Berlin: Karawane nach Prag (IWF/ Weltbank)
Das Treffen der Weltbank und dem IWF in Prag
26. bis 28. September 2000
Etwa 20 000 Weltbanker, Ökonomen u. Investoren werden
sich zwischen dem
26. u. 28. Sept. 2000 in Prag treffen. Es ist das 55ste
Treffen der
Weltbank u. die Vorstandssitzung der Gouverneure des
IWF, aber vor allem
das erste seiner Art in Ost- Europa. Es geht um eine
prestigevolle
Veranstaltung. Die Delegierten werden zusammenkommen,
um das Programm der
vollständigen Liberalisierung der Weltwirtschaft als
einzige Lösung der
globalen Probleme vorzustellen. Sie haben aber nicht
die Lösung, sondern
sie sind das Problem! Liberalismus, das ist
Freiheitskampf fürs Kapital!
Die beiden Institutionen spielen eine entscheidende
Rolle bei der
Beschneidung des staatlichen Einflusses auf die
Zirkulation des
transnationalen Kapitals. Die Aufgabe von Weltbank und
IWF ist es durch
ihre Politik die Entwicklungsländer für ausländische
Investoren und ihre
spekulativen Interessen zu öffnen. D.h. z.B. alle
Auflagen zu beseitigen
mit denen die armen Länder ihre Umwelt und ihre weniger
konkurrenzfähige
Wirtschaft gegen das Kapital der reichen Länder zu
schützen suchen.
Die Weltbank ist der größte existierende Kreditgeber an
\"dritte
Weltländer\". In der Vergangenheit hat sie immer
bereitwillig diktatorische
Regime unterstützt, die die Mittel auch in
Militärausgaben zur
Unterdrückung sozialer Unruhen gesteckt haben. Es sind
genau die
Regierungen mit denen sie immer gern kooperiert haben,
wie z.B. Chile.
Jetzt allerdings, heutzutage u. im Nachhinein, zitiert
sie gern \"korrupte
Eliten\", \"mangelnde Demokratie\" u. \"Staatsbürokratie\"
als Ursachen für
vereitelte wirtschaftliche Erfolge, um von eigenen
Fehlern abzulenken.
In der Regel vergibt die Weltbank sektorale Kredite
(mit Weisung) in
Zusammenhang mit Strukturanpassungsprogrammen. Das heißt
für die
Landwirtschaft: Weg von der Subsistenzwirtschaft hin zum
Export!
Produktion für den Eigenverbrauch oder lokale Märkte ist
nicht Teil des
Bruttosozialproduktes, taucht in Statistiken nicht auf,
hat schon gar
keine Relevanz für internationale Finanzmärkte,
existiert in den Köpfen
der Weltbankstrategen also nicht. So werden Felder auf
denen Frauen
bislang als Bäuerinnen Grundnahrungsmittel für ihre
Familien angebaut
haben umfunktioniert für Kaffee u. Kakaoproduktion mit
hohem technischen
Aufwand. Hoher technischer Aufwand bedeutet vor allem
auch noch Aufträge
für z.B. Mercedes Benz. So zahlt die Weltbank das
Darlehen gleich an den
Konzern u. der liefert. Da Weltbank \"Experten\" aber
vielen Kreditnehmern
die gleiche Weisung was sie anbauen sollen zuteil werden
lassen, werden
die Märkte mit diesen Produkten überschwemmt, die Preise
sinken infolge
der Konkurrenz, die Kredite u. ihre hohen Zinsen können
nicht bezahlt
werden. Die Flächen für die Grundnahrungsmittel sind
allerdings für immer
weg , d.h. Hunger, Landflucht u. Flucht in
Nachbarländer. Mehr Schulden
heißt auch immer weniger Eigenständigkeit, starke
Weisungsgebundenheit.
Des weiteren finanziert die Weltbank häufig die
umstrittenen
Staudammprojekte die durch Umsiedlung, Überflutung u.
Austrocknung schon
Mill. von Menschen zu Flüchtlingen gemacht haben. Dies
ist auch
interessant im Hinblick darauf wie z.B. Deutschland zu
\"Wirtschaftsflüchtlingen\" steht. Auch die Abholzung der
lateinamerikanischen Regenwälder zur Schaffung von
Viehweidegründen wird
von der Bank gefördert.
