Jena: Uebergriffe am sog. Vatertag
Himmelfahrtstag in Jena. Gruppen von Männern ziehen zum sogenannten
Vatertag? durch Jena und Umgebung. In den Räumen der JG- Stadtmitte
(Jugendzentrum mit vorwiegend linkem Klientel) probt die Theatergruppe
für die diesjährige WERKSTATT, im Hof bereiteten vier Leute den
Kinoabend vor.
Gegen 16.45 Uhr gibt es eine lautstarke Randale im Flur der JG, ca.
10 junge Erwachsene im Alter zwischen 20 und 25 Jahren schreien und
grölen, einige rütteln am verschlossenen Eisentor, zerreißen die
Suchtverkleidung des Tores, verlangen Einlaß.
Fast zur selben Zeit wird das Moped eines Jugendlichen umgerissen.
Der Stadtjugendpfarrer fordert die Leute auf, das Fahrzeug wieder
aufzustellen und den Bereich der JG zu verlassen. Stattdessen
beschädigten sie erst mit Fußtritten das Fahrzeug, schmeißen es dann
wiederholt mit Wucht zu Boden, sämtliche Mitglieder der Gruppe
beginnen im Flurbereich zu randalieren, schmeißen Mülltonnen um,
zerschlagen Fensterscheiben.
Der Pfarrer fordert die am Toreingang verbliebenen JG- Leute auf, die
Polizei zu rufen. Gleichzeitig wird er von drei Männern umstellt und
minutenlang mit Faustschlägen und gezielten Tritten gegen den Kopf
brutal zusammengeschlagen.
Während eine JG- Jugendliche die Polizei anrufen kann, werden die
zwei anderen JG- Leute - ein afrikanischer und ein palästinänsischer
Staatsbürger - massiv angegriffen: mit Bierbüchsen und Fäusten
geschlagen, mit Tritten in den Körper traktiert; einem Schlag mit
einer Flasche auf den Kopf kann der palästinänsische Jugendliche mit
Not entgehen.
Das Mädchen, das nach dem Telefonanruf ihren Freunden zu Hilfe kommen
will, wird ebenfalls angegriffen und an Hand und Rücken verletzt.
Als die Polizeisirenen zu hören sind, lassen die Gewalttäter von
ihren Opfern ab und ziehen Richtung Johannistor ab. Dort vereinigen
sie sich mit weiteren ca. 10 Mitgliedern ihrer Gruppe und überfallen
sich dort aufhaltende jüngere Jugendliche, die zum Umfeld der JG
gehören. Wieder werden mehrere Jugendliche massiv zusammengeschlagen.
Die Polizei hält sich in sicherer Entfernung und greift nicht ein.
Fast unbehelligt können sich die 20 Gewalttäter vom Tatort entfernen.
Einer der brutalsten Schläger konnte von Jugendlichen und dem Pfarrer
festgehalten werden. Als die Polizei endlich eingreift, wirft sich
dieser zu Boden und verletzt sich absichtlich am Hinterkopf. Ein
Jugendlicher, der diesen Täter mit festzuhalten half, wurde von zwei
Polizisten zu Boden geworfen und schließlich abgeführt.
Weiteren eintreffenden Polizeikräften gelang es, flüchtenden
Gewalttätern habhaft zu werden, die in die Johannisstraße gebracht
wurden. Als überfallene und unbeteiligte Personen konkrete
Zeugenaussagen zu einzelnen Tätern machen bzw. sich als Zeugen der
Polizei zur Verfügung stellen wollten, wurden diese zum Teil sehr
ruppig weggestoßen und verbal bedroht.
Zwei Mitarbeiter der Kneipe ?Zur kleinen Quelle? beobachteten wie
einem bereits festgenommenen Täter konkrete Anweisungen von der
Polizei zu seiner Aussage gegeben wurden. Danach wurden ihm, ohne
vorherige Aufnahme seiner Personalien, die Handschellen abgenommen
und durfte ohne weitere Vernehmung den Tatort verlassen.
Ein Jugendlicher, der neben einem bereits Festgenommenen stand,
hörte, wie dieser rassistische Äußerungen wie zum Beispiel Nigger,
Kanakensau und weitere in Richtung eines am vorherigen Überfall
beteiligten Afrikaners rief. Als er die Polizei darauf und auf gerade
sich entfernende weitere Gewalttäter aufmerksam machte, reagierte
diese mit verbalen Bedrohungen sowie der Androhung einer Festnahme.
So äußerte sich ein Polizist dem Jugendlichen gegenüber wie folgt:
?Wenn du nicht dein Maul hältst, schleife ich dich an deinen Beinen
bis zum Wagen und führŽ dich ab!?
Der Stadtjugendpfarrer hat mehrere Verletzungen am Kopf, eine
Gehirnerschütterung und Prellungen am Körper.
Die Hand des Mädchens ist schwer verletzt und mußte ambulant
behandelt werden.
Weitere Jugendliche haben Platzwunden.
Hiermit bitten wir, diesen Überfall und das heutige Verhalten der
Polizei zu veröffentlichen und zu verbreiten.
JG Stadtmitte, 01.06.2000
Nachtrag: Am Abend des selben Tages wurden zwei weitere Jugendliche
aus dem Umfeld der JG von Nazihools brutal zusammengeschlagen. Ein
Opfer mußte nach Herz- und Atemstillstand mit dem Notarzt in das
Krankenhaus eingeliefert werden. Ein Haftantrag gegen den polizei-
bekannten Haupttäter wurde abgewiesen.
Einige der Täter waren bereits am Überfall auf die JG Stadtmitte am
späten Nachmittag beteiligt.
Infoladen Jena, 03.06.200
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