Schwerin: Repression gegen Antifas
die stadt schwerin ist auf dem besten weg, eine national befreite zone zu
werden. während es in den vergangenen jahren um die aktive naziszene eher
ruhig war, häuften sich in der letzten zeit rechtsradikale übergriffe. dabei
sind meist antifas und/oder punks ziel der angriffe. es wurden/werden
wohnungen gestürmt, konzerte überfallen, menschen angestochen und
verprügelt. seinen höhepunkt fanden die faschoaktivitäten mit der errichtung
eines rechten treffpunktes in der goethestrasse 23. dieser stumpfen,
faschistischen gewalt versuchten und versuchen immer wieder
antifaschistinnen entgegenzuwirken. dieser text will von einer dieser
bemühungen berichten und gleichzeitig die reaktionen eines staates
aufzeigen, der gerne sein rechtes auge zukneift, um auf dem linken besser
gucken zu können!
die vorgeschichte
am nachmittag des 2.mai 98 wurde ein mensch von einer gruppe neonazis in
einem, eher von linken bewohnten stadtviertel schwerins, bedroht. als
reaktion darauf, machten sich einige auf, die faschisten zu vertreiben. den
faschos sollte gezeigt werden, dass sie weder erwünscht sind, noch geduldet
werden. im laufe einer auseinandersetzung, wurde ein neonazi verletzt. ein
mensch wurde beim angriff erkannt und namentlich bei den bullen angezeigt.
um seinen eigenen hals zu retten, hat er die anderen leute verpfiffen. das
zeigt, dass mensch actions, so spontan sie auch sein mögen, nur mit
genossInnen durchziehen sollte, denen er/sie vertraut und auf die er/sie
sich verlassen kann. in der folgezeit haben die bullen bei einer person die
wohnung aufgebrochen und etwas "unordnung" geschaffen. das schloss wurde
ausgewechselt und die tür mit der nachricht versiegelt, die betroffene
person könne sich seinen schlüssel auf dem polizeirevier in der
schlossstrasse abholen. das war ganz offensichtlich eine falle-
denn anstatt des schlüssels, wurde ein haftbefehl
ausgehändigt. ohne vorführung vor einem haftrichter, ging unser genosse
unmittelbar für drei wochen in die jva bützow, bevor ihn seine anwältin
rausholte. ein weiterer beteiligter wurde unter dem vorwand einer ed-
behandlung unter dem druck, sonst (gewaltsam) vorgeführt zu werden, zu den
auf die wache gezerrt. auf dem revier offenbarte man ihm, dass er auf antrag
der staatsanwaltschaft festgenommen sei. nach einer vorführung beim
haftrichter verschleppte man auch ihn nach bützow. diese massnahmen
erfolgten unter dem vorwand der fluchtgefahr (weil eine sanktonierung mit
bis zu 5 jahren knast zu erwarten sei), obwohl feste soziale bindungen in
beiden fällen existierten. die haftbefehle der anderen beschuldigten, setzte
das gericht unter auflagen ausser kraft.
der staat im verfolgungswahn
der staatsschutz gab sich damit aber nicht zufrieden. ihnen war alles daran
gelegen, antifaschistischen widerstand zu kriminalisieren und zu
zerschlagen. repressive massnahmen, wie observation, besuch bei den
vorgesetzten auf der arbeit und derlei schikanen (stichwort:
vernehmungsmethoden) erfolgten unter der leitung des hochmotivierten
kriminalhauptkommissars karsten luschnat. zu diesem polizeilichen druck
durch die staatsschutzabteilung k4, kam der juristische, der von der
staatsanwaltschaft aufgebaut wurde. so ordnete das amtsgericht schwerin im
märz 99 (noch vor der hauptverhandlung) ein dna- untersuchungsverfahren an!
