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Karlsruhe: Rechtsradikaler Messerstecher wird zum Opfer erklaert !

Rechtsradikaler Messerstecher wird zum Opfer erklärt (Rote Antifa Karlsruhe)
Karlsruher Polizei und Staatsanwaltschaft blind auf dem rechten Auge?

Am 6. Mai hat ein stadtbekannter, 36-jähriger Neo-Nazi eine
Straßentheatervorstellung der "Roten-Antifa Karlsruhe" auf dem Karlsruher
Kronenplatz angegriffen. Er verletzte einen Zuschauer der Aufführung
lebensgefährlich mit einem Messerstich in die Brust, demolierte die
Aufbauten der Theatergruppe und bedrohte die Umstehenden. Ein weiterer
Zuschauer wurde an der Hand verletzt. Die folgenden polizeilichen und
staatsanwaltlichen Ermittlungen entwickelten sich zu einem politischen
Skandal: Der Neonazi, Mitglied der rechtsradikalen "Karlsruher
Kameradschaft", wurde kurz nach seiner Verhaftung wieder auf freien Fuß
gesetzt, die Behörden erklärten, er habe in "Notwehr" gehandelt -
entgegen den Aussagen der Zeugen. Gegen behördliche Blindheit auf dem
rechten Auge und für konsequentes Vorgehen gegen rechte Gewalttäter
demonstrierten eine Woche später rund 400 Menschen in Karlsruhe. Auch DGB
und VVN hatten zur antifaschistischen Demo angerufen.
Hintergründe zur organisierten Neo-Nazi-Szene in Karlsruhe beleuchtet der
folgende Artikel.
Dass sich aus einer antifaschistischen Widerstandsaktion im Jahre 1925
derart weitreichende Konsequenzen ergeben, konnte sich mit Sicherheit
keiner der damals Beteiligten vorstellen. Die Rote Antifa Karlsruhe (rak)
hatte für den 6. Mai 2000 zu einem Straßentheater eingeladen. Das Stück
und die Mobilisierungsplakate bezogen sich auf ein Ereignis aus dem Jahr
1925, verschiedene Szenen sollten nachgespielt werden. Otto Reize,
damaliger Polizeiobermeister von Durlach und Mitglied des Reichsbanners,
erschoss bei Auseinandersetzungen in Karlsruhe-Durlach den
Rechtsextremisten Fritz Kröber. Otto Reize wurde daraufhin unverzüglich
seines Amtes enthoben und nach der Machtergreifung 1933 von den
Nationalsozialisten in den Tod getrieben; Fritz Kröber wurde eine Denkmal
gesetzt, er wurde zum "Blutzeugen der nationalsozialistischen
Bewegung" erhoben.
Die Thematik des Stückes rief den stadt- und polizeibekannten Neonazi
Manfred Huck auf den Plan. Unmittelbar vor Beginn der Aufführung
verletzte er einen Zuschauer der Aufführung schwer mit einem Messerstich in
die Brust. Bei dem Versuch, den unkontrolliert um sich stechenden
Neonazi in Schach zu halten, wurde ein weiterer Besucher verletzt. Kurz
darauf konnte der Täter von der Polizei in Gewahrsam genommen
werden. Von versuchtem Totschlag war die Rede, von einem verirrten,
isolierten Einzeltäter. Der politische Hintergrund der Tat sei noch
dahingestellt.
"Versuchter Totschlag: ja - isolierter Einzeltäter ohne politischen
Hintergrund: nein", lautete die knappe Analyse der Roten Antifa Karlsruhe
(rak).
Manfred Huck ist seit Jahren Aktivist in der organisierten Neonaziszene.
Bereits in den 80er Jahren stand er in Kontakt zu Michael Kühnens
ANS/NA. Anfang der 90er Jahre war er beteiligt an einem Überfall auf einen
türkischen Imbiss, knüpfte Kontakte zu Nazikadern wie Christian
Worch und war führend beteiligt bei der Formierung der "Aktionspartei
Nationalrevolutionärer Kameraden". Nach Verurteilungen zu einer Geldstrafe
und einer Anklage wegen Volksverhetzung zog er 1995 nach Karlsruhe. Hier
tauchte er verschiedentlich bei Veranstaltungen der NPD auf und trat
in Kontakt zur "Karlsruher Kameradschaft". Die Kameradschaft solidarisierte
sich öffentlich mit seinem Übergriff vom 6. Mai 2000 und kündigte an,
