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Berlin/Brandenburg: Das Gedenken den Opfern! Den Taetern unseren Kampf!

Das Gedenken den Opfern

Gedenkfeiern zum 55. Jahrestag der Befreiung der Konzentrationslager
Sachsenhausen und Ravensbrück

"Was werden die nachkommenden Generationen über die zwölf Jahre Faschismus
in Deutschland erfahren, wenn wir, die wir sie erlebt haben, nicht mehr als
Zeugen zur Verfügung stehen?" (Erklärung ehem. Häftlinge)

Dies fragen 55 Jahre nach der militärischen Zerschlagung des
Nationalsozialismus durch die Alliierten und der Befreiung unter anderem der
Konzentrationslager Sachsenhausen und Ravensbrück durch die Rote Armee im
April 1945 die überlebenden Häftlinge und WiderstandskämpferInnen. Es fragen
die, die die Barbarei des NS in den Konzentrations- und Vernichtungslagern,
im Untergrund oder im Exil überlebt haben, die mitansehen mussten, wie die
meisten ihrer Verwandten, GenossInnen und FreundInnen von Hitlers willigen
Vollstreckern gequält, gebrochen und ermordet wurden. Es fragen die wenigen,
die im antifaschistischen Widerstand ihr Leben und ihre Gesundheit riskiert
und geopfert haben. Die Frage kommt aus allen Ländern Europas, die die
Deutschen überfallen haben und aus den Ländern, in die vor allem jüdische
Opfer geflohen sind, weil sie auch nach 1945 im Land der TäterInnen nicht
mehr weiterleben konnten.
55 Jahre nach ihrer Befreiung leben nur noch wenige der ehemaligen
Häftlinge. Und sie, die Opfer, aber auch die AntifaschistInnen der ersten
Stunde, sorgen immer noch dafür, dass die Erinnerung an die deutschen
Verbrechen wachgehalten wird.

"Wir sind entschlossen, dieses Zeugnis bis zu unserem letzten Atemzug
abzulegen. Wir sind entschlossen, weiterhin dafür zu kämpfen, dass die
ehemaligen Häftlinge, so lange es sie noch gibt, ein Wörtchen mitzureden
haben bei der Pflege der Gedenkstätten und bei der Rolle, die sie zu spielen
haben." (aus der Gedenkstättenerklärung des IVVdN)

Doch genau das wird den Überlebenden zunehmend strittig gemacht. Die
selbstbewußte wiedervereinigte Nation versucht ihre KritikerInnen und
MahnerInnen loszuwerden, noch bevor sie gestorben sind. Ihr Leiden und ihr
Widerstand werden relativiert und denunziert.
Die KZ-Gedenkstätten in der ehemaligen DDR werden vom sogenannten
"verordneten Antifaschismus" zum heutigen "antitotalitären Konsens"
umgerüstet. Die kommunistischen Häftlinge, die Posten in der
Häftlingsselbstverwaltung bekleideten, werden dabei als "rote Kapos"
denunziert und mit den SS-Tätern verglichen.

Deutsche Täter sind keine Opfer

In Sachsenhausen und Buchenwald wird das Gedenken an die NS-Opfer um das an
die Insassen der sowjetischen Speziallager an selber Stelle ergänzt. In
diesen internierten die Sowjets auf gemeinsamen Beschluss der Alliierten
hauptsächlich NS-Funktionäre von denen viele an Krankheit und Hunger
starben. Mit ihrern objektivierenden Darstellungen, in denen alle irgendwie
zu Opfern der Geschichte werden, sorgen deutsche Historiker letztendlich
dafür, dass NS-Opfer und deutsche Täter in einen Sarg gelegt werden.

"Es ist in der Tat ein Skandal, dass das Schicksal der Opfer der
Nazidiktatur mit dem von Personen gleichgesetzt wird, die nach dem Krieg
vornehmlich auf Beschluß der Alliierten interniert waren. Es ist doch
allgemein bekannt, dass es sich z.B. bei Buchenwald um über 80 Prozent
Funktionsträger des NS - Staates handelte." (Pierre Durand, Präsident des
Internationalen Buchenwald Komitees)

Als Staatsideologie der BRD hat sich der "antitotalitäre Konsens"
durchgesetzt.
Mit der Gleichsetzung von Verbrechen des NS mit denen des Kommunismus wird
die Einzigartigkeit des Holocaust relativiert. Diese Relativierung macht es
dann möglich, Auschwitz auch im Kosovo zu entdecken und deutsche
Großmachtinteressen mit den angeblich aus dem Holocaust gezogenen Lehren zu
legitimieren.
Gleichzeitig werden die um Entschädigung kämpfenden ehemaligen
ZwangsarbeiterInnen entwürdigend hingehalten und um eines Schlußstrichs
willen schließlich abgespeist.

Die ehemaligen Häftlinge wehren sich intensiv gegen den antitotalitären
Konsens in der Gedenkpolitik und versuchen ein antifaschistisches Gedenken
aufrecht zu erhalten. Dabei sind sie mehr und mehr auf die Unterstützung
jüngerer AntifaschistInnen angewiesen. Überlassen wir das Gedenken nicht dem
Staat der Täter und seinen willigen Historikern. Unterstützt die ehemaligen
Häftlinge in ihren Forderungen. Fahrt zu den Veranstaltungen in
Sachsenhausen und Ravensbrück.