nach einer beschwerde durch die anwältInnen der betroffenen wurde dieser
beschluss vor dem landgericht schwerin jedoch zunächst verworfen. im juli
99 folgten dann die prozesse. die anklage lautete auf gemeinschaftliche
körperverletzung und raub, wobei hier angemerkt sei, dass sich im laufe der
verhandlungen der zweite tatbestand als nicht haltbar erwies. während die
verfahren gegen geldstrafe eingestellt wurden, konzentrierte sich der
verurteilungswille der staatsanwaltschaft auf zwei genossen, die schon seit
längerem politisch in erscheinung getreten sind. bei der wahrheitsfindung
hat sich allerdings ergeben, dass von diesen beiden, keine körperliche
gewalt ausging. daraufhin war selbst von richter brenne auf antrag der
verteidigung, eine bereitschaft zur einstellung des verfahrens erkennbar
gewesen. jedoch hätte das ein einverständnis der staatsanwaltschaft
erfordert. der anklagevertreter redlin ging darauf, nach konspirativer
absprache mit seinem vorgesetzten kollorz, nicht ein. eine einstellung stand
für ihn auf keinen fall zur debatte! unschuld hin oder her, neun monate
knast auf zwei jahre zur bewährung wurden gefordert. der richter verhängte
die mindeststrafe in "gemeinschaftlich begangener körperverletzung" sechs
monate auf zwei jahre. darüberhinaus ordnete er die zahlung von jeweils 500
dm durch die betroffenen ans diakonische werk an.
damit noch nicht genug
nachdem juristisch alles gelaufen war, die beteiligten menschen damit
rechneten, die ganze aktion nun hinter sich lassen zu können, bekamen die
leuten eine erneute polizeiliche vorladung zur durchführung der dna- analyse
ins haus! da für die betroffenen ja noch immer der beschluss des
landgerichts seine gültigkeit fand, der eine aufgezwungene abgabe des
genetischen codes untersagte, griff die polizei in die trickkiste. sie liess
einfach mal so zur entnahme der erbinformationen bitten. dabei besass sie
sogar die frechheit, einem menschen mit zwangsvorführung zu drohen, weil
dieser der unrechtmässigen vorladung nicht gefolgt war. die beamten
versuchten ihre massnahmen über den nicht mehr rechtskräftigen beschluss des
amtsgerichts zu begründen (dieser wurde, wie gesagt, vom landgericht
verworfen). als die vorgeladenen personen auf diesen fakt aufmerksam
machten, schwenkten die bullen um, und boten den menschen an, ihre dna doch
freiwillig abzugeben! während der repressionsapparat das damit bei der
mehrzahl der beteiligten personen beliess, harkte sie bei den oben bereits
erwähnten genossen, mit bekannter vehemenz nach! auf drängen der
staatsanwaltschaft hob das oberlandesgericht den beschluss des landgerichts
auf und ordnete nach § 81 StPo eine entnahme der dna an! begründet wurde das
mit der unbestimmten formel "straftat von erheblicher bedeutung", zu der das
olg offensichtlich auch die "gemeinschaftlich begangene körperverletzung"
zählte. die komplette argumentation der kammer zeigt, dass rein nach
aktenlage und politischer vorgeschichte der antifas entschieden wurde. die
zweifel des richters brenne bezüglich der verurteilung in der
hauptverhandlung, spielten keine rolle. das olg machte sich sein eigenes
bild von der sachlage. so hiess es im beschluss vom 15.10.99: "[...] die
gefahr neuer einschlägiger straftaten ist gegeben. diese ergibt sich hier
aus den im urteil dargelegten besonderen umständen der tat und ihrer
ausführung. die beteiligung an brutalen körperverletzungen aus einer gruppe
heraus gegenüber einem einzelnen opfer deuten auf eine besonders niedrige
hemmschwelle hin." woher nimmt das gericht dieses wissen? tatsache ist, dass
die beiden genossen nicht an der zusammenlegung des faschisten aktiv
beteiligt waren, sie ihn also nicht geschlagen haben! wie will das gericht
sich anmassen, daran irgendeine hemmschwelle zu bewerten, zumal die zwei bis
dato nicht vorbestraft waren?