"ihren Kameraden Manfred Huck zu rächen".
Für den darauffolgenden Samstag mobilisierte u.a. die Rote Antifa Karlsruhe
(rak) zu einer antifaschistischen Demonstration in Karlsruhe. Ziel der
Demonstration war es, zu verdeutlichen, dass dieser Übergriff weder isoliert
noch verirrt motiviert war, sondern "lediglich" der berühmte Tropfen
gewesen sei, der das bis oben mit nazistischer Jauche gefüllte Fass zum
Überlaufen brachte.
Dem Demoaufruf folgten knapp 400 Menschen. Die Karlsruher Bevölkerung nahm
es schockiert, dennoch interessiert zur Kenntnis.
In der Woche der Mobilisierung wurde dann allzu deutlich, dass es die
bürgerlichen Medien nur widerwillig zur Kenntnis nahmen. In einem Geflecht
aus miserabler Berichterstattung entgegen besseren Wissens und skandalöser
Ermittlungsergebnisse der Polizei - ebenfalls wider besseren
Wissens - wurde aus dem "versuchten Totschlag" Stück für Stück ein Bild
gezeichnet, das den Täter zum Opfer werden ließ. In der BNN vom 10.
Mai 2000 war dann zu lesen, dass "nach Angaben des Polizeipräsidiums.der
36-jährige (Manfred Huck) gegen die Aufführung geschimpft (habe)
und deshalb von zwei Männern angegriffen worden" sei. Der geneigte Leser
wird fragen, welches die Ursachen solch bodenloser und tolldreister
Aussagen sind.
Die Antwort wird finden, wer sich mit dem Umgang der Medien wie auch der
Polizei mit Neonaziaktivitäten in Karlsruhe auseinandersetzt. Die
Polizei machte kurzerhand die Aussage Manfrad Hucks zur öffentlichen
Grundlage ihrer Ermittlungen.
Die Karlsruher Staatsanwaltschaft, die Ermittlungsbehörden wie ihre Lakaien
in den Büroräumen Karlsruher Printmedien waren und sind stets
bemüht, Aktivitäten organisierter Neonazis unter den Teppich zu kehren und
bloß nicht mehr drunter zu gucken, als ob die Spielwiese der
Neonazis der Osten der Republik sei. Bewusste Fehlinformation und
Diffamierung des antifaschistischen Widerstands inclusive.
Tatsache jedoch ist, dass in Karlsruhe seit mehreren Jahren eine
handlungsfähige Neonaziszene existiert, die auch bereit ist, diese
Handlungsfähigkeit zu beweisen. Herzstück der Neonaziszene ist die
"Karlsruher Kameradschaft". Sie ist ein Zusammenschluss von militanten
Faschisten und Faschistinnen aus dem "Großraum" Karlsruhe. Sie entstand im
April 1995 zu einem Zeitpunkt, als staatliche Verbote
neofaschistischer Organisationen wie der Wiking-Jugend oder der FAP eine
Umstrukturierung und Neuorganisierung der Szene nach sich ziehen
mussten. Im gesamten Bundesgebiet entstanden regional organisierte Gruppen;
diese arbeiten selbständig und sind intern von einer strengen
Hierarchie geprägt, aber juristisch schwer angreifbar. Die konspirative
Arbeitsweise der Kameradschaften erschweren einen gesicherten
Kenntnissstand über geplante Aktivitäten und Vernetzungen innerhalb
der Szene.
Die Karlsruher Kameradschaft ist dem nationalsozialistischen und
nationalrevolutionären Spektrum zuzuordnen. Wie dem Kasten zu
entnehmen ist, verfügt die Kameradschaft über Kontakte zu Nazikadern und
rechtsextremen Parteien. Ihre Aktionspalette reicht von der
Beteiligung an Demonstrationen über Diskussionsveranstaltungen, Festen und
Konzerten bis hin zu Übergriffen, Schlägereien und einem eindeutig positivem
Bezug auf den Nationalsozialismus. Über ihre Netzwerke im Internet
und das Natioanle Infotelefon Karlsruhe gelingt es ihnen, bis weit
über Karlsruhe hinaus für ihre Veranstaltungen zu mobilisieren.

 

13.08.2000
Gruppe Internationale Infodienst   [Email] [Aktuelles zum Thema: Antifaschismus]  Zurück zur Übersicht

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