Die "deutsche Revolution": "Ohne Blut gibt es kein neues Deutschland"
NPD-Funktionäre propagieren in ihren Reden ungeniert die Machtergreifung – zur Not auch mit Gewalt
Wenn die Innenminister der Länder am
Donnerstag ihre Entscheidung über einen
Verbotsantrag gegen die NPD zu treffen haben,
können sie sich auf fast 600 Seiten Material
stützen, die die Verfassungsschützer zur NPD
zusammengetragen haben.
Darin finden sich auch eine ganze Reihe von
Aussagen von NPD-Funktionären, deren Wortwahl
in den letzten Jahren immer aggressiver geworden
ist – bis hin zu Forderungen, den politischen
Gegner auszuschalten. NPD-Leute verlangen auf
ihren Versammlungen nach Erkenntnissen der
Verfassungsschützer die „absolute Macht“ in
Deutschland, beschwören eine „Revolution“ und
sprechen von einem potenziellen „Aufstand-Ost“.
In einer Wahlkampfrede vor Skinheads rief der
NPD-Vorsitzende Udo Voigt: „Kameradinnen und
Kameraden, wenn Deutschland in Gefahr gewesen
wäre, hätte ich auch als Vierzehnjähriger, wenn es
hätte sein müssen, die Waffe in die Hand
genommen, um mein Vaterland zu verteidigen. Und
das erwarten wir auch von euch. Deutschland ist in
Gefahr! Deutschland wird von allen Seiten heute
angegriffen. ( . . . ) Der Feind ist in den Köpfen der
etablierten Politiker!“ Das wertet der
Verfassungsschutz als kaum verklausulierten Aufruf
Voigts zur Gewalt.
Die NPD Baden-Württemberg erklärte in ihrem
Mitteilungsblatt Südwest Stimme schon 1998: „Wir
wollen die absolute Macht in Deutschland, um
unsere Politik zum Wohle des deutschen Volkes zu
verwirklichen und um das liberal-kapitalistische
System durch unsere nationale, solidarische
Volksgemeinschaft zu ersetzen. Das, und nichts
anderes, ist die deutsche Revolution!“
Noch viel deutlicher wird der NPD-Paraderedner
Manfred Roeder. Der 71-Jährige wurde 1982 zu 13
Jahren Haft wegen Rädelsführerschaft in einer
terroristischen Vereinigung verurteilt. Seinen
Leuten fielen zwei junge Vietnamesen zum Opfer.
Roeder erklärte auf dem Bundesparteitag der NPD
1998: „Wir brauchen den Umsturz in Deutschland
und wir müssen auf die Barrikaden gehen. ( . . . )
Ohne Blut gibt es kein neues Deutschland. “
Holger Apfel, der Propaganda-Chef der NPD,
brüstete sich beim Bundeswahlkongress der NPD in
Passau 1998: „Wir als NPD sind stolz darauf, dass
wir alljährlich in den bundesdeutschen
Verfassungsberichten stehen und als vermeintlich
verfassungsfeindlich gegenüber diesem System
stehen. Jawohl, wir sind verfassungsfeindlich!“
Auch ganz aktuell erklären die Rechtsextremisten,
wohin es gehen soll. Steffen Hupka, bis zum
Frühjahr Vorsitzender der NPD Sachsen-Anhalt und
im Vorstand der Bundes-NPD, schrieb im August
einen Rundbrief an seine Kameraden: „Die
Überwindung des Gegners zur Erringung der Macht
in Deutschland gestattet schon lange keine
Sandkastenspiele mehr. “ Er sprach schon vorher
von „Machtergreifung“.
Bereits in einem Strategiepapier der NPD aus dem
Jahr 1997 erklärte die Partei, sie habe keine
Schwierigkeiten, mit Skinheads
zusammenzuarbeiten, wenn diese „sehr wertvollen
jungen Menschen, die es für den Wiederaufbau der
Volksgemeinschaft zu gewinnen gilt“, bereit seien,
als „politische Soldaten zu denken und zu
handeln“.
Insbesondere weisen die Verfassungsschützer auf
die personelle Verflechtung zwischen Neonazis und
NPD hin. So kämen, steht in dem Bericht, elf
Mitglieder der Bundesebene von NPD und deren
Jugendorganisation Junge Nationaldemokraten aus
dem Neonazi-Spektrum. Derzeit sitzen die
Neonazis Jens Pühse, Sascha Rossmüller und Frank
Schwerdt im Bundesvorstand der NPD.
Verfassungsschützer verweisen auf Erkenntnisse,
wonach auch NPD-Funktionäre, die sich öffentlich
von der Gewalt distanzieren, sich intern
„ausdrücklich für die Anwendung von Gewalt“
aussprechen.
Annette Ramelsberger
Quelle: Süddeutsche Zeitung vom 26. Oktober 2000
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