Den Tätern unseren Kampf

Die Gedenkstätten der ehemaligen Konzentrationslager Sachsenhausen und
Ravensbrück liegen in Brandenburg.
Sie sind häufig das Ziel neonazistischer Angriffe, die Bandbreite reicht von
Schmierereien bis hin zu Brandstiftung.

Das gesamte Bundesland Brandenburg hat sich zur "braunen Zone" entwickelt.
Rechte Jugendliche dominieren den öffentlichen Raum, sie pöbeln, schlagen
und treten, oft mit Tötungsabsicht, nach allem, was in ihr Feindbild passt:
das "Undeutsche", "Unarische", das "Fremde". Nirgends in der BRD ist das
Risiko für MigrantInnen, nichtrechte Jugendliche, Behinderte und Obdachlose
größer, Opfer rechter Gewalt zu werden, als auf märkischem Sand.
Eine rechte Jugendkultur hat sich als Mainstream durchgesetzt. Äußere Codes
wie Bomberjacke und Glatze sind dabei jedoch nicht das Wesentliche. Der Kern
sind aggressiver Rassismus und autoritäre Denk - und Verhaltensmuster. In
ihnen unterscheidet sich der Großteil der Eltern nicht von ihren Kindern. Es
herrscht ein rassistischer Konsens im Land.
Die nach wie vor flächendeckend praktizierte "akzeptierende Sozialarbeit"
mit rechten Jugendlichen fördert solche Einstellungen, indem sie diese nicht
etwa kritisiert, sondern verharmlost und entpolitisiert. Auch mit dem
Vorzeige - und Alibiprojekt der Landesregierung, "Tolerantes Brandenburg",
klappt es nicht so recht. Gegründet mit dem Ziel, den (wohlverdient)
geschädigten Ruf wieder herzustellen - vor allem wegen der abgeschreckten
Investoren und Touristen - werden die öffentlichkeitswirksam initiierten
Veranstaltungen vom Fußvolk konsequent boykottiert.
Bei der Landtagswahl im Herbst 1999 haben sich die RassistInnen ihre
Interessenvertretung gewählt: Neben den Extremisten der Mitte, SPD und CDU,
ist diesmal auch die plump-rassistisch und rechtsextreme DVU dabei. Die neue
SPD/CDU - Regierung spielt sich seitdem als nichtrassistische und
demokratische Mitte auf und dehnt gleichzeitig die "Aktion Tolerantes
Brandenburg" auf die Bekämpfung des (leider kaum vorhandenen)
"Linksextremismus" aus.

An die Opfer der rassistischen Grundstimmung im Land denkt niemand mehr,
höchstens daran, wie sie sich am schnellsten abschieben lassen. Für
Flüchtlinge in Brandenburg kann sich die Lage kaum noch verschlechtern.
Von rassistischen Bürokraten verwaltet und interniert in Lagern, soweit wie
möglich außerhalb von Ortschaften, fristen sie ihr Dasein. Arbeitsverbot und
die Zahlung von Sozialleistungen in Gutscheinform tragen zur totalen
Isolation bei. Dazu kommt die Angst vor gewalttätigen Übergriffen von
Neonazis.
Ein Ende dieser Zustände ist nicht abzusehen, wie auch, wenn niemand
Interesse daran hat. Das demokratische System sorgt dafür, dass der
Rassismus eines Großteils der deutschen Bevölkerung im Regierungsprogramm
umgesetzt wird. Die rassistische Kampagne der CDU gegen das neue
Staatsbürgerschaftsrecht Anfang 1999 wurde prompt mit Wahlsiegen in Hessen
und Brandenburg belohnt.

Den alten und neuen Opfern rechter Gewalt, staatlichem Rassismus und offenem
Antisemitismus gilt unsere Solidarität. Der Kampf gegen rassistische Täter
und ihre Beschwichtiger ist untrennbar verbunden mit dem Kampf um eine
antifaschistische Gedenkkultur und gegen den "antitotalitären Konsens " als
Staatsideologie der BRD.


Besucht die Feierlichkeiten zum 55. Jahrestag der Befreiung:

Gedenkfeier der Lagergemeinschaft Ravensbrück:
Sonntag, 16. April 2000, 11Uhr Mahn - und Gedenkstätte Ravensbrück,
Fürstenberg/Havel.
Buskarten von Berlin unter 613 030 48 oder 691 77 85.

Gedenkfeier des Internationalen Sachsenhausen Komitee:
Sonntag, 16. April 2000, 10.30 Uhr Gedenkstätte Sachsenhausen, Oranienburg.
(S-Bahn Endstation S1)
12.30 Uhr Antifa-Führungen über die Gedenkstätte.

Bündnis unabhängiger antifaschistischer Gruppen in Berlin und Brandenburg

 

01.04.2000
Bündnis unabhängiger antifaschistischer Gruppen in Berlin und Brandenburg   [Aktuelles zum Thema: Antifaschismus]  Zurück zur Übersicht

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