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Offener Brief an die Rot-Gruene Bundesregierung

Dialog-Kreis: "Krieg in der Tuerkei - Die Zeit ist reif fuer eine
Politischew Loesung"

Geschaeftsstelle: Postfach 90 02 65, D-51112 Koeln, Tel: (02203)
126 76, Fax: (02203) 126 77, Email:  dialogkreis@t-online.de

Koordination: Andreas Buro, Am Sonnenberg, D-61279
Graevenwiesbach, Tel: (06086) 30 87, Fax: (06086) 243

Offener Brief an die Rot-Gruene Bundesregierung

22. Februar 2000

Sehr geehrter Herr Bundeskanzler, sehr geehrter Herr
Aussenminister,

der 15-jaehrige tuerkisch-kurdische Krieg ist durch die kurdische
Seite einseitig beendet worden. Der Krieg wurde besiegt - ein
grosser Erfolg! Jetzt gilt es jedoch, einen demokratisch
strukturierten Frieden zu gewinnen, der allen, auch allen Kurden,
ihre legitimen Rechte sichert. Gelingt dies nicht, koennte sich die
Nachkriegszeit schnell zur Vorkriegszeit wandeln.

Wie gross diese Gefahr ist, erhellt blitzartig die Verhaftung von drei
kurdisch-staemmigen Oberbuergermeistern von den sued-ost-
tuerkischen Staedten Diyarbakir, Siirt und Bingoel, die in
Deutschland an der Dritten Europaeischen Konferenz ueber
Zukunftsbestaendige Staedte und Gemeinden in Hannover
teilgenommen hatten. Ihnen werden Kontakte zur
PKK, also der Partei, die gerade einseitig den Krieg beendet hat,
vorgeworfen. Offensichtlich ist Ankara nicht friedensbereit, obwohl
ihm der Status eines EU-Kandidaten uebertragen worden ist. Es
blockiert den Friedensprozess.

In einem Appell vor 5 Jahren erklaerten wir: "Freundschaft zur
Tuerkei kann in dieser historischen Situation nur heissen, ihrer
grossen Gesellschaft aus Tuerken, Kurden, Armeniern, aus
Moslems, Christen und vielen anderen Voelkern und Religionen
beizustehen, um Gespraeche und Verhandlungen fuer das
kuenftige friedliche Zusammenleben endlich beginnen zu lassen."

Diese Worte, die auch von jetzigen Mitgliedern ihrer Regierung
mitgetragen wurden, gilt es einzuloesen. Wir bitten Sie deshalb die
folgenden Schritte zu bedenken:

- - Sich gegen die Festnahmen der Buergermeister zu wenden und
deren Freilassung zu verlangen. Anklagen muessen in
rechtsstaatlichen Verfahren geklaert werden und nicht in
einschuechternden, ueberfallartigen Aktionen. Die Kurden duerfen
nicht wiederum daran gehindert werden, ihre Interessen in legalen
Formen zu vertreten.

- - Ein wichtiges friedenspolitisches Zeichen waere, die Rechte, die
den Kurden in der Tuerkei verwehrt werden, hier in vollem Masse
anzuerkennen und die hier lebenden Kurden anderen
Immigranten-Gruppen gleichzustellen. Dies kann erfolgen, ohne
dass dadurch der Status als tuerkische Staatsbuerger beruehrt
wuerde. Gegenwaertig verhaelt sich Deutschland, als kaemen aus
der Tuerkei nur Tuerken zu uns. Dies bedeutet die Fortsetzung der
tuerkischen Zwangsassimilierung der Kurden im Ausland. Das
kann doch nicht die Absicht der Bundesregierung sein. Wer fuer
die Gewaehrung von Minderheitenrechten eintritt, muss diese auch
im eigenen Lande gewaehren. Darum bitten wir Sie!

- - Wir erbitten von Ihnen eine friedenspolitische Initiative. Fuer die
Stabilisierung des Friedensprozesses in der Tuerkei bedarf es
dringend eines Amnestie-Gesetzes fuer die direkt und indirekt
Beteiligten an der tuerkisch-kurdischen Auseinandersetzung.
Gaebe es dies, koennten Kurden aus vielen Teilen der Welt in ihre
Heimat zurueckkehren. Verhindert wuerden damit aber auch
derartige friedensschaedliche Verhaftungen, wie die der kurdischen
Buergermeister. Bitte, setzen Sie sich fuer eine wirksame
Amnestie in der Tuerkei ein.

- - Ebenfalls fordern wir Sie auf, einen Schlussstrich unter die
Verfolgung der PKK zu setzen. Dies hat nichts mit Sympathie oder
Antipathie dieser Organisation gegenueber zu tun. Jedoch jede
friedenspolitische Strategie muss auf einen Dialog der Kontrahenten
setzen. Die Kriminalisierung aber verhindert den Dialog und
behindert damit schwerwiegend den unverzichtbaren
Friedensprozess. Die aktuelle gesteigerte politische Verfolgung
dieser kurdischen Organisationen in der Bundesrepublik ist
geradezu friedensschaedlich. Das ist dringend zu aendern.

Mit vorzueglicher Hochachtung
gez. Prof. Dr. Andreas Buro, Koordinator des Dialog-Kreises

 

24.02.2000
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