ungebetener besuch
ende dezember letzten jahren klingelte es an der tür eines der beiden
antifas. als herr kollmorgen stellte sich der mann vor und präsentierte dem
besuchten seine polizeimarke. das auftreten des beamten, war von
psychologischem kalkül durchzogen. da er mit lauter stimme im treppenhaus
den grund seines kommens erörterte, rechnete er damit, einlass zu bekommen.
bei den von solchen situationen betroffenen ist der wunsch gross, den
unliebsamen gast ruhigzustellen. in einer kurzschlussreaktion wird er meist
reingelassen. mensch will nicht, dass nachbarn voreilige schlüsse ziehen.
dies liegt nahe, da dna analysen im allgemeinen denken als massnahme gegen
kindesmissbrauch bzw. vergewaltigung gilt. es wird bei den "normalen"
bürgerinnen kaum in betracht gezogen, dass mensch auch wegen seiner/ ihrer
politischen betätigung zur abgabe seiner/ihrer erbinformationen gezwungen
werden kann. nachdem der betroffene sich wieder etwas gefangen hatte,
forderte er den beamten, der sich nun in der wohnung befand, mit nachdruck
auf, diese wieder zu verlassen. "sie können mich hier nicht so einfach
rausschmeissen", entgegnete der staatsschützer. der energischen weigerung
des betroffenen, seinen genetischen code herzugeben, folgten drohungen mit
manschaftswagen und (gewaltsamer?) zwangsvollstreckung. die oben
beschriebene psychologisch, taktierende vorgehensweise, zeigte wirkung. der
staatsschutz bekam, was er wollte! bei all der selbstkritik, die der
betroffene an seiner eigenen reaktion auf den "besuch" deutlich machte,
finden wir sein verhalten vollkommen nachvollziehbar, da dieser zugriff des
staates in allen einzelheiten auf das persönlichkeitsprofil des
kriminalisierten zugeschnitten zu sein schien. jedoch soll das nicht als
rechtfertigung gelten! aber im nachhinnein fällt einem/einer immer ein, wie
er/sie sich in der situation geschickter hätte verhalten sollen.
fazit
die repression war total. sie versuchte die betroffenen systematisch kaputt
zu machen und ihnen den mut zum widerstand zu nehmen. wenn sie einen erstmal
greifbar haben, ist es, als wollten sie einen nicht mehr loslassen. die
verfolgungsbehörden gingen sogar soweit, beim ordnungsamt von gadebusch
(20km von schwerin entfernt) nachzufragen, ob fürs "k.u.t." (subkulturelles
zentrum) ein solikonzert zu gunsten der kriminalisierten antifas angemeldet
worden sei. offensichtlich wollte mensch unseren praktischen formen von
solidarität steine in den weg legen. darüberhinaus scheinen die büttel sehr
am ausleuchten autonomer basiszusammenhänge interessiert zu sein (ist wohl
keine allzu neue erkenntnis). dafür spricht z.b. ein ominöser anruf bei
einem der verurteilten menschen. unser freund sei dem anrufer schon
aufgefallen und er wolle sich mit ihm in einer kneipe (einen tag später)
treffen, um ihn näher kennenzulernen. auf die frage nach dem namen des
menschen am anderen ende der leitung, lenkte dieser galant vom thema ab. dem
geheimnisvollen anrufer wurde eine abfuhr erteilt und der hörer
richtigerweise eingehängt. es ist zu vermuten, dass es sich bei dem
kontaktsuchenden um einen mitarbeiter des verfssungsschutzes gehandelt hat.
dafür spricht, dass sich das telefonat kurz vor der entnahme der dna bei der
betreffenden person ereignete. eventuell wäre bei einem treffen mit einer
offerte des vs in richtung "du beschaffst uns informationen, wir sorgen
dafür, dass dir die abgabe der dna erspart bleibt". so sehr uns diese
verfolgung auch angst macht, sie zeigt uns, dass der kampf für eine
tolerante gesellschaft, ohne staatsgewalt, faschismus, patriarchat und
kapital mehr als notwendig ist!
ANTIFA SCHWERIN
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antifa schwerin
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