Neustrelitz: Protest gegen Rechts und brutaler Polizeieinsatz
Presseerklärung der Jugendlichen der 'Bunten Hütte' in Neustrelitz zum
Nazisaufmarsch am 02.12.:
Protest gegen Rechts voller Erfolg- "Bündnis Rechts" unerwünscht
Trotz der guten Organisationsstrukturen der Rechtsextremen hier in
Neustrelitz hat das "Bündnis Rechts", das am vergangenen Sonnabend eine
Kundgebung unter dem Motto "Deutschland läßt sich nicht verbieten"
angemeldet hatte, nur eine klägliche Zahl von fünfundvierzig Leuten auf
die Beine bringen können, die sich ihre braune Propaganda anhören wollte.
Dagegen konnte das Neustrelitzer Bündnis gegen Rechts "Bunt statt Braun"
in nur zwei Tagen mehr als zweihundert Menschen mobilisieren, die sich
im Verlauf des Vormittags am Markt oder am Neuen Markt einfanden, um zu
zeigen, daß sie weder in Neustrelitz noch anderswo den Rechtsextremen
die öffentlichen Plätze oder die öffentliche Meinung überlassen wollen.
Besonders erfreulich für uns als Jugendliche der Bunten Hütte, die sich
schon seit Jahren gegen Rechtsextremismus engagieren, war es, neben den
bekannten Gesichtern auch viele andere Menschen unterschiedlichsten
Alters und unterschiedlichster Herkunft aus Neustrelitz zu sehen, die
auf die Straße gingen.
Der Protest zeigte sich nicht nur im Verteilen von Handzetteln mit
Informationen über Rechtsextremismus, die von den Passanten positiv
aufgenommen wurden, sondern auch in der Vielfalt - Jugendliche hielten
Transparente und Schilder, in der Kirche fand ein anlaßbezogenes Gebet
statt, die Glocken der Stadtkirche läuteten um elf Uhr, um die Rechten
bei ihrer Kundgebung zu stören, und ältere Leuten beteiligten sich bei
den sonst den "Jüngeren" überlassenen Sprechchören und Pfiffen während
dieser. Die Rechten schafften es nicht, ihre Ideen aus ihrem kleinen
Kreis herauszutragen.
So sehen wir die Ereignisse des Sonnabends als auffälligen Erfolg, der
zeigte, daß die jahrelangen Bemühungen der NPD und der freien
Kameradschaften hier in Neustrelitz, ihr menschenverachtendes Gedankengut
in den Köpfen der Bevölkerung festzusetzen, nicht fruchteten.
Polizei versucht, Widerstand gegen Rechts zu kriminalisieren
Völlig schrecklich fanden wir das Verhalten der Polizei im Verlauf des
Tages. Daß sie das Demonstrationsrecht der Rechtsextremen schützt, ist
natürlich bekannt; doch in den Handlungen zeigte sich eine eindeutige
Sympathie für die Kundgebung der Rechten, die wir aus anderen Orten
nicht gewohnt sind, und der Versuch, den friedlichen Protest zu
behindern.
Daß Rechtsextreme in kleinen Gruppen sich geschützt von der Polizei
zwischen den Gegendemonstranten bewegen können, um diese zu provozieren,
ist eine Frechheit. Unverständlich ist es, daß die Polizei nicht
eingreift, wenn ein Mädchen aus dem rechten Zug heraus angegriffen und
verletzt wird, jedoch das Gelände des Borwinheims stürmt, um von dort
erklingende Musik zu unterbinden - ohne, daß es eine Begründung für
dieses Verhalten gibt. Die antifaschistischen Demonstranten wurden
permanent geduzt, in einem abfälligen Tonfall angesprochen, bedroht und
teilweise grundlos herumgeschubst. Daß ein Jugendlicher irgendwann
ausrastet und eine Getränkedose in Richtung der rechten Kundgebung wirft,
ist nach so viel Provokation dann doch nicht verwunderlich,
verwunderlich eher, daß es nur einer war. Ein nebenstehender
Jugendlicher wurde aus der Menge gewaltsam mit den Worten "Dich wollten
wir schon lange haben" von den Polizisten herausgezogen und auf die
Wache gebracht, nur, wie sich herausstellte, um seine Zeugenaussage
aufzunehmen. Ein völlig unangemessenes Verhalten, das fragen läßt, ob
die Polizei erst handelt und sich dann eine rechtliche Grundlage dafür
aussucht?
Von anderen antifaschistischen Jugendlichen, die die abziehenden Rechten
noch begleitet haben, hat die Polizei, wie uns berichtet wurde, grundlos
die Personalien aufgenommen. Es zeigt sich, daß sie den Widerstand gegen
die rechte Kundgebung in eine kriminelle Ecke drängen will, um so ein
schlechtes Licht auf ihn zu werfen und Jugendliche einzuschüchtern.
Die Anwesenheit von lokalen Politikern war, wie zu erwarten, arg
eingeschränkt, wenn auch erfreulicherweise nicht gleich null. Von
politischer Seite aus erwarten wir neben einer Reflexion des eigenen
Handelns gegen Rechtsextremismus jetzt vor allem eine Aufarbeitung des
Polizeieinsatzes, die verhindert, daß es von polizeilicher Seite aus zu
ähnlichem Verhalten in der Zukunft kommt.
Doch trotz der offensiven Behinderung durch die Polizei war der Protest
ein voller Erfolg. Widerstandslos werden die Rechtsextremen hier und
anderswo niemals ihre brauen Propaganda unter die Menschen bringen
können.
die Jugendlichen der Bunten Hütte
Neustrelitz, 3.12.2000
|