Ist ein Land unfähig seine Darlehen zurückzuzahlen
werden die Schulden
selten gestrichen, sondern auf den IWF umgeschuldet.
Nicht Hunger,
Krankheiten u. Umweltzerstörung sind die Probleme die
Weltbank u. IWF
angehen wollen, sondern die Schaffung der
\"Zahlungsfähigkeit\" ist ihr
Anliegen! Diese soll durch die berüchtigten
Strukturanpassungsprogramme
hergestellt werden. Sie beinhalten im Normalfall
Deregulierung,
Liberalisierung u. Privatisierung. Die Löhne sollen
gesenkt werden,
Nahrungsmittelsubventionierung gestrichen,
Sozialausgaben reduziert u. die
Landeswährung soll abgewertet werden. Privatisierung
heißt
Massenentlassungen, noch mehr Menschen unter der
Armutsgrenze. Durch die
Abwertung der Landeswährungen soll weniger konsumiert
und mehr exportiert
werden. Weniger konsumieren heißt: Mehr hungern!
Ein solches Programm wurde auch der ehemaligen
Bundesrepublik Jugoslawien
aufgedrückt, die sich in einer zunehmend misslicheren
wirtschaftlichen
Lage befand u. spielt eine Rolle bei den Ursachen für
den Balkankrieg.
Infolge des Programms kam es erst zu starken
Lohnsenkungen, dann wurden
Löhne ganz eingefroren, die Inflationsrate ging auf 100
%. Es kam zu
Unruhen verschiedener Art, wie bekannt bekam der
Nationalismus ethnischer
Gruppen Auftrieb. Logischerweise wurde dieser vom
Westen gefördert, durch
Propaganda, finanzielle Unterstützung u. voreilige
Staatenanerkennung. Daß
es gerade auch in Serbien Streiks u. Demonstrationen
gab, die nichts mit
ethnischer Abstammung zu tun hatten, die sich gegen die
Folgen der
Schuldenpolitik des IWF richteten ist in der
allgemeinen Darstellung der
Ereignisse untergegangen. Interessant ist auch ,daß sich
Serbien noch am
Anfang der Auseinandersetzungen weigerte die Schulden zu
bezahlen. Der
Natokrieg gegen Serbien ist auch eine Drohung an alle
Staaten armer
Länder!
Dieses erste Weltbank u. IWF Treffen in Osteuropa ist
für Tschechien ein
Risiko, aber auch eine Chance. Auf der einen Seite haben
sie Angst mit
Gegenaktionen, Blockierer/Innen u. Demonstrant/Innen
nicht fertig zu
werden, wie es den USA bei dem WTO Treffen in Seattle
ergangen ist. Auf
des anderen ist es für Tschechien auch eine Chance zu
zeigen, daß sie dazu
gehören, daß sie \"westwürdig\" sind daß sie sehr wohl mit
der Lage fertig
werden:
- - seit Monaten schafft die Presse ( die übrigens
inzwischen schon zu 50 %
deutschen Verlagen gehört!) ein negatives Image von dem
Widerstand gegen
den WTO in Seattle.
- - Der Polizeieinsatz wird 11 000 Einheiten groß sein
- - alle Demonstrationen sind während der Zeit des
Gipfels sind
verboten
- - als Camp wurde für Gegner/Innen des Gipfeltreffens
das Fußballstadion angeboten (das machen wir nicht!)
- - während des Gipfeltreffens werden spezielle
Einsatztruppen der Nato im
Lande sein
- - für die Einwohner ärmerer osteuropäischer Länder wird
es schwierig ein
Visa für die Zeit des Gipfels zu bekommen. Das gilt z.B.
für Russ/Innen u.
Ukrainer/Innen.
Tschechien wird versuchen zu beweisen daß es dazu
gehört, zum Westen, daß
es bereit ist sich vom Osten abzugrenzen, die Grenzen
dicht zu machen.
Also, fahren wir nach Prag, stören wir sie bei der
Abschaffung jeglicher
Grenzen für transnationales Kapital, bei der Schaffung
unpassierbarer
Grenzen für \"überflüssige Habenichtse\", beim Einsperren
von Menschen in
ihrem Elend!
Wir fahren mit der Fahrradkarawane zum Weltbank u. IWF
Gipfel-Treffen nach
Prag!
