hatte auf die Gefaehrdung hingewiesen. Vier Tage nach dem Ueberfall hat die Unterkunft eine neue Haustuer - stabil und mit Sicherheitsschloss. Die Fluechtlinge sind mittlerweile im Ort untergebracht. Die Schikanen der = Auslaenderbehoerde wurden nach dem Ueberfall ungebrochen fortgesetzt. Die Fluechtlinge erhielten erst nach Intervention des niedersaechsichen Fluechtlingsrat = eine Reise-Erlaubnis, um den Schwerverletzten im Goettinger Klinikum zu besuchen, obwohl dieser dringend Beistand gebraucht haette. Die = Auslaenderbehoerde Osterode behauptete einfach, es gaebe ein = aerztliches Besuchsverbot, obwohl sie es nicht einmal fuer noetig = befunden hatten, sich nach dem Befinden des Schwerverletzten zu erkundigen. In der Nacht des Ueberfalls ueberliess die Polizei den Fluechtling, = der aus dem Fenster fliehen konnte, einfach seinem Schicksal, nachdem sie die Verletzten abtransportiert hatte. In der folgenden Nacht uebernachteten die Fluechtlinge aus Angst in Arrestzellen auf dem Polizeirevier. Bad Grund ist kein Einzelfall. Bezeichnenderweise finden die Fluechtlinge nach jedem Ueberfall weniger oeffentliche = Unterstuetzung und Solidaritaet. Die Stimmen, die den Opfern selbst die Schuld zuschieben oder sie gleich zu den Taetern erklaeren wie in Luebeck, mehren sich. Die Sorge um "das Ansehen" des Ortes oder Empoerung ueber den Verdacht, dass die Taeter in den eigenen Reihen zu vermuten sind, ist wichtiger als Mitgefuehl fuer die Opfer. In Bad Grund zeigt sich unuebersehbar wie es funktioniert, wenn Bevoelkerung, Medien, Behoerden und Politiker sich rassistische Stereotype zuwerfen, Hetze betreiben und die Opfer zu den eigentlich Schuldigen werden lassen. Und so verwundert es auch nicht, wenn bisher niemand von den politisch Verantwortlichen ein Bleiberecht fuer die Opfer fordert. Muessen die betroffenen Fluechtlinge doch eher noch damit rechnen, nach Braunschweig zwangsverlegt zu werden, damit im Projekt X endlich ihre "wahre" Identiaet festgestellt und sie abgeschoben werden koennen. Wir fordern konkrete Unterstuetzung der Fluechtlinge in Bad Grund! Wir fordern ein sofortiges Bleiberecht fuer die Opfer rassistischer und faschistischer Ueberfaelle! Wir fordern die sofortige Abschaffung aller Sondergesetze und der = Lagerunterbringung! Wir fordern das konsequente Vorgehen gegen alle faschistischen und rassistischen Strukturen vor Ort - von denen die offensichtlichen Nazis nur die Spitze eines Eisberges sind! Um diesen Forderungen Nachdruck zu verleihen, rufen wir auf zu einer Wander-Kundgebung in Bad Grund am Samstag 23.10 um 11.00 Uhr Treffpunkt fuer Goettingen: 9.30 Uhr, Blauer Turm (Busfahrkarten im Roten Buchladen) Bisherige UnterstuetzerInnen: Fluechtlingsrat Niedersachsen, kein mensch ist illegal, AK Asyl, OLLAfA - Offene Linke Liste-ASTA fuer Alle, pampa, Cafe Kollektiv Kabale, Fluechtlinge aus dem Landkreis Goettingen, SUMPF, AK Solidarische Welt, bg sowi (bgs), AG Chiapas, The Voice (Jena), = Internationaler Menschenrechtsverein Bremen, Karawane fuer die Rechte von Fluechtlingen und MigrantInnen, Buchladen Rote Strasse, Antirassismusplenum, Gruppe Gegenstrom-Antifa AK, Iranischer -Demokratischer Rat Goettingen, PDS Goettingen, Zukunftswerkstatt e.V., autonomes infobuero, fantifa NH, Friedensbuendnis, Plenum gegen rassistische Sondergesetze Niedersachsen

 

22.10.1999
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