Zum ersten Mal fuhr sie unter dem \"Motto Geld oder
Leben\" im Mai 98 zur
WTO- Konferenz nach Genf. Dort kam aber nur der
schweizer Teil der
Karawane an, denn der Rest wurde nach einer Aktion an
einem Frauenknast in
der Schweiz aus der Schweiz abgeschoben.
Zu dem EU- und WWG-Gipfeln im Juni ´99 gab es gleich
zwei Karawanen, eine
aus Basel und eine aus Dresden. Später fuhr ein neu
zusammengesetzter Teil
dann nach Zittau zum Grenz- Camp.
Die Fahrrad- Karawane ist so eine Art wochenlange
Dauerdemonstration
überall wo wir lang kommen erregen wir Aufsehen und
interessieren Leute
für uns und unser Anliegen.
Sie besteht aus Fahrrädern, Traktoren mit Anhängern und
einem
Volxküchewagen. Auf Transparenten an unseren Fahrzeugen
können alle lesen
worum es uns geht. Außerdem nehmen wir noch Flugblätter
und Spuckis mit.
Unterwegs wollen wir mit Gruppen und Infoläden aus den
Orten die wir
passieren Aktionen zu regionalen Themen starten, oder
auch Soliparties für
den Widerstand in Prag veranstalten.
Auch kommen wir immer durch Gegenden in denen es nur
rechte Jugendkultur
gibt (gefährlich!). An diesen Orten setzen wir den Nazis
durch unser
bloßes Erscheinungsbild etwas entgegen. Wenn auch
gefährlich, so ist es
sehr sinnvoll das die Leute in diesen Ecken, die
Jugendlichen mal etwas
anderes sehen, denn wir sind auch (nicht nur)
SympatieträgerInnen.
Die Karawane schafft Möglichkeiten zu direkten Kontakten
und
ungewöhnlichen Erlebnissen und trägt zur Entwicklung von
überregionalen
Strukturen bei. Diesmal hoffen wir auch auf mehr
internationale
Beteiligung.
Die Karawane ist dezentral, denn sie bleibt nicht an
einem Ort und sie ist
zentral, denn sie hat den Gipfel von Weltbank u. IWF zum
Ziel!
Eine genaue Linie für unsere Aktionen haben wir nicht
festgelegt. Bei uns
gibt es kein rigides Politikantentum.
Ihr könnt alle mitfahren eine offizielle
Teilnehmerschaft gibt es nicht.
Allerdings: Antikapitalismus, Antifaschismus,
Antisexismus und
Antirassismus sollten schon Konsens sein!
Unsere Karawane ist nicht nur politische Aktivität im
klassischen Sinne,
sondern ein Stück praktizierte Utopie im Sinne von
freiheitlicher
Gemeinschaft, Solidarität und Selbstbestimmung.
Geld spielt bei uns keine große Rolle, wir brauchen
nicht viel davon, denn
wir plündern die Müllcontainer der Supermärkte unterwegs
und was noch
fehlt schmeißen wir auf freiwilliger Basis zusammen.
Unsere voraussichtliche Tour: Start am 10.09. in
Hannover. Dann Lutter-
Göttingen- Ebenau- Haina- Erfurt- Weimar- Altenburg-
Chemnitz- Freiberg-
Teplice (Grenze)- ? - 21.9. PRAG.
Wir rechnen damit, daß sie uns an der Grenze nicht
reinlassen wollen. In
dem Falle veranstalten wir einen Mordspropans und
erzeugen noch mehr
Aufmerksamkeit!
Wir versuchen am 21.09. zu einem political Art Festival
anzureisen und
dort auch beim Aufbau zu helfen.
Also: Schnappt eure Fahrräder, Transparente, Gitarren
und was ihr sonst
noch so habt und kommt mit! Wenn ihr nicht so viel Zeit
habt könnt ihr
auch nur einen Teil der Karawane mitfahren! Die genauen
Daten, wann wir wo
sind geben wir noch heraus.
Kontakt:
List & Tücke
Listerdamm 65
30163 Hannover
Tel: 0511-37111
wagen.list@.gmx.de
Jobst Quis
Molden 3a
29465 Schnega
Tel : 0170-3418814
karawane@mail.nadir.org
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